Alles Teufelszeug? IV

closs
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#61 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 4. Sep 2016, 15:49

sven23 hat geschrieben: Mitte des 4. Jahrhunderts verstanden zu haben, dass die Naherwartung ein Irrtum war, ist ja nicht allzu schwer.
Aber zu allen Zeiten zu verstehen, wie die geistige Welt zu verstehen ist, ist schon nicht selbstverständlich.

sven23 hat geschrieben:Und Jesus selbst gestand ja auch anderen zu, einen "himmlichen Vater" zu haben.
Das passt ja auch - der Unterschied ist, ob Gott in Jesus inkarniert ist oder nicht.

sven23 hat geschrieben: Wenn so etwas wichtiges wie die Bergpredigt authentische Jesusworte gewesen wären, wären sie mit Sicherheit zumindest mündlich überliefert worden.
Plausibles Argument - aber trotzdem nicht ohne Ende belastbar. - Und nochmal: Entscheidend ist, ob es im Sinne Jesu ist, und nicht, ob es von ihm (so gut wie) wörtlich vorher gesagt wurde. - Spricht Jesus in der Bergpredigt oder nicht?

sven23 hat geschrieben:Sicher war er ein Prophet, aber einer, der sich geeirrt hat.
Diesbezüglich ist mir kein Fall bekannt.

sven23 hat geschrieben:Und dass er nicht der Sohn Gottes ist, "fühlen" sogar die Juden und Moslems.
Weil ihre geistige Wahrnehmung nicht Gott als Inkarnation im Menschen zulässt - trotzdem verstehen sie sich untereinander um Dimensionen besser als mit säkularem, also geist-verleugnenden Weltanschauungen. - Man muss das heilsgeschichtlich sehen - also im Sinne von: Wer zieht am SELBEN Strang an welcher Stelle? Dagegen haben Materialisten und geistig-spirituell geprägte Menschen keinen "selben Strang".

sven23 hat geschrieben:Wobei manche ja auch Paulus für literarische Fiktion halten, denn an Merkwürdigkeiten und Widersprüchen mangelt es nicht.
Letztlich unerheblich, worauf einzelne Quellen beruhen. Unter christlichen Gesichtspunkten sind zwei Sache relevant:
* Ist das Geschehen durch Jesus im Großen und Ganzen historisch?
* Was wird geistig in den Quellen gesagt - unabhängig davon, wie man Quellen zuordnet?

sven23 hat geschrieben:Der Vergleich hinkt mal wieder.
Er dient ausschließlich der Verdeutlichung, dass es um den geistigen Kontext geht und nicht um Namen.

sven23 hat geschrieben:Anonyme Schreiber haben aber nicht die gleiche Autorität wie mutmaßliche Augenzeugen
Eben doch - es zählt nur das Geschriebene und was es geistig bedeuten soll. Die Autorität liegt in der geistigen Botschaft und sonst nirgends.

sven23 hat geschrieben:Sind die Geburtslegenden wesentlich?
Für den Kern aus meiner Sicht NICHT - wesentlich sind Sachen wie etwa "leibliche Auferstehung", etc. - Was hinter den Geburtslegenden an geistiger Botschaft steckt, weiß ich im Einzelnen nicht - mir fällt dazu spontan nur die Myrrhe-Salbung ein, mit der die Todgeweihtheit des Kindes symbolisiert wird. - Weiterhin müsste man klären, was eigentlich vor 2000 Jahren mit "historisch" gemeint wird: Das, was die HKM darunter versteht oder geistige Realität? Dazu gibt es Fachleute.

sven23 hat geschrieben:Das mag heute so sein, früher war es mit Sicherheit nicht so.
Stimmt - es gibt auch eine Heilsgeschichte der Kirche.

sven23 hat geschrieben:Also wieder mal nichts konkretes
Nee - weil man dann jeden einzelnen Satz unter die Lupe nehmen müsste. - Herausstellen würde sich, dass ein solcher Satz an sich nicht falsch ist, aber insgesamt in einen falschen Kontext eingefügt wird. - Es bringt also nichts, sich konkret einzelne Sätze vorzunehmen.

sven23 hat geschrieben:Buddhisten haben keinen Gott. Fühlst du dich da besser aufgehoben?
Auch das ist zu einfach - sie haben ein Enden in einem Nicht-Greifbaren, das über Allem steht. Das ist gar nicht so weit weg von den monotheistischen Religionen.

