Alles Teufelszeug? VII

ThomasM
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#551 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von ThomasM » Di 10. Okt 2017, 17:05

Roland hat geschrieben: Ganz im Sinne einer Methode, die im Ansatz atheistisch ist.
Mich würde mal interessieren, wo für dich die Grenze eines nicht-atheistischen Ansatzes ist.
Hast du eine bestimmte Systematik, "Vernunft" in die Bibelauslegung zu bringen? Mit dem Problem, dass Vernunft eine menschliche Eigenschaft ist und Gott sich über jede Vernunft erhebt.

Der methodologische Atheismus der Naturwissenschaft wurde nämlich nicht ohne Grund formuliert. Das Problem ist, dass mit Gottes Allmacht jede Logik ihr Ende hat. Man sieht etwas und es hat keinerlei Relevanz, weil man keine Schlussfolgerungen ziehen kann.

In der Naturwissenschaft war es ein methodischer Befreiungsschlag, sich von dem Wunderwirken Gottes zu lösen und sich auf das zu konzentrieren, was objektiv feststellbar ist, jenseits einer bestimmten Glaubensrichtung oder Bibelauslegung. Erst danach war die technische Entwicklung in Europa wirklich möglich.

In der Theologie kann man so natürlich nicht vorgehen. Wenn man Gott zu einem wissenschaftlichen Gegenstand machen will, dann schießt man sich selbst ins Knie, wenn man annimmt, den Gegenstand gibt es gar nicht.
Dennoch kann die Frage "was kann ich sagen, wenn ich von Gott Abstand nehme" eine wertvolle methodische Vorgehensweise sein, da sie glaubensunabhängig Aussagen ermöglich.
Als Beispiel kann man Jesus als menschlichen Juden betrachten und seine Aussagen im Licht der Kultur betrachten. Dann wird man feststellen, dass manche Aussagen gar nicht so radikal sind, wie sie sich heute anhören, weil sie nämlich im damaligen kulturellen Verständnis völlig normal waren.
Danach kann man dann glaubensmäßige Voraussetzungen formulieren und damit sagen, worin man als glaubender Christ über diese Aussagen hinausgeht.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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Münek
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#552 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Di 10. Okt 2017, 20:04

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Erkennbar richtet sich Ratzingers ätzende Antichrist-Polemik gegen eine sich ausschließlich der WISSENSCHAFT verpflichtet fühlende Exegese, weil in dieser zu Ratzis frommen Entsetzen "Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat".
Ich verstehe es als Polemik gegen das, was sich selbst "in der Gebärde" der Wissenschaftlichkeit gefällt, die "angeblich" rein wissenschaftlich sei. - Du lässt in Deiner Interpretation "die Gebärde" und das "angeblich" einfach weg.
Nun lenke mal nicht ab. Als ob es hier um Ratzingers polemischen Ton ginge...

Nee nee - es geht ausschließlich um Ratzingers BEGRÜNDUNG seiner abstrusen Antichrist-Schelte. Er empört sich gegen eine wissenschaftlich geprägte Exegese, in der - und jetzt kommt der Vorwurf - "Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat."

DAS ist der Punkt. DAS und nur DAS findet Ratzinger dermaßen empörend, dass er sich bei der Niederschrift seines Jesusbu-
ches in einem affektiven Anfall zu seinem peinlichen Antichrist-Ausraster hinreißen ließ.


Komisch.

Auf Ratzingers Begründung, die ich hier zum wiederholten Male zitiert und kommentiert habe (!), gingst und gehst Du mit keinem Wort ein. Was ist denn das für ein Stil, die Argumente des Diskussionspartners wiederholt einfach zu ignorieren? Wieso bist Du nicht Manns genug einzuräumen, dass Du völlig zu Unrecht Ratzinger als Befürworter Deiner abstrusen "Übergriffsthese" (Kompetenzüberschreitung) in Anspruch genommen hast?

Offensichtliche Fehler zuzugeben, scheint offenbar nicht Deine Stärke zu sein. Leider stelle ich diese Schwäche nicht zum erstenmal bei Dir fest. Savonlinna und Thaddäus haben nicht ohne Grund entnervt das Handtuch geworfen.

Eigentlich schade, sehr schade. Das solltest Du nicht nötig haben.
Zuletzt geändert von Münek am Mi 11. Okt 2017, 00:04, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#553 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Di 10. Okt 2017, 21:04

Münek hat geschrieben: Er empört sich gegen eine wissenschaftlich geprägte Exegese, in der - und jetzt kommt der Vorwurf - "Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat."
Er empört sich gegen eine Exegese in der Gebärde der Wissenschaftlichkeit, die angeblich rein wissenschaftlich sei (zu ergänzen ist: Es aber nicht ist).

