Dann bin ich auf deine Begründung gespannt.closs hat geschrieben:Und somit hätten wir genau den Punkt herbei-diskutiert, wo es endlich weh tut. - Genau hier scheiden sich nämlich die Geister.Pluto hat geschrieben:Vollkommen falsch!
Alles Teufelszeug?
#671 Re: Alles Teufelszeug?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.
#672 Re: Alles Teufelszeug?
Eben.closs hat geschrieben:Er meint auch etwas ganz anderes. - Er meint damit, dass der Mensch in sich und für sich prüfe, was wahr ist.Pluto hat geschrieben:Paulus lebte in der Eisenzeit und hatte da ganz andere Vorstellungen von "prüfen" als wir es heute haben.
Und genau diese Art von Prüfung entspricht nicht den Standards unserer modernen Gesellschaft.
Nö.closs hat geschrieben:Nimm den Satz "Liebe Deinen Nächsten" - das ist eine Maxime. - WAS aber in einer ganz bestimmten Situation zu tun ist, um diesem Satz gerecht zu werden, muss jeder individuell prüfen...
Versuche es einfach mit humanistischen Werten.
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#673 Re: Alles Teufelszeug?
Es ist eine reine Definitions-Frage von "Geist":Pluto hat geschrieben:Dann bin ich auf deine Begründung gespannt.
Ist "Geist"
a) ein Synonym für "Kognitive Fähigkeit"? - Je mehr kognitive Fähigkeit, desto mehr Geist.
b) ein Begriff für die exklusive Fähigkeit des Menschen, transzendent zu denken und zu empfinden?
Bis ins 19. Jh galt b) - seitdem gilt a). - Man hat also einen Begriff semantisch total umgewertet - nicht bedenkend, dass es das Weg-Gewertete trotzdem noch gibt.
#674 Re: Alles Teufelszeug?
Weil unserer moderne Gesellschaft lieber "intersubjektiv wertet" als "individuell wertet" - letztlich spielt aber die Musik im Individuum. - Man lässt also etwas weg, weil man es methodisch nicht in den Begriff bekommt.Pluto hat geschrieben:Und genau diese Art von Prüfung entspricht nicht den Standards unserer modernen Gesellschaft.
Gute Basis - übrigens auch christliche Basis - aber eben nur ein Gerüst, das "Prüfen" im Sinne von Paulus nicht ersetzen kann.Pluto hat geschrieben:Versuche es einfach mit humanistischen Werten.
#675 Re: Alles Teufelszeug?
(b) ist meines Erachtens reine Illusion.closs hat geschrieben:Ist "Geist"
a) ein Synonym für "Kognitive Fähigkeit"? - Je mehr kognitive Fähigkeit, desto mehr Geist.
b) ein Begriff für die exklusive Fähigkeit des Menschen, transzendent zu denken und zu empfinden?
Bis ins 19. Jh galt b) - seitdem gilt a). - Man hat also einen Begriff semantisch total umgewertet - nicht bedenkend, dass es das Weg-Gewertete trotzdem noch gibt.
Zum Glück sehen wir es heute richtig.
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#676 Re: Alles Teufelszeug?
So etwas wird hier selten zugegeben, danke.Thaddäus hat geschrieben:Danke für den Hinweis, denn ich sehe, dass meine Antwort ohnehin keine korrekte Antwort auf seine Bemerkung ist, sondern auf etwas, was ich in sie hineingelesen habe.Savonlinna hat geschrieben:Das streitet closs doch überhaupt nicht ab!Thaddäus hat geschrieben: Exakt, - und deshalb ist er wissenschaftlich auch nicht legitim!
Da kann ich zwei Antworten drauf geben, eine aus meiner Sicht, eine aus seiner Sicht.Thaddäus hat geschrieben:Tatsächlich schreibt closs aber nur, dass der Mensch eine "geistige Instanz" ist und dies nicht intersubjektiv überprüfbar sei. Aber das ist natürlich unsinnig, denn gerade weil der Mensch ein vernünftiges Wesen ist, stellt er eine "geistige Instanz" dar. Jeder Mensch erkennt an anderen Menschen, inwiefern der eine geistige Instanz ist. Das erkennen wir jederzeit und darum ist das auch intersubjektiv überprüfbar. Man muss jemanden nur eine Frage stellen oder eine Aufgabe lösen lassen, um zu erkennen, dass er eine geistige Instanz ist. Eigentlich muss man jemand nur lange genug beobachten, um sicher sein zu können, dass er eine geistige Instanz ist. Insofern ist überhaupt nicht klar, was closs mit dieser Bemerkung eigentlich will und worauf sie hinauslaufen soll.
