Alles Teufelszeug? II

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Savonlinna
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#471 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 25. Mär 2016, 11:41

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Zumal die Wissenschaft keineswegs Prämissen "setzt", sondern sie einfach hat
Die kanonische Exegese setzt eine Prämisse, weil sie weiß, dass sie eine hat. - Die HKM wird so dargestellt, als würden deren Vertreter zwar eine Prämisse haben, sie aber nicht kennen. - Was ist besser? :|
Auch die kanonischche Exegese "setzt" keine Prämissen, sondern sie erkennt, dass sie Prämissen hat. Jedenfalls erkennt sie heute, dass sie Prämissen hat. Das junge Christentum - das ja nie anders als kanonisch gedacht hat - hat diese Prämissen vermutlich nicht erkannt; nichtsdestotrotz waren sie natürlich vorhanden.

Von der kanonischen Exegese ist allerdings strikt die kanonische Forschung zu unterscheiden. Erst letztere kann wissenschaftlich sein; erstere nicht. So wenig, wie eine Deutung des "Faust" wissenschaftlich sein kann. Die Arbeit über den "Faust" kann wissenschaftlich sein, aber nicht die Deutung.
Gerade darüber habe ich länger nachgedacht, und es scheint mir zwingend.
Wie hier die HKM "dargestellt" wird, ist indiskutabel. Da muss man gar nicht darüber reden. Aber es ist ein Laienforum, und das berücksichtige ich vielleicht immer zu wenig.

sven23 hat geschrieben:Ratzinger meint mit dem Antichristen vielleicht nicht die historisch-kritische Methode, aber doch zumindest die, die sie anwenden und zu den Ergebnissen kommen, die ihm nicht gefallen.
So ist es endlich richtig, sven! Jetzt geht für mich die Sonne auf. :clap:
Einige, die sie anwenden, gefallen Ratzinger bezüglich ihrer Ergebnisse nicht.
Aber er schüttet nicht das Kind mit dem Bade aus.
Erst, wenn man das verstanden hat, kann man Ratzinger wirklich substantiell kritisieren - kritisieren im Sinne der Filmkritik zum Beispiel:
Positives und Negatives erkennen, benennen und gegeneinander abwägen.

Da ich nicht weiß, worauf Ratzinger sich da konkret bezieht, kann ich das aber nicht beurteilen. Es wäre aber interessant, das zu untersuchen, statt dass man es hier im Forum einfach erfindet, um Ratzinger eine reinzuwürgen, ohne Rücksicht auf "intellektuelle Redlichkeit" .

Pluto
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#472 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » Fr 25. Mär 2016, 11:45

closs hat geschrieben:Du sprichst aus einer naturalistischen Perspektive, bei der es so etwas nicht geben KANN - prämisse-bedingt. - Das ist keine allgemeinverbindliche Aussage.
Dan sag mir doch welche Phänomene bedürfen einer Prämisse?

closs hat geschrieben:WENN Maria leiblich auferstanden ist, dann ist das eine supranaturalistische Sache, gegen die wir nichts ausrichten können - man kann es lediglich methodisch ignorieren.
Unsinn! Was bedeutet "methodisch ignorieren"?

Man kann auf Grund von ähnlichen Beobachtungen zeigen, dass leibiche Auferstehungen unter den gegebenen Naturgesetzen unmöglich sind.
Gott kann natürlich beliebig die Naturgesetze außer Kraft setzen, doch warum sollte er das tun wo er die Gesetze doch erschaffen hat?
Und wenn er es dennoch tut, warum handelt er dann nicht willkürlich?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#473 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Fr 25. Mär 2016, 11:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Denn wie wir gesehen haben, gibt es keine Phänomene, die einer supranaturalistischen Erklärung bedürfen.
Wer hat das gesehen? - Du sprichst aus einer naturalistischen Perspektive, bei der es so etwas nicht geben KANN - prämisse-bedingt. - Das ist keine allgemeinverbindliche Aussage.