Münek hat geschrieben:Auf Ratzingers Begründung, die ich hier zum wiederholten Male zitiert und kommentiert habe (!), gingst und gehst Du mit keinem Wort ein.
Doch - das war jetzt mindestens das dritte Mal. :D

Münek hat geschrieben:Wieso bist Du nicht Manns genug einzuräumen, dass Du völlig zu Unrecht Ratzinger als Befürworter Deiner abstrusen "Übergriffsthese" (Kompetenzüberschreitung) in Anspruch genommen hast?
Weil es zu Recht ist. - Denn wenn er von "angeblicher Wissenschaftlichkeit" spricht, dann hat das doch einen Grund - und dieser Grund ist, dass die HKM in einigen ihrer Vertreter unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit über das Sachlich-Wissenschaftliche hinaus interpretiert.

Du hast den gesamten Kontext noch nicht verstanden:
1) "HKM ist als Wissenschaft gut" (1993)
2) "Interpretative Säkular-Interpretation der Bibel im Namen der Wissenschaft ist 'Antichrist' "

Du wirst doch nicht ernsthaft meinen wollen, dass Ratzinger jetzt plötzlich die Wissenschaft schlecht findet, weil sie wissenschaftlich arbeitet!!!!!

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#554 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Pluto » Di 10. Okt 2017, 23:48

closs hat geschrieben:Du wirst doch nicht ernsthaft meinen wollen, dass Ratzinger jetzt plötzlich die Wissenschaft schlecht findet, weil sie wissenschaftlich arbeitet!!!!!
Nicht Ratzinger, sondern DU findest Wissenschaft seit jeher schlecht. Ich kann dir auch sagen warum:
Weil du befürchtest, Wissenschaft könnte zu nahe an die Wahrheit kommen, und das ganze kanonische Kartenhaus zum Einsturz bringen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#555 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von closs » Mi 11. Okt 2017, 00:26

Pluto hat geschrieben:Nicht Ratzinger, sondern DU findest Wissenschaft seit jeher schlecht.
1) Wenn Ratzinger Wissenschaft als solche gut findet, ist ja der Vorwurf Müneks falsch, er werfe der historisch-kritischen Exegese vor, wissenschaftlich zu arbeiten.

2) Ich finde Wissenschaft nach wie vor sehr GUT - aber eben nur in ihren methodischen Grenzen.

Pluto hat geschrieben:Weil du befürchtest, Wissenschaft könnte zu nahe an die Wahrheit kommen, und das ganze kanonische Kartenhaus zum Einsturz bringen.
Falsche Spur. - Die kanonische Exegese KANN zwar falsch sein (nämlich, wenn es Gott nicht gibt), aber man würde kritisch-rationale Wissenschaft total überschätzen, unterstellte man, dass sie kanonische Exegese zum Einsturz bringen könnte.

Begründung:
Das, was die kanonische Exegese geistig (!) zu Historischem sagt, ist überhaupt nicht per (kritisch-rationaler) Wissenschaft falsifizierbar. - Das heißt nicht, dass kanonische Exegese deshalb nur Richtiges sagt - es bedeutet, dass von der kanonischen Exegese geistig (!) falsche Aussagen kritisch-rational nicht falsifizierbar sind.

Hier wird der fälschliche Eindruck erweckt, als könne man die Frage "Hatte Jesus selbst (geistig, also im Kopf) eine Naherwartung?" kritisch-rational beantworten. - Das geht nicht - die HKM kann diese Frage lediglich methodisch unter ihren Bedingungen beantworten.

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#556 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Mi 11. Okt 2017, 03:24

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Er empört sich gegen eine wissenschaftlich geprägte Exegese, in der - und jetzt kommt der Vorwurf - "Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat."
Er empört sich gegen eine Exegese in der Gebärde der Wissenschaftlichkeit, die angeblich rein wissenschaftlich sei (zu ergänzen ist: Es aber nicht ist).
Nun mach dich doch nicht lächerlich.

Wie jedermann hier in Ratzingers Text einschließlich seiner Polemik nachlesen kann, richtet sich seine Empörung ausschließlich gegen
eine wissenschaftlich Exegese, die in ihrer Bibelauslegung "Gott außen vor und nicht zu Wort kommen lässt". Das schreibt er doch fast wortwörtlich. Das kannst Du doch nicht ignorieren.

