Alles Teufelszeug? IX

closs
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#501 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Do 5. Apr 2018, 21:08

Roland hat geschrieben: Ratzinger: "Das Factum historicum ist für ihn nicht eine auswechselbare symbolische Chiffre, sondern konstitutiver Grund"
Zustimmung - und Anlass für eine Klarstellung: Wenn ich an anderer Stelle jegliche Offenbarung als "Gleichnis"/"Chiffre" für das für den Menschen unverstehbare Wesen Gottes bezeichne, steht dies nicht im Gegensatz zu Ratingers Äußerung.

Ratzinger meint damit, dass man Jesu Handeln nicht als unhistorisch verstehen dürfe - dafür gibt es Gründe, die man eigens besprechen könnte. - Meine Aussage ist, dass sogar Historie in ihrer Eigenschaft als Offenbarung eine Chiffre/ein Gleichnis ist. - Also nicht "Historie statt symbolische Chiffre", sondern "Historie als Entitäts-Chiffre". - Kein Widerspruch zu Ratzinger.

Zeus hat geschrieben:Aus welchem kühlen Grunde sollte man Bibel-Texte anders verstehen, als jeden anderen antiken Text?
Auf Sachebene soll man ihn genauso sehen, auf interpretatorischer Ebene KANN man ihn so sehen - eine rein hermeneutischer Frage. - Konkreter:

WENN es Gott als Entität gibt UND Jesus auch göttlicher Natur ist, kommt nur eine spirituelle Hermeneutik (also Imterpretations-Grundlage) in Frage. - WENN Jesus nur ein nur-menschlicher Wanderprediger ist, ist die übliche Hermeneutik das Mittel der Wahl - also "wie jeder andere antiker Text auch".

Das Problem:
Da niemand NIE wissen kann, ob letztlich Materie aus Geist oder Geist aus Materie kommt, kann auch nicht geklärt werden, ob Jesus nur eine Wanderprediger oder auch göttlich ist. - Jeder, der das NT also interpretiert, muss seine Hermeneutik/Interpretationsgrundlage in Form einer Glaubensentscheidung vorher setzen - das gilt sowohl für die HKM als auch die Theologie.

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Münek
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#502 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Do 5. Apr 2018, 23:58

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Göttlich geoffenbarte Wahrheiten können per se nicht unter dem Vorbehalt gestellt werden, dass sie WAHR sind. Für diese blasphemische Behauptung würde Dir der Papst die Ohren lang ziehen.
Falsch. - Wenn man Ratzinger sagen würde, dass seine Interpretationen nur dann richtig sind, falls es Gott gibt, würde er als disziplinierter Wissenschaftler sagen "Klar doch".
Es geht nicht um irgendwelche Interpretationen Ratzingers, sondern ausschließlich um die als absolute Glaubenswahrheiten postulier-
ten Dogmen der katholische Kirche. Als göttlich geoffenbarte Wahrheiten können diese auf keinen Fall unter einem Wahrheitsvorbehalt stehen.


Ich frage jetzt mal nach. Findet Deine obskure Vorstellung irgendeinen Anhalt, beispielsweise im "Katechismus der Katholischen Kirche"?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Genau das Gegenteil ist der Fall. Siehe beispielsweise Ratzinger und sein unbedingtes Festhalten an der Autorenschaft des Johannesevangeliums durch den Lieblingsjünger Jesu.
Falsch - er weist ausdrücklich auf Quellen des 1. Jh. hin - das heißt nicht, dass er recht hat, aber er sieht historisch-kritische Spielräume, dass sein Ansatz richtig ist.
Ja und? Was heißt das?

Deine Behauptung war schließlich, dass die Sachergebnisse der historisch-kritischen Exegese von der "Theologie" übernommen werden würden. Das stimmt bei Ratzinger doch gar nicht. Keinesfalls geht die HKM von der Verfasserschaft des Johannesevangeliums durch ei-
nen Augenzeugen, nämlich des Lieblingsjüngers Jesu aus. Die einvernehmliche Auffassung der neutestamentlichen Exegese in dieser
Frage wird von Ratzinger ignoriert.


