Alles Teufelszeug? VII

Pluto
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#661 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Fr 27. Okt 2017, 19:44

closs hat geschrieben:die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" im Sinne von "Jesus erwartete wie das Volk, dass bald das himmlische Reich Pilatus vom Thron vertreiben würde" ist eine knallharte Interpretation.
Nee. Ein Fakt der im Text so steht. Man muss es halt lesen.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Faktische Schlussfogerungen bedeutet die gewonnen Daten auf den Tisch legen. Interpretation ist etwas ganz anderes.
Richtig - aber Daten sind reine Sachinformationen und nicht deren Verwertung nach dem Sinn.
Also doch nicht dasselbe?
Manche Daten sprechen für sich, andere müssen interpretiert werden.

closs hat geschrieben:Aber das Volk war doch voll der Transzendenz
Das ist ein reine Behauptung die der Text nicht hergibt. Du warst schließlich nicht dabei.

closs hat geschrieben: - selbst wenn es dieses Wort im Hebräischen nicht gab. - Wer wie selbstverständlich an Jahwe als existent glaubt, glaubt transzendent.
SEine reine Behauptung. Das Volk bestand aus einfachen Juden.

closs hat geschrieben:Und sie wurden über ALLE Generationen als "das Geschlecht der Staufer genannt" (und nicht "die Generation der Staufer")
Ja. WEIL sie eine Familie waren. Die Menschen zu denen Jesus sprach waren aber nicht aus einer Familie. Sie waren eine zusammengewürfelte Menschenmenge.

closs hat geschrieben:ich zweifle nicht an den Hebräistik-Kenntnissen der Übersetzer.
Ich auch nicht.
Ich stelle fest, weder du noch Buber könnt zeigen, dass es sich um mehr als eine zufällige Menschenmenge handelt

closs hat geschrieben:theologisch ist damit ein geistiger Gottesstaat gemeint ("mein Reich ist nicht von dieser Welt").
Ein ganz anderer Zusammenhang. Dieser Satz fiel im Gespräch mit Pilatus.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#662 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Fr 27. Okt 2017, 20:06

Pluto hat geschrieben:Ein Fakt der im Text so steht. Man muss es halt lesen.
Und dann interpretiert es der Eine als "Das Himmlische Reich wird physisch runterkommen und sich auf den Thron von Pilatus setzen" und der Andere als "Mit meiner Auferstehung wird das Himmlische Reich in jedem geistig nah".
- Wir brauchen nicht nochmal zu diskutieren, wer recht hat - denn BEIDE haben im Sinne ihrer weltanschaulichen Vorprägung recht.

Pluto hat geschrieben:Manche Daten sprechen für sich, andere müssen interpretiert werden.
Rein technische Daten müssen in der Tat nicht interpretiert werden ("Diese NT-Stelle ist eine wörtliche Wiedergabe aus dem AT an folgender ... Stelle") - sobald es aber um Schlussfolgerungen geht, die geistiger Natur sind, dann müssen sie interpretiert werden.

Pluto hat geschrieben:Das ist ein reine Behauptung die der Text nicht hergibt.
Naja - das wäre jetzt eine Sache der Religions-Historiker und der Anthropologen.

Pluto hat geschrieben:Die Menschen zu denen Jesus sprach waren aber nicht aus einer Familie. Sie waren eine zusammengewürfelte Menschenmenge.
Aber ein zusammengehöriges Volk - und das gibt das Wort her, das bei uns mit "Geschlecht", "Volk" oder "Generation" übersetzt wird.

Pluto hat geschrieben:Ich stelle fest, weder du noch Buber könnt zeigen, dass es sich um mehr als eine zufällige Menschenmenge handelt
Erstens hat Buber das NT nicht übersetzt, zweitens geht es nicht um Verwandschaft, sondern um die Volks-Identität.

Pluto hat geschrieben:Ein ganz anderer Zusammenhang. Dieser Satz fiel im Gespräch mit Pilatus.
Klar - aber dieser Satz gilt für das Denken Jesu.

