Alles Teufelszeug? III

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sven23
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#741 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 25. Jul 2016, 07:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die beiden haben sicher ihre Qualitäten, aber keine, die man in der Forschung brauchen kann.
Stachel im Fleisch des säkularen Bibelverständnisses, nicht wahr?
Nö, eher ein Pickel am Allerwertesten. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mein Ansatz spiegelt lediglich die Ergebnisse der Forschung wider
Dessen, was Du monopolistisch als Foprschung bezeichnest. In diesem Kokon kann man leicht Einvernehmlichkeit erzielen.
Ich meine natürlich die historisch-kritische Forschung, die auch den Namen verdient. Du hattest doch mal die Einsicht gezeigt, dass die kanonische Exegese in der historischen Jesusforschung nicht brauchbar ist. Warum dann immer wieder Rückfälle hinter eine erreichte Erkenntnis?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch Interpretation hat ihre Grenzen.
Stimmt - deshalb sollte sich jede Disziplin ihrer Grenzen bewusst sein.
Eben, deshalb kann man eine Naherwartung nicht in eine unbestimmte Fernerwartung uminterpretieren, nur um ein Glaubenskonstrukt nicht zu gefährden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn die Schreiber die Sinnfrage thematisiert haben, wird die Forschung dies auch beschreiben. Was denn sonst?
DAS geht: "Was hat sich der Schreiber wohl dabei gedacht?"
Na endlich siehst du es ein. Es geht um die Intention der Schreiber, für die sich die Forschung interessiert. Also genau das Gegenteil der kanonischen Exegese. Gibt es doch noch Wunder und diese Erkenntnis ist endlich bei dir angekommen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Ergebnis der historisch-kritischen Forschung ist - wenn man alles zusammen nimmt- ziemlich ernüchternd und stellte den mythologisch entrückten Wanderprediger wieder auf seine irdischen Füße.
Das wäre nicht das Problem - denn irdisch zu stehen ist ja gerade seine Offenbarungs-Aufgabe. - Nichtsdestoweniger geht es um den geistigen Kontext seines Irdischen - wenn man Fragen so stellen kann.
Der "geistige" Kontext wird doch von der Forschung ausgiebig beschrieben. Liest du eigentlich überhaupt keine Fachliteratur?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Gegensätzliche Methoden lassen sich nicht vereinen, das hat Ratzinger (ungewollt) deutlich gemacht.
Wenn sein Versuch, die HKM fürs Geistige zu öffnen, gescheitert ist, hast Du recht. - Dann haben wir halt zukünftig die Theologie und auschließlich säkular-denkende Trabanten dazu.
Und die Trabanten sind der Garant dafür, dass die Theologie den Fuss in den Unversitäten behalten kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Beschreibung der Glaubenswelt des Wanderprediger ist keine Disziplinlosigkeit, sondern die Kernaufgabe der Forschung.
Das kann sie doch gar nicht, wenn sie rein säkular denkt. - "Beschreiben" im oberflächlichen Sinne, ja - aber doch nicht beurteilen. - Im Grunde rückst Du die HKM in den Bereich der Religions-Wissenschaften - also komplett distanziert ohne jeglichen inneren Bezug, also ohne Bezug zu Bedeutungen.
Du machst immer wieder denselben Fehler und verwechselst die Forschung mit der Glaubensdogmatik. Zwei verschiedene Baustellen. Die Forschung ermöglicht der peinlichen Verwandtschft, der Glaubensdogmatik, den Verbleib an den Universtäten. In bin mir sicher, in nicht allzu ferner Zukunft wird man darüber verständnislos den Kopf schütteln.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung ist sie die Königsdisziplin und alternativlos, also weit entfernt von einer Assistentenrolle.
Wenn sie vom Kern her aus methodischen Gründen nicht in die Texte eindringen kann, ist sie eine rein technische Disziplin - darin wird sie ja auch anerkannt. - Wie kannst Du von der HKM erwarten, dass sie das Denken Jesu ermessen kann, wenn sie gleichzeitig darauf besteht, nur säkular zu denken?
Wer maßt sich denn an, zu wissen, was Jesus wirklich gedacht hat? Die Forschung untersucht Quellen und anhand dieser Quellen glaubte Jesus an das nahe Gottesreich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie kann aber das Gottesbild, das hier entworfen wird, sehr wohl beschreiben.
Ja - sie kann es auf Basis ihrer methodischen Möglichkeiten. - EIN ernst zu nehmender Ansatz - mehr nicht.
Mehr will und kann sie doch gar nicht. Du verirrst dich immer wieder in die falsche Abteilung.

closs hat geschrieben: Ich wette mit Dir, dass es genau dasselbe Kuddelmuddel gäbe, wenn morgen die Originalschriften mit handschriftlichen Erläuterungen von Jesus gefunden werden würden. - Auch dann würde man es so oder so interpretieren - es wäre nichts gewonnen.
Vielleicht ist das gerade das "Erfolgsgeheimnis". Mit schriftlichem Zeugnis wäre Jesus angreifbar. So haben die Glaubensogmatiker immer noch die Ausrede, er sei eben falsch verstanden worden. :lol:
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#742 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von 2Lena » Mo 25. Jul 2016, 08:34

Svenilein, der Satz hier sagt "alles"! über deine Einschätzung ...
... du fischt in ziemlich salzigem Wasser, in dem bekanntlich kein einziger Fisch überleben kann, glaube ich.