sven23 hat geschrieben:Ja, erfundene Abbilder.
Ja - die menschliche Reflexion auf "etwas" ist "erfunden", wenn Du so willst. Der Mensch nimmt etwas auf und versucht es, mit seinen Möglichkeiten kreativ auszudrücken. - Aber dieses Abbild ist nicht die Realität Gottes, sondern der kulturelle Versuch, es auf Wahrnehmungs-Ebene festzuhalten.

sven23 hat geschrieben: Aber du sollst dir kein Bildnis machen.
Das bedeutet, dass man das eigene Abbild nicht anbeten darf (siehe unsere Diskussionen zum Thema Anthropozentrismus), sondern unterscheidet von der Realität dahinter.

sven23 hat geschrieben:Da die kanonische Exegese keine historische Jesusforschung betreiben will und kann, hat sie die Ergebnisse auch nicht zu kritisieren
Solange die HKM bei ihren Leisten bleibt, ist dies auch nicht nötig.

sven23 hat geschrieben:Und konkret gefragt: wobei soll die HKM den "geistig orientierten Theologen" denn helfen?
Geschichtlicher Kontext, Quellen-Analyse, Sprach-Analyse, sozialer Kontext, etc. - da gibt es schon einiges. Aber eben periphär.

sven23 hat geschrieben:Der entscheidende Punkt ist: kanonische Exegese interessiert sich nur für das kontaminierte Rezptionsendprodukt
Das Gegenteil ist richtig: Sie interessiert sich für das, was Jesus ursprünglich meint, und versucht es aus den Rezeptionen der Zeiten zu exzerpieren - da reicht es nicht, wenn man platt sagt: "Ätsch - die ältesten Rezeptionen sind die authentischsten dazu".

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#62 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 4. Sep 2016, 15:54

Ska'ara hat geschrieben:Hört sich so an, als würde es für dich nur Gläubige oder Atheisten geben.
Die ganzen Begrifflichkeiten halte ich für zweifelhaft. - Ist einer geistig, weiss er nicht automatisch, dass er damit notwendigerweise transzendent orientiert ist - weil er sein Wesen oft genug nicht mit seiner Weltanschauung abgleicht. - Also kann streng genommen ein geistiger Mensch als Gläubiger, Agnostiker oder als Atheist auftreten. - Im Grunde taugen diese Begriffe nur für eine Selbst-Einordnung nach gegenwärtigem eigenen Bewusstseins-Stand.

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#63 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Pluto » So 4. Sep 2016, 16:25

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Ein Agnostiker ist im religiösen Sinn ein Zweifler
Das sind Gläubige auch ab und an, ohne deshalb Agnostiker zu sein.
Ich meinte es anders: Die Welt ist nicht schwarz/weiß und die Grautöne überwiegen auf der Skala des Glaubens.
Diese reicht von extrem gläubig (mit Kopftuch und Gewissheit auf ein Nachleben der ewigen Seele) bis extrem atheistisch (es gibt keinen Gott). In der Mitte finden wir den Agnostiker.

closs hat geschrieben:Wir stellen also fest, dass "Agnostiker" ganz verschiedene definiert wird - a) wörtlich und b) wie man es halt heute interpretiert. - Keine davon ist falsch oder richtig, sondern nur unterschiedlich.
Das glaube ich nicht. Ich glaube der Agnostiker ist ein echter Zweifler der sich irgendwo im Niemandsland zwischen den beiden Extremen bewegt. Einerseits bezweifelt er das ewige Leben und andererseits hat er einen diffusen Glauben an eine bestimmende, höhere Macht.

PS:
Mir hilft dieses Gespräch, mich selbst auf der "Skala des Glaubens" einzuordnen. Bin wohl eher am atheistischen Ende, obwohl ich nicht so weit gehen würde, zu sagen, dass es keinen Gott gibt, aber die Wahrscheinlichkeit ist wohl sehr, sehr gering.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#64 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Pluto » So 4. Sep 2016, 16:31

Ska'ara hat geschrieben:
...es sei denn, Dein spiritueller Instinkt unterläuft für Dich unbemerkt Dein äußeres Auftreten als Agnostiker.
Hört sich so an, als würde es für dich nur Gläubige oder Atheisten geben.
In der Tat: es hört sich an, als wäre allles schwarz oder weiß.
Genau da sehe ich aber den Irrtum. Wie gesagt, das Grau in der Mitte überwiegt.