WENN Maria leiblich auferstanden ist, dann ist das eine supranaturalistische Sache, gegen die wir nichts ausrichten können - man kann es lediglich methodisch ignorieren.
Ich meinte keine nicht überprüfbaren Phänomene aus alten Mythen und Märchen, sondern aus dem heutigen, realen Leben. Es gibt solche Phänomene nicht.
Wie ich schon sagte: es gibt keine Phänomene, die zur Erklärung Götter, Geister und Dämonen benötigen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wir haben nun mal nichts anderes als diese Quellen und anhand dieser Quellen hatte Jesus eine Naherwartung.
Nein. :lol: - Gesamt-textlich (AT und NT) und bei spiritueller Inerpretation DERSELBEN Text-Vorlagen ist es möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlich - um es defensiv zu sagen. - Deine Aussage ist einfach unzutreffend und nur möglich, wenn man perspektivisch prädisponiert ist. - Das hat aus meiner Sicht nichts mit Wissenschaft zu tun.
Dann müßtest du der gesamten Forschung unwissenschaftliches Arbeiten nachweisen können. Ich prophezeie dir, dass du das ebensowenig wie Ratzinger hinbekommst.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die kanonische Exegese bezieht sich ja ebenfalls auf diese Quellen, hinterfragt sie aber nicht kritisch
In Deiner Version tut es doch die HKM auch nicht.
Die Methode kann ja auch nichts hinterfragen, sie ist lediglich das Werkzeug. Wenn diese Methode aber von der persönlichen Glaubenseinstellung des Forschenden abhängig wäre, würde sie nichts taugen.


sven23 hat geschrieben:Ratzinger hat wohl, im Gegensatz zu dir, längst erkannt, dass es ohne den Glaubensentscheid nicht geht.
WENN er es so gemeint hat, bin ich tatsächlich anderer Meinung als er. -.[/quote]
Deshalb ist Ratzi ja auch Papst geworden. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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SilverBullet
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#474 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Fr 25. Mär 2016, 12:00

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ein 3D-Lebewesen, das ein 2D-Lebewesen dazu bringen möchte, etwas zu verstehen und eine bestimmte Handlung durchzuführen, muss auf eindeutige Erkennbarkeit setzen.
Das geht dann doch nur auf 2-D-Ebene --- mehr versteht doch 2-D nicht.
Warum sollte ein 2D-Lebewesen nicht erkennen können, dass eine Intelligenz mit ihm kommunizieren möchte?
2D sagt ja nichts über das Denken aus.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Auf diese Weise kann man Kommunikation aufbauen, die keinerlei Zweifel an Eindeutigkeit und Wirklichkeit übrig lässt.
Diese Kommunikation soll aber nicht verordnet, sondern erkannt werden.
Kommunikation ist Aktion und Reaktion und muss von mindestens zwei Akteuren ausgehen.
Dass nur ein Akteur, Aktion und Reaktion durchführt, ist keine Kommunikation.
Das „Soll-Erkannt-Werden“ ist ein untaugliches Prinzip.

Selbst Wahrnehmung ist niemals „verordnet“, sondern immer ein eigener Verarbeitungsprozess.
(sonst bräuchte man das Wort „Wahrnehmung“ ja nicht)

Zitat-closs: „Eindeutig ist das, aber es geht nicht in den Menschen rein

Was soll das heissen „es geht nicht hinein“?
Alles, was wir wahrnehmen, mit dem wir interagieren und als wahrnehmungsunabhängig verstehen können, geht bei uns „rein“, wie nichts anderes – man nennt das Neugierde.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Fällt dir nicht auf, dass du dies nicht widerlegen kannst?
Vieles ist nicht falsifizierbar - das ist an sich keine qualitative Aussage. - Du kannst auch nicht falsifizieren, dass es Gott gibt.
Eine Frage kommt definitiv nur in Wahrnehmungssystemen vor, weil es ein Bedeutungszusammenhang der „Unwissenheit“ ist und auf mehr kannst du mit dem Wort „Gott“ nicht abzielen.