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Münek
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#663 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Sa 28. Okt 2017, 03:34

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ein Fakt der im Text so steht. Man muss es halt lesen.
Und dann interpretiert es der Eine als "Das Himmlische Reich wird physisch runterkommen und sich auf den Thron von Pilatus setzen"
Richtig - Jesus spricht mehrfach von der Herabkunft des von Gott als Richter eingesetzten Menschensohnes mit den Wolken des Himmels und seinen Engeln auf die Erde. Dass der Menschensohn auf dem Thron des Pilatus Platz nehmen wird, ist albernes Zeug.

Nach der Johannesapokalypse wird Gott in der Endzeit bei den Menschen als seinem Volk auf der neuen Erde Wohnung nehmen (Reich Gottes) und gemeinsam mit dem Lamm (=Jesus) im neuen, vom Himmel auf die Erde herabgekommenen Jerusalem seine Gottesherrschaft ausüben, wie Jesus es zu seinen Lebzeiten dem Volk verkündigt hatte.


closs hat geschrieben:und der Andere als "Mit meiner Auferstehung wird das Himmlische Reich in jedem geistig nah".
Das war NICHT die Botschaft Jesu - das hat er dem Volk NIE verkündigt - das ist EISEGESE in Reinkultur.

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sven23
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#664 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 28. Okt 2017, 07:47

Roland hat geschrieben: Wenn man ein bisschen tiefer nachdenkt, ist es tatsächlich schwieriger sich an einem schönen Garten zu erfreuen, wenn man glaubt, dass sich niemand etwas dabei gedacht hat und die Natur spurlos wieder verschwinden wird, genauso, wie man selbst auch. Wenn es keinen Adressaten für das Staunen gibt, als nur ein taubes, gleichgültiges Universum.
Douglas Adams hat insofern recht, als Feen und Elfen sicher keine solchen Adressaten sind. :lol:
Genau so wenig wie Geister und Dämonen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es ist vor allem die Grundlage der Vernunft, die es gebietet, die Welt so zu nehmen, wie sie nun mal ist.
Wirkliche Wissenschaft weiß längst, dass sie nichts weiß. Du steckst noch im Positivismus des 19. Jahrhunderts fest, der glaubte man könne mithilfe von Wissenschaft herausfinden, wie die Welt "ist".
Das ist wieder völlig übertrieben. Wissenschaft weiß inzwischen sehr viel und ohne dieses Wissen wäre der technologische Fortschritt überhaupt nicht möglich gewesen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wunder sind da eher die Ausnahme.
Das ist das Wesen von Wundern, dass sie die Ausnahme sind. :thumbup:
Nach allem, was wir wissen, ist ihr Wesen, dass sie nicht existieren, bzw. lediglich literarische Fiktion sind.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Das Rahmenprogramm um den galiläischen Wanderprediger besteitet ja niemand. Römische Besatzungsmacht, König Herodes, Pilatus und historische Orte sind natürlich historisch belegt. Der Trick von Mythen und Legenden besteht immer in der Vermischung von Fakten und Fiktion.
Das Wesen von Verschwörungstheorien besteht darin, dass man glaubt, jemand habe getrickst.
Verschwörungstheorien sind etwas ganz anderes.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verschw%C3%B6rungstheorie

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wer zweifelt daran, dass sie Menschenworte sind? Doch nur die Glaubensdogmatiker.
Und wer zweifelt daran, dass es Gottes Wort ist? Die atheistischen Glaubensdogmatiker.
Nö, die Existenz von Menschen ist zweifelsfrei belegt, die von Göttern höchst fragwürdig.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Weiß nicht, an welchen Traumata du leidest. Mir wurde noch in keiner Kirche oder Gemeinde abverlangt "nicht hinterfragbare Wahrheiten" zu schlucken. Es geht immer um Glauben, sowohl für den Theisten, als auch für den Atheisten.
Dann solltest du dich mal mit dem Dogmenapparat der RKK beschäftigen.
Warum sollten Dogmen nicht hinterfragbar sein? Der christliche Glaube basiert auf Freiwilligkeit. Es gibt keine Denkverbote. So sollte es zumindest sein.
Dann frag mal diejenigen, die ein kirchliches Lehramt innehatten und Dogmen in Frage gestellt haben. Im Mittelalter war es sogar lebensgefährlich.


