Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

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sven23
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#441 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » So 13. Dez 2015, 11:26

closs hat geschrieben:Das muss auch so sein. - Diese Aussage jedoch geht darüber hinaus - es geht hier nicht um eine physikalische Aussage. - Ich finde es nicht alarmierend, wenn ein Naturwissenschaftler sein naturwissenschaftliches Wissen nutzt, um eine Anmerkung zum Darüber-Hinaus zu machen.
Ja, ja, so wie manche Theologen behaupten, die Theologie sei sogar noch mehr als Wissenschaft, dabei ist sie nicht mal das.
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closs
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#442 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » So 13. Dez 2015, 11:39

sven23 hat geschrieben:Da hätten wir jetzt gerne mal ein paar Beispiele
Ich werde jetzt NICHT zurückblättern - moniert wurde es in den letzten Monaten anhand konkreter Beispiele oft genug - und Du wirst ja sicherlich auch in Zukunft Zitate bringen. ;)

Queequeg hat geschrieben:Das schreibt er "Unsterbliches" über das Wesen der Religion
Wenn man das differenziert liest, schreibt Marx hier durchaus Vernünftiges - ob seine Schlussfolgerung richtig ist, sei mal dahin gestellt. - Denn Religion ist in der Tat eine Auseinandersetzung mit dem Greuel der Welt, den es mit oder ohne Religion gibt.

sven23 hat geschrieben: so wie manche Theologen behaupten, die Theologie sei sogar noch mehr als Wissenschaft
Diese Aussage wäre albern - Theologie bedient sich der Wissenschaft für wissenschafts-fähige Fragen und behandelt darüber hinaus Fragen, die wissenschaftlich nicht greifbar sind. - Die Theologie ist ein weites Feld. - Aber sie ist nicht "mehr als die Wissenschaft" - sie ist in Teilen "etwas anderes als Wissenschaft".

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sven23
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#443 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » So 13. Dez 2015, 12:20

closs hat geschrieben:Ich werde jetzt NICHT zurückblättern - moniert wurde es in den letzten Monaten anhand konkreter Beispiele oft genug - und Du wirst ja sicherlich auch in Zukunft Zitate bringen. ;)
Eben nicht, es wurde überwiegend nur gegen die Person Kubitzas gepöbelt. Sonst müßten Münek, Zeus, Queequeg und meine Wenigkeit nicht immer darauf hinweisen. Inhaltlich kommt da nicht viel.
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Pluto
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#444 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Pluto » So 13. Dez 2015, 12:33

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist eine ziemlich vage Vermutung.
Ist dialektisch naheliegend und aus meiner Sicht zwingend, wenn man "Gott" nicht als naturalistische Größe versteht.
Was ist dialektisch? Und warum sollte eine ziemlich vage Behauptung überhaupt naheliegend sein?

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Vielleicht irrt er aber auch, und Materie ist gar nicht erstarrter Geist, sondern erstarrte Energie. Könnte das nicht das bessere Modell sein?
Kommt drauf an, wofür. - Ich denke halt, dass er seine Aussage mit seinem wissenschaftlichen Wissen vereinbaren kann (es ist ja keine inner-wissenschaftliche Aussage) - irgendeinen Grund wird er gehabt haben.
Dem kann ich nicht folgen.
H.P. Dürr war ohne Zweifel ein großartiger Wissenschaftler. Leider hat er sich in späten Jahren dem Geist verschrieben, ein Gebiet welches sich außerhalb seines Kompetenzgebiets der Wissenschaft befindet. Er bewegt sich auf diesem Gebiet wie jeder andere ahnungsloser Laie auch.


closs hat geschrieben:Und vor allem: Er drückt etwas aus, was christlicher-weise von der Substanz her ähnlich gesehen wird.
Ach... da liegt also der Hund begraben? Er drückt etwas aus, was in deine persönliche Weltanschauung passt. Das rutscht dann wie Butter auf einem heißen Messer.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:psiram
Erwartest Du von daher ein ausgewogenes Urteil?
Zumindest ist Psiram ausgewogener als das PM-Magazin.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#445 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » So 13. Dez 2015, 13:14

sven23 hat geschrieben:Eben nicht, es wurde überwiegend nur gegen die Person Kubitzas gepöbelt.
Nee-nee --- da waren einige Interpretations-Hämmer drin. - Warten wir auf Deine nächsten Zitate.

Pluto hat geschrieben:Was ist dialektisch?
In diesem Zusammenhang ein Verfahren, zu jeder These eine Anti-These zu entwickeln, die dann beide in eine "Synthese" aufgehoben werden. - Diese Synthese ist wiederum auf höherer Stufe eine These, zu der es wieder eine Anti-These gibt, die zusammen in die nächst-höhere Synthese aufgehoben werden. - Die Frage nach Gott ist dementsprechend: Was ist die höchste Synthese, die sich nicht mehr in These und Anti-These aufsplitten lässt.

