Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

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Münek
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#721 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 2. Aug 2015, 02:11

Catholic hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Da das Reich Gottes nicht kam, ist die Schlussfolgerung zwingend, dass Jesus sich geirrt hatte.

was stimmen würde,wenn es eindeutig wäre,dass Jesus mit dem Reich Gottes ein irdisches politisches Reich gemeint hat.



Folgt man Jesu apokalyptischen Schilderungen seinen Jüngern gegenüber (z. B. Mk. 13, 3-33), dann war es auch so.

Die Gottesherrschaft sollte ja auf Erden errichtet werden; das Himmelreich gab es ja schon.

Salome23
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#722 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Salome23 » So 2. Aug 2015, 02:34

Münek hat geschrieben: Was soll das denn sein, dieses ominöse "Innere Gottesreich"?
Epheser 3
14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater,
15 der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden,
16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen,
17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.


Lukas 17
20 Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach:
Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man's beobachten kann;
21 man wird auch nicht sagen: Siehe, hier ist es!, oder: Da ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch

Johannes 14
23 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen.


=Inneres Gottesreich :)

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Scrypt0n
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#723 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Scrypt0n » So 2. Aug 2015, 03:17

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:die Schlussfolgerungen finden INnERHALB der Methodik ab und begründen sich auch darin.
Wenn man es so sieht, kauft man sich gleichzeitig weltanschaulichen Einfluss mit ein.
Falsch; denn die wissenschaftliche Methodik schließt weltanschaulichen Einfluss aus - wie, habe ich dir bereits mehrmals ausführlich dargelegt.
Ist eben so, auch wenn du damit nicht klar zu kommen scheinst.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Das ist auch der Grund dafür, weshalb du so festgefahren bist mit deinen Dogmen.
Ist Dir aufgefallen, dass der theologische Trend dahingeht, das Dogmatische der langjährigen HKM-Verwendung zu unterstreichen ?
Nein; und diese Behauptung kann deinerseits ohnehin durch nichts gestützt werden.
Du hältst an den willkürlichen und beliebigen "geistigen" Ergebnissen fest und negierst die Ergebnisse der wissenschaftlichen/objektiven Methodik.

So wird das doch nun wirklich nichts. Auch ein Berger ändert daran nichts.

closs hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:Das kann unmöglich sein, da die Ergebnisse der HKM auf keinen weltanschaulichen Glaubensinhalten basieren.
Wie erklärst Du Dir dann, dass historische Dinge bei gleicher wissenschaftlichen Quellenlage unterschiedlich interpretiert werden?
Werden sie das?
Welche denn?
Bitte klare Antwort. :)

Dann zeige ich dir auf, dass, sofern das Ergebnis sich in zwei Darstellungen unterscheidet, in mindestens einem Werk auf eine andere Quellenlage bezogen wird oder aber Fakten aus der selbigen ausgelassen worden sind.
Da du dir dessen bewusst bist, wirst du hier weiter in offensichtlichen Ausreden umher schwingen.
Doch darauf einzugehen warst du bisher nie in der Lage, warum sollte sich da also etwas bei dir geändert haben...

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sven23
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#724 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 07:25

closs hat geschrieben:Es wird dadurch zur geistigen Frage, dass es historisch nicht klärbar ist - man muss weltanschaulich spekulieren, um zu diesem oder jedem Ergebnis zu kommen.
Die Qualität der Begründung ist bis heute unerreicht, weshalb es auch verständlich ist, daß die NT-Forschung das mehrheitlich so sieht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#725 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 09:46

Münek hat geschrieben:Die theologische Wissenschaft unterscheidet nicht zwischen einem "inneren" und einem "äußeren" Gottesreich.
WENN es so wäre, wäre theologische Wissenschaft komplett von der Rolle.

sven23 hat geschrieben:Die Qualität der Begründung ist bis heute unerreicht
Das klingt alles ungeheuer virtuell. - Man kann Zitate bis zum Abwinken bringen, dass Jesus das inwendige Gottesreich verkündet hat UND natürlich auch das "äußere", apokalyptische Reich am Ende der Zeiten - am Ende kommt raus:
Münek hat geschrieben:Die theologische Wissenschaft unterscheidet nicht zwischen einem "inneren" und einem "äußeren" Gottesreich.

closs
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#726 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 09:58

Salome23 hat geschrieben:=Inneres Gottesreich
Lukas 17
20 Da er aber gefragt ward von den Pharisäern: Wann kommt das Reich Gottes? antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden;
21 man wird auch nicht sagen: Siehe hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.

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sven23
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#727 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 10:19

closs hat geschrieben:Das klingt alles ungeheuer virtuell. - Man kann Zitate bis zum Abwinken bringen, dass Jesus das inwendige Gottesreich verkündet hat UND natürlich auch das "äußere", apokalyptische Reich am Ende der Zeiten - am Ende kommt raus: Die theologische Wissenschaft unterscheidet nicht zwischen einem "inneren" und einem "äußeren" Gottesreich.

Mehrheitlich beziehen sich die Zitate auf das äußere, ereignishaft Gottesreich. Aber das ist gar nicht mal das Entscheidende.
Wie ich schon mehrfach sagte, wird das spätestens seit Albert Schweitzer so gesehen.
"Schweitzer erkannte nur die Forschung von Johannes Weiß (Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes, 1892) als gültigen Beitrag zur historischen Erklärung der Verkündigung Jesu an. Weiß hatte nachgewiesen, dass Jesus das Reich Gottes als nahes, aber zukünftiges Weltende im Sinne des von Gott herbeigeführten Endgerichts verstand und nicht als innerseelische Gottesgegenwart, wie es die liberalen Theologen sich dachten."
Daran hat sich bis heute mehrheitlich nichts geändert.
Insofern stimmt Müneks Aussage, daß nicht mehr unterschieden werden muß zwischen innerem und äußeren Gottesreich, weil die sich die Kontroverse erledigt hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#728 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 10:30

Die historisch-kritische Methode hat einiges zu Tage gefördert, das vielen nicht gefallen hat. Aber wie schon gesagt, darf sich Wissenschaft nicht vom Ergebnis abhängig machen.
Schaut man sich einmal an, wie die Evangelien als wichtiger Teil des NT zu Stande kamen, dann stehen einem die Haare zu Berge. In anderen Teilen sieht es auch nicht viel besser aus.

