Alles Teufelszeug? III

closs
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#561 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 13. Jul 2016, 11:24

sven23 hat geschrieben: historisch ist, was wirklich passiert ist, unhistorisch ist etwas, was nicht passiert ist
So würde ich es auch sehen - eine objekt- ("seins"-)bezogene Aussage.

sven23 hat geschrieben:also eine Erfindung der Schreiber ist
Sobald das Subjekt (hier der SChreiber) ins Spiel kommt, wird's schwierig - und wenn auch noch weltanschauliche Interpretation (also wir) ins Spiel kommt, wird's noch schwieriger. - Denn dann könnte ein Zirkel entstehen wie: "Weil wir methodisch dieses oder jenes als Erfindung glauben identifizieren zu können (Subjekt), ist ein Geschehen (Objekt) danach zu beurteilen.

sven23 hat geschrieben: zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass sie kein Interesse an der Primärbedeutung der Texte hat. Sie lässt also die ursprüngliche Intention der Schreiber außer Acht.
Ach so - langsam verstehe ich, was Du meinst: Du scheinst zu meinen, dass die Rezeptions-Meinung/Intention der Schreiber "die Primärbedeutung" sei?

Wenn Du es so siehst, ist das Missverständnis klar. - Denn die kanonische Exegese interessiert sich in der Tat nur sekundär für das, was ein SChreiber gemeint hat, sondern was mit dem, was der Schreiber schreibt, unabhängig vom SChreiber der Fall ist. Sie würde also das, was Du "primär" nennst, "sekundär" nennen, weil es ihr nicht um den rezeptionellen Entwicklungsstand des Schreibers geht, sondern um die geistige Substanz des Geschriebenen selbst.

Die kanonische Exegese würde also sagen: "Wir sind NUR an der qualitativen Primärbedeutung interessiert, weil wir historische Zufälligkeiten ausblenden". - Du sagst/zitierst, dass die kanonische Exegese NICHT an der Primärbedeutung interessiert sei, weil für Dich das historisch Individuelle des SChreibers primär ist. - Ein klassischer Fall für Umwandlung von Sprache durch Weltanschauung.

sven23 hat geschrieben:dass er das Gottesreich als schon wirksam und kurz vor dem Hereinbrechen sah, entsprach nicht der jüdischen Tradition.
Jein - es gab sehr wohl Hinweise auf einen "Messias", durch den einiges eingelöst werden würde. - Aber man hat es alttestamentarisch wahrscheinlich so verstanden wie Du: Apokalyptisch mit Pauken und Trompeten.

Das Neutestamentarische war aber das Hereinbrechen des Gottesreiches durch die Auferstehung - nach der nichts mehr passiert, wenn man in Pauken und Trompeten denkt.

sven23 hat geschrieben:Was aber passieren kann, ist, dass jemand über die intensive Beschäftigung mit dem Thema Zweifel an seinem Glauben bekommt, weil er Einblick gewonnen hat in die zweifelhafte Geschäftsgrundlage seines Glaubens.
Das passiert sogar oft - nicht umsonst gibt es hohe Abbruchszahlen im Theologie-Studium. - Das zeigt aber etwas ganz anderes: Dass man die Geschäftsgrundlage fehol-eingeschätzt hat - insofern hat es etwas Kathartisches an sich.

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sven23
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#562 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mi 13. Jul 2016, 12:41