Aus seiner Sicht gibt es "geistige Menschen", die sich sofort erkennen und in geistiger Auslegung einer Meinung seien. Die anderen, die das nicht erkennen, seien geistig noch nicht so weit oder dazu unfähig.
Aus meiner Sicht nennt closs das "geistig", was er selber erkennt. Dass andere dasselbe erkennen, ist lediglich seine Behauptung, ich habe das bislang noch bei jedem, den er genannt hat - falls es ein Denker war, dessen Aussagen ich überprüfen konnte - als Irrtum feststellen müssen.
Auch Ratzinger, auf den er sich zur Zeit bezieht, stützt ihn nicht.
Letzteres werde ich demnächst noch zu belegen suchen.
"Geistig" ist ein vielschichtiger Begriff - zunächst wird Lesen, Erkennen, Verstehen, Schreiben etc. als geistige Tätigkeit verstanden.
closs meint damit aber eine Form der Auslegung, speziell der Bibelauslegung.
Erstgenanntes ist intersubjektiv überprüfbar, sehe ich also so wie Du.
Allerdings bezieht sich das immer nur auf das formale Vermögen: ob ich richtig oder falsch lese, spielt da keine Rolle, denn falsch Hineinterpretieren ist ebenfalls ein geistiger Akt. Macht jemand in Mathe andauernd Fehler, ist sein Rechnen dennoch ein geistiger Akt.
Ich werde einem Menschen, selbst wenn er geistig erkrankt ist, niemals die Geistigkeit absprechen.
Also nicht der Inhalt bzw. das Ergebnis ist der Maßstab für Geistigkeit, sondern die Fähigkeit zur geistigen Tätigkeit; und die ist in jedem Menschen ohne Ausnahme enthalten.
closs aber scheint Geistigkeit von Inhalt und Ergebnis abhängig zu machen. Geistige Menschen kämen eben immer auf dasselbe Ergebnis.
Das scheint mir also schon Exklusivität zu beanspruchen, in deren Zirkel er selber gehört und die er der heutigen Zeit grundsätzlich abspricht.
Aus meiner Sicht gibt es aber diesen Zirkel nicht, denn alle, auf die er sich beruht, gehören diesem Zirkel nicht an, sondern nur er allein.
Allerdings sehe ich einen Kern in seinem Kampf, den ich für berechtigt halte: Wissenschaftliche Deutung ist nicht ein und alles für den Menschen, und die Bibel ist nicht exklusiv - also ebenfalls nicht exklusiv - für die Wissenschaftler da.
Es gibt eine gleiche und vielleicht noch notwendigere Berechtigung, sich selber an die Bibel anzudocken und sich in ihr zu finden.
Dazu sind solche Texte da, dazu ist die literarische Dichtung überhaupt da, und ich verteidige vehement das Recht des Lesers, sich aus diesen Texten das zu holen, was für ihre geistige Entwicklung notwendig ist.
Wenn ich den "Faust" inszeniere, pfeife ich auf die historisch-kritische Forschung, sondern fasse die Bilderwelt dieses Werkes als etwas auf, in der ich mühelos auch eine Kritik an unserer Zeit lesen kann.
Ich kann den "Faust" also auf unsere Zeit beziehen, ohne dass ich Goethe oder die historisch-kritische Forschung danach fragen muss, ob ich das darf. Es ist mein Recht.
Die Rezeptionstheorie - ein Teilgebiet der Literaturwissenschaft - beschäftigt sich mit solchen Dingen seit längerem.
Dazu ein Zitat, das ich grad gefunden habe:
Rezeptionstheorie:
Modell der Textanalyse, wie es vor allem von Hans Robert Jauß und Wolfgang Iser entwickelt wurde, das Texte von ihrer Rezeptionsgeschichte her versteht. Ausgangspunkt ist die Annahme, daß die Bedeutung eines Textes nicht fest ist oder mit der Autorintention zu identifizieren sei, sondern erst im Vorgang der Rezeption zustande kommt und daher sozial und historisch variabel ist. Schwerpunkt der literaturwissenschaften Arbeit ist daher die Untersuchung der bedeutungsschaffenden Rezeptionsvorgänge und ihrer Geschichte...
http://www.literaturkritik.de/public/on ... how&id=882
Daraus folgt für mich:
deskriptiv herauszuarbeiten, wie Bedeutung entsteht und wie sie im Laufe der Jahrhunderte in der konkreten Rezeption durch Leser und Publikum gewirkt hat, ist ein wissenschaftlicher Akt.
Zu entscheiden, welche Bedeutung davon sinnvoll ist, ist ein wertender Akt und darum per se nicht wissenschaftlich.