Wir haben, wie ich meine, in diesem Forum alles vertreten, von extrem gläubig, bis extrem atheistisch.
Und das ist gut so!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#65 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 4. Sep 2016, 16:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Mitte des 4. Jahrhunderts verstanden zu haben, dass die Naherwartung ein Irrtum war, ist ja nicht allzu schwer.
Aber zu allen Zeiten zu verstehen, wie die geistige Welt zu verstehen ist, ist schon nicht selbstverständlich.
Stimmt, anfangs glaubten die Anhänger Jesu noch an seine Ankündigung der nahen Gottesherrschaft. Das änderte sich im Laufe der Zeit. (Parusieverzögerung)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und Jesus selbst gestand ja auch anderen zu, einen "himmlichen Vater" zu haben.
Das passt ja auch - der Unterschied ist, ob Gott in Jesus inkarniert ist oder nicht.
Wohl eher nicht. Die Bezeichnungen Sohn Gottes oder himmlischer Vater sind noch kein Beleg für eine uneheliche Vaterschaft in der jüdischen Religion, auch nicht in der neuen Jesussekte. Die christliche Umdeutung kam später.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Wenn so etwas wichtiges wie die Bergpredigt authentische Jesusworte gewesen wären, wären sie mit Sicherheit zumindest mündlich überliefert worden.
Plausibles Argument - aber trotzdem nicht ohne Ende belastbar. - Und nochmal: Entscheidend ist, ob es im Sinne Jesu ist, und nicht, ob es von ihm (so gut wie) wörtlich vorher gesagt wurde. - Spricht Jesus in der Bergpredigt oder nicht?
Die Forschung sagt nein, dies sind keine authentischen Jesusworte, auch wenns weh tut.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sicher war er ein Prophet, aber einer, der sich geeirrt hat.
Diesbezüglich ist mir kein Fall bekannt.
Das ist eben der Unterschied von professioneller Forschung und einem religiösen Laien. Die Forschung hat gezeigt, dass die Naherwartung ein Irrtum war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und dass er nicht der Sohn Gottes ist, "fühlen" sogar die Juden und Moslems.
Weil ihre geistige Wahrnehmung nicht Gott als Inkarnation im Menschen zulässt - trotzdem verstehen sie sich untereinander um Dimensionen besser als mit säkularem, also geist-verleugnenden Weltanschauungen. - Man muss das heilsgeschichtlich sehen - also im Sinne von: Wer zieht am SELBEN Strang an welcher Stelle? Dagegen haben Materialisten und geistig-spirituell geprägte Menschen keinen "selben Strang".
Doch haben sie, sie sind kompatibel und können sogar untereinander heiraten. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wobei manche ja auch Paulus für literarische Fiktion halten, denn an Merkwürdigkeiten und Widersprüchen mangelt es nicht.
Letztlich unerheblich, worauf einzelne Quellen beruhen. Unter christlichen Gesichtspunkten sind zwei Sache relevant:
* Ist das Geschehen durch Jesus im Großen und Ganzen historisch?
* Was wird geistig in den Quellen gesagt - unabhängig davon, wie man Quellen zuordnet?
Das ist interessant. Es soll also irrelevant sein, ob Paulus eine literarische Fiktion ist. Also derjenige Schreiber, der quasi als Erfinder des Christentums gilt. Wenn schon die Figur selbst literarische Fiktion ist, warum dann nicht auch alles übrige?


