Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#711 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Sa 1. Aug 2015, 23:47

closs hat geschrieben: Anders gesagt: In dem Moment, in dem man nach wissenschaftlicher Kärrnerarbeit zur substantiellen Bedeutung einer Bibelstelle kommt, verlässt man die wissenschaftliche Sphäre - und Ratzinger sagt das auch, macht also deutlich, dass Wissenschaft wissenschaftlich bleiben muss.
Nein, Ratzinger sagt, daß die historisch-kritische Methode für Bibeltexte nicht anwendbar ist, weil sie von Gott inspiriert seien. Damit will er die Methode aushebeln und stellt sich aber selbst ins Abseits.

closs hat geschrieben: Tut er doch nicht - gerade Ratzinger hat klargestellt, dass Exegese ohne HKM nicht geht -
Und wenn die Ergebnisse nicht gefallen, verbannt man die Methode. So geht natürlich nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#712 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Sa 1. Aug 2015, 23:49

Catholic hat geschrieben:Weil in dem Beitrag eindeutig die Aussage einer anderen Person als Zitat (!!!) erwähnt wurde.
Das ist doch völlig ok, wenn es als eigenständiges Zitat erkennbar ist. Und das ist es ja wohl, also wo liegt das Problem?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#713 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » Sa 1. Aug 2015, 23:50

sven23 hat geschrieben:Ratzinger sagt, daß die historisch-kritische Methode für Bibeltexte nicht anwendbar ist,
Dieses Zitat müsste ich genau und im Kontext kennen - es passt nicht zu Ratzingers Hochschätzung der HKM im Rahmen der Exegese.

Was er vermutlich sagen will: Die HKM kann nicht Maßstab sein für geistige Auslegung - die HKM hat dienstfrei, sobald die wissenschaftlichen Fragen abgearbeitet sind.

sven23 hat geschrieben:Und wenn die Ergebnisse nicht gefallen, verbannt man die Methode.
Quatsch. - Siehe oben.

Catholic
Beiträge: 2750
Registriert: Sa 14. Sep 2013, 13:45

#714 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Catholic » Sa 1. Aug 2015, 23:52

Hallo sven,

ist das Unterstrichene als eindeutig eigenständiges Zitat erkennbar?

sven23 hat geschrieben:Die Bibel wird ja von vielen immer noch als historischer Tatsachenbericht verstanden und die Kirchen lassen sie in dem Glauben.
"Religionssoziologen stellen heutzutage fest, dass Bibel-Lesen nicht mehr "in" ist und viele Zeitgenossen als religiöse Analphabeten leben. Das ist aus vielerlei Gründen verständlich, nicht zuletzt deswegen, weil in den Kirchen die Mehrzahl der Gemeindepfarrer und Bischöfe und nicht wenig Dogmatik-Lehrer an den theologischen Hochschulen eine moderne Bibelauslegung scheuen und das Wissen, welches ihnen im Studium vermittelt wurde, bzw. welches sie selbst lehrten, beharrlich verschweigen und ignorieren. Es geht um die historisch-kritische Analyse der Bibel, deren Ergebnisse seit über 150 Jahren nicht mehr außer acht gelassen werden können, mit denen sich aber viele Geistliche absolut nicht anfreunden wollen, sei es aus Gründen der Bequemlichkeit oder aus Scheu vor einer intellektuellen Auseinandersetzung, welche die Mythen und Geschichten der Bibel als solche aufdecken und benennen würde. ...
Damit überlassen sie jedoch dieses Feld den Bibelfundamentalisten, die den Inhalt der Bibel als wortwörtliche Berichte und Anordnungen Gottes verstehen und auch heute noch als Einzeltäter oder als Kollektiv, innenpolitisch wie international viel Schaden anrichten. (Siehe den Attentäter von Oslo 2011, oder die USA unter der Ära Bush). Dagegen hilft nur eines: Aufklärung, Aufklärung und nochmals Aufklärung darüber, wie die Bibeltexte entstanden sind und wie sie im historischen Kontext der Entstehungszeit interpretiert werden müssen, damit endlich der Zustand überwunden wird, den der evangelische Prof. Dr. theol. Walter Hollenweger als das "bestgehütete Geheimnis der Kirchen" bezeichnet. Er meint damit die Ergebnisse der historischen Bibelkritik und deren Auslegung."
Quelle

Stammt das unterstrichene Zitat von "Glauben und Wissen" oder nicht?