Obwohl letzterer Akt nicht wissenschaftlich ist, ist das Werten aber ein zentraler Punkt für das individuelle Menschsein.
Die Rezeptionstheorie geht davon aus, dass ein vielschichtiges Werk sich in seiner Bedeutung erst durch die Rezipienten im Laufe der Jahre oder Jahrhunderte, gar Jahrtausende entwickelt. Dergleichen ist also wissenschaftlich untersuchbar.
Das gilt auch für die Kanonbildung und die Art und Weise, wie sie mit Bedeutungen umgegangen ist.
Die Entcheidung aber, welche Bedeutung ich für mich übernehme oder weiterentwickele, ist eine persönliche.
Obwohl das, was man für persönlich hält, durchaus ein Zeitsymptom sein kann, was die Forschung erneut wissenschaftlich untersuchen kann.
Den heiklen Punkt, ob der historische Jesus durch die Rezeption im Laufe der Jahrtausende klarer erkannt werden kann als zur Zeit Jesu selbst, lasse ich erst mal weg. Das ist eine knifflige Frage, weil da etwas hinzukommt, was nicht leicht auseinanderzudividieren ist.
Allerdings kann ich auf Ernst Bloch hinweisen, Jude und Marxist, Phiosoph, der sich viel mit Religion und auch mit Christentum auseinandergesetzt hat.
Dieser sagt, dass in diesen alten Erzählungen Wahrheiten verborgen sind, die real umgesetzt werden wollen. Mythos verweise nicht auf die Vergangenheit, sondern auf die Zukunft.
Das würde dann bedeuten, dass das Bestehen darauf, dass Jesus nicht nur eine geistige Figur ist, sondern eine real-historische, den Kern haben kann, dass sie historisch möglich ist - wenn auch noch nicht realisiert.
Möglicherweise liegt genau das auch Ratzingers Experiment zugrunde. Aber das muss ich noch gucken.
- Savonlinna
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#677 Re: Alles Teufelszeug?
Belegst Du das bitte?closs hat geschrieben:Es ist eine reine Definitions-Frage von "Geist":Pluto hat geschrieben:Dann bin ich auf deine Begründung gespannt.
Ist "Geist"
a) ein Synonym für "Kognitive Fähigkeit"? - Je mehr kognitive Fähigkeit, desto mehr Geist.
b) ein Begriff für die exklusive Fähigkeit des Menschen, transzendent zu denken und zu empfinden?
Bis ins 19. Jh galt b) - seitdem gilt a).
#678 Re: Alles Teufelszeug?
"Erkennen" ja, "derselben Meinung sein" nein. - Du stellst meine Haltung nicht korrekt dar.Savonlinna hat geschrieben:Aus seiner Sicht gibt es "geistige Menschen", die sich sofort erkennen und in geistiger Auslegung einer Meinung seien.
Nur kurz und vergröbert, weil ich weg muss:Savonlinna hat geschrieben:Belegst Du das bitte?
Bis ins 19. Jh. sah sich Aufklärung im Dienste des "Ad maiorem Gloriam Dei" - ich hoffe, ich muss diesen Ausdruck nicht dechiffrieren. - Seit dem 19. Jh. stellt sich Aufklärung als Synonym für Menschen-Erkenntnis als ultimativen Maßstab dar.
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#679 Re: Alles Teufelszeug?
Mit "Belegen" meine ich: zitieren oder einen Referenten nennen, der das herausgefunden hast, was Du behauptest.closs hat geschrieben:Nur kurz und vergröbert, weil ich weg muss:Savonlinna hat geschrieben:Belegst Du das bitte?
Bis ins 19. Jh. sah sich Aufklärung im Dienste des "Ad maiorem Gloriam Dei" - ich hoffe, ich muss diesen Ausdruck nicht dechiffrieren. - Seit dem 19. Jh. stellt sich Aufklärung als Synonym für Menschen-Erkenntnis als ultimativen Maßstab dar.
#680 Re: Alles Teufelszeug?
Savonlinna hat geschrieben:Mit "Belegen" meine ich: zitieren oder einen Referenten nennen, der das herausgefunden hast, was Du behauptest.closs hat geschrieben:Nur kurz und vergröbert, weil ich weg muss:Savonlinna hat geschrieben:Belegst Du das bitte?
Bis ins 19. Jh. sah sich Aufklärung im Dienste des "Ad maiorem Gloriam Dei" - ich hoffe, ich muss diesen Ausdruck nicht dechiffrieren. - Seit dem 19. Jh. stellt sich Aufklärung als Synonym für Menschen-Erkenntnis als ultimativen Maßstab dar.
Jetzt überfordere ihn nicht. Kurt tut sich bekanntlich oft schwer, seine Behauptungen zu belegen.