Stammt die Moral von Gott?

closs
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#51 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von closs » Mi 8. Feb 2017, 14:59

Pluto hat geschrieben:Weil es dann die Subjektivität Gottes wäre.
Das Wort "Gott" macht nur dann Sinn, wenn in ihm SUbjektivität und Objektivität identisch sind.

Novas
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#52 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von Novas » Mi 8. Feb 2017, 15:25

Janina hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Der Seltsamkeit wird dann die Krone aufgesetzt, in dem man sich das Ganze gottlos erklären möchte.
Das ist nicht "seltsam", sondern Grundprinzip von Wissenschaft.

Im naturwissenschaftlichen Unterricht lernte ich auch das Staunen vor der menschlichen Existenz und der seltsamen Tatsache, dass es eine Evolution und Naturgesetze gibt, die Leben ermöglichen. Gerade die Naturwissenschaft hat mich zu einem spirituellen Menschen gemacht. Menschen tun nur häufig so, als wäre das alles vollkommen selbstverständlich, wie das Heinrich Heine mal ironisch in einem Gedicht sagte, in dem er einer jungen Frau, die gerührt und seufzend die untergehende Sonne betrachtet, entgegen ruft:

„Sein Sie munter, das ist ein altes Stück: hier vorne geht sie unter und kehret von hinten zurück.“

Klar, so nüchtern kann man das sehen. Doch ich erfreue mich lieber an der Seltsamkeit, dass es eine Sonne gibt, einen riesigen 15 Millionen Grad heißen Gasriesen, von dem unser Leben auf Erden vollkommen abhängig ist. Wenn etwas seltsam ist, dann doch das :shock: Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich bevorzuge die Verwunderung. Da kann der heilige Franziskus (Friede sei mit Ihm) als Beispiel dienen, der Ausdrücke wie „Bruder Sonne“ oder „Schwester Mond“ gebrauchte, um seine Liebe zur Schöpfung Ausdruck zu verleihen. In seinem Cantico delle Creature (Loblied der Geschöpfe), welches bei uns im deutschen Sprachraum als „Sonnengesang“ bekannt ist, hat er gerade die Schönheit der Natur als Anlass genommen, um Gott als den Schöpfer zu verehren, den Allgegenwärtigen und Allumfassenden, der sich in seiner ganzen Schöpfung spiegelt.


Die Welt ist Gottes so voll.
Aus allen Poren der Dinge quillt er gleichsam uns entgegen.
Wir aber sind oft blind. Wir bleiben in den schönen und in den
bösen Stunden hängen und erleben sie nicht durch
bis an den Brunnengrund, an dem sie aus Gott herausströmen.
Das gilt für alles Schöne und auch für das Elend. In allem
will Gott Begegnung feiern und fragt und will die anbetende,
hingebende Antwort.
Dann wird das Leben frei in der Freiheit, die wir oft gesucht haben.

Alfred Friedrich Delp SJ (* 15. September 1907 in Mannheim; † 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee) war ein deutscher Jesuit und Mitglied des Kreisauer Kreises im Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Wenn Gott als der Lebendige und Unendliche überall als anwesend zu denken ist, in jeder Zeit und an jedem Ort, insbesondere in der menschlichen Seele, die nach dem Guten und Wahren fragt, dann kann uns selbstverständlich auch die Naturwissenschaft dabei helfen dieses Sehvermögen zu entwickeln. Sie kann unsren Sinn und Geschmack erziehen ohne den es auch keinen wahrhaftigen Glauben geben kann.

Pluto
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#53 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von Pluto » Mi 8. Feb 2017, 17:33

Novalis hat geschrieben:
„Sein Sie munter, das ist ein altes Stück: hier vorne geht sie unter und kehret von hinten zurück.“

Klar, so nüchtern kann man das sehen. Doch ich erfreue mich lieber an der Seltsamkeit, dass es eine Sonne gibt, einen riesigen 15 Millionen Grad heißen Gasriesen, von dem unser Leben auf Erden vollkommen abhängig ist.
Wieso ist das seltsam?
Wenn man darüber nachdenkt, muss es sogar so sein.
Nur dort wo ein thermodynamisches Ungleichgewicht herrscht, kann es Leben geben. Leben existiert nur, wenn es Energie aufnehmen kann, um sich zu erhalten. Ein solches Ungleichgewicht herrscht im Universum nur in der Nähe von Sternen, die groß genug sind um zu brennen, und nicht zu groß, um zu schnell ihre Energie zu verpuffen. Wir leben nun mal in genau dem richtigen Abstand von einem solchen Stern, sodass es genug fließendes Wasser gibt, was weder erstarrt noch sich verflüchtigt.
Ist doch schön, oder?

