Pflanzenfreak hat geschrieben:Savonlinna hat geschrieben:Es gibt ein Verstehen und Verständnis, das rein gar nichts "vergibt", sondern das einfach aufhört anzuklagen.
und worin besteht der Unterschied?
Nehmen wir Mensch A: der, der "vergibt". Und Mensch B: der, dem "vergeben" wird.
In meiner Version muss Mensch A an sich selber arbeiten, er hört auf anzuklagen.
In Deiner Version bezieht Mensch A den Menschen B ein und weist ihm Schuld zu - die er ihm aber "großmütig" vergibt.
In Deiner Version bleibt ein sublimes Anklagen bestehen: man wirft sich zum Richter über den anderen auf, auch dann, und gerade dann, wenn man ihm vergibt. Es liegt de facto ein Hochmut darin, ein gnädiges Sich-Herablassen.
Pflanzenfreak hat geschrieben:
Vergeben bedeutet doch nicht anklagen.
Nein, aber die Anklage ist im Anklagenden nicht überwunden.
Pflanzenfreak hat geschrieben:Wenn mich Jemand verletzt hat warte ich doch nicht darauf, daß er sich vor mir klein macht um ihm zu vergeben.
Nein, aber ich nehme mich zu wichtig im Verletztwordensein. Man weist nach wie vor dem anderen die Schuld zu.
Pflanzenfreak hat geschrieben:Vieles bringe ich nichtmal zur Sprache. Nur dann, wenn ich die Gefahr sehe, daß sich dieses verletzen fortsetzt, weil der Andere nicht um meine Verletzlichkeit weiß.
Ich sage ja doch nicht, dass man es nicht zur Sprache bringen soll, wenn die Partnerschaft gefährdet ist.
Der andere wird sich dann bemühen, das zu unterlassen, was einen verletzt.
Nur: Thema war "das Vergeben von Schuld". Und das geht nur, indem man dem Menschen B unterstellt, er hätte sich Mensch A gegenüber schuldig gemacht.
Und da überschreitet man seine Befugnis.
Was ich hier thematisiere, ist für mich ein sehr wichtiger Kritikpunkt dem Christentum gegenüber.
Es kultiviert das Machtgefälle zwischen Menschen.
Ein sehr sublimes Machtgefälle, ein rein psychisches, ohne Frage. Dennoch wird dieses kultiviert.
Konnte ich mich zumindest ein bisschen verständlich machen?