Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#51 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 13:14

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Natürlich meint man mit dem historischen Jesus den "wirklichen" Jesus
Genau das sage ich doch. - Aber dieser historisch Jesus ist nicht an den historisch-kritischen Ansatz gebunden.
Äh, eigentlich schon, denn die Methode ist ja gerade das Werkzeug, um sich der "historischen Wahrheit" zu nähern.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn überhaupt, geht das nur historisch-kritisch.
Wie soll der historisch-kritische Ansatz etwas beurteilen, was er methodisch ablehnt (= geistige alias geglaubte Wesenheit Jesu)? - Natürlich kann die HKM zur Lösung dieser Frage beitragen - aber beurteilen?

In der theologischen Praxis läuft es doch so, dass die geistig ausgerichteten Theologen sich der HKM-Sachaussagen bedienen, um auf dieser Basis zu prüfen, inwieweit geistiger/geglaubter und historisch-kritischen Jesus übereinstimmen. - Bei geistig ausgerichteten HKM-lern geht es auch umgekehrt - aber wie soll das ein säkular ausgerichteter HKM-ler können?
In der Praxis läuft es eben so, dass die Unterschiede zwischen historischem und geglaubtem Jesus anhand der Entwicklung des Glaubenskonstrukts herausgearbeitet werden. Da liegt inzwischen sehr fundiertes Material vor.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesus vertrat einen jüdischen Partikularismus. Der "Nächste" war in erster Linie der jüdische Glaubensbruder.
Aber "Liebe Deinen Nächsten" ist doch ein universeller Satz. - Du musst das doch nicht mit der Entwicklung der Mission vermischen.
Der "Nächste" war der jüdische Glaubensbruder. Die Nächtenliebe ist kein neue Erfindung durch Jesus, sondern jüdische Überlieferung. Der Unversalismus setze dann mit Paulus ein, als er einsehen mußte, dass innerhalb des Judentums nicht viel für die neue Sekte zu holen war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eigentlich schon.
"Ich toleriere, dass Du tötest, stiehlst, lügst" ---???---
Frei nach Karl Valentin: Toleranz ist gut, außer bei Intoleranten. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Pluto
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#52 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Pluto » Mo 19. Dez 2016, 13:35

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Weiter bringt uns nur eine wissenschaftlich historische Analyse die setzungsfrei ist.
Die Setzungslosigkeit der HKM ist der große Irrtum.
Wenn die HKM nicht setzt, dass es Gott gibt, sondern diese Frage offen lässt, wieso ist das ein Irrtum?

closs hat geschrieben:Unabhängig davon: Hermeneutisch (wie übrigens auch in der Quantenphysik - siehe Lesch) MUSS man eine Ansatz verfolgen, um überhaupt Fragen stellen zu können - nenne es "hypothetisch" im Sinne von: Was wäre, wenn folgende Annahme richtig wäre?
In der Hermeneutik mag ja eine Setzung notwendig sein. Die HKM ist aber eine Wissenschaft, und die braucht nur zu setzen, dass etwas untersuchbar ist.

Nebenbei... Wo hat Harald Lesch gesagt, dass man in der QP etwas setzen muss?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#53 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 19. Dez 2016, 13:56

sven23 hat geschrieben:Äh, eigentlich schon, denn die Methode ist ja gerade das Werkzeug, um sich der "historischen Wahrheit" zu nähern.
Das sie dafür gemacht ist, bestreitet doch keiner - und in den Fällen, in denen sie auf reiner Sachebene erfolgreich ist, funktioniert das ja auch.

sven23 hat geschrieben:In der Praxis läuft es eben so, dass die Unterschiede zwischen historischem und geglaubtem Jesus anhand der Entwicklung des Glaubenskonstrukts herausgearbeitet werden.
ERsetze "historisch" durch "historisch-kritisch" und wir sind uns einig.

sven23 hat geschrieben:Die Nächtenliebe ist kein neue Erfindung durch Jesus, sondern jüdische Überlieferung. Der Unversalismus setze dann mit Paulus ein
Das widerspricht sich alles nicht.

sven23 hat geschrieben:Frei nach Karl Valentin: Toleranz ist gut, außer bei Intoleranten.
Also gibt es doch Grenzen bei der Toeleranz?

Pluto hat geschrieben:Wenn die HKM nicht setzt, dass es Gott gibt, sondern diese Frage offen lässt, wieso ist das ein Irrtum?
DAS ist kein Irrtum. - Der Irrtum besteht darin, dass Realität per HKM nicht erforschbar ist, falls es Gott gibt.

Pluto hat geschrieben:Die HKM ist aber eine Wissenschaft, und die braucht nur zu setzen, dass etwas untersuchbar ist.
Genau das ist der Punkt: Sie muss setzen, dass etwas nach ihrer Methodik untersuchbar sein muss. - Kann also das NICHT untersuchen, was NICHT nach ihrer Methodik untersuchbar sein muss.