Das klingt sehr formal, funktioniert aber. - Es gibt nun zwei Möglichkeiten: Es gibt überhaupt keine höchste Synthese: Dann haben wir einen unendlichen Regress - oder es gibt diese Synthese. - WENN es diese höchste Synthese gibt, ist dies (nicht nur nach meiner Definition) "Gott". - Hegel hat das meines Wissens (und zu meiner Überraschung, als ich es mal irgendwo gefunden habe, ähnlich gesehen). - Aus meiner Sicht ist dies höchst logisch - aber ich weiss nicht, ob diese Logik nachvollziehbar ist.

Pluto hat geschrieben:Leider hat er sich in späten Jahren dem Geist verschrieben, ein Gebiet welches sich außerhalb seines Kompetenzgebiets der Wissenschaft befindet.
Richtig - er nutzt sein wissenschaftliches Wissen, um auf einem ganz anderen Gebiet eine geistige Erkenntnis loszuwerden.

Pluto hat geschrieben:Er drückt etwas aus, was in deine persönliche Weltanschauung passt.
Ja - das sind die schönen Momente. - Man stößt auf etwas, was vor 2000 oder 1000 oder 500 oder 50 Jahren von irgendwelchen Denkern gesagt wurde, und merkt, dass sich eine eigene Erkenntnis kontinuierlich durch alle Zeiten zieht. - Das ist ermutigend, weil es schwerlich ein Zufall sein kann.

Pluto hat geschrieben:Zumindest ist Psiram ausgewogener als das PM-Magazin.
Sicherlich richtig - P.M. halte ich persönlich für eine "esoterische" Zeitschrift (im Sinne des versauten Verständnisses von "esoterisch") mit pseudo-wissenschaftlichem Anstrich. - Das muss aber nicht heißen, dass ein wiedergegebenes Zitat deshalb dumm ist.

Zu loben ist P.M., weil es wenigstens wagt, Erkenntnisse universal anzuwenden (wenn man es auch besser machen könnte) - Psiram dagegen erscheint wie ein Brights-Organ, das vorneweg weltanschaulich sehr strikt festgelegt ist.

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#446 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Pluto » So 13. Dez 2015, 13:24

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Leider hat er sich in späten Jahren dem Geist verschrieben, ein Gebiet welches sich außerhalb seines Kompetenzgebiets der Wissenschaft befindet.
Richtig - er nutzt sein wissenschaftliches Wissen, um auf einem ganz anderen Gebiet eine geistige Erkenntnis loszuwerden.
Geht nicht.
Er kann sein wissenschaftliches Wissen auf nicht-wissenschaftliches anwenden. Dies hast DU mir oft genug erklärt.

closs hat geschrieben:Man stößt auf etwas, was vor 2000 oder 1000 oder 500 oder 50 Jahren von irgendwelchen Denkern gesagt wurde, und merkt, dass sich eine eigene Erkenntnis kontinuierlich durch alle Zeiten zieht. - Das ist ermutigend, weil es schwerlich ein Zufall sein kann.
Da muss ich dich enttäuschen. Vieles spricht dafür, dass es sich doch nur um eine zufällige Übereinstimmung der Gedanken handelt.

Wusstest du, dass nur 23 Leute in einem Raum sein müssen, damit die Wahrscheinlichkeit, dass zwei davon am gleichen Tag Geburtstag haben, über 50% liegt?
Wenn 50 Personen im selben Raum sind, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Geburtstage auf denselben Tag fallen bereits auf 97%, ist also ziemlich sicher.

Tja... Zufall und Wahrscheinlichkeit sind oft kontra-intuitiv. Wir glauben machen Dinge seien kein Zufall, und sie sind es doch.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#447 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Queequeg » So 13. Dez 2015, 14:24

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Da hätten wir jetzt gerne mal ein paar Beispiele
Ich werde jetzt NICHT zurückblättern - moniert wurde es in den letzten Monaten anhand konkreter Beispiele oft genug - und Du wirst ja sicherlich auch in Zukunft Zitate bringen. ;)

Queequeg hat geschrieben:Das schreibt er "Unsterbliches" über das Wesen der Religion
Wenn man das differenziert liest, schreibt Marx hier durchaus Vernünftiges - ob seine Schlussfolgerung richtig ist, sei mal dahin gestellt. - Denn Religion ist in der Tat eine Auseinandersetzung mit dem Greuel der Welt, den es mit oder ohne Religion gibt.