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: historisch ist, was wirklich passiert ist, unhistorisch ist etwas, was nicht passiert ist
So würde ich es auch sehen - eine objekt- ("seins"-)bezogene Aussage..
Was sonst? Eine Jenseitshistorie ist mir nicht bekannt. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:also eine Erfindung der Schreiber ist
Sobald das Subjekt (hier der SChreiber) ins Spiel kommt, wird's schwierig - und wenn auch noch weltanschauliche Interpretation (also wir) ins Spiel kommt, wird's noch schwieriger. - Denn dann könnte ein Zirkel entstehen wie: "Weil wir methodisch dieses oder jenes als Erfindung glauben identifizieren zu können (Subjekt), ist ein Geschehen (Objekt) danach zu beurteilen...
Was nicht historisch ist, haben die Schreiber erfunden, um den Eindruck von Historie zu erwecken.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass sie kein Interesse an der Primärbedeutung der Texte hat. Sie lässt also die ursprüngliche Intention der Schreiber außer Acht.
Ach so - langsam verstehe ich, was Du meinst: Du scheinst zu meinen, dass die Rezeptions-Meinung/Intention der Schreiber "die Primärbedeutung" sei?...
Jeder Text wird in einer bestimmten Absicht geschrieben. Dies ist die Primärbedeutung eines Textes. Was dann andere später daraus basteln, nennt man Rezeption, die auch in Verfälschung und Fälschung ausarten kann.


closs hat geschrieben: Das Neutestamentarische war aber das Hereinbrechen des Gottesreiches durch die Auferstehung - nach der nichts mehr passiert, wenn man in Pauken und Trompeten denkt..
Das ist von der Forschung als späteres Konstrukt identifiziert worden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was aber passieren kann, ist, dass jemand über die intensive Beschäftigung mit dem Thema Zweifel an seinem Glauben bekommt, weil er Einblick gewonnen hat in die zweifelhafte Geschäftsgrundlage seines Glaubens.
Das passiert sogar oft - nicht umsonst gibt es hohe Abbruchszahlen im Theologie-Studium. - Das zeigt aber etwas ganz anderes: Dass man die Geschäftsgrundlage fehol-eingeschätzt hat - insofern hat es etwas Kathartisches an sich.
Nein, es kommt daher, dass Theologen einen Blick hinter die Kulissen werfen können und wenig historisches übrigbleibt, die Kirche aber dennoch auf Historizität besteht, um ihr Dogmenkonstrukt behaupten zu können. (Conzelmann läßt grüßen)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#563 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mi 13. Jul 2016, 16:57

bato hat geschrieben:Das nennt man Agnostizismus. Aber du hast natürlich recht, die Bibel ist nur für den jüdisch-christlichen Gott relevant.
Also, Agnostizismus (Zweifel) würde ich es nicht nennen. Einstein war einerseits ein Mann mit einer tiefen Ehrfurcht vor der Natur. Andererseits hielt er den Gott Abrahams für eine kindliche Illusion. In einem berühmten Brief schrieb er einmal:
  • Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens.
Ich verehre den alten Mann; er ist für mich so was wie ein geistiger Held, aber niemals göttlich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#564 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mi 13. Jul 2016, 17:30

closs hat geschrieben:So würde ich es auch sehen - eine objekt- ("seins"-)bezogene Aussage.
Was ist denn eine "seinsbezogene" Aussage?

closs hat geschrieben:Sobald das Subjekt (hier der SChreiber) ins Spiel kommt, wird's schwierig - und wenn auch noch weltanschauliche Interpretation (also wir) ins Spiel kommt, wird's noch schwieriger.
Wessen Interpretation meinst du? Mir bereitet jedenfalls die Interpretation der HKM keinerlei Mühe, denn ist einfach und direkt nachvollziehbar; man kommt ohne Umwege zum Ziel.

Offenbar wird es erst dann schwierig, wenn man es durch die "Brille" einer spirituellen Weltanschauung betrachtet. Dann erheben sich plötzlich die geglaubten Dämonen und verfälschen objektiven Blick der Forscher.

closs hat geschrieben:Denn dann könnte ein Zirkel entstehen wie: "Weil wir methodisch dieses oder jenes als Erfindung glauben identifizieren zu können (Subjekt), ist ein Geschehen (Objekt) danach zu beurteilen.
Warum sollte diese Betrachtung falsch sein?

