Alles Fügung, oder was?

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sven23
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#61 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von sven23 » Di 21. Jan 2014, 10:42

closs hat geschrieben:Als Daseins-Closs, der sich lediglich auf seine Daseins-Sinne stützt, glaube ich, dass ich frei bin - und verhalte mich auch so. - Als spirituell Erkennender sehe ich mich in der Vogelschau und "weiss", dass das lediglich meine Daseins-Sicht ist. - Eben weil geistiges Denken de-anthropozentriert (geiles Wort :thumbup: 8-) ).


Die Sache hat nur einen kleinen Denkfehler. Da die göttliche Fügung ins Dasein wirkt, hat sie auch immer Auswirkungen auf das Dasein. Da nützt auch die Vogelschau nichts. Wenn Gott fügt, daß closs mit 2 Jahren an Krebs sterben soll, dann behindert das seine weitere Lebensplanung enorm.

Nebenbei erscheint auch die Theodizee Frage in einem neuen Licht. Die Frage muß dann nicht heißen: Warum läßt Gott soviel Leid zu, sondern: Warum fügt Gott so viel Leid zu? Ich bezweifele, ob Gott mit dem Modell der Fügung besser wegkommt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Pluto
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#62 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jan 2014, 10:58

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Punkt den du immer wieder übersiehst, ist die Gleichzeitigkeit. Entweder ich glaube ich sei frei, oder aber ich glaube mein Leben ist höhere Fügung.
Aus EINEM System heraus gesehen ist das richtig. - Wenn man aber in zwei Systemen gleichzeitig denkt, ist das ganz anders:
Du kannst nur im deinem eigenen System denken. Da das andere (überzeitliche) uns allen für immer verschlossen bleibt, kann man nur wild darüber spekulieren.

Was lernen wir daraus? Erkenntnisse sind immer System-Erkenntnisse.
Nur dass Seins-Erkenntnisse, wie gesagt, rein spekulatives esoterisches Wunschdenken sind (eine Wiederholung der Gründe halte ich für überflüssig).

@Pluto: Apropos - Du sagst doch selber (zu meiner Freude), dass der Mensch nicht frei ist, sondern nur Wahlfreiheit hat. - Würdest Du folgendes postulieren: Entweder ich glaube, ich habe Wahlfreiheit, oder aber ich glaube, mein Leben ist höhere Fügung. ---???---
Nein. Fügung ist meiner Ansicht nach esoterisches Wuh-wuh.

Meine Aussage ist:
Wir sind nicht vollkommen frei in dem was wir wollen; aber das stört uns im Alltag nicht, weil wir die Freiheit der Wahl haben. Mehr brauchen wir nicht in unserem Leben.
N.B. Das Fehlen eines freien Willens tangiert die Schuldfähigkeit von Straftätern mit geistigen Störungen, die u Triebhaftigkeit führen.... aber das ist ein anderes Thema.
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JackSparrow
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#63 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von JackSparrow » Di 21. Jan 2014, 12:54

sven23 hat geschrieben:Sobald ein übernatürliche Macht ins Geschehen eingreift ist es vorbei mit der Entscheidungsfreiheit. Freiheit und Fügung sind nicht kompatibel.
Wenn es bereits gefügt ist, braucht die übernatürliche Macht nicht einzugreifen. Deshalb sind auch Freiheit und Fügung sehr schön kompatibel. Ob jemand denkt, sich frei entscheiden zu können, oder ob jemand denkt, keinen freien Willen zu besitzen, ist ebenfalls bereits gefügt. Gedanken kommen und gehen: Das Herz des Menschen plant seinen Weg, aber der HERR lenkt seinen Schritt.

Warum fügt Gott so viel Leid zu?
Die Frage muss geringfügig abgewandelt werden: Warum lässt Gott manche Menschen glauben, er füge ihnen Leid zu, während er andere Menschen glauben lässt, er füge ihnen Freude zu, während er wieder andere Menschen glauben lässt, er füge überhaupt niemandem irgendwas zu?

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#64 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Pluto » Di 21. Jan 2014, 13:04

JackSparrow hat geschrieben:Wenn es bereits gefügt ist, braucht die übernatürliche Macht nicht einzugreifen.
Es geht um einen Glauben, denn ob determiniert (gefügt) ist, können wir niemals wirklich wissen, sondern nur vermuten (glauben).
Wenn Jemand also glaubt, in einer determinierten Welt zu leben, wo alles vorbestimmt ist, kann er nicht gleichzeitig glauben er sei frei.

Deshalb sind auch Freiheit und Fügung sehr schön kompatibel.
NEIN.

Die Frage muss geringfügig abgewandelt werden: Warum lässt Gott manche Menschen glauben, er füge ihnen Leid zu, während er andere Menschen glauben lässt, er füge ihnen Freude zu, während er wieder andere Menschen glauben lässt, er füge überhaupt niemandem irgendwas zu?
Und...? Hast du eine Antwort darauf?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#65 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 21. Jan 2014, 14:51

sven23 hat geschrieben: Wenn Gott fügt, daß closs mit 2 Jahren an Krebs sterben soll, dann behindert das seine weitere Lebensplanung enorm.
Stimmt - aber er stirbt auch nach 2 Jahren, wenn man seine Krankheit rein naturalistisch als "Schicksal" begründet. Dann ist der Mensch eben nicht frei, weil er die Natur nicht mit seinem Willen beliebig gestalten kann.

sven23 hat geschrieben:Die Frage muß dann nicht heißen: Warum läßt Gott soviel Leid zu, sondern: Warum fügt Gott so viel Leid zu? I
Leid ist die Folge der Trennung von der Existenz in Gott und der Existenz im Dasein. - Diese Trennung gäbe es nicht, wenn es nicht einen Grund dafür gäbe - nach meiner Theorie, weil der Mensch nur so (also im dialektischen Raum) den Unterschied zwischen gut und böse, also zwischen "Paradies" (als Chiffre gemeint) und Getrennt-Sein erkennen kann - also nur so Gott bewusst erkennen kann (das geht innerhalb des Paradieses NICHT).