Es ist exakt deine Selbsttäuschung, dass du das Wort „Gott“ wie ein „Ding“ verwaltest.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben: Es müsste dir auffallen, dass diese so genannten „Begründungen“ keinerlei „Kraft“ besitzen, um jeden Menschen zu überzeugen.
Stimmt ebenfalls. - In geistigen Dinge ist halt nichts mit intersubjektiv Vermittelbarem, weil es voraussetzt, dass der Mensch spirituell aktiviert ist.
Das ist eine komplett willkürliche, religiös/philosophische Behauptung.
Nirgendwo ist festgelegt, dass wichtige Bedeutungszusammenhänge explizit „nicht eindeutig nachvollziehbar“ sein müssen.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Klar, es geht darum, ob man die Frage, als Antwort akzeptiert.
Diese Wendung habe ich nie verstanden. - … - Wer akzeptiert hier eine Frage als Antwort?
Jeder „Gläubige“.

Du sagst, „Gott“ sei ein „universelles Wesen, aus dem wir kommen und in das wir gehen“.
Selbst wenn man diese Beschreibung auswendig lernt und ständig aufsagt, verschwindet die Frage nicht. Es bleibt: „wer soll das sein“, „wer soll das erfüllen“.
Es fehlt sozusagen das Wirklichkeitskonzept, um überhaupt von einem „Jemand“ sprechen zu können.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Dass man auch noch eine Art „Persönlichkeitscharakter“ vergibt und einen Namen einführt, ist ein reines Theaterspiel.
Dann beschäftige Dich mal mit Dialektik.
Wozu, um auf einer Theaterbühne einen kabarettistischen Monolog (siehe Wiki) zu halten? – nein danke.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es ist nicht akzeptabel, dass sich Naturwissenschaften vor einem kapitalen Fehler, wie der Behandlung einer Frage als „Antwort“, verbeugen und vielleicht auch noch suggerieren, dass „da ein anderer Bereich sei“.
Die Naturwissenschaft sollen das tun, was sie können - und nicht mehr. - Mehr wird weder erwartet noch geschätzt.
Selbst wenn die Naturwissenschaften grosse Fehler machen würden, könnten sie keine schlechteren Aussagen machen, als die Religionen.
Eine religiös/philosophisch motivierte Einschränkung ist nicht notwendig – nicht angebracht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wenn Religionsinhalte derart wegrationalisiert werden, dass die Anhänger am Ende „Frage- und Antwortstatus“ nicht mehr unterscheiden können, dann wird schlicht und ergreifend, der Sinn wegrationalisiert.
mit geistig-hermeneutischer Methodik hat das nichts zu tun.
Bei der „hermeneutischen Methodik“ bekommt man maximal nur „den Witz“ heraus, den man vorne hineinsteckt.

Da die religiösen „Denker“ mit dem Fehler beginnen, kommt nichts anderes als dieser Fehler dabei heraus – eine totale Luftnummer.

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Savonlinna
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#475 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 25. Mär 2016, 12:01

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Denn wie wir gesehen haben, gibt es keine Phänomene, die einer supranaturalistischen Erklärung bedürfen.
Wer hat das gesehen? - Du sprichst aus einer naturalistischen Perspektive, bei der es so etwas nicht geben KANN - prämisse-bedingt. - Das ist keine allgemeinverbindliche Aussage.

WENN Maria leiblich auferstanden ist, dann ist das eine supranaturalistische Sache, gegen die wir nichts ausrichten können - man kann es lediglich methodisch ignorieren.
Der Gedanke der Auferstehung insgesamt ist ja nun umstritten. Dass Maria nach ihrem Tod - vor der allgemeinen Auferstehug - zu Gott gekommen ist, kann doch nicht als "supranaturalistisch" gewertet werden?