closs hat geschrieben:Du scheinst zu meinen, dass die Rezeptions-Meinung/Intention der Schreiber "die Primärbedeutung" sei?
Warum sind denn die Ergebnisse der HKM nicht objektiv?
Sind sie nicht nur eine Feststellung der Faktenlage, und daher unverfälscht durch ideologische Interpretationen? Die Verschleierung entsteht doch erst durch die vielen Interpretationen u.a. auch durch die kanonischen Exegese.

closs hat geschrieben:Wenn Du es so siehst, ist das Missverständnis klar. - Denn die kanonische Exegese interessiert sich in der Tat nur sekundär für das, was ein SChreiber gemeint hat, sondern was mit dem, was der Schreiber schreibt, unabhängig vom SChreiber der Fall ist.
Ist ja logisch, dass die kanonische Exegese zu Fehlinterpretationen verleitet wird, wenn Dogmen mit berücksichtigt werden, für die es in einer sauberen und einfachen Interpretation keinen Raum gibt.

Mit anderen Worten: Die HKM deckt die wahren historischen Zusammenhänge auf, die dann durch Dogmen verfälscht werden.

closs hat geschrieben:Die kanonische Exegese würde also sagen: "Wir sind NUR an der qualitativen Primärbedeutung interessiert, weil wir historische Zufälligkeiten ausblenden".
Erstens darf man die historischen Fakten NICHT ausblenden, und zweitens sollte man diese nicht mit Dogmen verschleiern, sonst ist das Urteil nicht mehr objektiv.

closs hat geschrieben:Das Neutestamentarische war aber das Hereinbrechen des Gottesreiches durch die Auferstehung - nach der nichts mehr passiert, wenn man in Pauken und Trompeten denkt.
Es ist auch ohne Pauken und Trompeten nichts passiert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#565 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 13. Jul 2016, 17:46

sven23 hat geschrieben:Was sonst?
Du hast meine Aussage nicht verstanden - ich wollte damit ausdrücken, dass Deine Aussage korrekt ist aus Perspektive des Objekts.

sven23 hat geschrieben:Was dann andere später daraus basteln, nennt man Rezeption
Beim NT ist es aber so, dass selbst die ältesten Quellen insofern Rezeption sind, dass sie das eigentliche Original, nämlich Jesus, interpretieren. - Was danach kommt, sind dann Rezpetionen dieser Erst-Rezeption. - Immer wieder: Es gibt kein Autograph.

sven23 hat geschrieben:Das ist von der Forschung als späteres Konstrukt identifiziert worden.
Und wenn schon. - Entscheidend ist doch, ob es authentisch ist zu dem, was Jesus gemeint hat. - Es ist doch vollkommen offen, welche Rezeption in welcher Zeit die authentischste zur "Realität Jesus".

sven23 hat geschrieben:es kommt daher, dass Theologen einen Blick hinter die Kulissen werfen können und wenig historisches übrigbleibt, die Kirche aber dennoch auf Historizität besteht
Aus dem Munde der mir bekannten katholischen Theologen klingt das anders. - Sie meinen, dass es um die Historizität der Auferstehung Jesu gehe, diese also nicht ein literarisches Produkt ist, sondern wirklich stattgefunden hat - darauf beharrt man. - Peanuts wie "Bethlehem" oder "3 Weise" werden möglicherweise historisch angenommen - aber da ist es wurscht, es kann auch metaphorisch wahr sein.

Es geht darum, dass es insgesamt ein reales Geschehen ist und keine literarische Erfindung - mehr nicht. - Wenn ein Theologie-Student das Verhältnis von Historizität und geistiger Realität nicht versteht, ist es gut, wenn er nicht weiter studiert.

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#566 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 13. Jul 2016, 18:02

Pluto hat geschrieben:Was ist denn eine "seinsbezogene" Aussage?
Eine Aussage, die sich über "das, was der Fall ist", begründet - egal ob dieses wahrnehmungs-mäßig/wissenschaftlich erkannt ist - rein objekt-bezogen.