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#715 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » Sa 1. Aug 2015, 23:54

closs hat geschrieben:Dieses Zitat müsste ich genau und im Kontext kennen - es passt nicht zu Ratzingers Hochschätzung der HKM im Rahmen der Exegese.
Ja, er schätzt die HKM, aber weniger im Zusammenhang mit biblischen Texten, besonders wenn die Ergebnisse nicht gefallen.

closs hat geschrieben: Was er vermutlich sagen will: Die HKM kann nicht Maßstab sein für geistige Auslegung - die HKM hat dienstfrei, sobald die wissenschaftlichen Fragen abgearbeitet sind.
Und wann sie dienstfrei hat, entscheidet Ratzinger. Zum Glück funktioniert wissenschaftliche Arbeit so nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#716 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 00:01

sven23 hat geschrieben:Ja, er schätzt die HKM, aber weniger im Zusammenhang mit biblischen Texten
Doch - gerade da. - Aber nicht für deren inhaltlicher Auslegung, wenn es sich um geistige Aussagen handelt. - Beinhaltet eine Bibel-Aussage eine historische Aussage, geht es natürlich mit HKM.

sven23 hat geschrieben:Und wann sie dienstfrei hat, entscheidet Ratzinger.
Das tut eigentlich die Wissenschaft selber, wenn sie sich an ihre Disziplin hält (im doppelten Sinne des Wortes). - Die posivistische Theologie scheint in diesem Sinne un-diszipliniert zu sein, wenn sie mit ihren Aussagen über nicht-falsifizierbare Aussagen ("Jesus hatte eine Naherwartung") hinausgeht.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#717 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 00:03

Catholic hat geschrieben:Hallo sven,

ist das Unterstrichene als eindeutig eigenständiges Zitat erkennbar?


Stammt das unterstrichene Zitat von "Glauben und Wissen" oder nicht?

So wie es sich darstellt, ist es ein redaktioneller Beitrag der Seitenbetreiber.
Wenn sie fremden Text verwendet und dies nicht kenntlich gemacht haben, mußt du dich bei den Seitenbetreibern beschweren. In Ordnung wäre das nicht.
Ich gehe aber trotzdem davon aus, daß sich die Seitenbetreiber mit dem Text identifizieren, sonst würden sie ihn nicht verwenden.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#718 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von sven23 » So 2. Aug 2015, 00:08

closs hat geschrieben:Doch - gerade da. - Aber nicht für deren inhaltlicher Auslegung, wenn es sich um geistige Aussagen handelt. - Beinhaltet eine Bibel-Aussage eine historische Aussage, geht es natürlich mit HKM.
Warum soll es eine rein geistige Frage sein, ob der historische Jesus eine Naherwartung hatte. Wenn der historische Jesus das nahe Gottesreich verkündete, dann war es eben so, eine historische Tatsache.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#719 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von closs » So 2. Aug 2015, 00:17

sven23 hat geschrieben:Wenn der historische Jesus das nahe Gottesreich verkündete, dann war es eben so, eine historische Tatsache.
Es wird dadurch zur geistigen Frage, dass es historisch nicht klärbar ist - man muss weltanschaulich spekulieren, um zu diesem oder jedem Ergebnis zu kommen.

Der Unterschied zwischen christlicher und positivistischer Theologie: Die christliche Theologie weiss, wann sie die Wissenschaft verlässt und christlich (= weltanschaulich) interpretiert - die positivistische Theologie scheint es (legt man deren Darstellung hier im Forum zugrunde) NICHT zu wissen.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#720 Re: Historische Textkritik- Was bleibt am Ende des Tages?

Beitrag von Münek » So 2. Aug 2015, 01:51

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die theologische Forschung ist nahezu einhellig (breiter Konsens) zu dem Ergebnis gekommen, dass mit allergrößter Wahrscheinlichkeit im Zentrum der Predigt Jesu das Gottesreich und seine Nähe stand.
Äußere oder inwendige?

Die theologische Wissenschaft unterscheidet nicht zwischen einem "inneren" und einem "äußeren" Gottesreich.

Das Alte und das Neue Testament ebenfalls nicht. Was soll das denn sein, dieses ominöse "Innere Gottesreich"?
Was sollen sich Jesu Zeitgenossen darunter vorgestellt haben? Wird es von Jesus, den Aposteln, den Evangelisten
oder irgendeinem neutestamentlichen Schriftsteller thematisiert und erklärt?

Johannes der Täufer, aber auch Jesus verbanden die kommende Gottesherrschaft stets mit dem Gerichtsgedan-
ken
. Daher auch der Aufruf zur Umkehr und Buße, denn das Gottesreich und das drohende Gericht waren ja nahe.
Ein "Inneres Gericht"???

Wenn Christen zu Gott beten: "Dein Reich komme." meinen sie damit ein "Inneres Reich"? Was soll das sein?

Antworten