Novalis hat geschrieben:
Doch was würde uns all das Nachdenken über das Wahre bringen, wenn wir kalt und unpersönlich vor ihr stehen blieben? Wahrheit muss auch eine personale Dimension haben, damit wir ihr wirklich begegnen können: „Ich bin die Wahrheit“ (Joh 14,6).
Vielleicht ist das der Grund, warum man Jesus dazu auserkoren hat, die Folie für eigene Theologien der Schreiber zu sein. Er war die Idealbesetzung für einen neuen Myhtos. Einerseits schon tot, so daß er sich nicht mehr wehren konnte, andererseits noch nicht lange genug tot, als dass man ihn schon vergessen hätte. Deshalb auch das Desinteresse des Paulus am historischen Jesus.
Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Wie wir aus der Forschung wissen, nahmen es die Schreiber nicht so genau mit der historischen Wahrheit.
Das Johannesevangelium gilt sogar als völlige Erfindung eines unbekannten Schreibers. Die Bergpredigt ebenso. Die meisten Jesusworte wurden ihm posthum in den Mund gelegt. Das, was als athentisch gilt, ist wenig spektakulär.
Wir haben also eine riesige Disprepanz zwischen dem historischen Jesus und dem "in die Verkündigung der Kirche aufgestiegenen Jesus", wie Bultmann sagt.