Pluto hat geschrieben:Wessen Interpretation meinst du?
Sowohl der Kirche(n) als auch der HKM.

Pluto hat geschrieben:Mir bereitet jedenfalls die Interpretation der HKM keinerlei Mühe, denn ist einfach und direkt nachvollziehbar
Logisch - sie entspricht dem heutigen Denken. - Als solches ist sie gut.

Pluto hat geschrieben:Offenbar wird es erst dann schwierig, wenn man es durch die "Brille" einer spirituellen Weltanschauung betrachtet.
Aus Sicht säkularer Perspektive - umgekehrt ist es genauso schwierig.

Pluto hat geschrieben:Warum sollte diese Betrachtung falsch sein?
Sie muss nicht falsch sein, ist aber schnell zirkel-referent.

Pluto hat geschrieben:Warum sind denn die Ergebnisse der HKM nicht objektiv?
Das rein Beobachtete ist sehr wohl objektiv: "Quelle auf Papyrus aus 80 n.Chr./ Papyrus aus Ägypten/ Tinte aus Persien/ Sprache mittel-hinter-anatolisch-griechisch ;) " - etc.

Die Interpretationen des semantischen Inhalts - wenn es also in das Geistige hineingeht - sind nicht objektiv, WENN sie sich als allgemein-gültig verstehen.

Pluto hat geschrieben:Die Verschleierung entsteht doch erst durch die vielen Interpretationen u.a. auch durch die kanonischen Exegese.
Die kanonische Exegese bekennt sich im Gegensatz zur HKM-Exegese zu ihrem Glaubens-Konstrukt - da wird mit offenem Visier gekämpft.

Pluto hat geschrieben:Die HKM deckt die wahren historischen Zusammenhänge auf, die dann durch Dogmen verfälscht werden.
Erstens: Nenne ein Dogma, das auf historische Inhalte Bezug nhimmt.

Zeitens: Wenn es rein historische Zusammenhänge sind, greift die Theologie der HKM doch nicht an - das Problem ist einzig, wenn aus historischen Sachfeststellungen unzulässige geistige Interpretationen erwachsen.

Pluto hat geschrieben:Erstens darf man die historischen Fakten NICHT ausblenden
Das will doch auch keiner. - Das Faktum, dass die Urchristen und Paulus für eine Zeit tatsächlich Jesus so verstanden haben, dass er eine Naherwartung gehabt habe, ist doch in der RKK anerkannt - kalter Kaffee. - Es geht darum, dass manche daraus schließen, dass deshalb Jesus selbst auch eine Naherwartung gehabt haben müsse.

Pluto hat geschrieben:Es ist auch ohne Pauken und Trompeten nichts passiert.
Der europäische Mensch wäre ohne NT nicht denkbar - dieser Paradigmenwechsel wirkt noch heute. - Europa hat sich im wesentlichen aus einer Vermischung aus griechischer Philosophie und NT-Christentum entwickelt.

Das wäre die säkular-pragmatische Seite. - Die geistige Seite: Seit dem NT gibt es Abermillionen von Menschen, für die Gott keine "Entscheidung", sondern ein selbstverständliches Erlebnis sind. - Das ist aber schwer mit Worten erklärbar.

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#567 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mi 13. Jul 2016, 19:43

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Die Verschleierung entsteht doch erst durch die vielen Interpretationen u.a. auch durch die kanonischen Exegese.
Die kanonische Exegese bekennt sich im Gegensatz zur HKM-Exegese zu ihrem Glaubens-Konstrukt - da wird mit offenem Visier gekämpft.
Warum eigentlich "gekämpft". Worin besteht dieser Kampf? Besteht er darin, die von der HKM aufgedeckten Fakten ideologisch zu interpretieren?
Ich glaube wenn, dann ist die kanonische Exegese mit ihren Dogmen eine ideologische Weltanschauung, die die Fakten einfach nicht anerkennen will. Das alte Lied... "Was nicht sein darf..."