Insofern ist es ziemlich müßig, ob diese Trennung zugelassen oder zugefügt ist. - Die Frage ist eher: Ist es Erkenntnis/Bewusstsein wert, diese Ochsentour zu gehen. - Nebenbei: Wer eine andere Theorie hat, die alle Fragen ohne Rest beantwortet - nur zu. - Ich habe noch keine gehört.

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#66 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 21. Jan 2014, 14:59

Pluto hat geschrieben: kann man nur wild darüber spekulieren.
Dafür ist "Spekulation" da: "Spekulation (von lateinisch speculari = beobachten) ist eine philosophische Denkweise zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet" (wik).

Alles andere hieße, dass man Realität auf das beschränkt, was man objektivieren kann. - Das ist methodisch nachvollziehbar, aber ontologisch total unbefriedigend - einfach mögliche Bereiche der Realität vollkommen weglassen, nur weil sie nicht ins eigene Wahrnehmungs-Muster/-Vermögen passt.

Pluto hat geschrieben:Wir sind nicht vollkommen frei, in dem was wir wollen; aber das stört uns im Alltag nicht, weil wir die Freiheit der Wahl haben. Mehr brauchen wir nicht in unserem Leben.
Wenn man sein Wahrnehmung konsequent auf das Dasein beschränkt und NICHT nach Woher und Wohin der menschlichen Existenz fragt, ist das richtig und konsequent - aber für andere eben nicht befriedigend, da zu beschränkt.

Pluto hat geschrieben:Das Fehlen eines freien Willens tangiert die Schuldfähigkeit von Straftätern mit geistigen Störungen, die u Triebhaftigkeit führen....
Nachdem wir uns darauf geeinigt haben (?), dass Wille eine rein mechanistische Größe ist, also nur die Umsetzung von "Erkanntem" (sei dies kognitiv, emotional oder triebhaft "erkannt"), spielt das eigentlich keine Rolle.

Ais meiner Sicht müsste die Aussage lauten: "Das Fehlen der richtig ausgerichteten Erkenntnis tangiert die Schuldfähigkeit von Straftätern"

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#67 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von closs » Di 21. Jan 2014, 15:01

JackSparrow hat geschrieben: Das Herz des Menschen plant seinen Weg, aber der HERR lenkt seinen Schritt.
Sehe ich auch so.

Pluto hat geschrieben:Wenn Jemand also glaubt, in einer determinierten Welt zu leben, wo alles vorbestimmt ist, kann er nicht gleichzeitig glauben er sei frei.
Dann wäre NIEMAND frei - denn dieser Satz könnte ebenfalls lauten:

"Wenn Jemand also glaubt, dass er eine Krebskrankheit nicht verhindern kann, kann er nicht gleichzeitig glauben, er sei frei".

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#68 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von sven23 » Di 21. Jan 2014, 15:38

closs hat geschrieben: "Wenn Jemand also glaubt, dass er eine Krebskrankheit nicht verhindern kann, kann er nicht gleichzeitig glauben, er sei frei".

Was ist eigentlich so attraktiv an der Vorstellung eines Gottes, der kleinen Kindern Krebs anhängt, weil es ein göttlicher Plan so verlangt? Wozu braucht es einen omnipotenten Übervater, dem man diktatorische Vollmachten zubilligt? Ist ist die alte Sehnsucht nach dem starken Mann, der alles richtet und fügt, als Ersatz für Selbstständigkeit und Eigenverantwortung?
Leistet man damit nicht dem Fatalismus Vorschub?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#69 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von Hemul » Di 21. Jan 2014, 16:26

sven23 hat geschrieben: Die Frage muß dann nicht heißen: Warum läßt Gott soviel Leid zu, sondern: Warum fügt Gott so viel Leid zu?

Und wenn sveni sich auf die Zunge beißt, oder beim Bild aufhängen auf den Daumen kloppt ist Gott auch schuld, weil er es ja so gefügt hat-gell? :mrgreen:
Warum werden bei all der Gottesfügung eigentlich noch Verkehrsampeln aufgestellt, oder in den Firmen Feuerlöscher griffbereit aufgehangen? :roll:
Zuletzt geändert von Hemul am Di 21. Jan 2014, 16:33, insgesamt 1-mal geändert.
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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sven23
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#70 Re: Alles Fügung, oder was?

Beitrag von sven23 » Di 21. Jan 2014, 16:32

Hemul hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Frage muß dann nicht heißen: Warum läßt Gott soviel Leid zu, sondern: Warum fügt Gott so viel Leid zu?

Und wenn sveni sich auf die Zunge beißt, oder beim Bild aufhängen auf den Daumen kloppt ist Gott auch schuld, weil er es ja so gefügt hat-gell? :mrgreen:


Ist nicht meine Sichtweise, sondern das closssche Fügungssystem. Aber im Grunde wäre er dann an allem Schuld, weil er es so gefügt hat.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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