Allversöhnung

Pluto
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#601 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » Mo 21. Okt 2013, 21:13

lovetrail hat geschrieben: Mein ist die Rache und die Vergeltung für die Zeit, da ihr Fuß wankt. Denn nahe ist der Tag ihres Verderbens, und was ihnen bevorsteht, eilt herbei. Denn der HERR wird sein Volk richten, und über seine Knechte wird er sich erbarmen, wenn er sieht, dass geschwunden die Kraft und der Sklave und der Freie dahin sind. (5.Mose 32,35-36; Elb.)

Ist schon mal interessant, dass hier Richten und Erbarmen in einem Schwung genannt werden.
Ist aber ein vollkommen anderer Zusammenhang, weil Gottes Erbarmen sich auf seine Knechte beschränkt.

Das ist hochinteressant. Danke Pluto, dass du mich auf diese Spur gebracht hast :-)
Gern geschehen. :mrgreen:
Die Götter helfen nicht. Es gibt nur einen Gott - das ist die Erkenntnis des Gerichts. Und dieser Gott tötet und macht lebendig, zerschlägt und heilt. deshalb: GIBT ES KEINEN DER AUS SEINER HAND RETTET. (vgl: Schrecklich ist es in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen)
So deutlich ist das nicht.
Vielleicht sagt die Bibel hier, er tötet die einen (die Bösen) und macht die anderen (die Guten) lebendig.

Und wie geschieht diese Entsühnung? Durch das Sühneopfer Jesu für sein Volk, und für die Sünden der ganzen Welt. (vgl. 1.Joh.2,2)
Das erscheint mir irgendwie doppelt gemoppelt. Wennn schon Gott jeden einzelnen rettet und lebendig macht, wozu ist dann Jesus am Kreuz gestorben?
_________________________________________

Eigentlich sehe ich das mehr aus der pragmatischen, weltlichen Sicht. Ein Beispiel:
Wenn ein Kinderschänder sein Opfer tötet, wird er laut AV dennoch errettet. Aber was ist bspw. mit den Eltern des Opfers, die Gerechtigkeit erwarten? Gehen sie in der Allversöhnung nicht leer aus? Was ist mit diesen Angehörigen, wenn sie sehen, dass der Peiniger ihres geliebten Kindes am Ende das gleiche bekommt wie sie auch? Wer tröstet sie über ihr Leid hinweg.

Deshalb nochmal die Frage: Wird bei der AV nicht die Gerechtigkeit mit Füssen getreten?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#602 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 21. Okt 2013, 21:19

Pluto hat geschrieben:Verantwortung für eine Tat anzunehmen ist der erste Schritt hin zur Aufarbeitung. Da gibt es kein Objektiv/Subjektiv.
Was ist "Verantwortung"?
a) Politische Verantwortung in dem Sinne, dass man seinen Kopf hinhält für einen Verantwortungsbereich?
b) Persönliche Verantwortung in dem Sinne, dass man erkennt: "Ich bin schuldig" ..?..

a) und b) können (so rum wie anders rum) komplett diametral sein.

Pluto hat geschrieben:Wir reden doch über Verantwortung, Schuld und Sühne.
Und meine ich, dass man unterscheiden sollte, ob jemand
a) objektiv schuldig ist
und/oder
b) aus Sicht der Gesellschaft schuldig ist
und/oder
c) aus eigener Erkenntnis schuldig ist
und/oder
d) aus Sicht Gottes schuldig ist.

Von a) bis d) gibt es die irrsten Korrelationen. - Wir müssten also definieren, ob wir "Verantwortung, Schuld und Sühne" im Sinne von a), b), c) oder d) meinen. - Je nach dem, werden komplett unterschiedliche Gespräche herauskommen.

Pluto hat geschrieben:Was kann man darunter noch verstehen?
Hängt davon ab, wer die "Rangfolge der Sündhaftigkeit" definiert: s.o a), b), c) oder d).