closs hat geschrieben:Nenne ein Dogma, das auf historische Inhalte Bezug nimmt.
Das ist ja das Problem. Es gibt gibt keine. Sie berufen sich alle auf den Dogmatismus, wie man sehr schön am Beispiel der leiblichen Auferstehung erkennen kann.

closs hat geschrieben:Wenn es rein historische Zusammenhänge sind, greift die Theologie der HKM doch nicht an - das Problem ist einzig, wenn aus historischen Sachfeststellungen unzulässige geistige Interpretationen erwachsen.
Sachfeststelungen sind Fakten. Ich sehe nicht, wie aufgedeckte Fakten, sich geistig falsch interpretieren lassen können.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Erstens darf man die historischen Fakten NICHT ausblenden
Das will doch auch keiner.
Warum tut man das dann?

closs hat geschrieben:Das Faktum, dass die Urchristen und Paulus für eine Zeit tatsächlich Jesus so verstanden haben, dass er eine Naherwartung gehabt habe, ist doch in der RKK anerkannt - kalter Kaffee. - Es geht darum, dass manche daraus schließen, dass deshalb Jesus selbst auch eine Naherwartung gehabt haben müsse.
Wie aus etlichen Bibelstellen ersichtlich, hatte gerade Jesus eine Naherwartung.
Erst die späteren Schreiber bemühten sich sichtlich diese zu negieren und in die Ferne zu rücken, WEIL nichts passierte.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es ist auch ohne Pauken und Trompeten nichts passiert.
Der europäische Mensch wäre ohne NT nicht denkbar - dieser Paradigmenwechsel wirkt noch heute.
Du lenkst ab. Der Punkt ist, es ist auch ohne Pauken und Trompeten nichts passiert.

Pluto hat geschrieben:Die geistige Seite: Seit dem NT gibt es Abermillionen von Menschen, für die Gott keine "Entscheidung", sondern ein selbstverständliches Erlebnis sind. - Das ist aber schwer mit Worten erklärbar.
Und diese Abermillionen können nicht irren?
Ich erinnere da nur an das Dogma der Geozentrik.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#568 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 13. Jul 2016, 21:19

Pluto hat geschrieben:Ich glaube wenn, dann ist die kanonische Exegese mit ihren Dogmen eine ideologische Weltanschauung, die die Fakten einfach nicht anerkennen will.
Das ist wirklich unrichtig und die falsche Spur, da es der kanonischen Exegese sicherlich nicht darum geht, wirklich vorhandene Fakten zu negieren. - Der Unterschied liegt ausschließlich in der Sichtweise: Verstehe ich Gott von intersubjektiv nachvollziehbarer Beobachtung her (also von einem Krümel her) oder für den Fall, dass es ihn gibt.

Pluto hat geschrieben:Das ist ja das Problem. Es gibt gibt keine.
Eben - somit stehen sie auch nicht Widerspruch zur HKM - denn das, was über positiv Belegbares hinausgeht, ist nicht die Sache der HKM.

Pluto hat geschrieben: Ich sehe nicht, wie aufgedeckte Fakten, sich geistig falsch interpretieren lassen können.
Doch - wenn man Hostien aus Sicht einer Maus und Goethes "Faust" aus Sicht eines Schriftsetzers, ist es etwas anderes, als wenn man "Maus" und "Schriftsetzer" durch "Theologe" und "Schriftsteller" ersetzt.

Pluto hat geschrieben:Warum tut man das dann?
Die "Naherwartung" ist kein historisches Faktum, sondern EINE historisch-kritische Schlussfolgerung aus dem historisch Beobachteten. - Wer "Naherwartung Jesu" ausschließt, verstößt nicht gegen historische Fakten.

