closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Du verwechselst beständig die Frage, was sich der Mensch alles als möglich vorstellen kann mit der Frage, was er aufgrund seines Erkentnisvermögens tatsächlich erkennen kann.
Ich glaube nicht, dass ich das verwechsele. -
Meine Aussage ist: Es kann Entität geben unabhängig von unserer intersubjektiven Erkenntnis-Fähigkeit.
Natürlich gibt es Entiäten
"unabhängig von unserer intersubjektiven Erkenntnis-Fähigkeit", z.B. bei Kant das
Ding an sich, welches zwar aus logischen Gründen postuliert werden muss, das wir aber nicht erkennen können, weil es jenseits unseres Erkenntnishorizontes liegt, da wir nur die
Erscheinungen der Dinge erkennen können, nicht aber das, was diese Erscheinungen in uns auslöst (
"was unsere Sinne affiziert").
closs hat geschrieben:
- Mit anderen Worten: Unsere Fähigkeit ist zwar unser Maßstab, allerdings nicht mit der Sicherheit, dass es nicht andere Maßstäbe gibt, die darüber stehen.
Wie können uns auch einen GOTT vorstellen, der die Welt unter Maßstäben betrachtet, die wir uns wiederum nicht vorstellen können (allein schon deshalb, weil dieser Gott nicht im dreidimensionalen Raum existiert). Aber was ist damit gewonnen, außer der Festsellung, dass wir uns solches vorstellen können?
Nimmt man ein solches Wesen als existierend an, ist man genau hierdurch ein Gott-Gläubiger (aber noch im abstrakten Sinne, was bedeutet, dass dieser Gott ein philosophischer Gott ohne Konfession ist). Wenn man darüber hinaus noch zusätzlich glaubt, dieser Gott sei der christliche, der sich in den christlichen Überlieferungen offenbart, ist man christlich-Gott-gläubig, wobei man also zusätzlich glauben muss, dass Gott eine Konfession hat.
closs hat geschrieben:
Konkretes theologisches Beispiel: "Meine Gedanken sind nicht Eure Gedanken". - Dies bedeutet: ...
... zunächst einmal nicht sehr viel, denn das kann auch ich von mir sagen: "Meine Gedanken sind nicht Eure Gedanken". Und das ist eine wahre, aber banale Aussage.
closs hat geschrieben:
Wenn wir über "Gott" sprechen, ist er nicht qualifizierbar über das, was wir erkennen können.
Deshalb musst du ja auch glauben ...
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben: Dennoch können wir uns nicht vorstellen, wie es sein könnte, in mehr als 4 Dimensionen zu existieren.
Streng genommen ist Zeit keine Dimension - das nur nebenbei.
Gerne. Dann können wir uns eben nicht vorstellen, in mehr als 3 Dimensionen zu existieren.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Aber wir können uns schlechterdings nicht vorstellen, wie dieser so definierte GOTT die Welt sieht.
Korrekt - aber wir können es uns dialektisch ansatzweise erschließen.
Nein. Auch die
dialektische Methode kann nicht grundsätzliche Erkenntnisgrenzen des Menschen aufheben.
Die Grenzen unserer Erkenntnismöglichkeiten, hängen einfach von der Beschaffenheit unseres menschlichen Erkenntnisapparates, zu dem auch das logische Urteilen gehört, ab. So können wir sinnlich keinen Ultraschall hören, kein ultra-violettes Licht wahrnehmen und nicht mehr als 3 Dimensionen. Und geistig-logisch können wir keine in sich schlüssige mögliche Welt konstruieren, in der der
Satz vom ausgeschlossenen Widerspruch oder der
Satz der Identität nicht gilt oder in der
7+5= 11,95 ist.
Wir können zwar versuchen, uns eine solche Welt vorzustellen, aber in dieser Welt wäre buchstäblich ALLES möglich, so dass keine wahren Aussagen über eine solche Welt getroffen werden könnten. Wenn über eine mögliche Welt aber keine wahren Aussagen getroffen werden können, dann ist sie sinnlos. Genau so, wie wir zwar begrifflich
formulieren können:
"Es gibt runde Dreiecke", aber wir vermögen uns runde Dreiecke nicht vorzustellen und sie ergäben auch keinen Sinn, weil es eine in sich widerspruchsvolle Formulierung ist.