Pluto hat geschrieben:Woher willst du wissen, was göttliche Gerechtigkeit ist?
"Wissen" kann der Mensch nichts - er kann nur hoffen, dass seine Wahrnehmung koinzidiert mit der Realität Gottes. - Plausibilitäts-fördernd wirkst sich aus, dass das geistige Gedankengebäude in sich widerspruchsfrei ist - mehr geht nicht.

closs
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#603 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 21. Okt 2013, 21:21

Pluto hat geschrieben:Wird bei der AV nicht die Gerechtigkeit mit Füssen getreten?
Die göttliche Gerechtigkeit NICHT - sehr wohl menschliche Auffassungen von Gerechtigkeit. - Lies mal "Die Hütte" (gibt es im englischen Urtext), da ist das Thema am Ende sehr schön verständlich gemacht.

Pluto
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#604 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » Mo 21. Okt 2013, 21:32

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist eine blosse Annahme von dir.
Das ist eine Annahme im Rang einer Erkenntnis - nicht beweisbar.
Nee, nee... So leicht ist das nicht.
Man kann nicht eine Behauptung einfach mit einer weiteren Behauptung stützen.

Pluto hat geschrieben:Und was geschieht mit ihm vor Gott, wenn der Amokschützte von einem Scharfschützen umgelegt wird?
Im Wesentlichen dasselbe. - Denn vor Gott zählt nur die individuelle Wahrheit (oder Entfernung davon). Es gibt sicherlich keine "mildernden Umstände", weil er umgebracht wurde.
Das sind menschgemachte Regeln die dem Täterschutz dienen. Was aber tut Gott, um die Angehörigen der Opfer zu trösten?

Pluto hat geschrieben: Und woher willst du wissen, was Gottesmass ist, wo doch der Mensch angeblich nach Gottes Ebenbild erschaffen wurde?
"Wissen" kann der Mensch nichts - er kann nur hoffen, dass seine Wahrnehmung koinzidiert mit der Realität Gottes.
Könnte man also auch als haltlose Behauptung abtun, die durch nichts gestützt wird, nicht einmal durch die Bibel.

Das Ebenbildliche im Menschen bildet sich ja gerade NICHT im Menschenmaß ab (höchstens in manchen Fällen, aber sicherlich nicht normierend für die Welt), sondern in der Aufhebung des Menschenmaßes ins Gottesmaß (was natürlich mit Bordmitteln nie gelingt).
Hä? :o Kannst du das auch anders sagen, so dass ich es verstehen kann?

die Strafe ist primär Ausdruck der Prägung des Richtenden und hat nur sekundär mit dem zu Richtenden zu tun.
Mir geht es aber hier weniger um den Täter, als um das Opfer einer abscheulichen Tat, bzw. um deren Angehörige die Gerechtigkeit erwarten und am Ende enttäuscht werden. Das Opfer aber fühlt sich hier völlig hilflos.
Durch die Fokussierung auf den Täter werden IMO die berechtigten Interessen der Opfer dabei verdrängt und ignoriert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#605 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » Mo 21. Okt 2013, 21:36

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wird bei der AV nicht die Gerechtigkeit mit Füssen getreten?
Die göttliche Gerechtigkeit NICHT - sehr wohl menschliche Auffassungen von Gerechtigkeit. - Lies mal "Die Hütte" (gibt es im englischen Urtext), da ist das Thema am Ende sehr schön verständlich gemacht.
Nein. Wir können nur mit menschlichen Massstäben operieren, denn wir können nichts über die göttliche Auffassung von Gerechtigkeit erfahren.
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#606 Re: Allversöhnung

Beitrag von Naqual » Mo 21. Okt 2013, 22:13

Pluto hat geschrieben: Eigentlich sehe ich das mehr aus der pragmatischen, weltlichen Sicht. Ein Beispiel:
Wenn ein Kinderschänder sein Opfer tötet, wird er laut AV dennoch errettet.
Das unterscheidet nur die AV nicht von der Ablehnung der AV.
Wenn ein Kinderschänder von Gott begnadigt wird, trägt Gott nicht weiter nach. Bei beiden Denkrichtungen!
M.E. ist der Unterschied zwischen AV und Ablehnung der AV nur darin, dass zweitere glauben, dass mit dem leiblichen Tod ein Ultimatum abläuft ab dem Gott dann nicht mehr zulässt, dass jemand zu ihm hinwill.
Also die Ablehnung der AV lässt eine Art russisches Roulett zu. Wenn Du Pech hast, wirst Du nach Sünden getötet, bevor Du Gott annimmst. Der andere hat vielleicht noch 3o Extrajahre.