Roland hat geschrieben: Wissenschaft oder Glaubensdogmatik sondern theistischer oder atheistischer Glaube.
Das ist das gute an der historisch-kritischen Methode. Theoretisch ist es egal, ob die Texte von Gläubigen oder nicht-Gläubigen untersucht werden, die Ergebnisse sollten davon nicht beeinflusst werden. Zudem arbeiten doch meistens Theologen in der historischen Jesusforschung. Viele leiden auch darunter, dass die gefundenen Ergebnissen nicht einfach weggeglaubt werden können.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Sie erheben den Anspruch Tatsachenberichte zu sein.
Dazu hat sie erst die spätere Kirche stilisiert.
Nein, das ergibt sich klar aus den Texten. "Was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir euch…" das ist der Anspruch den die Texte erheben, es werden Orte und Zeitangaben gemacht, Namen werden genannt. Stil und Inhalt der Evangelien sind die von direkten oder indirekten Augenzeugenberichten.
:lol: :lol: :lol:
Der war gut.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:"Die Forschung" gibt’s nicht. Du redest von denen, die die Fiktion erstellen, die Autoren hätten gelogen.
Nein, ich spreche von der historisch-kritischen Forschung. Der einzigen, die wissenschafltlichen Ansprüchen genügt und den Namen verdient.
Es ist die Einzige, die Atheisten gefällt. Man kann sie mit Fug und Recht auch schlicht der Bibelfälschung bezichtigen.
Das mag aus Sicht eines gläubigen Laien so aussehen, ist aber für die Forschung irrelevant.
Es gibt nun mal keine Sonderrechte für religiöse Texte.
Würde man diese gewähren, hätte man ein Kauderwelsch aus sich widersprechenden oder sogar gegenseitig ausschließenden Göttern und Glaubenssätzen.

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Nee, solche Glaubensentscheidungen sind immer abhängig von der Sozialisation. Wärst du als Moslem geboren, würdest du es genau andersum sehen.
Wenn man in eine Religion hineingeboren wird, spielt die Sozialisation anfänglich natürlich die entscheidende Rolle. Wie ich es aber bei einem Vergleich des Feldherren Mohammed mit Jesus später sehen würde, ist keineswegs sicher.
Mit großer Wahrscheinlichkeit würdest du ihn genauso verteidigen, wie den grausamen Gott des AT. Die negativen Seiten werden von Gläubigen gerne ausgeblendet.

"Richard Dawkins erzählt in seinem Buch „Der Gotteswahn“ (S. 354ff.) von einem Experiment mit über 1000 Schülern in Israel im Alter
von acht bis vierzehn Jahren, denen der Bericht von der Schlacht um Jericho vorgelesen
wurde:
Als die Priester beim siebten Mal die Hörner bliesen, sagte Josua zum Volk: Erhebt das Kriegsgeschrei! Denn der Herr
hat die Stadt in eure Gewalt gegeben. Die Stadt mit allem, was in ihr ist, soll zu Ehren des Herrn dem Untergang
geweiht sein. […] Alles Gold und Silber und die Geräte aus Bronze und Eisen sollen dem Herrn geweiht sein und in
den Schatz des Herrn kommen. Darauf erhob das Volk das Kriegsgeschrei und die Widderhörner wurden geblasen.
Als das Volk den Hörnerschall hörte, brach es in lautes Kriegsgeschrei aus. Die Stadtmauer stürzte in sich zusammen,
und das Volk stieg in die Stadt hinein, jeder an der nächstbesten Stelle. So eroberten sie die Stadt. Mit scharfem
Schwert weihten sie alles, was in der Stadt war, dem Untergang, Männer und Frauen, Kinder und Greise, Rinder,
Schafe und Esel. […] Die Stadt aber und alles, was darin war, brannte man nieder; nur das Silber und Gold und die
Geräte aus Bronze und Eisen brachte man in den Schatz im Haus des Herrn. (Jos 6,16–24)