Sven23 hat geschrieben:Mit schriftlichem Zeugnis wäre Jesus angreifbar.
Ist denn dir nie aufgefallen, dass gerade das NIE passiert ist ...
Belege dafür sind die folgenden:

In den ersten Jahrhunderten nach Christus entstanden große Wissenschaften, praktisch der Start in unsere Kultur. Jesus hat nämlich nicht nur die mysteriösen Worte im Johannesevangelium gesagt, die weit mehr enthalten, als die heutige Welt begreifen kann. Er hat und Himmelreichsgleichnisse gebracht, die heutige Kirchen nicht mehr verstehen richtig umzusetzen. Er hat alles über die Natur, Medizin, Ernährung, Philosophie, Astronomie, Psychologie, Gesetze gewusst, gelehrt und hatte mit den führenden Personen des Römerreiches Kontakt. Er hat alle Sprachen gesprochen und großartige handwerkliche Kunst überliefert. Dieses Wissen wurde rein sachlich weiter überliefert, auf verschiedensten Wegen weitergebracht, mal gut, mal schlecht.

Es gibt persönliche Briefe von Jesus. Sie wurden in Edessa aufbewahrt. Hüpf mal von "Quelle" zu "Quelle", also nicht nur ein x-beliebiger heutiger Wissenschaftler zitiert.

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#743 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 25. Jul 2016, 09:41

Münek hat geschrieben:Den Wissenschaftlern geht es mitnichten um irgendeinen "geistigen Kontext" - was immer das sein mag. Die neutestamentlichen Exegeten befassen sich als Historiker primär mit der Rekonstruktion TATSÄCHLICH geschehener Ereignisse.
"Geistiges" IST "tatsächlich". - Du wirst der HKM doch nicht unterstellen, dass sie sich nichts dabei denkt, wenn sie interpretiert?

Münek hat geschrieben:Doch - beschreiben kann sie diese Glaubenswelt schon äußerst genau.
Sie kann aus ihrer methodischen Sicht die Bibel beschreiben - richtig.

Münek hat geschrieben:Die Exegese ist allein für die Auslegung biblischer Texte zuständig. Wenn sie nicht in die Texte "eindringen" könnte, könnte sie sie nicht auslegen = interpretieren.
Wie jetzt? Hat sie jetzt einen geistigen Überblick über das Geschriebene oder nicht? - Meinst Du wirklich, dass eine säkulare Exegese, die mit Gott nichts am Hut hat, "allein" für die Auslegung von Texten über Gott zuständig ist?

Münek hat geschrieben:Es geht nicht um Interpretationen und schon gar nicht aus heutiger Sicht.
Aus welcher Sicht den sonst wenn nicht der heutigen? Aus der Sicht des 13. Jh.?

Münek hat geschrieben:Sie hat ihren wissenschaftlich-historischen Ansatz. Das ist kein "geistiger Ansatz" in Deinem Sinne, wo es um Gottesglauben geht.
Richtig - dementsprechend kann sie nur in "Deinem" Sinne interpretieren.

Münek hat geschrieben:Was willst Du machen, wenn Historiker nicht unterschiedlich interpretieren, weil sie zu einem einvernehmlichen Ergebnis gekommen sind?
Das gibt es manchmal, ist aber nicht die Regel. Und es ändert sich normalerweise mit den Zeiten.

Münek hat geschrieben:Wenn der Konsens über Jesu Irrtum schon seit annähernd 200 Jahren besteht, wird sich auch in den nächsten 200 Jahren daran nichts ändern.
Diesen Konsens gibt es innerhalb einer speziell methodisch ausgerichteten Gruppe innerhalb der Wissenschaft - mehr nicht. - Dieser Konsens (wenn es ihn gibt) ist sogar nachvollziehbar, wenn man die methodischen und weltanschaulichen Voraussetzungen dieser Gruppe erkennt. - Insofern ein wichtiger Beitrag - aber nicht mehr.

Münek hat geschrieben:Das kannst Du als Laie nicht beurteilen. Mach Dich schlau. Es gibt Fachliteratur.
Ich gebe an die Laien der kirchlichen Theologie weiter. Wenn sie es einsehen, schließe ich mich vielleicht an.

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#744 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 25. Jul 2016, 10:00

sven23 hat geschrieben:Du hattest doch mal die Einsicht gezeigt, dass die kanonische Exegese in der historischen Jesusforschung nicht brauchbar ist. Warum dann immer wieder Rückfälle hinter eine erreichte Erkenntnis?
Diese Erkenntnis gilt nur dann, wenn man beiden zugesteht, dass sie näher an der wirklichen, somit auch historischen Person Jesus sein kann als der jeweils andere.

sven23 hat geschrieben:deshalb kann man eine Naherwartung nicht in eine unbestimmte Fernerwartung uminterpretieren
Gilt doch umgekehrt auch.