Ich sehe in der Religion, oder in den Religionen selbst die Wurzel und das Fundament ungezählter Greuel in dieser Welt. (Zusatz - auch, also auch.)
Um das festzustellen, brauch man nicht Marx, obwohl ich dich nun frage, warum seine Schlussfolgerungen - nicht richtig sein sollen. Denn keiner brachte das Unwesen der Religion so unnachahmlich auf den Punkt wie Marx, auch keiner der heutigen "Scheffatheisten":

"Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen. Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben, oder schon wieder verloren hat. Aber der Mensch, das ist kein abstraktes, außer der Welt hockendes Wesen. Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Societät. Dieser Staat, diese Societät produzieren die Religion, ein verkehrtes Weltbewusstsein, weil sie eine verkehrte Welt sind. Die Religion ist die allgemeine Theorie dieser Welt, ihr enzyklopädisches Compendium, ihre Logik in populärer Form, ihr spiritualistischer Point-d'honneur (Ehrgefühl), ihr Enthusiasmus, ihre moralische Sanktion, ihre feierliche Ergänzung, ihr allgemeiner Trost- und Rechtfertigungsgrund. Sie ist die phantastische Verwirklichung des menschlichen Wesens, weil das menschliche Wesen keine wahre Wirklichkeit besitzt. Der Kampf gegen die Religion ist also mittelbar der Kampf gegen jene Welt, deren geistiges Aroma die Religion ist.

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elendes und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volks.

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.“


Rahme es dir ein, hänge es über dein Bett, studiere es immer wieder, und es wird dir wie Schuppen von den Augen rieseln...

Und so begrüßen wir dann unseren lieben clossen im heiligen Kreise der Vernunft und des Humanismus!

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#448 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » So 13. Dez 2015, 14:25

closs hat geschrieben:Richtig - er nutzt sein wissenschaftliches Wissen, um auf einem ganz anderen Gebiet eine geistige Erkenntnis loszuwerden.
Inwiefern ist physikalischen Wissen Vorbedingung, um "geistige" Erkenntnisse loszuwerden?

closs hat geschrieben: Psiram dagegen erscheint wie ein Brights-Organ, das vorneweg weltanschaulich sehr strikt festgelegt ist.
Die Leitlinien sind nicht esoterischer Natur, das ist sicher richtig. ;)


"Psiram ist eine der Skeptikerbewegung nahestehende Website, die sich selbst als „Verbraucherschutzseite“ und als „Wiki der irrationalen Überzeugungssysteme“ beschreibt und sich gegen Pseudowissenschaft, Esoterik und Verschwörungstheorien wendet."

Quelle: Wikipedia
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#449 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » So 13. Dez 2015, 14:25

Pluto hat geschrieben:Er kann sein wissenschaftliches Wissen auf nicht-wissenschaftliches anwenden.
Nicht "anwenden", sondern "nutzen". - Das klingt jetzt beckmesserisch, soll aber meinen: Sein naturwissenschaftliches Wissen gibt ihm die subjektive Erkenntnis, dass es mit Naturwissenschaft nicht getan ist - siehe auch Max Planck. - Direkt anwenden kann man wissenschaftliches Wissen in geistigen Dingen natürlich nicht.

Pluto hat geschrieben:Vieles spricht dafür, dass es sich doch nur um eine zufällige Übereinstimmung der Gedanken handelt.
Damit kann ich wenig anfangen. - Ob zufällig oder nicht: Man scheint sich seit Jahrtausenden mit Dingen zu beschäftigen, die für jeden Nachkommenden wieder-erkennbar sind. - Es geht hier nicht um eine quantitative (Statistik) , sondern um eine qualitative Aussage.

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#450 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von closs » So 13. Dez 2015, 15:06

Queequeg hat geschrieben:obwohl ich dich nun frage, warum seine Schlussfolgerungen - nicht richtig sein sollen
Das Wort "Opium" klingt wie "Betäubung". - Das gibt es tatsächlich (insofern deskriptiv nicht falsch), ist aber nicht der Sinn der Sache (normativ).

Queequeg hat geschrieben:Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen.
Das ist korrekt - Religion ist Menschenwerk. - Allerdings sagt das nichts darüber aus, ob Religion sich auf eine Entität ("Gott") bezieht oder auf reines "Kopf-Kino".

Queequeg hat geschrieben:Und zwar ist die Religion das Selbstbewusstsein und das Selbstgefühl des Menschen, der sich selbst entweder noch nicht erworben, oder schon wieder verloren hat.
Das klingt so ein bißchen, als wären Religiöse selbstverschuldet Unmündige - da ist Marx parteiisch. - Ein Jesuit würde da heftig auf intellektuellem Niveau widersprechen können.

Queequeg hat geschrieben: Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.
Aber die Welt IST doch in erheblicher Weise ein "Jammertal" - wir sind seit 70 Jahren verwöhnt. - Wir kriegen die Welt, wie sie ist, nicht weg, indem wir die Religion abschaffen.

Queequeg hat geschrieben:Und so begrüßen wir dann unseren lieben clossen im heiligen Kreise der Vernunft und des Humanismus!
Das ist die Urban Legend, der durchschnittliche sich "aufgeklärt" Nennende sei aufgeklärter als der durchschnittlich sich "religiös" Nennende.

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