Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

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sven23
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#751 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 17:25

closs hat geschrieben:Das ist eine positivistische Deutung - das darf man ja, aber es hat nichts mit Wissenschaft zu tun.
Die Vorlagen für die Jesus-Saga sind selbstverständlich auch Gegenstand der Untersuchung durch die HKM.
Schlußfolgerungen sind auch mit gesundem Menschenverstand möglich und erlaubt. ;)

closs hat geschrieben: Entweder es würde es in meinem Kopf *blitz* machen (Paradigmen-Wechsel) oder nicht. - Aus den "Blitzern" entsteht dann eine neue Religion, wenn die anderen nicht mitziehen - das hat erstmal nichts mit "Fälschung" zu tun, sondern ist ein ziemlich normaler Vorgang.
Tja, Religionskriege sind ein normaler Vorgang, womöglich noch von Gott gewollt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Halman
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#752 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Halman » So 2. Aug 2015, 17:51

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist die Aufklärung.
Deshalb wollte ich doch mal von Dir was hören außer Zitaten. - Ich weiss schon, was Hermeneutik in dem Sinne ist, wie wir es damals benutzt haben (H. wird sehr heterogen definiert, falls Du das nicht weisst). - Aber ich bin unsicher, wie Hermeneutik Teil einer Methodik sein könnte (ich kenne es nur so, dass Methodik ein Hilfsmittel für Hermeneutik ist)
Die Hermeneutik ist nach meinem bescheidenen Verständnis die Grundlage für die Exegese. Das könnte man vielleicht damit vergleichen, dass jemand gewisse Axiome und Prämissen voraussetzt und auf dieser Basis eine Theorie ersellt.

Ein Beispiel: Für einen konsequenten Rationalisten können Wunder niemals historisch sein, deshalb wird seine hermeneutische Sicht solchen Erzählungen aufgrund seiner Weltanschaung niemals Historität zusprechen können, so sehr die Auferstehung Jesu auch bezeugt wird.

Die Auslegung erfolgt immer auf Grundlage einer Hermeneutik. Ein jüdischer Rabbiner wird Jesaja natürlich anders exegesieren als ein Christ, weil seine jüdische Hermeneutik eine christologische Exegese auschließt.

Die Hermeneutik könnte als "Grammatik" der Exegese bezeichnet werden. Ändere ich die "Grammatik", ändere ich damit auch die "Sprache" der Exegese.

Interessant finde ich die 2. Definition:
Hermeneutik kann auch als Historismus bezeichnet werden. Obgleich es verschiedenste Interpretationen der Hermeneutik gibt, können immer wiederkehrende Grundmerkmale festgestellt werden (vgl. Acham 1995, S. 296).
„So erscheint der Hinweis auf die Zeitgebundenheit und Kulturabhängigkeit aller Bestimmungen der gesellschaftlich-geschichtlichen Welt eng verknüpft mit dem historischen Positivismus und Objektivismus, wie er etwa von Rudolf Eucken als Tendenz des 19. Jahrhunderts angesehen wurde“ (Acham 1995, S.296).
Link: http://lexikon.stangl.eu/237/hermeneutik/

Hier noch ein Link zur Hermeneutik.

Als Beispiel verweise ich auf die kanonische Auslegung, deren "Prämisse" verschieden von der historisch-kritischen ist.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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sven23
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#753 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 17:59

[quote="Halman"]
Die Hermeneutik könnte als "Grammatik" der Exegese bezeichnet werden. Ändere ich die "Grammatik", ändere ich damit auch die "Sprache" der Exegese.

Genau so. Das hatte ich closs auch schon hier erklärt, aber er benötigt meist mehrere Anläufe. ;)
"Hermeneutik und Exegese sind voneinander zu unterscheiden. Biblische Exegese bezeichnet die konkrete Auslegung eines bestimmten biblischen Textes, Hermeneutik dagegen beleuchtet die Voraussetzungen und Ziele der Auslegung. Die beiden verhalten sich ähnlich wie Sprache und Grammatik."
Quelle: Wikipedia
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Martinus
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#754 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Martinus » So 2. Aug 2015, 18:10

sven23 hat geschrieben: Tja, Religionskriege sind ein normaler Vorgang, womöglich noch von Gott gewollt.