sven23 hat geschrieben:Es geht um die Intention der Schreiber, für die sich die Forschung interessiert. Also genau das Gegenteil der kanonischen Exegese. Gibt es doch noch Wunder und diese Erkenntnis ist endlich bei dir angekommen?
Auch das kommt mal vor - aber hier ist bei DIR eine Erkenntnis angekommen: Nämlich, dass die HKM etwas über die Schreiber/Quellen/et. aussagen kann, aber nur sehr bedingt etwas über das, worüber sie berichten.

sven23 hat geschrieben:Der "geistige" Kontext wird doch von der Forschung ausgiebig beschrieben.
Aber in welchem eigenen geistigen Kontext wird er beurteilt. Unterschied zwischen "Theologie" und "Religions-Wissenschaft"!!

sven23 hat geschrieben:Und die Trabanten sind der Garant dafür, dass die Theologie den Fuss in den Unversitäten behalten kann.
WENN es so sein sollte, dass "Universität" eine Einrichtung einer materialistischen Gesellschaft sein soll und sonst nichts, hätte die Theologie dort nichts zu suchen - in der Tat. - Das gälte dann aber auch für Literaturwissenschaften, die über formale Beschreibung hinausgeht. - Wie willst Du Shakespeare verstehen ohne geistiges Fundament, das sich im Materialismus erschöpft?

"Universität" ist die Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden - "das Ganze, die Gesamtheit, der Inbegriff aller Dinge eines Ganzen" (wik). - Willst Du eine gleichgeschaltete atheistische Bright-Universität, und alles andere raus?

sven23 hat geschrieben:Wer maßt sich denn an, zu wissen, was Jesus wirklich gedacht hat?
In der Darstellung hier die HKM - sonst könnte sie den Satz "Jesus hatte eine Naherwartung" nicht als Faktum darstellen.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung untersucht Quellen und anhand dieser Quellen glaubte Jesus an das nahe Gottesreich.
Nicht mal das stimmt. Bzw. Es stimmt nur dann, wenn man ausblendet UND spezifisch interpretiert.

sven23 hat geschrieben:Mehr will und kann sie doch gar nicht.
Aha - und damit ist sie exklusiv für die Bibel-Exegese zuständig?

sven23 hat geschrieben:Vielleicht ist das gerade das "Erfolgsgeheimnis". Mit schriftlichem Zeugnis wäre Jesus angreifbar.
Stimmt. - Und Jesus wäre dann direktes Opfer davon, wenn er entgegen seiner Absichten interpretiert werden würde - und das bliebe nicht aus, weil auch dann die Sicht einer Zeit die Absicht des Originals überdecken würde.

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#745 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 25. Jul 2016, 11:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du hattest doch mal die Einsicht gezeigt, dass die kanonische Exegese in der historischen Jesusforschung nicht brauchbar ist. Warum dann immer wieder Rückfälle hinter eine erreichte Erkenntnis?
Diese Erkenntnis gilt nur dann, wenn man beiden zugesteht, dass sie näher an der wirklichen, somit auch historischen Person Jesus sein kann als der jeweils andere.
Wenn man eines aus der historisch-kritischen Forschung gelernt hat, dann doch wohl dies: Eine vollständige Rekonstruktion des "echten" historischen Jesus kann auf Grund der dünnen Quellenlage nicht mehr gelingen. Was man aber sagen kann, ist, dass der biblische, mythologische, verkündete "Rezipienten-Jesus" in weiten Teilen vom historischen abweicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:deshalb kann man eine Naherwartung nicht in eine unbestimmte Fernerwartung uminterpretieren
Gilt doch umgekehrt auch.
Ist doch auch gar nicht nötig, denn "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." ist ziemlich eindeutig. Die Parusieverzögerung durch Paulus läßt sich chronologisch wunderbar einordnen, als er erkannte, dass es zu seinen Lebzeiten wohl eng werden würde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht um die Intention der Schreiber, für die sich die Forschung interessiert. Also genau das Gegenteil der kanonischen Exegese. Gibt es doch noch Wunder und diese Erkenntnis ist endlich bei dir angekommen?
Auch das kommt mal vor - aber hier ist bei DIR eine Erkenntnis angekommen: Nämlich, dass die HKM etwas über die Schreiber/Quellen/et. aussagen kann, aber nur sehr bedingt etwas über das, worüber sie berichten.
Verstehe ich nicht. Wenn die Forschung etwas über Schreiber und Quellen aussagt, wieso soll das keine Aussagekraft haben? Aber egal, worauf es hier eigentlich ankommt, ist das Desinteresse der kanonischen Exegese an der urspünglichen Bedeutung eines Textes. Ich glaube, es war sogar Savonlinna, die zurecht darauf hingewiesen hat, dass kein Text ohne eine Absicht geschrieben wurde. Die urprüngliche Intention des Schreibers, die Primärbedeutung eines Textes, ist für das Textverständnis enorm wichtig.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der "geistige" Kontext wird doch von der Forschung ausgiebig beschrieben.
Aber in welchem eigenen geistigen Kontext wird er beurteilt. Unterschied zwischen "Theologie" und "Religions-Wissenschaft"!!
Du sagst doch selber, dass Wissenschaft sich auf die Beschreibung beschränken soll. Genau das tut sie.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und die Trabanten sind der Garant dafür, dass die Theologie den Fuss in den Unversitäten behalten kann.
"Universität" ist die Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden - "das Ganze, die Gesamtheit, der Inbegriff aller Dinge eines Ganzen" (wik). - Willst Du eine gleichgeschaltete atheistische Bright-Universität, und alles andere raus?
Religionswissenschaften können doch an den Unis bleiben. Eine striktere Trennung von Kirche und Staat und unabhänige Forschung wären wünschenswert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wer maßt sich denn an, zu wissen, was Jesus wirklich gedacht hat?
In der Darstellung hier die HKM - sonst könnte sie den Satz "Jesus hatte eine Naherwartung" nicht als Faktum darstellen.
Nicht als Faktum, aber als auf Grund der Quellenlage die naheliegendste und wahrscheinlichste Möglichkeit.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Forschung untersucht Quellen und anhand dieser Quellen glaubte Jesus an das nahe Gottesreich.
Nicht mal das stimmt. Bzw. Es stimmt nur dann, wenn man ausblendet UND spezifisch interpretiert.
Was blendet die Forschung aus? Es ist doch eher umgekehrt, nämlich dass die Kanoniker alles wegblenden, was im Widerspruch zu ihrem Glaubenskonstrukt steht. Stichwort: Cherrypicking.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mehr will und kann sie doch gar nicht.
Aha - und damit ist sie exklusiv für die Bibel-Exegese zuständig?
Nicht exclusiv, aber wenn man historisches von unhistorischem, authentisches von nicht-authentischem unterscheiden will, gibt es keine Alternative.
Kanonische Exegese macht da keine Unterscheidung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#746 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 25. Jul 2016, 12:13