In seinem Jesusbuch versucht sich der Dogmatiker Ratzinger als Exeget - und überschreitet damit seine Grenzen. In exegetischen Fragen fehlt ihm die erforderlich Fachkompetenz.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:An "geistigen Dingen" (Glaubensannahmen transzendenter Art) hat die historisch-kritische Exegese aus naheliegendem Grund KEIN Interesse. Da mischt sie sich nicht ein.
Doch - allein die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" (in Deinem Verständnis) ist eine geistig-interpretative Aussage.
Nein - historisch-interpretativ. Die zentrale Botschaft des historischen Jesus wird interpretiert. Da ist nix mit spirituell-transzendenter Textauslegung.

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Textinterpretation ist Hauptaufgabe der Exegese. "Geistig"-interpretativ: nein.
Das eine kann man nicht vom anderen trennen.
Selbstverständlich kann man das trennen. Die historisch-kritische Exegese macht es doch mit Bravour vor. :) Als wissenschaftliche Diziplin KEINE apriorischen GOTTESANNAHMEN, keine Sonderbehandlung der biblischen Texte, sondern die allgemein übliche Auslegung wie bei anderen antiken Texte auch.

Deine Behauptung, das Verbot "apriorischer Vorannahmen" durch die "Päpstliche Bibelkommission" beschränke sich auf historische Sachaussagen, ist Blödsinn hoch fünf. Gerade für die Ermittlung historischer Daten (z.B. wann fand der Census statt oder sind Matthäus und Lukas literarisch abhängig von Markus?) bedürfte es ganz gewiss nicht der apriorischen Annahme eines Gottes. :)

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#503 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Zeus » Fr 6. Apr 2018, 01:00

Roland hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Käsemann hatte nicht nur das "doppeltes Differenzkriterium" postuliert, sondern ein Reihe zusätzlicher Kriterien vorgeschlagen.
War ja auch nur EIN Beispiel für die Unschärfe all dieser Kriterien.

Ein irreführendes Beispiel.

In der heutigen Forschung beachten Christen die Veröffentlichungen von Juden zu Jesus viel stärker als früher. Dazu hat ein jüdisch-christlicher Dialog entscheidende Anstöße gegeben. Nicht mehr Differenz und Kontrast, sondern vollständige Zugehörigkeit Jesu zum damaligen Judentum bildet den akzeptierten Konsens und Ausgangspunkt. Jesusworte werden nicht mehr nur dann als echt anerkannt, wenn sie sich sowohl vom damaligen Judentum als auch vom Urchristentum unterscheiden, sondern wenn sie nur im Rahmen des damaligen Judentums entstanden sein und den Glauben der Urchristen bewirkt haben können. Dadurch hat sich die früher oft betonte Kluft zwischen Jesus, dem Pharisäismus und dem Urchristentum stark relativiert: Man spricht eher von einer „Jesusbewegung“ und sieht diese ebenso wie das rabbinische Judentum als eng verwandte Weiterentwicklung des antiken palästinischen Judentums, zu dem Jesus gehörte.Quelle
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#504 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Fr 6. Apr 2018, 01:02

closs hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Ratzinger: "Das Factum historicum ist für ihn nicht eine auswechselbare symbolische Chiffre, sondern konstitutiver Grund"
Zustimmung - und Anlass für eine Klarstellung: Wenn ich an anderer Stelle jegliche Offenbarung als "Gleichnis"/"Chiffre" für das für den Menschen unverstehbare Wesen Gottes bezeichne, steht dies nicht im Gegensatz zu Ratingers Äußerung.
Selbstverständlich steht Dein Gerede in völligem Gegensatz zu Ratzingers Feststellung. Mit Deinem unverständlichen Geschwurbel willst Du diesen Gegensatz nur vernebeln.

closs hat geschrieben:Ratzinger meint damit, dass man Jesu Handeln nicht als unhistorisch verstehen dürfe .
Unsinn - wer macht sowas?