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Anonyme Schreiber haben aber nicht die gleiche Autorität wie mutmaßliche Augenzeugen
Eben doch - es zählt nur das Geschriebene und was es geistig bedeuten soll. Die Autorität liegt in der geistigen Botschaft und sonst nirgends.
Eben nein, oder warum glaubst du, hat die Kirche ihnen Apostelnamen gegeben? Bist du wirklich im 21. Jahrhundert naiver und leichtgläubiger als mancher Zeitgenosse vor 2000 Jahren, der die Legendenbildung um Jesus weitaus kritischer und damit sogar aufgeklärter sah? :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sind die Geburtslegenden wesentlich?
Für den Kern aus meiner Sicht NICHT - wesentlich sind Sachen wie etwa "leibliche Auferstehung", etc. - Was hinter den Geburtslegenden an geistiger Botschaft steckt, weiß ich im Einzelnen nicht - mir fällt dazu spontan nur die Myrrhe-Salbung ein, mit der die Todgeweihtheit des Kindes symbolisiert wird. - Weiterhin müsste man klären, was eigentlich vor 2000 Jahren mit "historisch" gemeint wird: Das, was die HKM darunter versteht oder geistige Realität? Dazu gibt es Fachleute.
Fachleute gibt es in der Forschung in der Tat genug, man müßte sie nur mal zur Kenntnis nehmen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das mag heute so sein, früher war es mit Sicherheit nicht so.
Stimmt - es gibt auch eine Heilsgeschichte der Kirche.
Leider nicht aus eigener Einsicht, sondern von außen gewissermaßen erzwungen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also wieder mal nichts konkretes
Nee - weil man dann jeden einzelnen Satz unter die Lupe nehmen müsste. - Herausstellen würde sich, dass ein solcher Satz an sich nicht falsch ist, aber insgesamt in einen falschen Kontext eingefügt wird. - Es bringt also nichts, sich konkret einzelne Sätze vorzunehmen.
Sag ich doch immer: man kann Kubitza nichts Kontretes vorwerfen und ergeht sich stattdessen im allgemeinen Geschwurbel. Das ist nichts neues.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Buddhisten haben keinen Gott. Fühlst du dich da besser aufgehoben?
Auch das ist zu einfach - sie haben ein Enden in einem Nicht-Greifbaren, das über Allem steht. Das ist gar nicht so weit weg von den monotheistischen Religionen.
Also dazu würde ich gerne Fachleute hören. :lol:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Aber du sollst dir kein Bildnis machen.
Das bedeutet, dass man das eigene Abbild nicht anbeten darf (siehe unsere Diskussionen zum Thema Anthropozentrismus), sondern unterscheidet von der Realität dahinter.
Wie soll man die Realität "dahinter" unterscheiden, wenn man sie gar nicht kennt?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da die kanonische Exegese keine historische Jesusforschung betreiben will und kann, hat sie die Ergebnisse auch nicht zu kritisieren
Solange die HKM bei ihren Leisten bleibt, ist dies auch nicht nötig.
Tut sie doch. Die Naherwartung ist ihr Leisten, da sie zur jesuanischen Glaubenswelt gehörte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und konkret gefragt: wobei soll die HKM den "geistig orientierten Theologen" denn helfen?
Geschichtlicher Kontext, Quellen-Analyse, Sprach-Analyse, sozialer Kontext, etc. - da gibt es schon einiges. Aber eben periphär.
Genau das tut sie und kommt zu den Ergebnissen, dass die Hälfte der Paulusbriefe nicht von Paulus stammen, dass der 2. Petrusbrief eine Fälschung ist, die eigens dazu diente, die Naherwartung zu relativieren usw., usw. Und dann kommen die Bergers um die Ecke und heulen wieder rum. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der entscheidende Punkt ist: kanonische Exegese interessiert sich nur für das kontaminierte Rezptionsendprodukt
Das Gegenteil ist richtig: Sie interessiert sich für das, was Jesus ursprünglich meint, und versucht es aus den Rezeptionen der Zeiten zu exzerpieren - da reicht es nicht, wenn man platt sagt: "Ätsch - die ältesten Rezeptionen sind die authentischsten dazu".
Woher will sie wissen, was Jesus ursprünglich meint, wenn sie sich gar nicht für die historische Jesusforschung interessiert? Das kann doch nur Rumgestochere im kanonischen Glaubensnebel sein.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#66 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Ska'ara » So 4. Sep 2016, 19:00

closs hat geschrieben:Ist einer geistig, weiss er nicht automatisch, dass er damit notwendigerweise transzendent orientiert ist - weil er sein Wesen oft genug nicht mit seiner Weltanschauung abgleicht. - Also kann streng genommen ein geistiger Mensch als Gläubiger, Agnostiker oder als Atheist auftreten.
Ich kann weder mit Religionen noch mit Kirche als heilige Stätte etwas anfangen. Dennoch sehe ich in den Kirchen ein wunderbares Bauwerk mit hörenswerten Orgeln. Ich mag nicht beten, keine Kirchgänge, keine Esoterik und glaube auch nicht an Wunder. Daher bin ich nicht spirituell oder transzendent orientiert. Nein, ich bin aus Mangel an Beweisen ein ewig Fragender.


Pluto hat geschrieben:Ich glaube der Agnostiker ist ein echter Zweifler der sich irgendwo im Niemandsland zwischen den beiden Extremen bewegt. Einerseits bezweifelt er das ewige Leben und andererseits hat er einen diffusen Glauben an eine bestimmende, höhere Macht.
Bei mir ist dies anders. Ich glaube nicht an eine höhere Macht, halte sie aber aufgrund meines Unwissens für möglich. Das ewige Leben ist eine Fata Morgana und unerreichbar.


