Alles Teufelszeug? VIII

closs
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#411 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mi 3. Jan 2018, 15:54

Münek hat geschrieben:Lies noch mal, was ich geschrieben habe.
Was Du schreibst, ist irrelevant. - Es geht NICHT um subjektive Glaubensvorstellungen, sondern um objektive Möglichkeiten in der Geschichte. - Wenn man diese nicht untersucht, forscht man selektiv.

Münek hat geschrieben: Der Konsens in der Exegese beruht ausschließlich darauf, dass die von Jesus als nah verkündigte Gottesherrschaft schlicht nicht kam
Diesen Konsens kann es nur dann geben, wenn man "nahes Gottesreich" anders interpretiert, als es die Theologie tut.

Man KANN so interpretieren, aber auch das ist selektiv: Man sucht sich EINE Interpretations-Version aus und macht daraus etwas gleichsam Faktisches.

Pluto
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#412 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Mi 3. Jan 2018, 16:41

closs hat geschrieben:Es geht NICHT um subjektive Glaubensvorstellungen, sondern um objektive Möglichkeiten in der Geschichte. - Wenn man diese nicht untersucht, forscht man selektiv.
Sehe ich genauso.
Warum hben Kanoniker dann ein nicht-hinterfragbares Glaubensbekenntnis?

closs hat geschrieben:Man KANN so interpretieren, aber auch das ist selektiv: Man sucht sich EINE Interpretations-Version aus und macht daraus etwas gleichsam Faktisches.
Warum untersucht dann nicht nur den Text?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#413 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mi 3. Jan 2018, 17:01

Pluto hat geschrieben:Warum haben Kanoniker dann ein nicht-hinterfragbares Glaubensbekenntnis?
Das selektive Untersuchen der geschichtlich relevanten Möglichkeiten ist ebenfalls Ausdruck eines Glaubensbekenntnisses.

Im übrigen ist ERgebnisoffenheit immer ein relativer Begriff: Man ist ergebnisoffen im Spielraum einer Methodik/eines Modells - auch außerhalb der Theologie ist das normal.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Man KANN so interpretieren, aber auch das ist selektiv: Man sucht sich EINE Interpretations-Version aus und macht daraus etwas gleichsam Faktisches.

Warum untersucht dann nicht nur den Text?
Das tun alle Exegeten und Hermeneutiker - das ist nicht das Problem. - Aber man untersucht halt nicht nur, sondern interpretiert auch. - Und sobald man interpretiert, steckt man selbst und die eigene Hermeneutik immer drin.

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#414 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Mi 3. Jan 2018, 17:49

closs hat geschrieben:Das selektive Untersuchen der geschichtlich relevanten Möglichkeiten ist ebenfalls Ausdruck eines Glaubensbekenntnisses.
Was ist an der Untersuchung eines Textes "selektiv"?

closs hat geschrieben:Im übrigen ist ERgebnisoffenheit immer ein relativer Begriff: Man ist ergebnisoffen im Spielraum einer Methodik/eines Modells - auch außerhalb der Theologie ist das normal.
Ergebnisoffenheit ist unabhängig vom einer Methode. Sie ist abhängig vom zu untersuchenden Subjekt.

Pluto hat geschrieben: closs hat geschrieben:
Man KANN so interpretieren, aber auch das ist selektiv: Man sucht sich EINE Interpretations-Version aus und macht daraus etwas gleichsam Faktisches.

closs hat geschrieben:Aber man untersucht halt nicht nur, sondern interpretiert auch. - Und sobald man interpretiert, steckt man selbst und die eigene Hermeneutik immer drin.
Eine a priori Interpretation VOR einer Untersuchung ist eine Setzung. So weit kann ich dir folgen.
Aber was ist an einer a posteriori Interpretation falsch, nachdem ein Untersuchungsergebnis vorliegt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#415 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mi 3. Jan 2018, 19:37

Pluto hat geschrieben:Was ist an der Untersuchung eines Textes "selektiv"?
An der Untersuchung der Texte ist weder bei der HKM noch bei der kanonischen Exegese etwas "selektiv" - es geht um das Selektive der historischen Optionen, die man untersucht. - Auf gut deutsch: "Wenn Jesus wirklich göttlich war, haben wir halt Pech gehabt - aber vorher interpretieren wir mal so, als wäre das nicht möglich".

Pluto hat geschrieben:Ergebnisoffenheit ist unabhängig vom einer Methode. Sie ist abhängig vom zu untersuchenden Subjekt.
Meinst Du "zu untersuchendes Objekt" oder "untersuchendes Subjekt"?

Pluto hat geschrieben:Eine a priori Interpretation VOR einer Untersuchung ist eine Setzung. So weit kann ich dir folgen.
Aber was ist an einer a posteriori Interpretation falsch, nachdem ein Untersuchungsergebnis vorliegt?
"Falsch" ist nichts - das Problem: Auf Basis eines rein sachlichen Untersuchungs-Berichts interpretieren HKM und kanonische Exegese in entscheidenden Punkten sehr unterschiedlich. - Unser "Naherwartungs-Fall" ist das beste Beispiel dafür.