Hemul
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#476 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Hemul » Fr 25. Mär 2016, 12:28

Savonlinna hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:. Denn wie wir gesehen haben, gibt es keine Phänomene, die einer supranaturalistischen Erklärung bedürfen.
Wer hat das gesehen? - Du sprichst aus einer naturalistischen Perspektive, bei der es so etwas nicht geben KANN - prämisse-bedingt. - Das ist keine allgemeinverbindliche Aussage.

WENN Maria leiblich auferstanden ist, dann ist das eine supranaturalistische Sache, gegen die wir nichts ausrichten können - man kann es lediglich methodisch ignorieren .
Der Gedanke der Auferstehung insgesamt ist ja nun umstritten. Dass Maria nach ihrem Tod - vor der allgemeinen Auferstehug - zu Gott gekommen ist, kann doch nicht als "supranaturalistisch" gewertet werden?
Werte Dame!
Weder David noch Maria ist damals gem. Apostelgeschichte 2:29-34 u. Johannes 3:13 in den Himmel aufgefahren:
29 Liebe Brüder, es sei mir gestattet ganz offen zu reden. Unser Stammvater David ist gestorben und wurde begraben. Sein Grabmal ist heute noch bei uns zu sehen. 30 Weil David nun ein Prophet war und wusste, dass Gott ihm unter Eid zugesichert hatte, einen seiner Nachkommen auf seinen Thron zu setzen, 31 hat er vorausschauend von der Auferstehung des Messias geredet. Von ihm sagte er: 'Er wurde nicht im Tod zurückgelassen, sein Körper ist der Verwesung nicht preisgegeben worden.'4 32 Diesen Jesus hat Gott auferweckt. Wir alle sind Zeugen davon. 33 Nun hat Gott ihn auf den Platz an seiner rechten Seite erhöht. Dort hat er die vom Vater versprochene Gabe des Heiligen Geistes erhalten und ihn jetzt über uns ausgegossen – wie ihr hier sehen und hören könnt. 34 Denn David ist nicht in den Himmel aufgestiegen. Er hat ja selbst gesagt: 'Der Herr sprach zu meinem Herrn: 'Setz dich an meine rechte Seite,
13 Es ist noch nie jemand in den Himmel hinaufgestiegen. Der einzige, der dort war, ist der, der aus dem Himmel herabgekommen ist, der Menschensohn.
Und letzteres schrieb der betagte letzte Apostel Johannes ca. 100 n.Chr. Gem. Pauli Worte in 1.Thessalonicher 4:13-17 sollte die 1.Auferstehung bei der Wiederkunft Jesu stattfinden und erst dann sollten Miterben Jesu ohne zu sterben in den Himmel aufgenommen werden:
13 Ich will euch aber, Brüder, nicht in Unwissenheit lassen über die Entschlafenen, damit ihr nicht traurig seid wie die anderen, die keine Hoffnung haben. 14 Denn wenn wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die Entschlafenen durch Jesus mit ihm führen. 15 Denn das sagen wir euch in einem Wort des Herrn: Wir, die wir leben und bis zur Wiederkunft des Herrn übrigbleiben, werden den Entschlafenen nicht zuvorkommen; 16 denn der Herr selbst wird, wenn der Befehl ergeht und die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallt, vom Himmel herabkommen, und die Toten in Christus werden zuerst auferstehen. 17 Danach werden wir, die wir leben und übrigbleiben, zusammen mit ihnen entrückt werden in Wolken, zur Begegnung mit dem Herrn, in die Luft, und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.
:wave:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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Thaddäus
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#477 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Thaddäus » Fr 25. Mär 2016, 12:42

