Halman hat geschrieben:Kurt, gibt Dir doch nicht so viel Mühe - es ist doch Zwecklos.
Mein Glaube an die Aufklärung ist halt manchmal blind für Machbares - danke für Deinen Hinweis.
Halman hat geschrieben:Rezension zum Jesus-Buch des emeritierten Papstes
Ich habe mal einige Zitate rausgenommen:
1) Ist es verwunderlich, dass die Bibelwissenschaft in Theologie und Kirche mehr und mehr an Einfluss verliert?
Genau das beobachte ich auch.
2. Wer mehrere dieser Rekonstruktionen nebeneinander liest, kann alsbald feststellen, dass sie weit mehr Fotografien der Autoren und ihrer Ideale sind als die Freilegung einer undeutlich gewordenen Ikone.
Das ist das, was ich mit "Anthropozentrismus" meine.
3. Es ist jene Passage, in der der Papst auf die 1899/1900 erschienene "Kurze Erzählung vom Antichrist" des russischen Philosophen und Dichters Wladimir Solowjew anspielt, in der dieser erzählt, der Antichrist habe als großer Bibelgelehrter von der Universität Tübingen den Ehrendoktor der Theologie erhalten.
Davon abgesehen, dass dies - contra Ratzi - eine Sottise ist, weist es auf den Umstand hin, dass - pro Ratzi - Dialektik technisch in der Lage ist, umzudeuten. - Formal einwandfrei, aber inhaltlich daneben.
4. Kein ernst zu nehmender Bibelwissenschaftler würde heute noch ein Leben Jesu schreiben wollen. Eine Biographie oder ein Psychogramm Jesu von Nazareth scheitert zunächst an der Spärlichkeit der Quellen. Als primäre Quellen hätten wir dafür die Evangelien und als sekundäre Quellen Hinweise bei Tacitus, Sueton und vielleicht bei Flavius Josephus. Das eigentliche Problem sind aber die Evangelien selbst, die keine historischen Berichte über die Vita Jesu sein wollen.
Das ist exakt der Punkt - die Evangelien sind schriftlich niedergelegte hermeneutische Prozesse bei den Verfassern. - Allerdings sehr wohl mit historischen Anteilen.
5. Er fragt nicht: Was können wir mit den Mitteln der historischen Forschung einigermaßen sicher über den historischen Jesus wissen, und wie kommen wir von diesem historischen Jesus zum Glauben an den Christus? Er fragt vielmehr: Worin konvergieren die vielfältigen Zeugnisse der Evangelien über Jesus, und ist dieses Glaubenszeugnis mit der geschichtlichen Gestalt Jesu historisch plausibel?
Genau - das ist der Unterschied, ob ein Maurer Steine findet und guckt, was er aus dem bauen kann, was zueinander passt - oder ob ein Architekt einen großen Entwurf hat und guckt, was der Steinbruch dafür hergibt.
6. Die kanonische Methode gründet im spezifischen Charakter der Bibel selbst und ist so alt wie die Bibel selbst, deren Vernunftgemäßheit ließe sich m.E. gut vom Wahrheitsbegriff der Hebräischen Bibel her entwickeln.
Auch hier wieder der Unterschied, ob man eine substantielle Kalibrierung hat oder nicht.
7. Biblische Texte haben also ein Sinnpotenzial, das über die Intention ihrer Erstverfasser hinausgeht.
Ein wichtiger Satz von Zenger - denn das gilt für ALLE geistigen Texte. - Und deshalb darf man und muss eigentlich sogar Hegels Dialektik nicht nur in dessen Anwendung verstehen, sondern in deren Sinnpotenzial, das sich hermeneutisch entwickelt. - Dasselbe gilt für Heidegger - übrigens auch für jedes große Werk der Musik.
Und hier scheiden sich Spreu vom Weizen:
Beschreibt man lediglich historisch beschreibt ("Was hat Hegel damit in der Anwendung gemeint?"/"Unter welchen Umständen schrieb Bach seine Kantate Nr.3?") oder substantiell untersucht ("Was steckt hier geistig drin?"). - Dies gilt auch für die Gegenüberstellung von HKM und kanonischer Exegese.