sven23 hat geschrieben:Was man aber sagen kann, ist, dass der biblische, mythologische, verkündete "Rezipienten-Jesus" in weiten Teilen vom historischen abweicht.
Dazu zwei Anmerkungen:
1) Wie willst Du vom Historischen abweichen, wenn man nicht weiss, was der wirkliche Jesus war? - Oder meinst Du jetzt wieder mit "wirklich" das, was die HKM methodisch als "historisch" bezeichnet? - Wie war das mit der Spiegel-Referenz?
2) Wer entscheidet, welche Rezeption authentisch ist zu dem, was Jesus WIRKLICH gemeint hat?
Ungeachtet dessen, dass dieses "wirklich" nicht intersubjektiv greifbar ist, die rhetorische Frage: Sind wir uns einig, dass "geistige Authentizität mit dem, was Jesus gemeint hat" synonym zu "wirklicher (also auch "historischer") Jesus ist?

sven23 hat geschrieben:Ist doch auch gar nicht nötig
Doch. - Einige wenige wirklich eindeutige Zitate sind doch nicht ausreichend - die meisten gern vorgetragenen Zitate sind doch ganz anders interpretierbar (haben wir 100e Seiten lang gemacht). - Würde ich das Zitat "Das Reich Gottes ist in Dir" zum Maßstab machen, hätte ich genauso schnell "gewonnen" - aber so einfach geht's halt nicht.

sven23 hat geschrieben:Wenn die Forschung etwas über Schreiber und Quellen aussagt, wieso soll das keine Aussagekraft haben?
Doch - aber selbige muss qualifiziert werden.

sven23 hat geschrieben:Aber egal, worauf es hier eigentlich ankommt, ist das Desinteresse der kanonischen Exegese an der urspünglichen Bedeutung eines Textes.
Es ist de facto umgekehrt - und glaube langsam zu wissen, wo hier das Problem liegt:

Du beziehst "ursprüngliche Bedeutung" auf den Schreiber - die kanonische Exegese bezieht "ursprüngliche Bedeutung" auf Jesus. - Sie fragt also NICHT "was hat der Schreiber ursprünglich gemeint?", sondern was der dahinter stehende Jesus damit ursprünglich gemeint". - Wenn man das "ursprünglich" natürlich auf den Schreiber bezieht (also auf die Rezeption/das Sekundäre), hast Du natürlich recht, dass die kanonische Exegese daran nicht primär interessiert ist. - So stellt man dann einen Tatbestand per Rethorik exakt auf den Kopf.

sven23 hat geschrieben: Ich glaube, es war sogar Savonlinna, die zurecht darauf hingewiesen hat, dass kein Text ohne eine Absicht geschrieben wurde.
Recht hat sie - es könnte auch von Tiedje (oder wie er hieß) sein. - JEDER Schreiber, wenn es nicht gerade der Stenograph des Bundestags ist, hinterlegt bewusst oder unbewusst seine (Geschichts-) Schreibung mit einer eigenen Absicht.

sven23 hat geschrieben: Die urprüngliche Intention des Schreibers, die Primärbedeutung eines Textes, ist für das Textverständnis enorm wichtig.
Genau der Punkt: Die geistige Auslegung interessiert sich für die Primärbedeutung von Jesu Aussagen - Du hast hier genau das bestätigt, was mir oben geschwant ist.

