Rembremerding hat geschrieben:Naqual hat geschrieben:
Den Sohn hat der, der handelt wie der Sohn. Wenn Du nicht handelst wie der Sohn, dann hast Du ihn auch nicht.
Das ist eben der fatale Fehler, der Christen oftmals verzweifeln lässt: Sie meinen handeln zu müssen, damit man den Sohn hat. Doch so wie Gottes Sohn können wir Menschen niemals handeln, wir sind nicht dafür ausgestattet. Das Ergebnis ist entweder ein Leistungschristentum, oder ein Leben, das Gott eigentlich nicht braucht und nicht mit ihm rechnet, weil man alles selbst in der Hand behalten will oder letztendlich Resignation, Verbitterung. Denn: Christsein ist unmöglich. Wer meint, es dennoch selbst bewerkstelligen zu können, betrügt sich selbst.
Deinen Einwand kann ich gut verstehen. Allerdings war der Satz von mir aus einer anderen Blickrichtung heraus geschrieben. Nämlich an einen Diskussionsteilnehmer, der die Dinge in schwarz-weiß, entweder-oder ausdrückt. Und so hatte ich dann auch geantwortet. Für Dich müsste ich den von Dir monierten Sachverhalt anders ausdrücken, wie folgt.
Sein Zusammenhang war sinngemäß: Entweder Du hast den Sohn (Gläubiger) oder Du hast ihn nicht (Ungläubiger).
Für mich stellt sich das eigentlich anders dar. Weil man die Stärke des Glaubens sehen kann an den Werken (der Nächstenliebe). Ein Glaube ohne Werke (der Liebe) ist tot. Spätestens hier sieht man wie "relativ" gut unsere Werke (einschließlich Unterlassungen) sind, oder wie relativ böse. Das betrifft nun Christen wie Nichtchristen (oder Anders- oder Nichtgläubige). Beide sind relativ gut oder böse. Nun herzugehen und zu sagen, "Ich glaube, also habe ich einen Anspruch auf den Himmel", ist verkehrt und böse. Insbesondere, wenn man es, wie der Diskussionsteilnehmer, dem ich antwortete, verbindet mit einem "man ist vollkommen" da Gott einem verziehen hat. Das ist für mich persönlich nicht Vernunft in Glaubensdingen, sondern Unvernunft.
Natürlich ist der Weg zu Gott eine "Leistung", aber nicht weil es eine Leistung wäre "irgendetwas" zu glauben, sondern weil es eine Leistung mit viel Verzicht am geliebten Egoismus ist, sich Gott zu nähern. Und die Lehre des Christus war nicht, dass man nichts tun könne. Ganz im Gegenteil. Man darf sich nur nicht einbilden, besser zu sein als andere (z.B. gegenüber Ungläubigen), weil man glaubt. Und gleichzeitig selbst dieser wackelig ist und alles andere als ein starker Glaube (wie das Handeln, Denken und Fühlen in Selbstbetrachtung schnell aufzeigen dürfte gemessen am Sohn Gottes im NT).
Wer glaubt, handelt. Der Glaube nimmt die Attribute des Gottes, an den er glaubt und versucht diese sich selbst (soweit es ihm möglich ist) anzueignen: seine Liebe, seine Gerechtigkeit, seine Wahrheit, sein aufopferungsvoller Einsatz, usw.
Doch was wäre dies für ein gemeiner Gott, der uns sagen würde: "Handle so, wie mein Sohn", also wie Gott, wenn er den Menschen nicht die nötigen Mittel dazu zur Verfügung stellen würde.
Das erinnert mich an die Szene (ich schaue jetzt nicht extra nach, ist auch nicht erforderlich), bei der Jesus die arme Frau lobt, die ihren Cent spendet und die große Spende des Reichen gar nicht weiter recht ernst zu nehmen scheint.
Wir können auch arm oder reich an Gaben Gottes sein - und ist auch jeder Mensch. Beziehen wir es auf die Nächstenliebe:
es gibt Leute, denen fällt das leicht. Sie sind herzliche Kandidaten, die schnell auf andere zugehen und von ihrem Naturell her schnell etwas für andere geben. Es gibt andere, die sind vielleicht zurückgezogen, trockene spröde Gesellen die mit dem was sie geben viel sparsamer sind. Die zweite Kategorie entspricht der armen Frau in Jesus Gleichnis (für mich). Sie mag weniger geben (und andere sie dafür verurteilen) aber sie gibt trotzdem mehr.
Wenn Gott viel gibt, bedeutet das auch viel Verantwortung. Glaube beinhaltet für mich insofern, dass man im Rahmen seiner Möglichkeiten gibt. Man leistet also etwas. Aber mit Gottes Hilfe, der einem etwas gegeben hat, sonst hätte man ja auch nichts.
Das Geheimnis ist also nur: Christus in uns, nicht: handeln wie Christus.
Das "Christus in uns" (alternative Formulierung im NT auch "wir in Christus") ist eine schöne Formulierung. Allerdings: je stärker jemand in Christus ist, desto stärker wird er auch wie Christus handeln. Wie sollte es anders gehen?
Wobei ich jetzt bei der Formulierung "Christus in uns" auch eine Vorstellung habe, die nicht unbedingt Deiner entsprechen muss:
Christus ist nicht mehr da, er ist für uns nicht erfahrbar. Deswegen hat er ja auch seinen Geist geschickt.
Christus ist aber auch eine Geisteshaltung. Und die ist mit Gottesnähe erfahrbar. Aber nicht als dogmatisches Besserwissertun (über Dinge, in denen in der Kirche, bzw. den Kirchen teils seit Jahrhunderten bis zum Blut gestritten wurde und wird), sondern eine Geisteshaltung in Bezug auf das eigene Leben zugunsten der Nächsten. Also im Idealfall eine liebende Selbstannahme (man ist zufrieden was Gott einem zugedacht hat) und verwendet sein Leben für die anderen (was zwingend beinhaltet, dass man auch an sich selbst denken muss. Aber der Fokus ist auf den Nächsten).
Skeptisch bin ich immer bei Leuten, die einen Gott missionieren auf der Schiene "Fürwahrhalten". Glaube dies und das und Gott rettet Dich. Ich habe schon genug Leute gesehen, die genau damit auf die Schnauze gefallen sind. Sehr sogar.
Aber die praktische Liebe wird gar nicht beachtet. Wozu auch, die Welt geht ja eh unter. Hauptsache Glaube.
Das ist aber die Umkehrung einer Paulusaussage. Der hat sinngemäß gesagt "Glaube, Liebe, Hoffnung....die Liebe ist die Größte der drei". Also die Liebe ist größer wie der Glaube. Paulus trennt hier ein wenig akademisch was man nicht trennen kann (machte er öfters mal zur Verdeutlichung). Aber die Aussage steht. Eigentlich ist der Glaube an den christlichen Gott in seiner Essenz der Glaube an die Liebe (insofern untrennbar verbunden). Und genau hier wird die Vernunft in Glaubensdingen auch deutlich. Weil der Glaube dann beginnt sich zum erfahrbaren Wohl der anderen zu konkretisieren.
Und nun wird's provokativ: Wenn die Liebe das Größte ist, warum sollte Gott diejenigen, die ihre Liebe leben oder bemüht ausbauen im Rahmen ihrer Möglichkeit nicht gerecht behandeln...selbst wenn sie formal keine Christen sind?
Gleichzeitig kann der rechte Glaube eine ungeheure Hilfestellung sein für die Liebe, sogar so sehr, dass es ohne ihn gefährlicher wird!