Mit anderen Worten: Die HKM kann nur das untersuchen, was in ihr methodisch möglich ist, und anderes nicht. - Genau das ist der Punkt.

Pluto hat geschrieben:Nebenbei... Wo hat Harald Lesch gesagt, dass man in der QP etwas setzen muss?
Neulich im Fernsehen. - Er hat sinngemäß gesagt, dass die QM derart komplex ist, dass man nur noch nach dem suchen kann, von dem man annimmt, das es sein könnte. - Das ist ein astreiner hermeneutischer Ansatz - und das ist meinerseits KEINE Kritik, weil es nicht anders geht, wenn man über rein mechanistische Fragen hinausgeht.

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Halman
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#54 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Halman » Mo 19. Dez 2016, 14:34

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Entscheidend ist oder wäre, dass der geglaubte Jesus substantiell mit dem historisch-wirklichen Jesus übereinstimmt. - Genau das aber kann die HKM nicht beurteilen, weil sie theologisch-geistige Parameter methodisch nicht beachten kann.
Die kanonische Exegese kann das nicht beurteilen, weil sie theologisch setzt, dass Jesus Gott ist.
Nur wer ohne Setzung auskommt, kann Schlüsse ziehen.
Weiter bringt uns nur eine wissenschaftlich historische Analyse die setzungsfrei ist.
Darf ich Dich darum bitten, Deine kühne Behauptung, die kanonische Exegese würde setzen, dass Jesus Gott sei, auch mit einer Quelle zu belegen?

Mein Eindruck ist, dass hier etwas als "kanonische Exegese" diskutiert wird, was wenig mit der realen kanonischen Exegese zu tun hat.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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sven23
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#55 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 16:21

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Äh, eigentlich schon, denn die Methode ist ja gerade das Werkzeug, um sich der "historischen Wahrheit" zu nähern.
Das sie dafür gemacht ist, bestreitet doch keiner - und in den Fällen, in denen sie auf reiner Sachebene erfolgreich ist, funktioniert das ja auch.
Die Beschreibung eines Glaubenskonstrukts ist eine reine Sachebene. Im Unterschied dazu erheben die Gaubensdogmatiker die alten Texte in den Rang von historischen Tatsachenberichten und packen sie in ein nicht hinterfragbares Dogmenkorsett. Das ist der fundamentale Unterschied.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der Praxis läuft es eben so, dass die Unterschiede zwischen historischem und geglaubtem Jesus anhand der Entwicklung des Glaubenskonstrukts herausgearbeitet werden.
ERsetze "historisch" durch "historisch-kritisch" und wir sind uns einig.
Das ist unnötig. Man sagt ja auch nicht, dass die Römer die Provinz Judäa besetzt haben, ist historisch-kritisch belegt, sondern einfach: es ist historisch belegt. Punkt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Nächtenliebe ist kein neue Erfindung durch Jesus, sondern jüdische Überlieferung. Der Unversalismus setze dann mit Paulus ein
Das widerspricht sich alles nicht.
Äh, es widerspricht sich fundamental. Jesus hatte, ganz wie die jüdische Tradition, den jüdischen Glaubensbruder im Sinn. Genau so wie die 10 Gebote an Juden gerichtet waren, und nicht an Heiden. Die Ausweitung auf andere Völker machte erst Paulus möglich, auch gegen den Widerstand von Petrus, der den Willen Jesu sicher besser kannte als Paulus.
Nietzsche wirft Paulus vor, das Diesseits zugunsten einer Jenseitsvertröstung abzuwerten.

"Und es ist noch ein zweites, was den christlichen Hoffnungsbegriff fragwürdig
erscheinen lässt. Die Jenseitshoffnung lenkt vom Diesseits ab. Die Hoffnung auf eine
Welt, die vielleicht kommen wird, schwächt den Willen, die Verhältnisse in einer Welt zu
ändern, die bereits da ist. Das Diesseits wird als Vorläufiges und Vorletztes abgewertet.
Dagegen ruft u. a. Feuerbach auf: „Erwartet das Bessere nicht von dem Tode, sondern von
Euch selbst! Nicht den Tod schafft aus der Welt; die Übel schafft weg[…].“ (Ludwig
Feuerbach, Sämtliche Werke, 1903/1911 Bd. 1, S. 116f.) Und Joachim Kahl gibt zu
bedenken:
[J]ede erträumte Erlösung im Jenseits käme immer zu spät. Was zuvor geschehen ist, könnte sie nicht im
Geringsten ungeschehen machen. Die Unumkehrbarkeit der Zeit ist die unüberschreitbare Grenze jeden
Allmachtsglaubens. Kein religiöses Erlösungsversprechen verhindert Erdbeben-, Kriegs-, Folter-, Mord-,
Vergewaltigungs-, Krebs- oder Verkehrsopfer. Kein religiöses Erlösungsversprechen macht das darin erfahrene Leid
wieder gut. Das liebenswerte Sehnsuchtsbild einer vollendeten Gerechtigkeit, einer universalen Versöhnung bleibt
unerfüllbar, weil selbst bei einer jenseitigen Kompensation das zuvor Geschehene nie ungeschehen gemacht werden
kann. Wer gefoltert wurde, bleibt gefoltert.“ (Kahl, Weltlicher Humanismus, S. 107)