Pluto hat geschrieben:Mir hilft dieses Gespräch, mich selbst auf der "Skala des Glaubens" einzuordnen. Bin wohl eher am atheistischen Ende, obwohl ich nicht so weit gehen würde, zu sagen, dass es keinen Gott gibt, aber die Wahrscheinlichkeit ist wohl sehr, sehr gering.
Du glaubst nicht, dass es einen Gott gibt und magst es nur nicht ganz zugeben, dass andere zu dumm sind und sich in die Irre führen lassen. ;)
Du kannst nur aus bestimmten Erwägungen heraus nicht behaupten, dass es ihn nicht gibt, weil du es nicht beweisen kannst.

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#67 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Pluto » So 4. Sep 2016, 19:27

Ska'ara hat geschrieben:Du kannst nur aus bestimmten Erwägungen heraus nicht behaupten, dass es ihn nicht gibt, weil du es nicht beweisen kannst.
Du hast es exakt zusammen gefasst. :thumbup:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#68 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 4. Sep 2016, 19:30

Pluto hat geschrieben:Ich glaube der Agnostiker ist ein echter Zweifler der sich irgendwo im Niemandsland zwischen den beiden Extremen bewegt.
Diesen Typus gibt es auch aus meiner Sicht oft - vergiss aber nicht: Als "Agnostiker" bezeichnet sich auch gerne der absolut Indifferente, der mal ein Fremdwort in den Mund genommen haben will. :devil:

Aber wir sind uns shon einig. - Da gibt es den nachdenkenden Zweifler, der auf Dich passt - und eben das passive Pendant, dem das alles wurscht ist.

Pluto hat geschrieben:obwohl ich nicht so weit gehen würde, zu sagen, dass es keinen Gott gibt, aber die Wahrscheinlichkeit ist wohl sehr, sehr gering.
Nach kritisch-rationalen Kriterien hast Du recht - ein Grund, Ideologie-Kritik am KR zu üben ("Was kann er leisten/was nicht?")

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#69 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 4. Sep 2016, 20:07

sven23 hat geschrieben:Stimmt, anfangs glaubten die Anhänger Jesu noch an seine Ankündigung der nahen Gottesherrschaft.
Du setzt, was Du bestätigt sehen willst. - Wir sind uns allerdings einig, dass es viele so verstanden haben.

sven23 hat geschrieben:uneheliche Vaterschaft
Ein vim HG gezeugter Jesus wäre "unehelich"? :lol: - Wieder mal so ein geiles Beispiel dafür, dass ein Satz in sich nicht falsch ist, aber gleichzeitig total bescheuert.

sven23 hat geschrieben:Die Forschung sagt nein, dies sind keine authentischen Jesusworte
Das mag ja methodisch richtig sein - hier geht es um die Authentizität: Ist dieser Ausspruch einer, den Jesus jederzeit als seinen Ausspruch unterschreiben würde? - Davon abgesehen, dass hier etwas steht, was Jesus irgendwann wirklich gesagt haben könnte - das weiß doch auch die HKM nicht. - Die HKM sagt, dass dieser Ausspruch eindeutig nicht auf eine Aussage Jesu zurückzuführen ist - mehr nicht.

sven23 hat geschrieben:Das ist eben der Unterschied von professioneller Forschung und einem religiösen Laien.
Somit sind die kirchlichen Theologen in ihrer großen Mehrheit religiöse Laien. Eine mutige Behauptung.

sven23 hat geschrieben:Es soll also irrelevant sein, ob Paulus eine literarische Fiktion ist.
Es wird nicht bestritten, dass er eine historische Figur ist, aber es ist inhaltlich nicht relevant, ob er es ist oder nicht.

Es gibt einen ähnlichen säkularen Fall: Shakespeare.
Man hat lange (vielleicht auch jetzt noch) in der literarischen historisch-kritischen Abteilung diskutiert, ob es Shakespeare überhaupt gibt, oder ob es ein Nom de Guerre oder gar eine Ansammlung verschiedener Schreiber war. Und trotzdem: Die Texte bleiben dieselben, egal ob es Shakespeare gibt oder nicht. Sie sind DA und geistig ungeheuer tief.

sven23 hat geschrieben:Also derjenige Schreiber, der quasi als Erfinder des Christentums gilt.
Auch das en passant so ein Satz. Der Gründer des Christentums ist nach wie vor Christus. Die Schreiber haben dies gedeutet und verbreitet.

