closs hat geschrieben:Einem sehr verständlichen Wunsch lovetrails folgend, hier ein Thema, das einige Atheisten/Agnostiker umtreibt.
Meine Eingangsthese dazu:
Der Mensch hat nichts anderes zur Verfügung als seine eigene Wahrnehmung/Messung und sein eigenes Denken. - Insofern gibt es nichts, was nicht im Inneren des Menschen thematisiert (und dementsprechend geglaubt oder nicht geglaubt) wird.
Ich werde mal versuchen, ein Gegenmodell zu Deinem, closs, zu entwerfen.
Tatsächlich hängt alles davon ab, was man unter "Wahrnehmung" versteht, unter "Denken", "Inneres des Menschen", "Mensch".
Selbst das Wort "glauben" ist nicht selbsterklärend.
Und das Wort "Gott" schon mal gar nicht.
Da so ein Gegenmodell nicht aus dem Ärmel zu schütteln ist, kann ich erst mal nur ein paar Vorüberlegungen anstellen.
Dieses Gegenmodell ist für mich kein endgültiges, ich möchte damit nur mal einen Versuch beginnen.
Also:
1. "Mensch" landläufig ist relativ klar. Will man aber damit beschreiben, wozu er fähig ist und was aus ihm werden kann, müssen wir sagen: Wir wissen es nicht.
Die Vorstellung "Mensch" ist also eine Arbeitshypothese, die niemals endgültig sein darf und auch so formuliert werden muss, dass sie offen
bleibt.
Bleibt sie nicht offen, liegt ein geistiges Verbrechen vor.
2. Was der Mensch alles verstehen und erkennen kann, wissen wir nicht.
Wir können Einzelbeobachtungen machen, aber ein Gesamtkonzept ist nicht möglich - wir wissen ja, dass das Lebewesen, das sich später "Mensch" genannt hat, sich immer entwickelt hat. Und in welche Richtung dieses Lebewesen sich weiterentwickeln wird, ist vielleicht erahnbar, aber darf nicht festgelegt werden.
Will jemand das festlegen und die Entwicklung steuern, ist er ein Verbrecher am Menschen und an Gott.
3. Die Hypothese "Gott" ist von Menschen gemacht worden, Tiere sind dazu wahrscheinlich nicht fähig.
Ob sie ein "Gottesbewusstsein" haben, wissen wir nicht, das hängt auch von dem ab, welche Merkmale dem "Bewusstsein" zugeschrieben werden.
Und es hängt davon ab, welche Merkmale wir dem "Gottesbewusstsein" zuordnen.
4. Was insgesamt in der Menschheit unter "Gottesbewusstsein" verstanden wurde, ist zumindest im Ansatz erforschbar.
Dazu kann das gehören, was manche als "Wahrnehmung" verstehen.
5. Wahrnehmung und Gottesbewusstsein können als untrennbar beobachtet werden.
Nichts, was der Mensch ist, ist nicht auch Gott. Nichts, was Gott ist, ist nicht auch Mensch.
Darum ist Wahrnehumg fähig, das zu erkennen, was als "Gott" bezeichnet werden kann.
Und
nur die Wahrnehmung ist dazu fähig.
6. Da der Mensch in seiner Gesamtheit unauslotbar ist, kann genau dies mit "Gottesbewusstsein" bezeichnet werden.
Unter "Wahrnehmung" könnte man also das verstehen, was genau dieses Gottesbewusstsein beinhaltet.
"Wahrnehmung" würde dann stets das Offene beinhalten.
7. Der Begriff "Gott" wurde von bestimmten Religionen kanalisiert und zubetoniert.
Mein Modell hier will das aufbrechen und unter den Beton schauen.
Darum verstehe ich unter "Gottesbewusstsein" in diesem Modell das, was das Offene präsentiert: den Versuch, jegliche Kanalisierung und Betonierung durch Religionen oder vereinzelte - größenwahnsinnige - Menschen zurückzuweisen.
8. Ich möchte - im Menschen selbst - das individuelle Bewusstsein und das "menschliche Bewusstsein" unterscheiden.
Das menschliche Bewusstsein in seiner Gänze - unauslotbar, da es sich ständig entwickelt - ist mit dem göttlichen Bewusstsein identisch.
Zu dieser Formulierung sehe ich mich insofern gezwungen, als ansonsten im Namen Gottes die Entfremdung des Menschen - er wird sich selber fremd - vorangetrieben wird. Es soll ein Keil zwischen ihm und seinem innersten Streben getrieben werden.
9. Aber nur der Mensch kann ein göttliches Bewusstsein haben - falls man das Selbstbewusstsein hinzunimmt -, und nur er kann den Menschen mit Definitionen so zubetonieren, dass dann zwar noch eine Kreatur weiter existiert, aber das Gottesbewusstsein ausgelöscht wird.
10. Das heißt, der Mensch hat es in der Hand, den Menschen zur Maschine zu machen und damit das Gottesbewusstsein - das Bewusstsein, dass der Mensch unauslotbar ist - rückgängig zu machen.
11. An diesem Ziel arbeiten Hand in Hand bestimmte religiöse Vorstellungen als auch unverantwortlich denkende Naturwissenschafts"fans".
Entzückt über die Möglichkeit, den Menschen nach eigenem Wunsch neu zu bauen, teilen letztere sich die Aufgabe mit denen, die "Mensch" als sündig etc. in die Knie zwingen wollen.
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Wie gesagt, Vorüberlegungen.