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Ganz und gar abenteuerlich ist zudem die Konsequenz deiner Unterstellung, denn sie bedeutet ja nicht weniger, als dass man als historisch-kritisch arbeitender Theologe grundsätzlich nicht gläubig sein kann.
Soweit würde ich nicht gehen.
Genau soweit gehst du aber faktisch mit deiner obigen Behautpung, die HKM schlösse es aus, dass Jesus aus Nazareth "Gottes-Sohn" sein könnte. Du behauptest damit gleichzeitig, ein Theologe, der historisch-kritisch arbeitet, könne nicht gleichzeitig glauben, das Jesus "Gottes-Sohn" ist, - und das ist faktisch falsch.

closs hat geschrieben: Man kann als Atheist eine kanonische Exegese genauso wissenschaftlich durchspielen ...
Die allermeisten Exegeten sind aber keine Atheisten!

closs hat geschrieben: Ich hatte gerade am Wochenende ein recht langes Gespräch mit einer habilitierten evangelischen Theologin, die gemeint hat, [...] Drei Viertel aller Theologen würden die theologische Substanz des Christentums nicht verstehen.
Vor allen Dingen halte ich eine solche Diagnose für anmaßend, denn man kann sie nur treffen in der Überzeugung, man selbst wisse genau, was die theologische Substanz des Christentums ist. Darüber aber sind sich nicht einmal Katholiken und Protestanten einig.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Nein, dies ist keine Prämisse der historisch-kritischen Methodik,...
Weil es offenbar meistens nicht als solche nicht erkannt wird. - Ich vermute, es liegt daran, dass man die methodischen Voraussetzungen nicht ausreichend reflektiert ...
Auch dies ist nichts weiter als anmaßend, weil du offenbar davon ausgehst, katholische wie evangelische Exegeten könnten die Grundlagen ihrer eigenen Methodik nicht reflektieren und darüber hinaus fiele ihnen nicht auf, dass sie eigentlich Atheisten sind. Das ist absurd ...

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es ist nicht einmal eine Prämisse der HKM, dass Jesus tatsächlich gelebt hat
Man KANN ja gar nicht falsifizieren, ob Jesus nur Mensch oder "Gott und Mensch" war - also MUSS die HKM aus methodischen Gründen auf die Untersuchung verzichten, was wäre, wenn Jesus doch "Sohn Gottes" wäre.
Ein großes Problem dieser Dikussion ist, dass dir die Grundlagen theologischer und historisch-kritischer Arbeit in keiner Weise klar sind, was an solchen Stellungnahmen von dir ersichtlich wird.
Die HKM untersucht ausschließlich TEXTE (es ist das einzige Medium übrigens, über das wir etwas Belegbares über Jesus herausfinden können!), und sie kann nur das analysieren und interpretieren, was in diesen Texten steht! Sie stellt fest, dass Jesus von den Evangelisten mit diversen Titeln belegt wird, von Menschensohn bis Sohn Gottes. Sie kann darüber aufklären, was es mit diesen Titeln auf sich hat und warum sie verwendet werden. Das ist ihre EXEGETISCHE Aufgabe.
Ob Jesus aus Nazareth darüber hinaus wesensgleich mit dem christlichen Gott ist, ist dagegen eine Frage der theologischen Disziplinen DOGMATIK bzw. SYSTEMATIK, die zwar die exegetischen Ergebnisse zur Kenntnis nehmen und auf ihnen aufbauen, ansonsten aber vor allem auf philosophische Methoden angewiesen sind.
Die HKM beschäftigt sich nicht mir der metaphysischen Frage, ob Jesus aus Nazareth warhaftig Gottes Sohn und mit ihm wesensgleich ist, weil das gar nicht ihre Aufgabe ist und ihre Methoden diese Frage auch gar nicht klären können. Für die Exegese der TEXTE ist das auch unerheblich, denn es ändert sich an den Ergebnissen der TEXTuntersuchungen rein gar nichts, ob der Jesus, über den die Texte erzählen nur ein Mensch war oder darüber hinaus auch noch Gottessohn und mit Gott wesensgleich.