Tja - in der Wissenschaft kommt der Gott der Bibel als geschichtsmächtiger Wirkfaktor in der Tat nicht vor. Warum sollte er?
:)

Es ist alles gut. :thumbup:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auf Ratzingers Begründung, die ich hier zum wiederholten Male zitiert und kommentiert habe (!), gingst und gehst Du mit keinem Wort ein.
Doch - das war jetzt mindestens das dritte Mal...
...dass Du auf Ratzingers Vorwurf inhaltlich NICHT die Bohne eingegangen bist. Denn tätest Du es, dann müsstest Du einen fetten Fehler eingestehen. Dafür fehlt Dir offensichtlich die Stärke. Alles klar. :thumbup:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wieso bist Du nicht Manns genug einzuräumen, dass Du völlig zu Unrecht Ratzinger als Befürworter Deiner abstrusen "Übergriffsthese" (Kompetenzüberschreitung) in Anspruch genommen hast?
Weil es zu Recht ist.
Ratzinger würde sich gegen seine Einvernahme durch Dich hinsichtlich Deiner abstrusen "Übergriffs-These" ganz gewiss verwahren. Übrigens auch Klaus Berger. Nee nee - mit Deiner "Kompetenz-Überschreitungs-Hypothese" stehst Du allein da.

Eine historische Frage mit aller Gewalt in eine "geistige" umwandeln zu wollen, um sie damit der Kompetenz der historisch-kritischen Exegese zu entziehen, ist mehr als albern.

Wer soll Dich da noch ernst nehmen.


closs hat geschrieben:Denn wenn er von "angeblicher Wissenschaftlichkeit" spricht, dann hat das doch einen Grund
Ganz einfach. Als frommer Dogmatiker vermag er es offensichtlich nicht zu ertragen, dass eine Bibelexegese "ein Handeln Gottes" NICHT in Betracht zieht. Scheiße aber auch!

closs hat geschrieben:- und dieser Grund ist, dass die HKM in einigen ihrer Vertreter unter dem Deckmantel der Wissenschaftlichkeit über das Sachlich-Wissenschaftliche hinaus interpretiert.
Es liegt auf der Hand, dass dieser Blödsinn auch durch Wiederholung nicht wahrer wird. Es gab und gibt gestandene tiefgläubige Theologen, die Jeu Irrtum einräumten ohne ihren Glauben zu verlieren. Wieso kannst Du das nicht?

closs hat geschrieben:Du hast den gesamten Kontext noch nicht verstanden:
1) "HKM ist als Wissenschaft gut" (1993)
2) "Interpretative Säkular-Interpretation der Bibel im Namen der Wissenschaft ist 'Antichrist' "
Diesen Sermon verbuche ich jetzt mal nassforsch unter typisch clossche Schwurbelei.

closs hat geschrieben:Du wirst doch nicht ernsthaft meinen wollen, dass Ratzinger jetzt plötzlich die Wissenschaft schlecht findet, weil sie wissenschaftlich arbeitet!!!!!
Sach mal - kannst du nicht lesen? Mach Dir Dein eigenes Bild und lies endlich mal Ratzingers Text mit Sinn und Verstand.

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#557 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mi 11. Okt 2017, 09:53

Vielleicht nochmal der Gesamtzusammenhang des strittigen Ratzinger-Zitats:

Ausgehend von der Versuchungsgeschichte Jesu durch den Satan, die zeigt, wie gut sich der Teufel in der Bibel auskennt, schlägt Ratzinger den Bogen über die "Kurze Erzählung vom Antichrist" des russischen Philosophen Solowjow, in welcher der Teufel von der Universität Tübingen die Ehrendoktorwürde der Theologie als großer Bibelgelehrter verliehen bekommt, hin zu den möglichen Irrwegen wissenschaftlicher Exegese:
Heute wird die Bibel weithin dem Maßstab des sogenannten modernen Weltbildes unterworfen, dessen Grunddogma es ist, dass Gott in der Geschichte gar nicht handeln kann – dass also alles, was Gott betrifft in den Bereich des Subjektiven zu verlegen sei. Dann spricht die Bibel nicht mehr von Gott, dem lebendigen Gott, sondern dann sprechen nur noch wir selber und bestimmen, was Gott tun kann und was wir tun wollen oder sollen. Und der Antichrist sagt uns dann mit der Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit, dass eine Exegese, die die Bibel im Glauben an den lebendigen Gott liest und ihm selbst dabei zuhört, Fundamentalismus sei; nur seine Exegese, die angeblich rein wissenschaftliche, in der Gott selbst nichts sagt und nichts zu sagen hat, sei auf der Höhe der Zeit.
Das theologische Streitgespräch zwischen Jesus und dem Teufel ist ein alle Zeiten betreffender Disput um die rechte Schriftauslegung, deren grundlegende hermeneutische Frage die Fage nach dem Gottesbild ist. Der Streit um die Auslegung ist letztlich ein Streit darum, wer Gott ist.
"Jesus von Nazareth" S. 64-65