Schlüssige Argumentation ist etwas anderes. .....Gott :o , ich dachte es gibt keinen.
Angelas Zeugen wissen was!

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sven23
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#755 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 18:15

Martinus hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Tja, Religionskriege sind ein normaler Vorgang, womöglich noch von Gott gewollt.

Schlüssige Argumentation ist etwas anderes. .....Gott :o , ich dachte es gibt keinen.
Agnostiker :lol:
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closs
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#756 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 19:44

Halman hat geschrieben:Das könnte man vielleicht damit vergleichen, dass jemand gewisse Axiome und Prämissen voraussetzt und auf dieser Basis eine Theorie ersellt.
Vielen Dank - so war es nämlich zu meiner Studien-Zeit genauso.

Ich war und bin irritiert, weil Sven die Hermeneutik als Teil der HKM bezeichnet hat, als sei es eine wissenschaftliche, also weltanschauungs-freie Größe. - Auch wenn es eine reine Definitions.Frage ist: Würdest Du die Hermeneutik einer Methodik als Teil der Wissenschaft, also Teil des Weltanschauungs-Freien verstehen? - Wäre doch irgendwie inkonsequent - oder?

Aber vielen Dank für Deine Mühen - jetzt bin ich wieder auf der Spur - hat sich doch nicht so viel in der Zwischenzeit geändert. ;)

Halman hat geschrieben: Ein jüdischer Rabbiner wird Jesaja natürlich anders exegesieren als ein Christ, weil seine jüdische Hermeneutik eine christologische Exegese auschließt.
So - und welche Hermeneutik hat positivistische Theologe?

Halman hat geschrieben:Die Hermeneutik könnte als "Grammatik" der Exegese bezeichnet werden.
So steht's in wiki - und ist aus meiner Sicht kein guter Vergleich, da "Grammatik" zu mechanistisch klingt und Positivisten auf falsche Gedanken bringen könnte - das nur nebenbei.

Halman hat geschrieben:Als Beispiel verweise ich auf die kanonische Auslegung, deren "Prämisse" verschieden von der historisch-kritischen ist.
So - und da komme ich auf die Frage zurück:

a) Ist Hermeneutik Teil der HKM, oder
b) Ist HKM Teil der Hermeneutik, oder
c) Weder noch.

Wir haben c) gelernt - denn es gibt auch Hermeneutik zu einem Gedicht wie bspw. "Über allen Gipfeln ist Ruh". - Unter HKM verstehe ich demnach nüchterne, weltanschauungs-freie, saubere wissenschaftliche Arbeit:
1) Wann ist ein ein Text entstanden?
2) Wo?
3) Durch wen?
4) Original/Abschrift?
5) Zeit zwischen Original und Abschrift?
6) Rezeption?
7) Historisches zur Zeit der Original-Entstehung?
8) Dito Abschrift-Entstehung?
9) Sprache/Übersetzung?
10) etc.
Keinerlei Interpretation. - NACH dieser Kärrner-Arbeit kommt die Hermeneutik: "Was hat das zu bedeuten?"

Hat sich Deines Wissens diese Definition von HKM inzwischen verändert?

sven23 hat geschrieben:Genau so. Das hatte ich closs auch schon hier erklärt
Du hast ein Zitat weitergegeben - spitz jetzt mal Deine Ohren, was das eigentlich konkret bedeutet (daum ging's mir nämlich). - Halman ist da gut eingestiegen - achte mal besonders auf das Verhältnis zwischen HKM und Hermeneutik.