Nee nee - gerade DAS meint Ratzinger NICHT. Für ihn ist die Historizität der Ereignisse "konstitutiver Grund". Verstehst Du wirklich nicht, was er mit dem Ausdruck "konstitutiver Grund" gemeint hat?


closs hat geschrieben:dafür gibt es Gründe, die man eigens besprechen könnte. - Meine Aussage ist, dass sogar Historie in ihrer Eigenschaft als Offenbarung eine Chiffre/ein Gleichnis ist.
Ich würde Historie eher als "TATSÄCHLICHE Geschehnisse der Vergangenheit" und NICHT als ominöse Chiffren/Gleichnisse/Offenbarungen ansehen. Diese Denkweise ist offensichtlich Deinem persönlichen Glaubenskonstrukt geschuldet.

closs hat geschrieben:Also nicht "Historie statt symbolische Chiffre", sondern "Historie als Entitäts-Chiffre". - Kein Widerspruch zu Ratzinger.
Ein klarer Widerspruch zu Ratzinger.

Ja ja - es schwurbelt die Closs`sche Mühle am rauschenden Bach... :lol:

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#505 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Fr 6. Apr 2018, 01:43

closs hat geschrieben:Da niemand NIE wissen kann, ob letztlich Materie aus Geist oder Geist aus Materie kommt, kann auch nicht geklärt werden, ob Jesus nur eine Wanderprediger oder auch göttlich ist.
Was ziehst Du da für absurde Verbindungslinien? Das eine hat mit dem anderen ABSOLUT NICHTS , aber auch gar nichts zu tun.

Was hätte eine geistige Super-, Superintelligenz, die das unendliche Universum vor 14 Milliarden Jahren per Urknall geschaffen
hätte, mit dem vor 2000 Jahren in Palästina predigenden Trockennasenaffen Jesus von Nazareth zu tun?


Kannst Du mir das mal erklären? :)

closs hat geschrieben:Jeder, der das NT also interpretiert, muss seine Hermeneutik/Interpretationsgrundlage in Form einer Glaubensentscheidung vorher setzen - das gilt sowohl für die HKM als auch die Theologie.
Genau das Gegenteil ist richtig.

Die historisch-kritische Exegese trifft ja ganz bewusst KEINE Glaubensentscheidung "pro" oder "contra", weil diese Frage aus wissenschaftlicher Sicht weder entscheidbar noch überprüfbar ist. Mit dieser Frage können/sollen sich fanatische Atheisten
und Gläubige rumschlagen. Die exegetische Karawane zieht weiter...

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#506 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Münek » Fr 6. Apr 2018, 04:21

closs hat geschrieben:Wie könnte es auch anders sein? Wie könnte die historisch-kritische Exegese etwas spirituell verstehen, wenn sie zur Grundlage macht, die Bibel-Texte genauso zu verstehen wie jeden anderen antiken Text auch?
Der spirituelle Glaube der Bibelautoren ist für Exegeten in voller Empathie locker nachvollziehbar. Sie müssen trotz aller Empathie diesen Glauben ja nicht teilen.

closs hat geschrieben:Wie könnte die historisch-kritische Exegese einen spirituellen Text der Bibel verstehen, wenn sie gleichzeitig (nach Bultmann) einen naturalistischen Wirkungszusammenhang der Geschichte voraus-setzt?
Der Glaube der Evangelisten ist sehr leicht verständlich. Nur muss man diesem Glauben nicht folgen.

closs hat geschrieben:Also keine Wunder wie etwa die leibliche Auferstehung Jesu als historisch "echt" verstehen kann?
Zur Totenauferweckung vermag wissenschaftlich betriebene Exegese nichts zu sagen. Das ist lediglich eine Sache des Glaubens.

closs hat geschrieben:Jesus KANN eine Naherwartung (im irdischen Sinne) gehabt haben - wenn er nur Mensch war. - Aber er kann genauso gut eine ganz andere Art der Naherwartung gehabt haben - wenn er göttlich war.
Nach seiner als authentisch angesehenen Botschaft kann Jesus auf keinen Fall eine andere "Art der Naherwartung" gehabt haben. Er hat sich weder selbst als Gottesreich noch ein geistiges Gottesreich in den Köpfen der Zuhörer und erst recht nicht die Kirche als Gottesreich verkündigt.