Genau so ist es. Die einen glauben an ihr Grunddogma, dass ein Gott in der Geschichte nicht handeln kann und behaupten "mit der Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit", Jesus sei nur ein Mensch gewesen. Formulierungen wie "die Forschung hat das gezeigt" findet man in der Diskussion in diesem Forum an jeder Ecke, Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit. Die anderen glauben an ihr Grunddogma, dass es den persönlichen, handelnden Gott, den die Bibel von A-Z beschreibt tatsächlich gibt.
Und eine voraussetzungslose Exegese ist garnicht möglich, das sagt selbst Rudolf Bultmann. Die Bibel auslegen, also über bloße Geschichtswissenschaft hinausgehen, ohne Vorentscheidungen, oder wie Theißen es nennt: ohne axiomatische Überzeugungen, ist unmöglich. Und es gibt überhaupt keinen einzigen wissenschaftlich belegbaren Grund, der es uns verbieten könnte, die Vorentscheidung zu treffen, die Bibel in dem Glauben an den lebendigen Gott zu lesen und ihm selbst dabei zuzuhören. Kein einziges wirklich wissenschaftliches Argument spricht dagegen.

Das ist es mE, was Ratzinger hier sagt und deshalb ist closs klar zuzustimmen.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#558 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mi 11. Okt 2017, 10:31

ThomasM hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Ganz im Sinne einer Methode, die im Ansatz atheistisch ist.
Mich würde mal interessieren, wo für dich die Grenze eines nicht-atheistischen Ansatzes ist.
Dort, wo ich beginne mit dem Gott, von dem die Bibel berichtet tatsächlich zu rechnen. Kein Wissenschaftler kann diesen Gott wegerklären.

ThomasM hat geschrieben: Der methodologische Atheismus der Naturwissenschaft wurde nämlich nicht ohne Grund formuliert.
An dem will auch niemand rütteln. Aber auch der hat ja dort seine Grenze, wo es um die Grundfragen geht. Du schreibst es ja selbst:

ThomasM hat geschrieben: In der Theologie kann man so natürlich nicht vorgehen. Wenn man Gott zu einem wissenschaftlichen Gegenstand machen will, dann schießt man sich selbst ins Knie, wenn man annimmt, den Gegenstand gibt es gar nicht.
Genau. Und die Bibel spricht durchgehend von einem lebendigen, handelnden Gott. Gehe ich an die Bibelauslegung heran auf der Grundlage des Grunddogmas des modernen Weltbildes, dass ein Gott in der Geschichte gar nicht handeln kann, komme ich zwangsläufig zu Ergebnissen, die mit den Aussagen der Bibel kollidieren und die unsere Atheisten hier vehement verteidigen. Spricht dafür, dass sie antichristlich sind.

ThomasM hat geschrieben: Dennoch kann die Frage "was kann ich sagen, wenn ich von Gott Abstand nehme" eine wertvolle methodische Vorgehensweise sein, da sie glaubensunabhängig Aussagen ermöglich.
An glaubensunabhängigen Aussagen würde ich nur Geschichtswissenschaft nennen wollen. Forschung ob es die genannten Personen tatsächlich gab, die genannten Orte, die genannten Zeitpunkte usw. Und auch hier kann man nur von einer sog. "weichen Wissenschaft" sprechen. Bei der Erforschung der Vergangenheit ist man immer auch sehr stark auf Vermutungen angewiesen.