Anschließend wurde den Schülern die Frage gestellt, ob Josua und die Israeliten richtig
gehandelt haben oder nicht. Zwei Drittel der Kinder fanden das Handeln richtig. Gott
habe es ja befohlen und die Menschen in Jericho hatten ja eine andere Religion, war von
den Kindern als Begründung zu hören. Für israelische Schüler ist Josua eben einfach ein
Volksheld, das hat ihnen ihre Religion eingeschärft. Seine Taten sind deshalb nicht nur
entschuldbar, sondern sogar richtig. Interessant ist das Ergebnis einer Kontrollgruppe.
Bei 168 israelischen Schülern ersetzte man den Namen Josua durch General Lin und
Israel durch ein chinesisches Königreich vor 3000 Jahren. Das Ergebnis können Sie sich
vielleicht denken? Nur 7 % fanden das Verhalten von General Lin gut, aber 75 % lehnten
es ab."

Kubitza, Der Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Münek
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#665 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Sa 28. Okt 2017, 09:00

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Menschen zu denen Jesus sprach waren aber nicht aus einer Familie. Sie waren eine zusammengewürfelte Menschenmenge.
Aber ein zusammengehöriges Volk - und das gibt das Wort her, das bei uns mit "Geschlecht", "Volk" oder "Generation" übersetzt wird.
Aus dem Kontext von Lk. 21:25 ff. ergibt sich ohne wenn und aber, dass Jesus die Generation (= Volk = Geschlecht) seiner damaligen Zeitgenossen einschließlich seiner Jünger gemeint hat, die die Ankunft des richtenden Menschensohnes und das Kommen des Gottes-
reiches noch erleben werden.


"So auch ihr: Wenn ihr seht, dass dies geschieht, so erkennt, dass das Reich Gottes nahe ist. Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird
nicht vergehen, bis alles geschehen ist."


Diese nicht misszuverstehende prophetisch-endzeitliche Ankündigung Jesu kann man als Faktum nicht mittels unredlicher, willkürlicher EISEGESE "weginterpretieren", nur weil einem die unausweichliche Schlussfolgerung - nämlich Jesu Irrtum - glaubensmäßig auf Teufel komm raus nicht in den Kram passt.

Es ist keineswegs verwunderlich, dass die wissenschaftlich historisch-kritische Bibelexegese zu dem (fast) einvernehmlichen Resultat gekommen ist, dass sich Jesus in dieser Frage getäuscht hat. Mir ist keine kirchliche Verlautbarung bekannt, mit der diesem Konsens entgegengetreten wurde.
Zuletzt geändert von Münek am Sa 28. Okt 2017, 10:24, insgesamt 1-mal geändert.

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#666 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 28. Okt 2017, 09:47

Münek hat geschrieben:das ist EISEGESE in Reinkultur.
Da hat dann die christliche Theologie was falsch gemacht. :oops:

sven23 hat geschrieben:Wissenschaft weiß inzwischen sehr viel und ohne dieses Wissen wäre der technologische Fortschritt überhaupt nicht möglich gewesen.
Naja - das bestreitet ja keiner. - In technischen Fragen ist Wissenschaft wirklich der absolute Renner - hier geht es aber um geistige Sachen.

Münek hat geschrieben:Diese nicht misszuverstehende prophetisch-endzeitliche Ankündigung Jesu kann man als Faktum nicht mittels unredlicher, willkürlicher EISEGESE "weginterpretieren", nur weil einem die unausweichliche Schlussfolgerung - nämlich Jesu Irrtum - glaubensmäßig auf Teufel komm raus nicht in den Kram passt.
Auch hier: Im Grunde erklärst Du die meisten Übersetzer zu Deppen - da haben sie wohl etwas falsch gemacht.

Unabhängig davon: Dein Argument ist einzeln gesehen durchaus stichhaltig - aber es ist nicht bestimmend für ein Gesamtbild. Man kann nicht Einzelzitaten eine solche Macht übertragen - WÄRE es so, würde auch das Zitat "Das Reich Gottes ist in uns" (Lk. 17,21) ausreichend für ein Gesamtbild sein. - Wollen wir jetzt knobeln, wer recht hat?

