Warum läßt Gott so viel Leid zu?

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Zeus
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#571 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Zeus » Sa 23. Nov 2013, 03:44

Demian hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Demian hat geschrieben:Das eben meine ich, wenn ich dein "dualistisches" Denken kritisiere -
Wenn es ein endgültiges Denken wäre, hättest Du recht. - Du schreibst ja im folgenden von "Aufhebung" - genau. - Aber UM etwas aufheben zu können, muss es erst einmal dialektisch in These und Antithese getrennt sein. Und die Notwendigkeit dieser Trennung ist exakt der Grund, warum es Dasein/Heilsgeschichte gibt.
Das Problem ist: der Mensch denkt dualistisch.

Die Lösung des Problems der Theodizee ist viel einfacher, als ihr mit eurem pseudo-philosophischen Herumgeeiere glaubt erreichen zu können:
Euer Gott existiert nicht. Der große barmherzige, gerechte, allwissende, allmächtige Geist ist eine menschliche Erfindung.
Nicht Gott erschuf die Menschen nach seinem Bilde, sondern die Menschen konstruierten ihren Gott nach ihren eigenen Vorstellungen, wobei sie diesem Wesen Charakterzüge gaben, welche sie selbst als ideal ansahen.
Dabei hatten die Erfinder dieser Gottheit nicht gemerkt, dass all diese großartigen Eigenschaften nicht unter einen göttlichen "Hut" zu bringen sind
Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:
Dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft,
Oder er kann es und will es nicht:
Dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist,
Oder er will es nicht und kann es nicht:
Dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott,
Oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt:
Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg? Das Problem der Theodizee

Gruß
Zeus

Ps.
Es könnte natürlich auch sein, das der christliche Gott existiert. Nur müsste er dann unter multipler Persönlichkeitsstörung leiden.

z.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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Demian
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#572 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Demian » Sa 23. Nov 2013, 05:55

Zeus hat geschrieben:Die Lösung des Problems der Theodizee ist viel einfacher, als ihr mit eurem pseudo-philosophischen Herumgeeiere glaubt erreichen zu können:Euer Gott existiert nicht.

Gott ist eine Seinserfahrung. Über Nichtigkeiten redet man nicht so ausführlich.

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sven23
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#573 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 07:17

closs hat geschrieben:
Es läuft NICHT Gottes Plan zuwider, dass es das Böse in der Welt ("Dasein") gibt, weil sein Plan ja ist, dass der Mensch erkennt und deshalb die Dialektik aus gut und böse braucht. - Humes Schlussfolgerung ist allenfalls logisch im Sinne seiner Voraussetzungen - aber diese sind falsch.

Das ist auch so eine Behauptung, die nur schwer nachvollziehbar ist. Gott wirft den Menschen hochkant aus dem Paradies, weil er dort seinen Schöpfer nicht "erkennen" kann. (Hätte ihm auch vorher klar sein können). Das Leid in der Welt dient dazu, daß der Mensch erkennt, welch ein liebender und gütiger Gott ihn mit einem Trick aus dem Paradies gekickt hat. :roll:

Das klingt ungefähr so, als wenn ein Folterknecht sein Opfer foltert, damit dieses erkennt, was für ein prima Kerl der Folterknecht doch ist.
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sven23
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#574 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 07:24

Zeus hat geschrieben:
Die Lösung des Problems der Theodizee ist viel einfacher, als ihr mit eurem pseudo-philosophischen Herumgeeiere glaubt erreichen zu können:
Euer Gott existiert nicht. Der große barmherzige, gerechte, allwissende, allmächtige Geist ist eine menschliche Erfindung.

z.

Ich glaube, das ist die einzig logische und nachvollziehbare Quintessenz aus der ganzen Diskussion.

Die Vorstellung, daß es einen Gott geben soll, der 50 Mio Tote benötigt, damit man ihn "erkennt" ist tausenmal grauslicher als die Erkenntnis, daß es ihn nicht gibt.
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Zeus
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#575 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Zeus » Sa 23. Nov 2013, 09:05

sven23 hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:
Die Lösung des Problems der Theodizee ist viel einfacher, als ihr mit eurem pseudo-philosophischen Herumgeeiere glaubt erreichen zu können:
Euer Gott existiert nicht. Der große barmherzige, gerechte, allwissende, allmächtige Geist ist eine menschliche Erfindung.

z.