"Und so ist es nicht zu weit gegriffen, wenn man behauptet, dass der Verfasser der Apostelgeschichte, wie auch die Verfasser der Evangelien, uns unbekannte kirchliche Schriftsteller aus dem 1. und 2. Jahrhundert sind, die einen Apostel namens Paulus nicht persönlich kannten. Das, was Lukas uns über ihn und sein Wirken berichtet, sind keine Nachrichten aus erster Hand. Das gesteigerte Interesse des Verfassers an mirakulösen, wunderbaren Erzählungen, Heilungs-, Befreiungs- und Strafwundern, das „Überwiegen der Personallegende“ erweckt vielmehr den Eindruck, dass es hier um eine retrospektive Konstruktion geht, deren Form weitgehend der Rhetorik des griechischen Romans entlehnt ist und deren Absichten die moderne Kritik unzweideutig aufgedeckt hat."
....
"Man wird mit gutem Grund sagen können, dass wir es hierbei nicht mit der Darstellung von Geschichte zu tun haben, sondern, dass hier an einer Legende gewoben wird, freilich nicht nur an der des Paulus, sondern an derjenigen der urchristlichen Kirche und ihrer Apostel insgesamt."
Quelle
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#729 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Salome23 » So 2. Aug 2015, 11:20

closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:=Inneres Gottesreich
Lukas 17
20 Da er aber gefragt ward von den Pharisäern: Wann kommt das Reich Gottes? antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußerlichen Gebärden;
21 man wird auch nicht sagen: Siehe hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.

:?:

Hab ich doch zitiert

closs
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#730 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 11:33

sven23 hat geschrieben:Daran hat sich bis heute mehrheitlich nichts geändert.
Weiß hat keinen umfassenden Nachweis erbracht, sondern einen Nachweis auf Basis seines positivistischen Ansatzes - einen Nachweis, dass bei Gesamt-Betrachtung der Bibel Jesus eine "äußere" Naherwartung hatte, gibt es nicht.

sven23 hat geschrieben:Insofern stimmt Müneks Aussage, daß nicht mehr unterschieden werden muß zwischen innerem und äußeren Gottesreich, weil die sich die Kontroverse erledigt hat.
Die Kontroverse hat sich aus christlicher Sicht ebenfalls seit Jahrzehnten erledigt - aber andersrum: Das Postulat einer "äußeren" Naherwartung ist Ergebnis EINES speziellen positivistischen Ansatzes - dieser Ansatz spielt hermeneutisch (in meinem Verständnis von "Hermeneutik") überhaupt keine Rolle. - Hier hat sich etwas komplett seit Jahrzehnten auf diametrale Weise erledigt.

sven23 hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode hat einiges zu Tage gefördert, das vielen nicht gefallen hat.
Das stimmt - "frömmelnde" Auslegung geht nicht mehr. - Deshalb ist die HKM inzwischen fester Bestandteil der RKK.

sven23 hat geschrieben:Und so ist es nicht zu weit gegriffen, wenn man behauptet, dass der Verfasser der Apostelgeschichte, wie auch die Verfasser der Evangelien, uns unbekannte kirchliche Schriftsteller aus dem 1. und 2. Jahrhundert sind, die einen Apostel namens Paulus nicht persönlich kannten.
Gut möglich.

sven23 hat geschrieben:Das, was Lukas uns über ihn und sein Wirken berichtet, sind keine Nachrichten aus erster Hand.
Auch gut möglich - beides zeigt, wie wichtig die Frage nach authentischer und nicht-authentischer Jesus-Rezeption ist.

sven23 hat geschrieben:dass es hier um eine retrospektive Konstruktion geht
Sehe ich genau so.

sven23 hat geschrieben:"Man wird mit gutem Grund sagen können, dass wir es hierbei nicht mit der Darstellung von Geschichte zu tun haben, sondern, dass hier an einer Legende gewoben wird
Altes Thema: Wissenschaftliche Arbeit "gut" - weltanschauliche Schlussfolgerung "unbefriedigend".

Denn die Tatsache, dass die Texte "als stille Post" entstanden sind, sagt nichts darüber aus, ob die substantielle Wiedergabe richtig oder falsch ist. - Genau so müsste es auch ein HKM-Wissenschaftler sagen:

"Wir haben keine Primär-Quellen. - Wie nahe die Primar-Quellen am Objekt (= Jesus) sind, wissen wir nicht." - Quellen sagen primär etwas über den Quellen-Verfasser und dessen Zeit aus und nicht über das Objekt. - Im besten Fall ist eine Quelle authentisch - im Normal-Fall mal authentisch, mal nicht - im schlechtesten Fall Fälschung.

Jesus kann man nur dann authentisch erfassen, wenn man all diese Quellen vergleicht UND in den Kontest des AT stellt - dann kommt am ehesten was raus. - Achja - und man muss natürlich geistig auf der Reihe sein, sonst können einem wertvolle Hinweise entgehen. - Ist man es nicht, bleibt es ein virtuelles Spiel.

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