Novalis hat geschrieben:Wenn etwas seltsam ist, dann doch das :shock: Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich bevorzuge die Verwunderung.
Ich auch.
Ich wundere mich über die kleinen Wunder der Natur, ebenso wie über die Großen (wie die Tatsache, dass unsere Nähe zur Sonne das Leben möglich macht). Unter kleinem Wunder verstehe ich z.B. die Tatsache, dass, wenn ich mich schneide, die Wunde innert Tagen wieder verheilt, bis hin zur Erschaffung derselben Fingerabdrücke. Es sind schon erstaunliche Prozesse bei der Heilung am Werk.
Worüber ich aber nicht staune, dass sind die mystischen Legenden alter Völker. Gott-ähnliche Wesen wie Teufel und Engel sind mir zuwider. Sie sind Manifestationen einer durchgebrannten menschlichen Phantasie — Esoterik pur.

Novalis hat geschrieben:Da kann der heilige Franziskus (Friede sei mit Ihm) als Beispiel dienen, der Ausdrücke wie „Bruder Sonne“ oder „Schwester Mond“ gebrauchte, um seine Liebe zur Schöpfung Ausdruck zu verleihen. In seinem Cantico delle Creature (Loblied der Geschöpfe), welches bei uns im deutschen Sprachraum als „Sonnengesang“ bekannt ist, hat er gerade die Schönheit der Natur als Anlass genommen, um Gott als den Schöpfer zu verehren, den Allgegenwärtigen und Allumfassenden, der sich in seiner ganzen Schöpfung spiegelt.
Das ist das alte mystische Denken, was ich meine.
Nicht das ich etwas gegen Franziskus oder Märchen-Erzähler habe. Im Gegenteil, ich bewundere ihren Phantasiereichtum. Vielleicht bin ich zu bodenständig, um ihnen auf ihrer Reise durch die Welt der Träume zu folgen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

JackSparrow
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#54 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von JackSparrow » Mi 8. Feb 2017, 22:23

closs hat geschrieben:Das Wort "Gott" macht nur dann Sinn, wenn in ihm SUbjektivität und Objektivität identisch sind.
Wieso das denn. Den Homo sapiens gibt es seit mindestens 200 000 und den Monotheismus seit frühestens 2600 Jahren (Vereinigung von Nord- und Südisrael). Den größten Teil der Menscheitsgeschichte hatten die Menschen weltweit einen ganzen Zoo an Göttern...

Pluto
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#55 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von Pluto » Mi 8. Feb 2017, 22:50

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Weil es dann die Subjektivität Gottes wäre.
Das Wort "Gott" macht nur dann Sinn, wenn in ihm SUbjektivität und Objektivität identisch sind.
Das sind semantische Wortspielereien die ich nicht verstehe.
Wieso kann Gott nicht subjektiv sein?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#56 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von Helmuth » Mi 8. Feb 2017, 22:50

Pluto hat geschrieben: Aber die Verantwortung für deine Missetaten kann dir Keiner nehmen, nicht einmal wenn einer für dich am Kreuz gestorben ist:
Ja das ist leider das Los der Ungläubgen, dass ihnen damit der ewige Tod auch nicht vorenthalten wird. Dabei hätte sie es einfacher haben können.

Pluto hat geschrieben: Du trägst weiterhin die Verantwortung für das was du getan hast.
Ich stimme zu, nur hat das eine mit dem anderen nicht unbedingt was zu tun. Es ist der Unterschied wie zwischen Schuld und Sühne. Die Schuld kann dir abgenommen werden, die Sühne nicht. Bezahlen muss wer. Entweder nimmst du Jesu Entsühnung an deiner statt an oder du musst letztendlich selber bezahlen.

Wie aber gingest du mit Mord um? Da wäre die einzige Verantwortung die, dass man dich dafür tötet, was ja im AT auch klar vorgesehen war. Denn es gibt keinen Gegenwert für das Leben als das Leben. Du kannst noch soviel Geld haben oder gute Werke ersatzweise vollbringen, es würde nicht reichen, denn du hast Leben ausgelöscht. Das wäre unwiederbringlich.