Kubitza, Der Jesuswahn

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Frei nach Karl Valentin: Toleranz ist gut, außer bei Intoleranten.
Also gibt es doch Grenzen bei der Toeleranz?
Welcher Rechtsstaat toleriert in Friedenszeiten Mord? Geht man in die Zeit des Nationalsozialismus zurück, dann war Gewalt gegen "Untermenschen" nicht nur erlaubt, sondern sogar gewünscht.
Toleranz ist kein christlicher Wert.

"Der Toleranzgedanke z. B. ist dem Christentum seinem Wesen nach fremd, für ein
modernes Gemeinwesen jedoch konstitutiv. Toleranz ist kein christlicher Wert, die
Aufklärer haben nicht an christliche Vorbilder oder Gedanken anknüpfen können.
Dennoch ist man geneigt, das heutige Christentum als eher tolerante Religion zu
verstehen, vor allem im protestantischen Bereich. Dies liegt jedoch daran, dass das
abendländische Christentum selbst die Aufklärung durchlaufen und von daher den Wert
der Toleranz adaptiert hat. Nun meint es fälschlich, Toleranz habe immer schon zu
seinem Wesen gehört. Doch ein Blick in die Geschichte zeigt deutlich, dass nicht
Toleranz, sondern Intoleranz die weitaus größten Teile der Kirchengeschichte bestimmt
hat."

Kubitza, Der Jesuswahn

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wenn die HKM nicht setzt, dass es Gott gibt, sondern diese Frage offen lässt, wieso ist das ein Irrtum?
DAS ist kein Irrtum. - Der Irrtum besteht darin, dass Realität per HKM nicht erforschbar ist, falls es Gott gibt.
Realtität schon, Götter nicht. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#56 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 16:29

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Entscheidend ist oder wäre, dass der geglaubte Jesus substantiell mit dem historisch-wirklichen Jesus übereinstimmt. - Genau das aber kann die HKM nicht beurteilen, weil sie theologisch-geistige Parameter methodisch nicht beachten kann.
Die kanonische Exegese kann das nicht beurteilen, weil sie theologisch setzt, dass Jesus Gott ist.
Nur wer ohne Setzung auskommt, kann Schlüsse ziehen.
Weiter bringt uns nur eine wissenschaftlich historische Analyse die setzungsfrei ist.
Darf ich Dich darum bitten, Deine kühne Behauptung, die kanonische Exegese würde setzen, dass Jesus Gott sei, auch mit einer Quelle zu belegen?

Mein Eindruck ist, dass hier etwas als "kanonische Exegese" diskutiert wird, was wenig mit der realen kanonischen Exegese zu tun hat.

Die Quelle ist die Bibel selbst, denn der Vergottungsprozess läßt sich anhand der Texte ganz gut rekonstruieren.

Nimmt man dann noch die Definiton der biblischen Exegese, dann bestätigen sich Bibel und Exegese gegenseitig. Etwas anderes, als dass Jesus Gottes Sohn ist, wirst du von kanonischer Exegese nicht lesen können.

"Exegese oder Bibelauslegung nennt man die Hermeneutik der Heiligen Schrift. Die Bibel wird seitens der Kirche als vom Heiligen Geist inspiriert und darum in Glaubensfragen und auch allen wesentlichen historischen Aussagen als irrtumslos vorausgesetzt"
Quelle: Kathpedia

Wir haben es im Grunde mit einem klassichen Zirkelschluss zu tun:
"Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“."
Quelle: Wikipedia
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

JackSparrow
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#57 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von JackSparrow » Mo 19. Dez 2016, 17:12

sven23 hat geschrieben:"Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“."
Demzufolge sind auch die Schriften von Schiller, Shakespeare oder Hemingway von Gott eingegeben.

closs
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#58 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Mo 19. Dez 2016, 17:13

Halman hat geschrieben:die kanonische Exegese würde setzen, dass Jesus Gott sei
Das nicht - sie geht davon aus, dass es "Gott" gibt.

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sven23
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#59 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 17:18

JackSparrow hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“."
Demzufolge sind auch die Schriften von Schiller, Shakespeare oder Hemingway von Gott eingegeben.
Und besonders von Charles Bukowski und Henry Miller. :lol:
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sven23
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#60 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Mo 19. Dez 2016, 17:20

closs hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:die kanonische Exegese würde setzen, dass Jesus Gott sei
Das nicht - sie geht davon aus, dass es "Gott" gibt.
Bist du es nicht gewesen, der immer gefordert hat, die Forschung müsse eben einfach setzen, dass Jesus Gott sei, und alles sei in Butter?
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