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#416 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Mi 3. Jan 2018, 23:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Lies noch mal, was ich geschrieben habe.
Was Du schreibst, ist irrelevant.
Irrtum - der Glaube an die Göttlichkeit Jesu ist und bleibt allein Gegenstand des persönlichen Glaubens und kann deshalb niemals Gegen-
stand oder gar Voraussetzung objektiver wissenschaftlicher Untersuchungen sein. Ein subjektiver Gottesglaube entzieht sich schon des-
halb inhaltlich einer wissenschaftlichen Überprüfung, weil er auf nicht-falsifizierbaren Existenzbehauptungen transzendenter Art beruht.


closs hat geschrieben:Es geht NICHT um subjektive Glaubensvorstellungen,
NUR um diese geht es. Die neutestamentlichen Schriften sind voll von persönlichen Glaubenszeugnissen ihrer Verfasser und ihrer Protagonisten.

closs hat geschrieben:sondern um objektive Möglichkeiten in der Geschichte. - Wenn man diese nicht untersucht, forscht man selektiv.
Was sind geschichtswissenschaftlich untersuchbare, historische objektive Möglichkeiten?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Der Konsens in der Exegese beruht ausschließlich darauf, dass die von Jesus als nah verkündigte Gottesherrschaft schlicht nicht kam
Diesen Konsens kann es nur dann geben, wenn man "nahes Gottesreich" anders interpretiert, als es die Theologie tut.
Für die INTERPRETATION biblischer Texte ist allein die EXEGESE zuständig - und NICHT "die Theologie". Der erzkonservative Dogmati-
ker Ratzinger war da mit seinem "PERSÖNLICHEN" (Vorwort) Jesusbuch und seiner mehr als eigenwilligen Interpretation des Begriffs "Gottesreich" ein Ausreißer.


Natürlich ist es für einen Papst schlechterdings unmöglich, öffentlich einen eklatanten Irrtum Jesu einzugestehen.

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#417 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von closs » Mi 3. Jan 2018, 23:26

Münek hat geschrieben:Irrtum - der Glaube an die Göttlichkeit Jesu ist und bleibt allein Gegenstand des persönlichen Glaubens und kann deshalb niemals Gegen-
stand oder gar Voraussetzung objektiver wissenschaftlicher Untersuchungen sein.
Das ist auch nicht der Gegenstand der kanonischen Exegese. - Sie untersucht nicht den christlichen Glauben, sondern die Frage, was es bedeutet, wenn Jesus wirklich als göttliche Person in der Geschichte anwesend war.

Münek hat geschrieben:NUR um diese geht es. Die neutestamentlichen Schriften sind voll von persönlichen Glaubenszeugnissen ihrer Verfasser und ihrer Protagonisten.
Wie jetzt? Wie auch immer: Diese Sachen untersucht und interpretiert man halt - jeder mit seiner Hermeneutik.

Münek hat geschrieben:Was sind geschichtswissenschaftlich untersuchbare, historische objektive Möglichkeiten?
In diesem Fall: Was bedeuten die Quellen, wenn Jesus
a) nur Mensch war
b) auch göttlich war.
Das sind zwei Möglichkeiten, die vor 2000 Jahren gewesen sein können.

Münek hat geschrieben:Für die INTERPRETATION biblischer Texte ist allein die EXEGESE zuständig
Es gibt viele Exegesen - jede mit ihrer Hermeneutik und ihren Schwerpunkten.

Münek hat geschrieben:Natürlich ist es für einen Papst schlechterdings unmöglich, öffentlich einen eklatanten Irrtum Jesu einzugestehen.
Das hat er auch nicht vor, weil für ihn (und viele andere) dessen Exegese diese Sache anders begründet und interpretiert.

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#418 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Pluto » Mi 3. Jan 2018, 23:44

closs hat geschrieben:Was bedeuten die Quellen, wenn Jesus
a) nur Mensch war
b) auch göttlich war.
Was bedeuten die Quellen wenn man nichts von Beiden setzt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#419 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Münek » Do 4. Jan 2018, 02:21

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Irrtum - der Glaube an die Göttlichkeit Jesu ist und bleibt allein Gegenstand des persönlichen Glaubens und kann deshalb niemals Gegenstand oder gar Voraussetzung objektiver wissenschaftlicher Untersuchungen sein.
Das ist auch nicht der Gegenstand der kanonischen Exegese.
Hier ist ausschließlich von der HKM als wissenschaftlicher Diziplin (und nicht von der glaubensbasierten kanonischen Exegese) die Rede und Deinem absurden Vorwurf, diese würde selektiv die Göttlichkeit Jesu außer Betracht lassen.

closs hat geschrieben:Sie [die kanonische Exegese] untersucht nicht den christlichen Glauben, sondern...
... legt die Göttlichkeit Jesu simsalabim vorab per SETZUNG fest. DIESER Zauberstab steht der HKM als seriöser Wissenschaftsdiziplin natürlich NICHT zur Verfügung.