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Scrypt0n
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#757 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » So 2. Aug 2015, 19:45

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:die Schlussfolgerungen finden INnERHALB der Methodik ab und begründen sich auch darin.
Wenn man es so sieht, kauft man sich gleichzeitig weltanschaulichen Einfluss mit ein.
Falsch; denn die wissenschaftliche Methodik schließt weltanschaulichen Einfluss aus - wie, habe ich dir bereits mehrmals ausführlich dargelegt.
Ist eben so, auch wenn du damit nicht klar zu kommen scheinst.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Das ist auch der Grund dafür, weshalb du so festgefahren bist mit deinen Dogmen.
Ist Dir aufgefallen, dass der theologische Trend dahingeht, das Dogmatische der langjährigen HKM-Verwendung zu unterstreichen ?
Nein; und diese Behauptung kann deinerseits ohnehin durch nichts gestützt werden.
Du hältst an den willkürlichen und beliebigen "geistigen" Ergebnissen fest und negierst die Ergebnisse der wissenschaftlichen/objektiven Methodik.

So wird das doch nun wirklich nichts. Auch ein Berger ändert daran nichts.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Das kann unmöglich sein, da die Ergebnisse der HKM auf keinen weltanschaulichen Glaubensinhalten basieren.
Wie erklärst Du Dir dann, dass historische Dinge bei gleicher wissenschaftlichen Quellenlage unterschiedlich interpretiert werden?
Werden sie das?
Welche denn?
Bitte klare Antwort. :)

Dann zeige ich dir auf, dass, sofern das Ergebnis sich in zwei Darstellungen unterscheidet, in mindestens einem Werk auf eine andere Quellenlage bezogen wird oder aber Fakten aus der selbigen ausgelassen worden sind.
Da du dir dessen bewusst bist, wirst du hier weiter in offensichtlichen Ausreden umher schwingen.
Doch darauf einzugehen warst du bisher nie in der Lage, warum sollte sich da also etwas bei dir geändert haben...

Pluto
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#758 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » So 2. Aug 2015, 19:50

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Als Beispiel verweise ich auf die kanonische Auslegung, deren "Prämisse" verschieden von der historisch-kritischen ist.
So - und da komme ich auf die Frage zurück:

a) Ist Hermeneutik Teil der HKM, oder
b) Ist HKM Teil der Hermeneutik, oder
c) Weder noch.

Wir haben c) gelernt
Für mich fehlt da die entscheidende Frage: Mit welcher Methode gelangt man näher an die Wahrheit?
Mit der HKM oder der Hermeneutik?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#759 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 19:56

Pluto hat geschrieben:Für mich fehlt da die entscheidende Frage: Mit welcher Methode gelangt man näher an die Wahrheit? Mit der HKM oder der Hermeneutik?
Diese Frage ist mit Verlaub falsch gestellt - denn:

HKM ist aus meiner Sicht (und so, wie es vor 40 Jahren gelehrt wurde) ein Sammelbegriff für wissenschaftlichen Umgang mit geisteswissenschaftlichen Daten und deren Umfeld - aber keine Deutung. - Auf Basis der HKM beginnt erst die Deutung (deshalb spielt die HKM doch eine so geschätzte Rolle innerhalb der RKK).

Deine Frage müsste eigentlich lauten: Mit welcher Hermeneutik ist man näher an der Wahrheit? - Meinetwegen mit der positivistischen oder der kanonischen?

Pluto
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#760 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Pluto » So 2. Aug 2015, 20:43

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Für mich fehlt da die entscheidende Frage: Mit welcher Methode gelangt man näher an die Wahrheit? Mit der HKM oder der Hermeneutik?
Diese Frage ist mit Verlaub falsch gestellt - denn:
Ach wirklich!?

closs hat geschrieben:Deine Frage müsste eigentlich lauten: Mit welcher Hermeneutik ist man näher an der Wahrheit? - Meinetwegen mit der positivistischen oder der kanonischen?
Wieso meinst du, sei nur Hermeneutik in der Lage, die Wahrheit ans Licht zu bringen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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