Münek hat geschrieben: aber erschreckend wenig Ahnung von dieser Exegese-Methode hast
Ähm - wir haben in der Literatur-Wissenschaft wiederholt historisch-kritisch gearbeitet. - Hier wird der Eindruck erweckt, es sei etwas anderes als zu meiner Zeit - das hat mich tatsächlich etwas verunsichert. - Aber es scheint doch nicht so zu sein, wie hier vorgespiegelt wird. - Insofern bin ich dankbar, dass auch Klaus Berger heute innerhalb der HKM "einige unhaltbare Grenzüberschreitungen" erkennt.
Noch einmal zusammengefasst, was
1) zu unserer Zeit HKM war, und
2) tatsächlich heute auch noch so dargestellt wird (hier C. Schredl - es gibt beliebig viel andere Quellen, die es ähnlich sehen)
nämlich:
a) Textkritik (bspw. Handschriften-Vergleich)
b) Literaturkritik (bspw. Inhalt und Sprache)
c) Gattungs-/Form-Kritik (bspw. "wo sind ähnliche biblische oder außer-biblische Texte?")
d) Traditionskritik (bspw. "stille Post" - "Welchen Weg hat der uns vorliegende Text genommen?")
e) Redaktionskritik (bspw. "Hat der Textverfasser seinen eigenen Senf mit eingeschmuggelt?")
f) etc.
Das sind REIN "technische" Disziplinen - da geht es AUSSCHLIESSLICH um Rezeptions-Arbeit (weil es bei der Bibel ja keine "Originale" in dem Sinne gibt, dass es kein Autograph des Urhebers (Jesus) gibt. - GÄBE es ein Autograph, könnte man NICHT argumentieren, Jesus habe selber nicht verstanden, was er geschrieben hat. - So aber haben wir es (im besten möglichen Falle) mit Niederschriften von Jüngern und deren Nachfolgern zu tun, denen oft genug biblisch bescheinigt wird, NICHT zu kapieren, was der Meister gesagt hat. - Dazu ist die "Naherwartung" ein gutes Beispiel:
Die Jünger haben sicherlich (mindestens zum erheblichen Teil), in AT-Tradition, verstanden, dass das "nahe Himmelreich" ein zeitlich schnell kommendes Himmelreich sei - und so haben sie es (zum Teil) dann auch aufgeschrieben. - Dass aus dem Gesamt-Kontext des AT/NT hervorgeht, dass dies wohl im Sinne des NT-Paradigmenwechsels (siehe Paulus: "der neue Mensch"/und vieles mehr) NICHT plump zeitlich, sondern innerlich gemeint war, kann man schon mal übersehen, wenn man die Dollar-Zeichen in den Augen sieht, dazuzugehören, wenn eine weltliche Gottes-Herrschaft noch zu ihren Lebzeiten einbricht - da wäre man ja dann auf der richtigen Seite, hätte also richtig gewettet. - Viel weiter scheint man 2000 Jahre später auch nicht zu sein.
Auf die HKM bezogen heisst das: Die üblichen, sich auf ein Autograph berufenden HKM-Techniken, ziehen bei der Bibel nicht, weil es dort kein Original gibt, sondern nur mehr oder weniger kontaminierte Rezeptionen (siehe: Redaktionskritik). - Mit anderen Worten: Die HKM kann über ihre technischen Aufgaben hinaus keine qualifizierten inhaltlichen Interpretationen zum NT spendieren - deshalb nochmals Berger, der heute innerhalb der HKM "einige unhaltbare Grenzüberschreitungen" erkennt. - Recht hat er - aber da muss man halt vorher nachdenken.
Münek hat geschrieben: Aber ich wusste vorher schon, dass da nix kommt.
Eigentlich müsste mit Obigem Dein Klärungsbedarf verringert sein.
Übrigens: Kanonische Exegese ist selbstverständlich NICHT historisch-kritische Exegese (das war jetzt Dir zustimmend gemeint). - HKM kann in der Theologie "nur" eine wichtige Wasserträger-Funktion haben - inhaltlich interpretiert wird woanders. - Die Gründe habe ich genannt.