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sven23
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#667 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von sven23 » Sa 28. Okt 2017, 10:08

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaft weiß inzwischen sehr viel und ohne dieses Wissen wäre der technologische Fortschritt überhaupt nicht möglich gewesen.
Naja - das bestreitet ja keiner. - In technischen Fragen ist Wissenschaft wirklich der absolute Renner - hier geht es aber um geistige Sachen.
Du musst dazu sagen, dass du damit haupsächlich Esoterik meinst. Ich hatte Roland so verstanden, dass er meinte, Wissenschaft wisse, dass sie im Grunde nichts von der Welt weiß. Das halte ich für masslos übertrieben und einer Glaubensideologie geschuldet.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Diese nicht misszuverstehende prophetisch-endzeitliche Ankündigung Jesu kann man als Faktum nicht mittels unredlicher, willkürlicher EISEGESE "weginterpretieren", nur weil einem die unausweichliche Schlussfolgerung - nämlich Jesu Irrtum - glaubensmäßig auf Teufel komm raus nicht in den Kram passt.
Auch hier: Im Grunde erklärst Du die meisten Übersetzer zu Deppen - da haben sie wohl etwas falsch gemacht.

Unabhängig davon: Dein Argument ist einzeln gesehen durchaus stichhaltig - aber es ist nicht bestimmend für ein Gesamtbild. Man kann nicht Einzelzitaten eine solche Macht übertragen - WÄRE es so, würde auch das Zitat "Das Reich Gottes ist in uns" (Lk. 17,21) ausreichend für ein Gesamtbild sein. - Wollen wir jetzt knobeln, wer recht hat?
Das muss man nicht ausknoblen, sondern ist sehr sauber und sachlich von der Forschung entschlüsselt worden. Die Naherwartung ist unbestritten.

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen

Das Reich Gottes ist bereits so nahe gekommen, dass es bereits zu wirken beginnt, die Vollendung steht unmittelbar bevor.

Die Umdeutung in eine unbestimmte Fernerwartung ist der Einsicht geschuldet, dass Jesus sich geirrt hat.

"Die Naherwartung Jesu:
Durch die Zeichen, die Jesus wirkt, ist die Wahrheit seiner Ankündigung, ist die Nähe des Reichs verbürgt. Aus den Gegenwartsaussagen geht die Nähe als potenzierte Naherwartung hervor. Das 'Schon' des ankommenden Gottesreichs ist nur dann als eschatologischer Vollzug zu verstehen, wenn die Basileia alsbald als endgültiger Heilszustand immerwährendes Präsenz sein wird. Durch das in Jesus anhebende Kommen der Gottesherrschaft ist Jesu Zukunftserwartung Naherwartung (XVIf).
Nimmt man den proklamativen Charakter der Basileia-Ansage hinzu, der sich aus der Nähe der Ereignisse ergibt, sowie das keine Zwischenräume mehr zulassende Motiv der Plötzlichkeit der Gerichtspredigt Jesu (Lk 17,24.27.29; 21,35), so ist der Schluss unvermeidlich, dass Jesus sich die Nähe massiv zeitlich vorgestellt hat. Jesus erhofft nicht die Nähe der Gottesherrschaft, sondern er ist sich ihrer Nähe so absolut gewiss, dass er sie proklamiert. Nur weil das Gastmahl (Lk 14,15ff) schon bereit ist, ergeht die Einladung so dringlich und wirkt sie sich so fatal aus für diejenigen, die sie ausschlagen. Angespannte eschatologische Wachsamkeit über mehrere Generationen hin zu fordern, ist in sich widersinnig. Bei Jesus, wo das Motiv der Plötzlichkeit seinen ursprünglichen Sitz hatte, stand eine Naherwartung im Hintergrund, die das Ende noch innerhalb der jetzt lebenden Generation erwartete (XVIII). "

Erich Grässer
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#668 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 28. Okt 2017, 10:41

sven23 hat geschrieben:Du musst dazu sagen, dass du damit haupsächlich Esoterik meinst.
Gar nicht - "Esoterik" im heutigen ordinären Sinn hat damit überhaupt nichts zu tun.