Pluto hat geschrieben:Wie aus etlichen Bibelstellen ersichtlich, hatte gerade Jesus eine Naherwartung.
Nein - das historisch Beobachtete macht eine Naherwartung Jesu möglich, aber nicht zwingend. - Man kann historisch-kritisch genauso beloegen, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte. - Entschieden wird die Antwort auf diese Frage durch eine Interpretations-Haltung gegenüber dem historisch Vorliegenden.

Pluto hat geschrieben:Der Punkt ist, es ist auch ohne Pauken und Trompeten nichts passiert.
Wie willst Du den Wandel eines inneren Bewusstseins-Bildes als "nicht passiert" belegen?

Pluto hat geschrieben:Und diese Abermillionen können nicht irren?
Doch - genauso wie auch der säkulare Mainstream irren kann. - Es ist Glaubenssache, so wie heute viele Menschen glauben, sie seien aufgeklärter als ihre Vorfahren im Mittelalter.

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#569 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mi 13. Jul 2016, 23:42

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich glaube wenn, dann ist die kanonische Exegese mit ihren Dogmen eine ideologische Weltanschauung, die die Fakten einfach nicht anerkennen will.
Das ist wirklich unrichtig und die falsche Spur, da es der kanonischen Exegese sicherlich nicht darum geht, wirklich vorhandene Fakten zu negieren.
Was zu beweise wäre...
Wen ich deinen Argumenten folge soll, dann tut sie nichts anderes.
closs hat geschrieben:Der Unterschied liegt ausschließlich in der Sichtweise: Verstehe ich Gott von intersubjektiv nachvollziehbarer Beobachtung her (also von einem Krümel her) oder für den Fall, dass es ihn gibt.
Bevor man von Sichtweisen redet, sollte man zunächst einmal die Existenz Gottes klären.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist ja das Problem. Es gibt gibt keine.
Eben - somit stehen sie auch nicht Widerspruch zur HKM - denn das, was über positiv Belegbares hinausgeht, ist nicht die Sache der HKM.
Immer wieder dasselbe...
Wie willst du zwischen dem was über Belegbares hinausgeht und purer Illusion unterscheiden? Es geht nicht.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Ich sehe nicht, wie aufgedeckte Fakten, sich geistig falsch interpretieren lassen können.
Doch - wenn man Hostien aus Sicht einer Maus und Goethes "Faust" aus Sicht eines Schriftsetzers, ist es etwas anderes, als wenn man "Maus" und "Schriftsetzer" durch "Theologe" und "Schriftsteller" ersetzt.
Ein konstruiertes Beispiel.
Es geht um das intellektuelle Verständnis von Texten, nicht um die Sicht einer Maus.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Warum tut man das dann?
Die "Naherwartung" ist kein historisches Faktum, sondern EINE historisch-kritische Schlussfolgerung aus dem historisch Beobachteten.
Selbstverständlich ist die Naherwartung ein Fakt!
Ein Fakt der deutlich aus der Bibel zu entnehmen ist. Darüber besteht unter Theologen kein Zweifel. Warum stellst du das immer wieder in Frage?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie aus etlichen Bibelstellen ersichtlich, hatte gerade Jesus eine Naherwartung.
Nein - das historisch Beobachtete macht eine Naherwartung Jesu möglich, aber nicht zwingend.
Welche anderen Quellen hast du, mit denen du das nachweisen kannst?
closs hat geschrieben:Man kann historisch-kritisch genauso beloegen, dass Jesus KEINE Naherwartung hatte.
Wie kann man das nachweisen?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Punkt ist, es ist auch ohne Pauken und Trompeten nichts passiert.
Wie willst Du den Wandel eines inneren Bewusstseins-Bildes als "nicht passiert" belegen?
Aha.... Ein inneres Bewusstseins-Bild... Was soll das überhaupt sein?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Und diese Abermillionen können nicht irren?
Doch - genauso wie auch der säkulare Mainstream irren kann. - Es ist Glaubenssache, so wie heute viele Menschen glauben, sie seien aufgeklärter als ihre Vorfahren im Mittelalter.
Glaubensfragen sind immer eine Frage von Weltanschauung. Das sollte man endlich zugeben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#570 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mi 13. Jul 2016, 23:57