:lol: :lol: :lol:

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:NUR um diese geht es. Die neutestamentlichen Schriften sind voll von persönlichen Glaubenszeugnissen ihrer Verfasser und ihrer Protagonisten.
Wie jetzt?
Du hattest fälschlicherweise behauptet, es ginge (beim Glauben an Gott) NICHT um persönliche Glaubensvorstellungen. Das habe ich versucht, mit meinem Hinweis auf das NT richtig zu stellen.

Da es bisher niemanden gelungen ist, Gottes Existenz ontologisch oder gar empirisch zu beweisen oder zu widerlegen UND alle Menschen hier eine Entscheidung über seine Existenz/Nichtexistenz treffen, ist diese Entscheidung eine rein menschlich-persönliche. Eine Entscheidung, die jeder nur subjektiv auf der Basis fehlender objektiver Beweise treffen kann.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was sind geschichtswissenschaftlich untersuchbare, historische objektive Möglichkeiten?
In diesem Fall: Was bedeuten die Quellen, wenn Jesus a) nur Mensch war b) auch göttlich war.
Dass Jesus Mensch war, ist keine "historische objektive Möglichkeit", :lol: sondern eine historische Tatsache. Den mythologischen, wissenschaftlich nicht untersuchbaren Rest (Jesus halb Mensch, halb Gott etwa so wie Herakles) kannst Du in die Tonne kloppen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Für die INTERPRETATION biblischer Texte ist allein die EXEGESE zuständig
Es gibt viele Exegesen.
Du hast einen wichtigen Halbsatz nicht mitzitiert.

Meine Replik war eine Korrektur Deiner unrichtigen Behauptung, dass "die Theologie" den Begriff "Gottesreich" anders interpretiert als die HKM. "Die Theologie" interpretiert Bibeltexte nicht nur nicht anders, sondern überhaupt nicht. Und von abweichenden Begriffsdefinitionen angeblich "anderer Exegesen" ist mir nichts bekannt.


Ich gehe nach leidvoller Erfahrung davon aus, dass Du Deine Behauptung mal wieder nicht belegen kannst.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Natürlich ist es für einen Papst schlechterdings unmöglich, öffentlich einen eklatanten Irrtum Jesu einzugestehen.
Das hat er auch nicht vor.
Oooch! Was Du nicht sagst! :o

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Andreas
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#420 Re: Alles Teufelszeug? VIII

Beitrag von Andreas » Do 4. Jan 2018, 09:00

closs hat geschrieben:In diesem Fall: Was bedeuten die Quellen, wenn Jesus
a) nur Mensch war
b) auch göttlich war.
Das sind zwei Möglichkeiten, die vor 2000 Jahren gewesen sein können.
Das hatten wir doch einvernehmlich - also mit deiner Zustimmung - schon geklärt. :roll:

Frage: Was machen a) und b) für einen Unterschied bei der Beantwortung der Fragestellungen der HKM?

Historisch Kritische Methodenschritte
Nach Uwe Becker, Exegese des alten Testaments, dritte Auflage 2011, S. 8-9, von mir maximal komprimiert.
Prof. Dr. Uwe Becker ist evangelischer Theologe an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Lehrstuhl für Altes Testament.


Fragen nach der Textgeschichte

Textkritik
Was ist das für ein Text? Ausgabe des Druckes, sein Alter? Ausgehend von welchen Handschriften und deren Zuverlässigkeit? Nähe zur "Urfassung" und seine Entstehungszeit? Sprache hebr. aram. griech.?

Literarkritik
Eingebundenheit in größeren literarischen Zusammenhang? Text als Ganzes in sich selbst als Einheit verständlich? Spannungsbogen? Von einer Hand? Verarbeitete Quellen? Redaktionelle Bearbeitungen? Literarische Schichten?

Überlieferungsgeschichte
Mündliche Vorstufen? Anlass und Motivation der Verschriftlichung?

Redaktionsgeschichte
Werdegang bis zur Endgestalt des Textes? Motive und Intentionen der verschiedenen Redaktionsprozesse? Datierung der Redaktionsstufen in der Zeitgeschichte? Wachstum im Bezug zur Theologiegeschichte?

Fragen nach der Gestaltung der Texte

Formgeschichte
Textform bzw. Textgattung durch individuelle sprachliche Äußerung oder durch bestimmte Sprachkonventionen ausgestaltet? Lebenszusammenhang des Textes erkennbar?

Traditionsgeschichte
Geistige Heimat der Verfasser? Geistes-, theologie- oder religionsgeschichtliche Prägung ihrer Vorstellungswelt? Soziales Milieu der Verfasser? Angehöriger des Hofes, Priester, General, Rechtsgelehrter, Weisheitslehrer?

Antwort: Nicht den Geringsten

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