Nun haben wir aber die Hoffnung auf die Auferstehung. Jesus hat den Preis bezahlt, also erlangen wir wieder das Leben.
Der Herr steht zu mir, deshalb fürchte ich mich nicht. Was kann ein Mensch mir anhaben?
Ps 118:6

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#57 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von Tyrion » Mi 8. Feb 2017, 23:42

Helmuth hat geschrieben:Ja das ist leider das Los der Ungläubgen, dass ihnen damit der ewige Tod auch nicht vorenthalten wird. Dabei hätte sie es einfacher haben können.

Ich bin damit sehr zufrieden. Ewiges Leben stelle ich mir grauenhaft vor.

Wie aber gingest du mit Mord um? Da wäre die einzige Verantwortung die, dass man dich dafür tötet, was ja im AT auch klar vorgesehen war. Denn es gibt keinen Gegenwert für das Leben als das Leben. Du kannst noch soviel Geld haben oder gute Werke ersatzweise vollbringen, es würde nicht reichen, denn du hast Leben ausgelöscht. Das wäre unwiederbringlich.

Gerade deshalb ist es barbarisch, wenn man als Strafe tötet. Zudem kommen auch Fehlurteile vor - dann würde ein Unschuldiger getötet werden, was unwiderruflich ist. Und wozu überhaupt töten? Was bringt es, Rache zu üben, denn Taten so zu vergelten, ist reine Rache. Zivilisierte Länder wollen durch Urteile rehabilitieren. Die Verantwortung für die Tat bleibt, aber die Strafe soll erziehen, nicht sühnen.


Nun haben wir aber die Hoffnung auf die Auferstehung.

Ja, die Hoffnung darauf - da gebe ich dir sogar recht. Es ist keine Gewissheit, es ist eine Hoffnung.

Jesus hat den Preis bezahlt, also erlangen wir wieder das Leben.

Diesem Schluss kann ich nicht folgen, denn ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem bestialischen Töten des Menschen Jesus und dem Erlangen eines ewigen Lebens. Wenn du das glaubst (was offensichtlichist), dann ist das dein absolutes Recht und völlig o.k. Mich verstört nur deine Gewissheit, was die Zukunft aller anderen betrifft. Schließlich kannst du dich irren.

closs
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#58 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von closs » Do 9. Feb 2017, 00:00

JackSparrow hat geschrieben:Den Homo sapiens gibt es seit mindestens 200 000 und den Monotheismus seit frühestens 2600 Jahren (Vereinigung von Nord- und Südisrael).
Meinst Du ernsthaft, dass es "Gott" erst gibt, seitdem der Mensch sich um ihn kümmert?

Pluto hat geschrieben:Wieso kann Gott nicht subjektiv sein?
Da er "ICH" ist, kann er natürlich subjektiv sein. - Meine Aussage ist, dass seine Subjektivität identisch ist mit der Objektivität - zumindest ergibt sich das, wenn man "Gott" monothistisch und allumfassend versteht (ansonsten sind als "Gott" Bezeichnete "Gottnichtse", wie es Buber übersetzt).

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#59 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von JackSparrow » Do 9. Feb 2017, 11:21

closs hat geschrieben:Meinst Du ernsthaft, dass es "Gott" erst gibt, seitdem der Mensch sich um ihn kümmert?
Ich meine ernsthaft, dass sich Menschen erst seit 2600 Jahren um ihn kümmern, und sehe dies als (einen) Beleg dafür an, dass es ihn nicht gibt.

(ansonsten sind als "Gott" Bezeichnete "Gottnichtse", wie es Buber übersetzt)
Das hätte er wohl gern. Die Bibel sagt explizit, dass diese Götter handeln können und dass Jahwe an ihnen das Strafgericht vollziehen will.

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#60 Re: Stammt die Moral von Gott?

Beitrag von closs » Do 9. Feb 2017, 14:52

JackSparrow hat geschrieben:Die Bibel sagt explizit, dass diese Götter handeln können und dass Jahwe an ihnen das Strafgericht vollziehen will.
Dazu gibt es zwei mögliche Antworten:
1) Antik: Die "Götter" werden als untergeordnete Geistwesen verstanden.
2) Modern: "Götter" sind eine Chiffre für Repräsentanten des falschen Wegs.

JackSparrow hat geschrieben:Ich meine ernsthaft, dass sich Menschen erst seit 2600 Jahren um ihn kümmern, und sehe dies als (einen) Beleg dafür an, dass es ihn nicht gibt.
ERsteres ist mit Einschränkungen richtig - letzteres ist eine willkürliche Schlussfolgerung.

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