Er meinte tatsächlich den Anbruch der Gottesherrschaft auf Erden und das Ende der herrschenden Gewalten und das Endgericht.


closs hat geschrieben:Die historisch-kritische Exegese ist unverzichtbare Grundlage des Bibelverständnisses - aber damit hört es doch nicht auch - die Hauptsache kommt doch erst.
Die Hauptsache spielt sich in den Köpfen der Menschen ab, inwieweit sie den Interpretationen der historisch-kritischen Exegese folgen wollen. Wenn sie nicht wollen, dann wollen sie halt nicht. Den Allerwenigsten sind die Ergebnisse der Bibelwissenschaft bekannt.

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#507 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von closs » Fr 6. Apr 2018, 09:30

Münek hat geschrieben: Als göttlich geoffenbarte Wahrheiten können diese auf keinen Fall unter einem Wahrheitsvorbehalt stehen.
NACHDEM man Gott als Entität glaubt, natürlich nicht - aber man weiß, dass man nicht beweisen kann, dass es Gott gibt, ergo: Glaubensvorbehalt.

Münek hat geschrieben:Findet Deine obskure Vorstellung irgendeinen Anhalt, beispielsweise im "Katechismus der Katholischen Kirche"?
Diese Vorstellung ist Grundlage von allem, was folgt - im KKK ist einer dieser Folgen. -Du verwechselst "vorher" mit "nachher", "Setzung" mit "Ausarbeitung".

Münek hat geschrieben:Deine Behauptung war schließlich, dass die Sachergebnisse der historisch-kritischen Exegese von der "Theologie" übernommen werden würden.
Moment: Das heißt doch nicht, dass man über jeden Stock springt - schließlich ändert sich die HKM auch ständig. - Prinzipiell sind die Sachergebnisse die Basis jeder weiteren Ausdeutung - das ist die Ausdeutung.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
An "geistigen Dingen" (Glaubensannahmen transzendenter Art) hat die historisch-kritische Exegese aus naheliegendem Grund KEIN Interesse. Da mischt sie sich nicht ein.

Doch - allein die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung" (in Deinem Verständnis) ist eine geistig-interpretative Aussage.


Nein - historisch-interpretativ.
Vorsicht: Historisch-methodisch-interpretativ: "Wie interpretieren wir im Rahmen unserer Methodik?". - Ja - genau das meine ich mit "interpretativ".

Münek hat geschrieben: Da ist nix mit spirituell-transzendenter Textauslegung.
Moment: Aber die Fragestellung selbst ist spiritueller Natur. - ODER: Alles, was methodik-gemäß ist, ist sachlicher Natur- das wäre die Alternative. - Aber dann haben wir wieder widersprüchliche "Sachergebnisse", die alle "wissenschaftlich" sind.

Münek hat geschrieben: Deine Behauptung, das Verbot "apriorischer Vorannahmen" durch die "Päpstliche Bibelkommission" beschränke sich auf historische Sachaussagen, ist Blödsinn hoch fünf. Gerade für die Ermittlung historischer Daten (z.B. wann fand der Census statt oder sind Matthäus und Lukas literarisch abhängig von Markus?) bedürfte es ganz gewiss nicht der apriorischen Annahme eines Gottes.
:?: - Eben - gerade weil neutrale Sachaussagen unabhängig von "Gott ja oder nein" ist, sind sie apriorifrei - es steckt weder ein theistisches noch ein materialistisches Welt :?: bild dahinter.

Münek hat geschrieben: Als wissenschaftliche Diziplin KEINE apriorischen GOTTESANNAHMEN, keine Sonderbehandlung der biblischen Texte, sondern die allgemein übliche Auslegung wie bei anderen antiken Texte auch.
Nicht als "wissenschaftliche" Disziplin, sondern als historisch-methodische Disziplin - "Wissenschaft" ist auch anderes als "historisch-methodisch".

Oder: Man trennt Exegese in einen wissenschaftlichen Sachteil und einen hermeneutisch-interpretativen zweiten Teil - dann wäre die HKM geteilt in "wissenschaftlich" und "nicht-wissenschaftlich". - Das ist nicht MEINE Idee, sondern Eure.