ThomasM hat geschrieben: Als Beispiel kann man Jesus als menschlichen Juden betrachten und seine Aussagen im Licht der Kultur betrachten. Dann wird man feststellen, dass manche Aussagen gar nicht so radikal sind, wie sie sich heute anhören, weil sie nämlich im damaligen kulturellen Verständnis völlig normal waren.
Wobei man mE Jesu Aussagen auch dann im Lichte der jüdischen Kultur betrachten könnte, wenn man ihn nicht allein als menschlichen Juden ansieht.
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#559 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Münek » Mi 11. Okt 2017, 11:02

Roland hat geschrieben:Genau so ist es. Die einen glauben an ihr Grunddogma, dass ein Gott in der Geschichte nicht handeln kann und behaupten "mit der Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit", Jesus sei nur ein Mensch gewesen.
Wenn Wissenschaft Wissenschaft bleiben will, dann kann und darf sie NICHT von der Existenz transzendenter übernatürlicher nicht nachweisbarer Jenseitsmächte ausgehen. So einfach ist das. Davon abgesehen, darf natürlich jedermann glauben, an wen oder was
er will.


Roland hat geschrieben:Formulierungen wie "die Forschung hat das gezeigt" findet man in der Diskussion in diesem Forum an jeder Ecke, Gebärde hoher Wissenschaftlichkeit. Die anderen glauben an ihr Grunddogma, dass es den persönlichen, handelnden Gott, den die Bibel von A-Z beschreibt tatsächlich gibt.
Natürlich steht es jedermann frei, an die Existenz des Weihnachtsmanns, Osterhasen, der Zahnfee, des rosaroten Einhorns und des Fliegenden Spaghetti-Monsters glauben, auch sprechender Tiere, eines sich für die Sünden der Menschheit blutig opfernden Gottes
und von Gottessöhnen, die mit Menschenfrauen Riesen zeugen, an zehnköpfige Riesendrachen, einen Strafort ewiger Höllenqualen
und und und ...

... und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie auch noch heute.


Roland hat geschrieben:Und es gibt überhaupt keinen einzigen wissenschaftlich belegbaren Grund, der es uns verbieten könnte, die Vorentscheidung zu treffen, die Bibel in dem Glauben an den lebendigen Gott zu lesen und ihm selbst dabei zuzuhören. Kein einziges wirklich wissenschaftliches Argument spricht dagegen.
DU darfst das selbstverständlich - seriöse Wissenschaft darf das NICHT.

Roland hat geschrieben:Das ist es mE, was Ratzinger hier sagt und deshalb ist closs klar zuzustimmen.
Ratzinger fordert die Anwendung einer "kanonische Bibelexegese" auf der unverzichtbaren Grundlage eines Glaubens, der von der Exis-
tenz Gottes und seines Heilsplanes ausgeht. Das kann eine Exegese, die sich als wissenschaftliche Diziplin begreift, nicht leisten. Da kann
er warten, bis er schwarz wird.

Auch wenns weh tut: Wissenschaft findet NICHT in Pippi Langstrumpfs Taka-Tuka-Land statt.

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#560 Re: Alles Teufelszeug? VII

Beitrag von Roland » Mi 11. Okt 2017, 12:41

Münek hat geschrieben: Natürlich steht es jedermann frei, an die Existenz des Weihnachtsmanns, Osterhasen, der Zahnfee, des rosaroten Einhorns und des Fliegenden Spaghetti-Monsters glauben…
Richtig. Oder an einen "blinden Uhrmacher", an eine Welt die sich selbst erschaffen hat, sozusagen an einen Supermünchhausen, der sich am eigenen Schopf aus dem Ursumpf gezogen hat… oder an eine Intelligenz, die alles erschaffen hat, alles erlaubt.

Münek hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und es gibt überhaupt keinen einzigen wissenschaftlich belegbaren Grund, der es uns verbieten könnte, die Vorentscheidung zu treffen, die Bibel in dem Glauben an den lebendigen Gott zu lesen und ihm selbst dabei zuzuhören. Kein einziges wirklich wissenschaftliches Argument spricht dagegen.
DU darfst das selbstverständlich - seriöse Wissenschaft darf das NICHT.
Wenn Wissenschaft sich mit der Bibel befasst, dann kann sie Daten sammeln. Sobald sie diese dann aber interpretiert (z.B. im Sinne von deiner Aussage: "an Gott glauben ist dasselbe wie an den Osterhasen glauben"), begeht sie eine Grenzüberschreitung und muss sagen: Falls es so ist, dass der Gott, von dem die Texte, die wir untersuchen durchweg berichten, so gar nicht existiert, dann….

Und das ist dann nicht mehr rein wissenschaftliche Exegese sondern weltanschauliche Exegese.
Und das ist kein Vorwurf, denn: Voraussetzungslose Bibel-Exegese kann es nicht geben.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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