closs hat geschrieben: Sie MUSS also diesen Fall ausschließen, dass es so ist ...
Nein. Das muss sie nicht und tut es faktisch auch nicht! Es ist objektiv FALSCH, wenn du solches behauptest.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: das kann sie auch dann, falls Jesus nur eine fiktive Figur sein sollte.
Natürlich - absolut korrekt. - Aber die Schlussfolgerungen sind andere, ob DIESELBEN Quellen Bezug nehmen auf einen Jesus, der "Gottes Sohn" ist oder lediglich eine fiktive Person oder eine x-beliebiger Wanderprediger.
Historisch-kritisch-wissenschaftlich ist es eine korrekte Aussage, dass die Evangelisten und Paulus Jesus aus Nazareth eine Naherwartung zugeschrieben haben. Diese Aussage bleibt korrekt, egal, ob sie sich auf eine fiktive Figur bezieht oder auf eine reale Person in der Geschichte (denn es geht nur darum, was in den Texten hierüber zu finden ist).
Nicht für die HKM, sondern für den Glauben spielt es eine Rolle, ob Jesus aus Nazareth nur eine fiktive Figur oder eine reale Person in der antiken Geschichte ist. Wenn irgendwer stichhaltig aufweisen könnte, dass Jesus lediglich eine fiktive Figur in den Geschichten über ihn ist, dann müsste sich der Gläubige überlegen, was diese Erkenntnis für seinen Glauben bedeutet.
Die Ergebnisse der HKM legen aber aus diversen Gründen nahe, dass Jesus aus Nazareth höchstwahrscheinlich eine reale Person mit jüdischer Abstammung war, der vor etwa 2000 Jahren lebte und wirkte. Solange diese Annahme nicht mit besseren Gründen widerlegt wird, darf man hiervon als Tatsache ausgehen.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es hieße dann: Die Autoren der Evangelien haben der (fiktiven) Figur Jesus aus Nazareth eine Naherwartung zugeschrieben usw.
Aber eben nicht die Aussage "Jesus hatte eine Naherwartung", als sei es eine Tatsachen-Aussage.
Das wissenschaftliche Ergebnis der historisch-kritischen Untersuchungen der Texte ist, dass Jesus aus Nazareth eine Naherwartung hatte. Textstellen, die hiervon abweichen, können als spätere Umdeutungen dieser ursprünglichen Naherwartung erwiesen werden und es kann erklärt werden, warum diese Umdeutung stattfand. Genau das kann die historisch-kritische Analyse erbringen, denn zur Klärung solcher Fragen sind ihre Methoden da.

closs hat geschrieben: Was spricht dagegen, verschiedene unfalsifizierbare Voraussetzungen wissenschaftlich durchzudeklinieren? - Ich fände dies redlich.
Deine und Ratzingers selbstimmunisierend-dogmatisch-hermeneutische Grundannahme, der Jetztzustand christlich-katholischer Glaubensüberzeugungen sei maßgeblich für die INterpretation des Kanons, ist wissenschaftlich gerade nicht redlich! Denn selbst ein Jesus-Evangelium, welches diesem Jetztzustand christlich-katholischer Glaubensüberzeugungen widerspräche, könnte diese hermeneutische Grundannahme nicht als falsch erweisen. Deshalb ist sie dogmatisch und selbstimmunisierend.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Sie kann zur Klärung der Frage, ob er es - tatsächlich - war, mit ihren Methoden nur nichts Sinnvolles beitragen.
Eben - genau deshalb darf man erwarten, dass sie nichts Unsinniges beiträgt.
Das tut sie auch nicht! Das Unsinnige kommt allein durch jene Gläubigen zustande, die meinen, ihre aktuellen konkreten christlichen Glaubensannahmen könnten unter keinen Umständen falsch sein.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Die Ergebnisse der Untersuchungen der Texte bleiben diesselben, egal ob Jesus aus Nazareth nur ein Mensch war oder ober auch wesensgleich mit Gott ist.
Aber dann darf man keine Interpretationen loslassen, die nur dann stimmig sind, wenn Jesus nur ein Mensch war.
Die Ergebnisse der HKM, insofern sie von der Forschergemeinschaft anerkannt sind und nicht grundsätzlich strittig, gelten für Jesus aus Nazareth, egal ob er eine fiktive Figur ist, ein realer Mensch vor 2000 Jahren oder ein realer Mensch vor 2000 Jahren, der darüber hinaus Gottessohn ist und mit dem Vater wesensgleich. Die Ergebnisse der HKM ergeben sich aus der Analyse der TEXTE, nicht über die Korrektheit metaphysischer Annahmen.