sven23 hat geschrieben:Du sagst doch selber, dass Wissenschaft sich auf die Beschreibung beschränken soll. Genau das tut sie.
Das tut sie eben NICHT. - Würde sie es, hieße der Satz: "Gemäß unserer methodischen Regeln und unseren Interpretations-Grundlagen hatte Jesus in Bezug auf folgende Quellen selbst eine Naherwartung". - Es gäbe also keine fakten-anscheinenden Sätze wie: "Jesus hatte eine Naherwartung" oder "Jesus ist nicht leiblich auferstanden". - Beides ist wider die Disziplin der Wissenschaft - diesbezüglich waren wir übrigens vor 30 Jahren schärfer bedacht.

sven23 hat geschrieben: Eine striktere Trennung von Kirche und Staat und unabhänige Forschung wären wünschenswert.
Kirche und Staat sind bis auf rein säkulare Verträge wirklich getrennt - ich wüsste nicht, wo es anders wäre. - Dein Wort "unabhängig" mutet an wie: "Theologie kann nur universitär nur atheistisch betrieben werden". - Wenn da nicht die Traufe dem Regen folgt ... - Das wäre Erdogan mit umgekehrten Vorzeichen.

sven23 hat geschrieben:aber als auf Grund der Quellenlage die naheliegendste und wahrscheinlichste Möglichkeit
Aber doch nur bei entsprechenden methodischen und interpretatorischen Vorlagen. - Die kirchliche Theologie interpretiert DIESSELBE Quellenlage ganz anders.

sven23 hat geschrieben:Was blendet die Forschung aus?
Die (von Dir vertretene Art der) HKM betreibt genauso Cherry-Picking. - Das ist sogar normal, weil unterschiedliche Perspektiven zu unterschiedlichen Gewichtungen führen.

sven23 hat geschrieben:Kanonische Exegese macht da keine Unterscheidung.
Warum kanonische Exegese aus welchem Grund was macht, weiss Du inzwischen auch.

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#747 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 25. Jul 2016, 13:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was man aber sagen kann, ist, dass der biblische, mythologische, verkündete "Rezipienten-Jesus" in weiten Teilen vom historischen abweicht.
Ungeachtet dessen, dass dieses "wirklich" nicht intersubjektiv greifbar ist, die rhetorische Frage: Sind wir uns einig, dass "geistige Authentizität mit dem, was Jesus gemeint hat" synonym zu "wirklicher (also auch "historischer") Jesus ist?
Im Falle der Naherwartung geht die Forschung ja von einer Deckungsgleichheit aus. Insofern ja, in diesem Fall.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist doch auch gar nicht nötig
Doch. - Einige wenige wirklich eindeutige Zitate sind doch nicht ausreichend - die meisten gern vorgetragenen Zitate sind doch ganz anders interpretierbar (haben wir 100e Seiten lang gemacht). - Würde ich das Zitat "Das Reich Gottes ist in Dir" zum Maßstab machen, hätte ich genauso schnell "gewonnen" - aber so einfach geht's halt nicht.
Nein, so einfach geht es ja auch nicht. Wenn du dir endlich Literatur besorgen würdest, dann wüßtest du das auch.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber egal, worauf es hier eigentlich ankommt, ist das Desinteresse der kanonischen Exegese an der urspünglichen Bedeutung eines Textes.
Es ist de facto umgekehrt - und glaube langsam zu wissen, wo hier das Problem liegt:

Du beziehst "ursprüngliche Bedeutung" auf den Schreiber - die kanonische Exegese bezieht "ursprüngliche Bedeutung" auf Jesus. - Sie fragt also NICHT "was hat der Schreiber ursprünglich gemeint?", sondern was der dahinter stehende Jesus damit ursprünglich gemeint". - Wenn man das "ursprünglich" natürlich auf den Schreiber bezieht (also auf die Rezeption/das Sekundäre), hast Du natürlich recht, dass die kanonische Exegese daran nicht primär interessiert ist. - So stellt man dann einen Tatbestand per Rethorik exakt auf den Kopf.
Sorry, das ist wieder mal die Interpretation eines Laien, der sich ständig bemühte.

"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Schart, Aaron
Einführung in die historisch-kritische Methode der Textinterpretation

Heißt im Umkehrschluss, dass die kanonische Exegese sich nur für den Sinn eines Textes interessiert, den spätere Leserschaften im zugedacht haben.
Genau deshalb ist sie in der historischen Jesusforschung unbrauchbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ich glaube, es war sogar Savonlinna, die zurecht darauf hingewiesen hat, dass kein Text ohne eine Absicht geschrieben wurde.
Recht hat sie - es könnte auch von Tiedje (oder wie er hieß) sein. - JEDER Schreiber, wenn es nicht gerade der Stenograph des Bundestags ist, hinterlegt bewusst oder unbewusst seine (Geschichts-) Schreibung mit einer eigenen Absicht.[/color]
Und wenn man sich nicht für diese Absicht interessiert, kann nichts Brauchbares dabei rumkommen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die urprüngliche Intention des Schreibers, die Primärbedeutung eines Textes, ist für das Textverständnis enorm wichtig.
Genau der Punkt: Die geistige Auslegung interessiert sich für die Primärbedeutung von Jesu Aussagen - Du hast hier genau das bestätigt, was mir oben geschwant ist.
Und die geistige Primäbedeutung von "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." war nun mal die Naherwartung. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Du sagst doch selber, dass Wissenschaft sich auf die Beschreibung beschränken soll. Genau das tut sie.
Das tut sie eben NICHT. - Würde sie es, hieße der Satz: "Gemäß unserer methodischen Regeln und unseren Interpretations-Grundlagen hatte Jesus in Bezug auf folgende Quellen selbst eine Naherwartung". - Es gäbe also keine fakten-anscheinenden Sätze wie: "Jesus hatte eine Naherwartung" oder "Jesus ist nicht leiblich auferstanden". - Beides ist wider die Disziplin der Wissenschaft - diesbezüglich waren wir übrigens vor 30 Jahren schärfer bedacht.[/color]
Stimmt: schon vor vielen Jahrzehnten hatten Theologen wie Bultmann und Rahner unumwunden zugegeben:

„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
(Rudolf Bultmann, Das Urchristentum, S.22)

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
(Karl Rahner, kath. Theologe)

Diesbezüglich ist Ratzinger ein Rückschritt gewesen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Eine striktere Trennung von Kirche und Staat und unabhänige Forschung wären wünschenswert.
Kirche und Staat sind bis auf rein säkulare Verträge wirklich getrennt - ich wüsste nicht, wo es anders wäre. -
Da ginge noch mehr Trennung (siehe Frankreich). Warum muß der Staat über den Arbeitgeber die Steuern für die Kirche eintreiben? Was geht den Arbeitgeber meine Konfession an? Warum werden Bischöfe aus allgemeinen Steuern bezahlt? Warum wird immer noch gegen den verfassungsmäßigen Auftrag der Ablösung der Staatsleistungen verstoßen? Warum hat die Kirche die Oberhoheit über die Personalpolitik in Institutionen, die zu 80% oder mehr vom Staat finanziert werden? Usw. Also trennungstechnisch ist da noch Luft nach oben.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:aber als auf Grund der Quellenlage die naheliegendste und wahrscheinlichste Möglichkeit
Aber doch nur bei entsprechenden methodischen und interpretatorischen Vorlagen. - Die kirchliche Theologie interpretiert DIESSELBE Quellenlage ganz anders.
Logisch, wer entzieht sich denn freiwillig die eigene Geschäftsgrundlage? :roll:
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#748 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 25. Jul 2016, 14:43

sven23 hat geschrieben:Im Falle der Naherwartung geht die Forschung ja von einer Deckungsgleichheit aus.
Hat sie methodisch eine andere Wahl?

sven23 hat geschrieben:Wenn du dir endlich Literatur besorgen würdest, dann wüßtest du das auch.
Das sind Ausflüchte. - Die Rahmenbedingungen sind doch klar - oder meinst Du, dass Ratzinger und Berger Theißen nicht verstanden haben?

Es geht auch nicht um Theißen, der ganz sicher ein sehr guter und wohlmeinender Wissenschaftler ist. - Es geht - wie es Berger dankenswerter in meinem Sinne sagt - um den/Theißens anthropologischen Ansatz (ich sprach immer von "anthropozentristischer Ansatz"), der offenbar gar nicht (mehr) reflektiert wird.

sven23 hat geschrieben:Sorry, das ist wieder mal die Interpretation eines Laien
Nein - ich bin wo ganz wo anders. - Konkret: Schart hat vollkommen recht - aber was bedeutet es? - Es bedeutet doch, dass die HKM eine reine Quellen-Untersuchung ist und innerhalb dieses Rahmens zu bleiben hat, wenn es ihre Methodik nicht verletzen will.

Insofern ist die kanonische Exegese selbstverständlich NICHT historisch-kritisch, will es aber auch nicht sein. - Die kanonische Exegese versucht auf Basis von HKM-Erkenntnissen herauszuarbeiten, was inzwischen an Erkenntnissen in Bezug auf Jesus und seine Botschaft erkannt wurde - also eine hermeneutische Wissenschaft.

Konkret könnte dies heißen:
Wenn Sven aus irgendeinem Grund mit seiner Auffassung den Nagel auf den Kopf treffen würde, Jesus also, wenn er daneben stünde, sagen würde "Dieser Bursche hat mich exakt erkannt", wäre Sven nicht nur Jesus, sondern auch dem historischen Jesus (im Sinne von "was bei Jesus wirklich der Fall war") nahe - ganz ohne HKM.

Ontologisch wäre Sven also im historischen Verständnis koinzident mit dem tatsächlichen Jesus, egal was die HKM sagt. - Die HKM dagegen kann das, was sie sagt, methodisch sauber begründen - egal wie nahe sie am tatsächlichen Jesus dran ist. - Verifizierbar ist beides letztlich nicht, weil das Objekt nicht eingreifen kann ("Hey, da habt Ihr mich falsch verstanden").

sven23 hat geschrieben:Und wenn man sich nicht für diese Absicht interessiert, kann nichts Brauchbares dabei rumkommen.
Ganz recht - man kann durch die HKM Hinweise für konkrete Absichten finden - der Schreiber. - Die Absichten Jesu selbst kann man nur geistig-hermeneutisch einordnen, weil man dann selber geistig ansetzen muss.

sven23 hat geschrieben:Und die geistige Primäbedeutung von "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." war nun mal die Naherwartung.
Das ist die Quellen-Primär-Bedeutung, aber aus vielerlei Gründen nicht die Jesus-Original-Primär-Bedeutung. - Das gilt umgekehrt auch für den Bibel-Satz "Das Reich Gottes ist in Euch" (wobei ich hier eher an eine Koinzidenz von Quellen- und Jesus-Bedeutung glaube).

sven23 hat geschrieben:Stimmt: schon vor vielen Jahrzehnten hatten Theologen wie Bultmann und Rahner unumwunden zugegeben
Genauso wie Ratzinger und Berger unumwunden das Gegenteil meinen. - Wollen wir jetzt abstimmen lassen?