Münek hat geschrieben:Selbstverständlich steht Dein Gerede in völligem Gegensatz zu Ratzingers Feststellung.
Nein - das habe ich mehrfach abgeklärt.

Münek hat geschrieben:Nee nee - gerade DAS meint Ratzinger NICHT. Für ihn ist die Historizität der Ereignisse "konstitutiver Grund".
:?: Was ist hier der Unterschied? - :?: "Auferstehung" ist historisch-ontisch, dito Wunder, etc. - so ist das gemeint.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:
dafür gibt es Gründe, die man eigens besprechen könnte. - Meine Aussage ist, dass sogar Historie in ihrer Eigenschaft als Offenbarung eine Chiffre/ein Gleichnis ist.


Ich würde Historie eher als "TATSÄCHLICHE Geschehnisse der Vergangenheit" und NICHT als ominöse Chiffren/Gleichnisse/Offenbarungen ansehen.
:?: Selbstverstädnlich ist "Historie ... "TATSÄCHLICHE Geschehnisse der Vergangenheit", was denn sonst? - "Chiffre" ist doch nur die Funktion - Historie steht FÜR etwas.

Münek hat geschrieben: es schwurbelt die Closs`sche Mühle am rauschenden Bach...
Ernsthaft - Du hast das nicht verstanden. - Prompt kommt die klassische Reaktion. :lol:

Münek hat geschrieben:Der spirituelle Glaube der Bibelautoren ist für Exegeten in voller Empathie locker nachvollziehbar.
Das bezweifelt doch keiner - aber das geschieht doch von außen - man kann damit doch nicht beurteilen, was da wirklich abgeht. - Altes Thema: Kamasutra in- und auswendig kennen, aber noch nie eine Frau gehabt haben.

Umgekehrt: Ein spirituell ausgerichteter Gläubige, der gleichzeitig HKM betreibt, weiß das zu unterscheiden - was dazu führen kann, dass er spirituell zu anderen Ergebnisse kommt als methodisch.

Münek hat geschrieben:Der Glaube der Evangelisten ist sehr leicht verständlich. Nur muss man diesem Glauben nicht folgen.
Richtig - man kann Kamasutra bestens beschreiben und selber asexuell sein.

Münek hat geschrieben:Nach seiner als authentisch angesehenen Botschaft kann Jesus auf keinen Fall eine andere "Art der Naherwartung" gehabt haben.
Das ist allerhöchstens historisch-methodisch so - "wirklich" kann es ganz anders sein, weshalb die Theologie unterm Strich ein anderes diesbezügliches Wirklichkeits-Verständnis hat als es die historisch-methodische Schiene interpretiert.

Münek hat geschrieben:Die Hauptsache spielt sich in den Köpfen der Menschen ab, inwieweit sie den Interpretationen der historisch-kritischen Exegese folgen wollen. Wenn sie nicht wollen, dann wollen sie halt nicht. Den Allerwenigsten sind die Ergebnisse der Bibelwissenschaft bekannt.
Den Theologen ob in Dogmatik oder Kerygmatik sind sie bekannt.

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#508 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Roland » Fr 6. Apr 2018, 13:22

Zeus hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben: Käsemann hatte nicht nur das "doppeltes Differenzkriterium" postuliert, sondern ein Reihe zusätzlicher Kriterien vorgeschlagen.
War ja auch nur EIN Beispiel für die Unschärfe all dieser Kriterien.

Ein irreführendes Beispiel.