Deine Frage müsste insofern anderes heißen: Warum gewährt Gott überhaupt Gnade? Gerechter wäre es ohne Gnade.

Aber was ist bspw. mit den Eltern des Opfers, die Gerechtigkeit erwarten? Gehen sie in der Allversöhnung nicht leer aus?
Nein, bei der Allversöhnung sogar weniger. Weil die Umkehr hier sehr, sehr lange dauern kann und naturgemäß ein schmerzhafter Prozess ist. Und je weiter man von Gott abgekommen ist, desto schwieriger wird es auch umzukehren.
Bei den Ablehnern der Allversöhnung geschieht dies Ratzifatzi in einer Sekunde. Der Massenmörder nimmt Jesus Christus als sein Herrn an, bereut und wenn er in der nächsten Sekunde stirbt, landet er im Himmel. Wo bleibt da die Gerechtigkeit für die Eltern des Opfers?


Was ist mit diesen Angehörigen, wenn sie sehen, dass der Peiniger ihres geliebten Kindes am Ende das gleiche bekommt wie sie auch? Wer tröstet sie über ihr Leid hinweg.
Das sind zwei getrennte Paar Stiefel. Das irdische Trösten hat mit dem jenseitigen Gericht nichts zu tun. AV wie ihre Ablehnung fokussieren aber auf das Gericht Gottes.

Deshalb nochmal die Frage: Wird bei der AV nicht die Gerechtigkeit mit Füssen getreten?
Wenn die Gerechtigkeit darin besteht, dass grundsätzlich dem Täter das Gleichschmerzhafte passieren muss wie seinem Opfer, dann darf es auch keine Gnade geben. Denn Gnade ist das Aushebeln von Gerechtigkeit: auf die angemessene Strafe wird verzichtet. Gerechtigkeit als angemessene Vergeltung, die unbedingt sein muss.
AV wie "Standard-Christentum" sind Lehren, wie man die Vergeltung mit Liebe überwindet. Die AV ist dabei zumindest logisch schlüssiger und widerspruchsfreier.

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#607 Re: Allversöhnung

Beitrag von Naqual » Mo 21. Okt 2013, 22:22

Pluto hat geschrieben: Durch die Fokussierung auf den Täter werden IMO die berechtigten Interessen der Opfer dabei verdrängt und ignoriert.
Ich weiß zwar was Du meinst und kann es gut nachvollziehen, nur worin bestehen denn konkret die "berechtigten Interessen" des Opfers, insbesondere wenn dieses z.B. Christ ist. Vergeltung als berechtigtes Interesse? Ich habe da ein wenig Bauchschmerzen.
Das Opfer hat immer die A-Karte gezogen. Denn auch die Vergeltung macht die Tat nicht ungeschehen und das hierdurch verursachte Leid. Im Gegenteil der Wunsch nach Vergeltung ist die Fortsetzung des Leids, mit dem sich das Opfer an den Täter, teils über Jahre hinweg, emotional bindet. Vergebenkönnen kann hier etwas Befreiendes haben: für das Opfer (!).

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#608 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » Mo 21. Okt 2013, 22:31

Naqual hat geschrieben:Wenn ein Kinderschänder von Gott begnadigt wird, trägt Gott nicht weiter nach. Bei beiden Denkrichtungen!
Und riskiert dabei, das Opfer uns seine Angehörigen schwer zu enttäuschen.