sven23 hat geschrieben:Eben nein, oder warum glaubst du, hat die Kirche ihnen Apostelnamen gegeben?
In Deinem Sinne ist naheliegend, dass man Inhalte "griffigen" Personen zuordnen wollte. - Trotzdem ist der Ansatz grundfalsch, den Inhalt eines Geschriebenen am Verfasser festzumachen. Es kann hilfreich sein, ist aber auch irreführend und ablenkend. - Die Leute sollen SELBER nachdenken und nachfühlen, was da steht und was es bedeutet - ein aufgeklärter Mensch braucht keine Hilfs-Sheriffs, die an Stelle seiner eigenen geistigen Kompetenz treten.

sven23 hat geschrieben:Fachleute gibt es in der Forschung in der Tat genug, man müßte sie nur mal zur Kenntnis nehmen.
Will man sich kompetent informieren, ist Ablesen zu wenig - zumal der Begriff "Nachweis" regelmäßig überstrapaziert wird. Da müsste man alle Seiten STUDIEREN.

sven23 hat geschrieben:Leider nicht aus eigener Einsicht, sondern von außen gewissermaßen erzwungen.
Oder durch erzwungene Einsicht - damit wären wir wieder bei dem Wort "Heterostase" = oft bedarf es Krisen zum Wandel. - Oder wie es Goethe sagt: "Stirb und werde". - Aber das ist normal - auch für die Kirche.

sven23 hat geschrieben:Sag ich doch immer: man kann Kubitza nichts Kontretes vorwerfen
Es ist insgesamt falsch eingestielt - im besten Fall könnten alle Einzel-Aussagen richtig sein und trotzdem ist er insgesamt falsch gepolt. - Wenn man einen Porsche-Kotflügel statt an einen Porsche an einen Staubsauger schraubt, ist der Kotflügel immer noch konkret ein Porsche-Kotflügel.

sven23 hat geschrieben:Wie soll man die Realität "dahinter" unterscheiden, wenn man sie gar nicht kennt?
Hier reicht das "Dass". - Man muss das "Wie" der Realität nicht im Einzelnen kennen, um die Notwendigkeit des "Dass es eine Realität dort gibt" zu erkennen. - Es geht hier um nichts anderes als die Unterscheidung zwischen Selbstmaß ("Mensch") und Fremdmaß ("göttliche Realität").

sven23 hat geschrieben:Tut sie doch. Die Naherwartung ist ihr Leisten, da sie zur jesuanischen Glaubenswelt gehörte.
Ein tragisches Beispiel, warum sie NICHT ihre Leisten verlassen sollte.

sven23 hat geschrieben:Genau das tut sie und kommt zu den Ergebnissen, dass die Hälfte der Paulusbriefe nicht von Paulus stammen
Da sind wir uns einig - das ist die Kernkompetenz der HKM. - Nur ist das Wort "Fälschung" nur dann richtig, wenn man auf eine verfügbare Quelle hin kalibriert:
"Es gibt die älteste Quelle A - darauf bezogen sind die späteren Quellen B, C und D Fälschungen, soweit sie sie sich von A unterscheiden". - Schön - ist ok. - Aber das reicht nicht.

Theologisch ist der nächste Schritt:
"So - jetzt hat die HKM rausgekriegt, wie A,B, C und D zueinander stehen und wo es Abweichungen zu A gibt - danke, liebe HKM. - Jetzt müssen WIR inhaltlich überprüfen, was von A, B, C und D kanonisch gesehen am nächsten an Jesus ist - denn uns interessiert ja nicht primär die Quellen-Kritik, sondern was damals wirklich war".

sven23 hat geschrieben:Woher will sie wissen, was Jesus ursprünglich meint, wenn sie sich gar nicht für die historische Jesusforschung interessiert?
Interessieren schon, aber nicht für entscheidend halten, weil HKM reine Quellen-Kritik ist. - Man kann es nur - und das auch noch ohne Gewähr! (hier stimme ich Dir ausdrücklich zu) - hermeneutisch klären, indem man alle geistigen Impulse von AT und NT (und vielleicht auch woanders her) untersucht und innerhalb der Setzung/des Glaubens "Es gibt Gott" systematisch, also wissenschaftlich, untersucht.

Am Ende verdichtet sich nach und nach ein kompaktes Bild, dem man nach menschlichem Ermessen Tatsachenrang zuordnen kann - absolut geht eh nie.

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#70 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 4. Sep 2016, 20:20

Ska'ara hat geschrieben:ich bin aus Mangel an Beweisen ein ewig Fragender.
Bleibe es - das ist ein Einstieg par excellence.

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