Ich glaube, das ist die einzig logische und nachvollziehbare Quintessenz aus der ganzen Diskussion.

Die Vorstellung, daß es einen Gott geben soll, der 50 Mio Tote benötigt, damit man ihn "erkennt" ist tausenmal grauslicher als die Erkenntnis, daß es ihn nicht gibt.

Vielleicht müsste man die 50 Mio Tote (oder ein paar mehr) als Kollateralschaden ansehen, wenn man in Betracht zieht, dass der Gott der Liebe eine viel größere Zahl von Menschen vor dem ewigen Verderben gerettet hat, indem er seinen Sohn JC am Kreuz zu tode foltern ließ?
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#576 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Sa 23. Nov 2013, 10:22

Demian hat geschrieben:Die Lösung für die Theodizee-Frage ist, meiner Sichtweise nach, die Aufhebung des dualistischen Gottesbildes.
Richtig - aber diese Lösung findet nicht im Dasein statt.

Zeus hat geschrieben:Euer Gott existiert nicht.
Das ist die einfachste Lösung. Ein streng daseins-zugewandtes Leben, das über Woher und Wohin des Menschen nicht nachdenken muss.

sven23 hat geschrieben:Hätte ihm auch vorher klar sein können
Das war ihm auch klar. - Ein Embyo "erkennt" auch nicht bewusst seine Mutter - die Geburt ist das Pendant zum Sündenfall - das Hineingeworfensein ins Getrennte.

sven23 hat geschrieben: Das Leid in der Welt dient dazu, daß der Mensch erkennt
Man kann das Leid in der Welt nicht ignorieren - mit wäre es auch lieber, wenn ich ohne Leid erkennen könnte. - Wenn man erkennt, dass es eine transzendente Welt gibt, kann das Leid nicht unbeachtet bleiben.

Die Theodizee-Frage ist intellektuell NICHT lösbar - man kann man nur so weit vordringen, dass man sagt: Leid ist ein individueller Vorgang zwischen Mensch und Gott. Was im großen Leid zwischen Mensch und Gott abläuft, wissen wir nicht. - Jedenfalls darf man Leid nicht quantifizieren, weil es jeweils immer nur EINEN Menschen trifft - kein Opfer bei 9/11 hat DESHALB mehr gelitten, weil es gleichzeitig 3000 andere Opfer gab.

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sven23
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#577 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 11:21

closs hat geschrieben: - Ein Embyo "erkennt" auch nicht bewusst seine Mutter - die Geburt ist das Pendant zum Sündenfall - das Hineingeworfensein ins Getrennte.

Was soll an der Geburt sündig sein? Höchstens die Ursache für die Geburt, 9 Monate zuvor. :lol:

closs hat geschrieben: Wenn man erkennt, dass es eine transzendente Welt gibt, kann das Leid nicht unbeachtet bleiben.

Das Leid kann auch ohne Transzendenz nicht unbeachtet bleiben. Wie soll man denn eine transzendente Welt erkennen, außer in der eigenen Fantasie?

closs hat geschrieben: Was im großen Leid zwischen Mensch und Gott abläuft, wissen wir nicht. -

Warum sollen wir das nicht wissen. Man kann ja die Opfer befragen, ob da was gelaufen ist. Ich vermute mal eher nicht.
Man hat viele Holocaust Opfer befragt, viele haben im KZ ihren Glauben endgültig verloren, was ich gut verstehen kann. Nicht jeder hat die Fähigkeit, sich selbst was vorzumachen.
Ich sah kürzlich einen Bericht von den Philippinen. Viele Sturmopfer gehen nicht mehr in die Kirche, weil sie die Nase voll haben. Sie spüren instinktiv, daß da etwas gewaltig zum Himmel stinkt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#578 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Naqual » Sa 23. Nov 2013, 12:39

closs hat geschrieben:Die Theodizee-Frage ist intellektuell NICHT lösbar - man kann man nur so weit vordringen, dass man sagt: Leid ist ein individueller Vorgang zwischen Mensch und Gott.