Deine Frage müsste insofern anderes heißen: Warum gewährt Gott überhaupt Gnade? Gerechter wäre es ohne Gnade.
Meine Frage ist eigentlich, warum werden die Interessen des Opfers, im Vergleich zum Täter so sehr vernachlässigt?

Wenn die Gerechtigkeit darin besteht, dass grundsätzlich dem Täter das Gleichschmerzhafte passieren muss wie seinem Opfer, dann darf es auch keine Gnade geben. Denn Gnade ist das Aushebeln von Gerechtigkeit: auf die angemessene Strafe wird verzichtet.
Schon klar.
Aber selbst Gott kann dem Täter nicht die Verantwortung für die Tat nehmen. Die Verantwortung für seine Tat kann letztendlich nur das Opfer dem Täter nehmen, weil nur das Opfer weiss wie gross sein Leid war.
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#609 Re: Allversöhnung

Beitrag von Pluto » Mo 21. Okt 2013, 22:40

Naqual hat geschrieben:Ich weiß zwar was Du meinst und kann es gut nachvollziehen, nur worin bestehen denn konkret die "berechtigten Interessen" des Opfers, insbesondere wenn dieses z.B. Christ ist. Vergeltung als berechtigtes Interesse? Ich habe da ein wenig Bauchschmerzen.
Nein. Ich rede nicht von Vergeltung oder Rache. Damit ist natürlich Niemandem gedient.
Ich rede von der Gerechtigkeit die ein Opfer und seine Angehörigen erwarten dürfen, sowohl vor den Menschen wie auch vor Gott.

Was mir an der AV missfällt, ist dass alle Taten nach dem Tod verziehen und vergessen werden. Das erinnert allzu sehr an den Prozess der Beichte und Absolution.
Das kann und darf im Interesse des Opfers nicht sein.
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#610 Re: Allversöhnung

Beitrag von closs » Mo 21. Okt 2013, 22:41

Pluto hat geschrieben:Man kann nicht eine Behauptung einfach mit einer weiteren Behauptung stützen.
Geistige Erkenntnisse kann man nicht beweisen, sondern "nur" plausibel darstellen. Mir ist wichtig, dass mein geistiges Erkenntniss-System a) widerspruchsfrei sind und b) für alle geistigen Fragen eine authentische Antwort haben. Komischerweise ist in diesem Sinne das christliche Erkenntnis-System widerspruchsfrei und authentisch - WENNN man es dementsprechend interpretiert.

Pluto hat geschrieben:Was aber tut Gott, um die Angehörigen der Opfer zu trösten?
Das Seine - völlig unabhängig vom anderen.

Pluto hat geschrieben:Das sind menschgemachte Regeln die dem Täterschutz dienen.
Es soll der Wahrheit dienen.

Pluto hat geschrieben:Könnte man also auch als haltlose Behauptung abtun
Das ist eine erkenntnis-theoretische Grundaussage, die eigentlich nichts mit der Bibel zu tun hat.

Pluto hat geschrieben:Kannst du das auch anders sagen, so dass ich es verstehen kann?
Das säkulare Rechtsverständnis ist NICHT Abbild des göttlichen Rechtsverständnisses.

Pluto hat geschrieben:Das Opfer aber fühlt sich hier völlig hilflos.
Das ist völlig unabhängig. - Es ist für das Opfer dasselbe, ob eine Tat gesühnt ist oder nicht - es sei denn, man ist abergläubisch.

Pluto hat geschrieben:Wir können nur mit menschlichen Massstäben operieren
Richtig - das ist das säkulare Rechtssystem. - Aber eben gerade weil es nichts mit dem göttlichen Gerechtigkeits-System zu tun hat, sollen wir das eine nicht mit dem anderen verwechseln.

Gott sagt nicht umsonst: "Die Rache ist mein" - damit ist gemeint: "Fuchtelt Ihr mir mit Eurem menschlichen Gerechtigkeits-Verständnis nicht vor der Nase rum - das ist MEIN Revier".

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