Du willst letztlich einfach nur darauf hinaus, dass ein Gott denkbar ist, der ganz andere Maßstäbe hat als die menschlichen. Ja, das sei dir zugestanden. An einen solchen Gott kann man glauben, wenn man will. Aber man MUSS dann an ihn eben auch GLAUBEN. Seine Sichtweise können wir trotzdem nicht einnehmen.
closs hat geschrieben:
Aus meiner Sicht ist dazu ein gutes Beispiel der Begriff der "Fügung":
Nach menschlichen Maßstäben schließen sich "menschlicher Wille" und "göttliche Fügung" aus - denkerisch ist es nachvollziehbar, wie es doch vereinbar ist, wenn man Gott die (dialektisch naheliegende Eigenschaft) der Über-Zeitlichkeit zuspricht. - Trotzdem wissen wir damit immer noch nicht, was da genau passiert - aber wir können immerhin damit sicher abschätzen, dass wir es nicht verstehen KÖNNEN - und vor allem, WAS wir in etwa nicht verstehen können. - So weit reicht die heutige Philosophie nach meiner Kenntnis nicht (mehr).
Nein, soweit reicht die heutige Philosophie nicht, - und zwar aus gutem Grund!
Du
glaubst nämlich einfach daran, dass menschliche Freiheit und göttliche Fügung
aus göttlicher Sicht irgendwie zusammengehen können. Da dies
vernünftig in der Tat nicht plausibel zu machen ist, musst du eben daran
glauben, dass es irgendwie doch geht. Du kannst aber nicht verlangen, dass vernünftige Leute dir bei dieser Erklärung folgen, weil sie nämlich keine
Erklärung ist. Im Grunde sagst du nichts anderes, als dass runde Dreiecke bei Gott irgendwie doch möglich sind.
Du wirst aber damit leben müssen, dass dir Philosophen antworten, dass das einfach Blödsinn ist, denn mit dieser Glaubensannahme ist dann ALLES begründbar.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Es ist sinnlos über eine Sichtweise zu sprechen, die ich nicht einnehmen kann.
Dialektisch geht das schon.
Nein. Auch dialektisch geht das nicht, denn die Dialektik ist keine Methode, um aus Unsinn, Sinnvolles zu machen. Und will man sie hierfür benutzen, dann versteht man nicht, was Dialektik bedeutet und macht sie bloß zu einer Art Zauber-Methode, mit der sich alles begründen lassen soll.
closs hat geschrieben:
SEHR vereinfacht:
Als 3-D-Wesen können wir uns eine 5-D nicht original-getreu vorstellen - höchstens indirekt. - Wir können dann 5-D nicht einnehmen, aber verstehen, dass der Unterschied zwischen 3-D und 5-D so sein könnte wie der Unterschied zwischen 1-D und 3-D (was wir uns original-getreu vorstellen können).
Wir können auch nicht wissen, wie es ist, in einer 1-dimensionalen Welt zu leben. Das nur am Rande. Und sich abstrakt denken zu können, dass der Unterschied zwischen einer 3-dimensionalen Welt zu einer 1-dimensionalen so ist, wie der zwischen einer 3-dimensionalen zu einer 5-dimensionalen, bedeutet eben noch lange nicht, dass wir uns eine 5-diemnsionale Welt vorstellen können.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Philosophie hat nichts damit zu tun, eine göttliche Sichtweise einnehmen zu können.
Aber möglicherweise zu erschließen, dass es eine göttliche Sichtweise geben kann, die unsere menschliche Sichtweise als Maßstab pulverisiert.
Da wird gar nichts pulverisiert. Wir können nur denken, dass eine göttliche Sicht so anders sein muss, dass wir sie uns schlechterdings nicht vorstellen können.
closs hat geschrieben:Aus meiner Sicht gehört zur Vernunft genauso, dass sie ihre eigenen Grenzen erkennt und den Platz für das, was darüber hinaus geht, erkennt - siehe Kant 1797/an Garve (leider nur aus dem Gedächtnis zitiert - ich finde die Stelle nicht mehr): "Ich habe die Vernunft an ihre Grenzen getrieben, um Platz für den Glauben zu haben".
Eben! Da ist Platz für den Glauben, aber nicht für sichere Erkenntnis!
closs hat geschrieben:
Letztlich macht man dadurch das Sein zu einer abhängigen Größe menschlicher Wahrnehmungs-Kompetenz - ich kann ein solches Vorgehen nicht mit dem Begriff "Philo-Sophie" versehen. - Das hat nichts mit "Weisheit" zu tun.
Doch, genau das ist gerade philosophische Weisheit: die Grenzen der eigenen Erkenntnismöglichkeiten zu erkennen, soweit sie sich erkennen lassen.
closs hat geschrieben:Das meine ich auch nicht - zumal ein rundes Dreieck nicht nur nicht möglich ist, sondern ein Nicht-Sein ist.
Ein rundes Dreieck ist kein Nicht-Sein. Der Begriff "rundes Dreieck" ist einfach nur sinnlos.