In der heutigen Forschung beachten Christen die Veröffentlichungen von Juden zu Jesus viel stärker als früher. Dazu hat ein jüdisch-christlicher Dialog entscheidende Anstöße gegeben. Nicht mehr Differenz und Kontrast, sondern vollständige Zugehörigkeit Jesu zum damaligen Judentum bildet den akzeptierten Konsens und Ausgangspunkt. Jesusworte werden nicht mehr nur dann als echt anerkannt, wenn sie sich sowohl vom damaligen Judentum als auch vom Urchristentum unterscheiden, sondern wenn sie nur im Rahmen des damaligen Judentums entstanden sein und den Glauben der Urchristen bewirkt haben können. Dadurch hat sich die früher oft betonte Kluft zwischen Jesus, dem Pharisäismus und dem Urchristentum stark relativiert: Man spricht eher von einer „Jesusbewegung“ und sieht diese ebenso wie das rabbinische Judentum als eng verwandte Weiterentwicklung des antiken palästinischen Judentums, zu dem Jesus gehörte.Quelle

Nachdem ich als ein Beispiel für die Unschärfe von Kriterien für die Echtheit von Jesusworten, Käsemanns doppeltes Differenzkriterium gebracht hatte, war ich ja genau auf diese "Dritte Phase" in der historischen Jesusforschung eingegangen.

Wer also entscheidet das nun, welche Jesusworte NICHT "im Rahmen des Judentums von vor 2000 Jahren entstanden sein können"? Ist DAS ein hartes, wissenschaftliches Kriterium? Woher weiß man denn wirklich, 20 Jahrhunderte später, so genau, was "im damaligen Judentum" gesagt werden konnte und was nicht?
Und ist dieses Kriterium nicht selbst nur wieder eine subjektive Vorannahme? Nämlich die Vorannahme, dass Jesus NICHT als Sohn Gottes zu betrachten ist, sondern einzig als zugehörig zum Judentum der damaligen Zeit? Und dass er folglich nur gesagt haben kann, was nach Meinung der Forscher in den Rahmen dieses damaligen Judentums passt, wie immer man das so genau ermittelt?

Nein, ich wiederhole mich: Es gibt keine vernünftigen Kriterien und Echtheits- wie Unechtheitsvoten sind beeinflusst von subjektiven Glaubensentscheidungen und Vorannahmen der jeweiligen Exegeten. Die Frage welche Jesusworte echt sind und welche nicht, hängt allein von Glaubensentscheidungen ab. Und wenn ich glaube, dass Jesus der ist, für den er sich ausgegeben hat, dann gibt es eigentlich kein Problem damit, auch an die Echtheit aller seiner Worte in den Evangelien zu glauben. Denn die Entstehung der Evangelien hängt nach christlichem Glauben auch mit Pfingsten zusammen:
"Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten." (Joh. 16,13)
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#509 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von Zeus » Sa 7. Apr 2018, 01:04

Roland hat geschrieben:Nein, ich wiederhole mich: Es gibt keine vernünftigen Kriterien [für die Echtheit bzw. Unechtheit von Jesus-Worten]
Das ist eine kühne Behauptung.
Somit wäre laut dem großen Theologen und HKM-Spezialisten Roland die ganze auf der historisch-kritischen Methode basierende Bibel-Exegese für die Katz.
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(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#510 Re: Alles Teufelszeug? IX

Beitrag von sven23 » Sa 7. Apr 2018, 07:06

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kommt drauf an, wie man "Wirklichkeit" definiert. Wie wir inzwischen gesehen haben, basteln sich Glaubensideologen ihre eigene Wirklichkeit zusammen.
Geht doch gar nicht. - Wirklichkeit ist das, was der Fall ist - ob wir sie methodisch oder hermeneutisch treffen oder nicht.
Das geht schon, wie man an Glaubensideologen sieht. Selbst Paulus bastelt sich seine eigene Wirklichkeit zusammen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sorry, aber es hat sich nun mal etabliert, dass man sich historisches Geschehen mit wissenschaftlicher Methodik nähert
Das sowieso - ich würde sogar noch weitergehen und von historisch-methodischer Herangehensweise sprechen, weshalb die Sachergebnisse der HKM in der Theologie so hoch geschätzt werden. - Aber bei Interpretation von geistigen Dingen in der Geschichte wird die Luft für solche Herangehensweisen schnell dünn.
Nö, die Naherwartung ist ein knallhartes Sachergebnis, für das keinerlei Glaubensideologie benötigt wird. Im Gegenteil, gerade die Abwesenheit von Glaubensideologie klärt den Blick.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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