sven23 hat geschrieben: Ich hatte Roland so verstanden, dass er meinte, Wissenschaft wisse, dass sie im Grunde nichts von der Welt weiß.
Wissenschaft kümmert sich um Modelle, die auf die Welt gemünzt sind - wir beide und sicherlich auf Roland glauben bestimmt, dass diese Modelle oft mit der Wirklichkeit der Welt koimzidieren. - WIssenschaft "weiß" nur in Bezug auf seine Modelle - aus Gründen der Disziplin.

sven23 hat geschrieben:Das muss man nicht ausknoblen, sondern ist sehr sauber und sachlich von der Forschung entschlüsselt worden.
Das ist im methodisch so entschlüsselt worden, kann aber problemlos im Sinne dessen, wie es gemeint ist, falsch sein.

sven23 hat geschrieben:"Jesus erhofft nicht die Nähe der Gottesherrschaft, sondern er ist sich ihrer Nähe so absolut gewiss" (Grässer)
Hier würde auch ein Ratzinger zustimmen: Jesus hat es gewusst. - Aber damit meint die Theologie etwas anderes als die HKM. - Insofern könnte man übereinstimmend sagen, dass Jesus ein "Nahwissen" alias "Naherwartung" hatte, was - weniger übereinstimmend - physisch-weltlich oder geistig-präsent zu verstehen ist.

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#669 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Sa 28. Okt 2017, 11:11

closs hat geschrieben:WIssenschaft "weiß" nur in Bezug auf seine Modelle - aus Gründen der Disziplin.
Und schließt daraus auf die Welt.
Es wurden von anderen schon viel größere Behauptungen gemacht, die nicht zutreffend sein müssen. Manche davon wurden widerlegt.

closs hat geschrieben:Das ist methodisch so entschlüsselt worden, kann aber problemlos im Sinne dessen, wie es gemeint ist, falsch sein.
Das ist eine Nebelkerze. Kannst du auch konkret sagen, was du damit meinst?

closs hat geschrieben:Jesus hat es gewusst. - Aber damit meint die Theologie etwas anderes als die HKM. - Insofern könnte man übereinstimmend sagen, dass Jesus ein "Nahwissen" alias "Naherwartung" hatte, was - weniger übereinstimmend - physisch-weltlich oder geistig-präsent zu verstehen ist.
Warum muss man das geistig interpretieren?
Als Jesus zum Volk sprach, verwendete er einfache, für Jedermann verständliche Sätze. Die Behauptung, das Volk sei transzendenzfähig ist weder plausibel noch kann sie mit dem Text der Bibel begründet werden. Das sollten Theologen eigentlich wissen wenn sie der Naherwartung widersprechen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#670 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Sa 28. Okt 2017, 11:16

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
WIssenschaft "weiß" nur in Bezug auf seine Modelle - aus Gründen der Disziplin.

Und schließt daraus auf die Welt.
Genau - und das machen wir alle so, und das ist auch erst mal richtig. - Aber es MUSS nicht richtig sein.

Pluto hat geschrieben:Das ist eine Nebelkerze. Kannst du auch konkret sagen, was du damit meinst?
Das ist für DICH eine Nebenkerze. - Konkret bedeutet dies, dass methodische Ergebnisse nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen müssen - und es nicht einmal beanspruchen (siehe Anton).

Pluto hat geschrieben:Warum muss man das geistig interpretieren?
Wenn man es verstehen will, sollte man es tun.

Pluto hat geschrieben:Als Jesus zum Volk sprach, verwendete er einfache, für Jedermann verständliche Sätze. Die Behauptung, das Volk sei transzendenzfähig ist weder plausibel noch kann sie mit dem Text der Bibel begründet werden.
Erstens hatte man damals eine Gesellschaftsordnung, die voll auf Transzendent ausgerichtet war: Jahwe war nicht nur jenseitiges, sondern auch diesseitiges Oberhaupt - sozusagen der Souverän. - Das war allen klar.

Zweitens hat das Volk ihn eben NICHT verstanden - dazu gibt es viele Beispiele, die hinauslaufen auf "Sie haben Ohren und hören nicht".

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