closs hat geschrieben:Hast Du vergessen, dass eine Interpretation der Bibel unter der Prämisse "Jesus ist wesensgleich mit Gott" bei identischer Quellenlage eine andere ist, als wenn man offen lässt, wer oder was Jesus war?
Für die historisch-kritische Interpretation spielt das KEINE Rolle! Es spielt vielleicht für dich als Gläubigen eine Rolle.

closs hat geschrieben: Wir sprechen doch nicht über die rein sachliche Beschreibung von Fakten ("Diese Quelle ist im Jahr x, jene im Jahr y entstanden"/"Folgende gesellschaftliche Entwicklungen gab es im Jahr 30 n.Chr. in Palästina"/"Das Wort 'logos' wurde damals in der Literatur mit folgenden Bedeutungen verstanden"/etc.), sondern über INTERPRETATIONEN des Inhalts der Bibel ("Jesus hatte eine Naherwartung").
Die Naherwartung Jesu ist in den TEXTEN zu finden und die Interpretation von deren historisch-kritischer Analyse ergibt, dass Jesus sie mit höchster Wahrscheinlich vertreten hat. Das ist das Ergebnis, und damit musst du leben (solange du keine bessere Analyse der TEXTE vorlegen kannst, die diesem Ergebnis widersprechen).

closs hat geschrieben: Entweder man bezieht gesamt-kanonische/spirituelle Aspekte mit ein, dann ist die hermeneutische Wissenschaft gleichberechtigt mit der HK-Wissenschaft. - Oder man lässt nur den kritisch-rationalen Ansatz als Wissenschaft zu, ...

Was bevorzugst Du?
Die rot gesetzte Aussage ist widerlegt, und meine Antwort kennst du bereits.

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Savonlinna
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#478 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Savonlinna » Fr 25. Mär 2016, 13:15

Hemul hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: Der Gedanke der Auferstehung insgesamt ist ja nun umstritten. Dass Maria nach ihrem Tod - vor der allgemeinen Auferstehug - zu Gott gekommen ist, kann doch nicht als "supranaturalistisch" gewertet werden?
Werte Dame!
Weder David noch Maria ist damals gem. Apostelgeschichte 2:29-34 u. Johannes 3:13 in den Himmel aufgefahren: [...]
Ja, ich weiß, dass Mariä Himmelfahrt keine Aussage aus der Bibel ist.
Mir ging es darum, dass die Auferstehung insgesamt keine "supranaturalistische" Frage ist.

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Halman
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#479 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Halman » Fr 25. Mär 2016, 13:49

Savonlinna hat geschrieben:Von der kanonischen Exegese ist allerdings strikt die kanonische Forschung zu unterscheiden. Erst letztere kann wissenschaftlich sein; erstere nicht. So wenig, wie eine Deutung des "Faust" wissenschaftlich sein kann. Die Arbeit über den "Faust" kann wissenschaftlich sein, aber nicht die Deutung.
Gerade darüber habe ich länger nachgedacht, und es scheint mir zwingend.
Wie hier die HKM "dargestellt" wird, ist indiskutabel. Da muss man gar nicht darüber reden. Aber es ist ein Laienforum, und das berücksichtige ich vielleicht immer zu wenig.
Mein Eindruck ist eher, dass die Laien hier zu wenig berücksichtigen, dass sie Laien sind.