Pluto hat geschrieben:Wen ich deinen Argumenten folge soll, dann tut sie nichts anderes.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass man heute unter "Fakten" versteht, wenn man Korrelationen weltanschaulich deutet. :devil:

Pluto hat geschrieben:Bevor man von Sichtweisen redet, sollte man zunächst einmal die Existenz Gottes klären.
Das wird NIE möglich sein. Da "Gott" nur Sinn macht, wenn er wesens-mäßig eine nicht-naturalistische Größe ist, ist er wissenschaftlich-methodisch nicht annäherbar.

Pluto hat geschrieben:Wie willst du zwischen dem was über Belegbares hinausgeht und purer Illusion unterscheiden? Es geht nicht.
Intersubjektiv-methodisch-wissenschaftlich geht es nicht. - Aber hier war der Punkt ein anderer: Die HKM sollte nicht über POSITIV Festellbares hinaus interpretieren, weil es nicht ihre Sache ist - aber sie tut es (siehe bspw. "Naherwartung").

Pluto hat geschrieben:Es geht um das intellektuelle Verständnis von Texten, nicht um die Sicht einer Maus.
Es geht um das geistige Verständnis, wenn es um die Bibel geht - und das kann man intellektuell nicht erzwingen - auch methodisch nicht.

Pluto hat geschrieben:Selbstverständlich ist die Naherwartung ein Fakt!
Nein - die "Naherwartung Jesu" ist nicht einmal historisch-kritisch ein Fakt (wobei ich unter "Fakt" verstehe, dass eine gegenteilige Behauptung falsch wäre. - Sogar historisch-kritisch kann man (gesamt-kanonisch) belegen, warum der historische Jesus trotz abweichendem Verständnis der Urchristen und mancher Textverfasser selbstverständlich KEINE Naherwartung hatte.

Wenn Du "Naherwartung Jesu" als FAKT in diesem Sinne darstellst, ist das eine ideologisch-weltanschaulich begründete Aussage - also im Grunde dasselbe, was Du den Dogmatikern vorwirfst.

Pluto hat geschrieben:Darüber besteht unter Theologen kein Zweifel.
Falsch - die meisten Theologen sind anderer Meinung. - Es gibt allenfalls eine Mehrheit innerhalb der HKM-lern, weil dieses Ergebnis logisch ist aus dem methodischen Untersuchungs-Aufbau.

Pluto hat geschrieben:Welche anderen Quellen hast du, mit denen du das nachweisen kannst?
Es sind dieselben Quellen aus anderer Perspektive gedeutet.

Pluto hat geschrieben:Wie kann man das nachweisen?
Hatten wir schon x-mal: Man untersuche (anhand der Bibel"!) das Verhältnis zwischen Jüngern und Jesus und korreliere es mit der Meinung Jesu und dem, was die Jünger davon verstanden haben.

Pluto hat geschrieben:Was soll das überhaupt sein?
Du stehst früh auf - denkst so, wie Du denkst - und kannst nicht wissen, dass man früher mal anders gedacht hat, weil es Dir ja selbstverständlich ist, wie es ist.

Pluto hat geschrieben:Glaubensfragen sind immer eine Frage von Weltanschauung. Das sollte man endlich zugeben.
Das betone ich doch auch immer. - Selbstverständlich sind Glaubenfragen immer Weltanschauungsfragen.

Aber das gilt eben auch für den kritischen Rationalismus, der wiederum Grundlage für wissenschaftliche Methodik ist, welche wiederum Maßstab für Interpretationen (hier:) der Bibel ist - das ist genauso eine Weltanschauung wie der Katholizismus.

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