Solche Dinge wären in der Disziplin "Wissenschafts-Geschichte" gut aufgehoben: "Warum interpretiert man strittige Fragen in einer Zeit so und in einer anderen Zeit anders?" - oder so ähnlich.

sven23 hat geschrieben:Diesbezüglich ist Ratzinger ein Rückschritt gewesen.
ODer ein Fortschritt - gemessen an dem, was Jesus gemeint hat. - Wer will das entscheiden?

sven23 hat geschrieben:Warum muß der Staat über den Arbeitgeber die Steuern für die Kirche eintreiben?
Dienstleistung, für die der Staat gut bezahlt wird.

sven23 hat geschrieben:Warum werden Bischöfe aus allgemeinen Steuern bezahlt?
Missglückte Regelung von Zinsersatz-Zahlungen anstelle von Kapitaldienst des Staates an die Kirche. - Der Staat spart damit extrem viel Geld. - Trotzdem bin ich ebenfalls dagegen, weil es intransparent ist für den, der sich nicht damit befasst.

sven23 hat geschrieben:Warum hat die Kirche die Oberhoheit über die Personalpolitik in Institutionen, die zu 80% oder mehr vom Staat finanziert werden?
Wirklich schwieriges Thema. - Da sourct der Staat Leistungen aus, die er selber erbringen müsste - die Kirche schießt eigene Mittel zu - und hat dabei Mitspracherecht im Arbeitsrecht. - Auch das ist intransparent.

Aber wie soll man es praktikabel lösen? Natürlich kann die Kirche ihre Einrichtungen an einen anderen Träger vermieten - wäre wahrscheinlich ein Riesen-Geschäft. - Aber welcher Träger hätte überhaupt das Kapital. so etwas zu schultern. - Der Staat vielleicht - aber dieser fährt doch so, wie es ist, weit billiger. - Wo sind praktikable Alternativ-Lösungen?

sven23 hat geschrieben:Also trennungstechnisch ist da noch Luft nach oben.
Theoretisch ja. - Aber ich möchte mal die Bürger sehen, wenn der Staatshaushalt plötzlich mit zwischen 30 und 150 Milliarden Euro an Zusatzschulden belastet ist (von Maastricht ganz zu schweigen) - oder wenn ein amerikanischer Hedgefond die deutsche Kindergartenlandschaft, etc. übernimmt und seine Geschäftspolitik durchsetzt. - Bedenke immer das Ende ...

sven23 hat geschrieben:Logisch, wer entzieht sich denn freiwillig die eigene Geschäftsgrundlage?
Klar - aber das gilt doch genauso für die HKM. - Sie bibbert doch, dass sie mit ihrem methoden-internen sauber durchgeführten Modell nicht mehr beachtet wird außer als periphärer Zuträger. - Der heutige Machtkampf in der Theologie hat doch auch etwas mit eigenen Pfründen zu tun.

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sven23
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#749 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 25. Jul 2016, 17:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Falle der Naherwartung geht die Forschung ja von einer Deckungsgleichheit aus.
Hat sie methodisch eine andere Wahl?
Sie hätte durchaus eine andere Wahl, wenn die Quellen anders wären. Sie sind aber nun mal so, wie sie sind.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn du dir endlich Literatur besorgen würdest, dann wüßtest du das auch.
Das sind Ausflüchte. - Die Rahmenbedingungen sind doch klar - oder meinst Du, dass Ratzinger und Berger Theißen nicht verstanden haben?
Die Frage ist doch, ob sie es verstehen wollen. Dass sich Gläubige völlig ihn ihren Glaubenskokon einspinnen können, ist sicher auch dir nicht ganz fremd. ;)

closs hat geschrieben: Es geht auch nicht um Theißen, der ganz sicher ein sehr guter und wohlmeinender Wissenschaftler ist.
Im Falle der Naherwartung geht es sicher nicht nur um Theißen/Merz. Es geht um die Forschung insgesamt, in der in dieser Frage ein breiter Konsens besteht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sorry, das ist wieder mal die Interpretation eines Laien
Nein - ich bin wo ganz wo anders. - Konkret: Schart hat vollkommen recht - aber was bedeutet es? - Es bedeutet doch, dass die HKM eine reine Quellen-Untersuchung ist und innerhalb dieses Rahmens zu bleiben hat, wenn es ihre Methodik nicht verletzen will.
Hast du es endlich kapiert? Ja, sie untersucht Quellen. Und nach diesen Quellen hatte der biblische Jesus eine Naherwartung.