Savonlinna hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ratzinger meint mit dem Antichristen vielleicht nicht die historisch-kritische Methode, aber doch zumindest die, die sie anwenden und zu den Ergebnissen kommen, die ihm nicht gefallen.
So ist es endlich richtig, sven! Jetzt geht für mich die Sonne auf. :clap:
Einige, die sie anwenden, gefallen Ratzinger bezüglich ihrer Ergebnisse nicht.
Aber er schüttet nicht das Kind mit dem Bade aus.
Erst, wenn man das verstanden hat, kann man Ratzinger wirklich substantiell kritisieren - kritisieren im Sinne der Filmkritik zum Beispiel:
Positives und Negatives erkennen, benennen und gegeneinander abwägen.

Da ich nicht weiß, worauf Ratzinger sich da konkret bezieht, kann ich das aber nicht beurteilen. Es wäre aber interessant, das zu untersuchen, statt dass man es hier im Forum einfach erfindet, um Ratzinger eine reinzuwürgen, ohne Rücksicht auf "intellektuelle Redlichkeit" .
Könnte es sein, dass die Arbeitsweise im Bereich der Literaturwissenschaft verschieden von der Arbeitsweise in der Theologie ist? Exegeten beanspruchen hier vielleicht eine höhrere Deutungsautorität als Literaturwissenschaftler.

Mathematiker und Physiker sind sich nicht in allem einig, auch Techniker nicht mit Physikern. So fließt der Strom technisch gesprochen vom Plus-Pol zum Minus-Pol, doch physikalisch gesehen fließen die negativ geladen Elektronen zum positiv geladenen Pol. Als "Plus" und "Minus" benannt wurden, war dieser Sachverhalt noch nicht bekannt. Letztenendes ist es eine Konvention, dass wir davon sprechen, dass Elektronen negativ geladen sind.

Daher habe ich aufgrund der Diskussionsverläufe zunehmend den Verdacht, dass auch zwischen Literaturwissenschaftlern und Theologen unterschiedliche Ansprüche bestehen, jedenfalls habe ich noch nicht davon gehört, dass ein Literaturwissenschafteler für sich den Anspruch erhebt ein Exeget zu sein.
Theologen verteidigen ihre Exegese im Sinne von Wissensansprüchen auf Basis der historisch-kritischen Methode und argumentieren meiner bescheidenen Kenntnis sinngemäß damit, dass ihre Exegese ein wissenschaftliches Ergebnis ihrer wissenschaftlich-hermeneutischen Methode ist und hier scheint mir die Kritik Ratzingers einzuhaken.
Der historische Hintergrund der Theologie ist sehr verschieden von dem der Literaturwissenschaftler. Auch die gesellschaftlich-politische Dimension und die historische Last ist vom ganz anderem Kaliber.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#480 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Fr 25. Mär 2016, 14:05

Savonlinna hat geschrieben:Auch die kanonischche Exegese "setzt" keine Prämissen, sondern sie erkennt, dass sie Prämissen hat.
Was ist da der Unterschied - aber egal: Ich stimme Dir zu.

Savonlinna hat geschrieben:Gerade darüber habe ich länger nachgedacht, und es scheint mir zwingend.
Das kann gut sein. - Dann müsste man auch "Philosophie" und "Philosophie-Wissenschaft" unterscheiden. - Darauf habe ich auch Thaddäus schon aufmerksam gemacht.

Reine Verständnisfrage:
Wenn man interpretiert/exegetisch tätig ist: Wohin würdest Du Begründungen stecken, warum man so interpretiert/auslegt? - In die Wissenschaft oder nicht? - Scheint mir eine Definitions-Frage zu sein, bei der man offen in diese oder jene Richtung abgrenzen kann.

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