Lösbar ist sie schon, die Frage wäre für mich eher, ob dannach noch ein christliches Gottesbild übrigbleibt. :devil:

z.B.

Leid ist nicht Böse, sondern erfüllt einen guten Sinn. Ob man den Sinn noch sehen kann in seiner Begrenztheit in Raum und Zeit steht auf einem anderen Blatt. (Und ob man mit dieser Antwort innerlich zufrieden ist auch)

Das Theodizee-Problem setzt auf Prämisen auf, damit die Widersprüche überhaupt erst entstehen können.
Gott sei eine handelnde Person. Gott sei allmächtig und allwissend.

Wenn man hier Abstriche macht, verschwindet das Problem im gleichen Maße.
Natürlich ist es für viele eine gruselige Vorstellung Gott sei nicht allmächtig. Diese Auffassung würde ich jetzt nicht teilen.
Sondern m.E. gibt es generell gar keine Allmacht. Es gibt auch Notwendigkeiten, denen ein Gott unterliegt.
Beispielsweise kann man einen Menschen nicht dazu zwingen zu lieben. Oder: zur Reifung einer Person gehört auch, dass er nicht einfach in ner orgastischen Dauerfreude lebt, sondern auch Leid erfährt.

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#579 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Naqual » Sa 23. Nov 2013, 12:51

sven23 hat geschrieben:Wie soll man denn eine transzendente Welt erkennen, außer in der eigenen Fantasie?
Das ist mehr ein Problem objektivierbarer Beweisführung im naturwissenschaftlichen Sinn. Vorkommnisse gibt es ja genug. Diese sind dann allerdings ganz diesseitig erfahrbar. Also wenn man z.B. Monate oder Jahre nichts mehr von einer Person gehört hat und beide rufen sich zur gleichen Zeit an, dass das Telefon besetzt ist, und das passiert öfters, dann sind natürliche Erklärungsmodelle schlicht am Ende. Wenn die Mutter auf einmal weiß, dass ihrem Kind was Schreckliches passiert ist (tödlicher Autounfall) .... Oder wenn man sich beobachtet fühlt, sich herumdreht und eine bekannte Person sieht, die einen beobachtet. Aber aus einer Entfernung von z.B. 50 m. Da sind keine sinnlichen Wahrnehmungen mehr im Spiel. Also ich rieche niemanden auf 50 m. :-)
Da dies nicht beherrschbar ist, sondern einfach auftritt kann man es nur naturwissenschaftlich nicht beweisen. Gibt die bekannten Schwierigkeiten beim Wiederholen eines Experminents.

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sven23
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#580 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Sa 23. Nov 2013, 13:24

Naqual hat geschrieben: Also wenn man z.B. Monate oder Jahre nichts mehr von einer Person gehört hat und beide rufen sich zur gleichen Zeit an, dass das Telefon besetzt ist, und das passiert öfters, dann sind natürliche Erklärungsmodelle schlicht am Ende.
Das können Zufälle sein. Es gibt tagtäglich Milliarden von Telefonaten, da ergeben sich schon mal Koinzidenzen, die einem auf den ersten Blick seltsam erscheinen, es aber gar nicht sind.

Naqual hat geschrieben: Wenn die Mutter auf einmal weiß, dass ihrem Kind was Schreckliches passiert ist (tödlicher Autounfall)

Es gibt überängstliche Mütter, die immer irgendwas Furchtbares vermuten. Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis wirklich mal was passiert.

Naqual hat geschrieben: .... Oder wenn man sich beobachtet fühlt, sich herumdreht und eine bekannte Person sieht, die einen beobachtet. Aber aus einer Entfernung von z.B. 50 m. Da sind keine sinnlichen Wahrnehmungen mehr im Spiel. Also ich rieche niemanden auf 50 m. :-)

Ängstliche oder übersensible Menschen fühlen sich immer irgendwie verfolgt oder beobachtet. Wenn dann mal wirklich ein Bekannter da steht, ist das nicht wirklich verwunderlich.

Also alles keine übernatürlichen Phänomene, sondern Dinge des Alltags, die mehr oder weniger zufällig passieren, aus denen Menschen was im nachhinein herauszulesen versuchen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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