closs hat geschrieben: Insofern ist die kanonische Exegese selbstverständlich NICHT historisch-kritisch, will es aber auch nicht sein.
Das ist nichts Neues, zumal sie als Gegenmodell zu historisch-kritischen Methode entwickelt wurde. :lol:

closs hat geschrieben: - Die kanonische Exegese versucht auf Basis von HKM-Erkenntnissen herauszuarbeiten, was inzwischen an Erkenntnissen in Bezug auf Jesus und seine Botschaft erkannt wurde - also eine hermeneutische Wissenschaft.
Das stimmt ja eben nicht. Wenn man so ziemlich alles, was die Forschung an Erkenntnissen hervorgebracht hat, ignoriert, und sich nur das willkürlich herauspickt, was ins Glaubenskonstrukt passt, kann man nicht mehr von Wissenschaft sprechen. Das ist so ziemlich das Gegenteil davon. Deshalb sagt die Forschung zu Recht: kanonische Exegese = nix gut für historische Jesus-Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und die geistige Primäbedeutung von "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." war nun mal die Naherwartung.
Das ist die Quellen-Primär-Bedeutung, aber aus vielerlei Gründen nicht die Jesus-Original-Primär-Bedeutung.
Das sieht die Forschung eben anders und sie kann es weitaus besser und fundierter begründen als ein Laie.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Stimmt: schon vor vielen Jahrzehnten hatten Theologen wie Bultmann und Rahner unumwunden zugegeben
Solche Dinge wären in der Disziplin "Wissenschafts-Geschichte" gut aufgehoben: "Warum interpretiert man strittige Fragen in einer Zeit so und in einer anderen Zeit anders?" - oder so ähnlich.
So strittig ist die Frage doch innerhalb der Forschung gar nicht. Im Gegenteil ist die Naherwartung weitgehend konsensfähig. Sogar ein Kardinal Kasper gibt es indirekt zu (Verheißungsüberschuss)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Diesbezüglich ist Ratzinger ein Rückschritt gewesen.
ODer ein Fortschritt - gemessen an dem, was Jesus gemeint hat. - Wer will das entscheiden?
Nur wenn man die Quellen und die Forschung ignoriert und sich sein eigenes, eisegetisches Süppchen kocht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum werden Bischöfe aus allgemeinen Steuern bezahlt?
Missglückte Regelung von Zinsersatz-Zahlungen anstelle von Kapitaldienst des Staates an die Kirche. - Der Staat spart damit extrem viel Geld. - Trotzdem bin ich ebenfalls dagegen, weil es intransparent ist für den, der sich nicht damit befasst.
Der Staat würde auf lange Sicht viel Geld sparen, wenn er die Staatsleistungen gem. dem Verfassungsauftrag ablösen würde. Aber man hat den Eindruck, dass die Kirchen in der Politik eine gute Lobby haben, die ihnen finanzielle Mittel bis zum St. NImmerleinstag sichert.

closs hat geschrieben: Aber wie soll man es praktikabel lösen? Natürlich kann die Kirche ihre Einrichtungen an einen anderen Träger vermieten - wäre wahrscheinlich ein Riesen-Geschäft. - Aber welcher Träger hätte überhaupt das Kapital. so etwas zu schultern. - Der Staat vielleicht - aber dieser fährt doch so, wie es ist, weit billiger. - Wo sind praktikable Alternativ-Lösungen?
Es gibt immer Alternativen. Die skandinavischen Modelle sind ja so schlecht auch nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also trennungstechnisch ist da noch Luft nach oben.
Theoretisch ja. - Aber ich möchte mal die Bürger sehen, wenn der Staatshaushalt plötzlich mit zwischen 30 und 150 Milliarden Euro an Zusatzschulden belastet ist (von Maastricht ganz zu schweigen) - oder wenn ein amerikanischer Hedgefond die deutsche Kindergartenlandschaft, etc. übernimmt und seine Geschäftspolitik durchsetzt. - Bedenke immer das Ende ...
Also laut dem Kirchenfinanzen-Experten Carsten Frerk liegt die Spanne zwischen 0 und 10-15-fachen der Jahreszahlung. Da sollte ein Kompromiss über die Höhe der Zahlung und die Laufzeit möglich sein, bei entsprendem politischen Willen. Der fortgesetze Verfassungsbruch ist keine Lösung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Logisch, wer entzieht sich denn freiwillig die eigene Geschäftsgrundlage?
Klar - aber das gilt doch genauso für die HKM. - Sie bibbert doch, dass sie mit ihrem methoden-internen sauber durchgeführten Modell nicht mehr beachtet wird außer als periphärer Zuträger. - .
Hast du heute morgen einen Clown gefrühstückt? :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#750 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 25. Jul 2016, 19:48

2Lena hat geschrieben: Es gibt persönliche Briefe von Jesus. Sie wurden in Edessa aufbewahrt. Hüpf mal von "Quelle" zu "Quelle", also nicht nur ein x-beliebiger heutiger Wissenschaftler zitiert.
Sind die nicht als Fälschung entlarvt worden, weil sie auf Schreibmaschiene geschrieben waren? :lol:

Im ernst, ich glaube, damit tut man Jesus keinen Gefallen, wenn man ihn mit dieser schlecht gemachten Fälschung von literarisch minderer Qualität in Verbindung bringt.
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