closs hat geschrieben:Methodisch schon - dass man dann irgendwann danach sagt, man sei offen für alles, ist Augenwischerei.
Mögest du der geduldige Mann sein, der versucht Grundlagen zu schaffen, darf ich dir zwei Beispiele leider unerkannter Setzung innerhalb der HKM nennen:
1. Die Einsetzungsworte beim Abendmahl
Viele Exegeten innerhalb der HKM betrachten die Worte Jesu als unauthentisch. Einziger Grund: Der Sühnegedanke sei mit Jesu Gottesbild (sic!) des barmherzigen Gottes und seiner Reich-Gottes-Botschaft unvereinbar.
Hier sind gleich drei Fehler erkennbar: Die Einsetzungsworte werden von denselben HKM-Exegeten als altes Überlieferungsgut erkannt, weil historisch näher an Jesus und im korrekten geschichtlich-literalen Kontext, als so manche seiner Worte, die aber als authentisch bezeichnet werden. Es wird hier also eindeutig die historische Methodik verlassen und eine interpretative angewandt. Ein weiterer Fehler: Die HKM kann von ihrer Methodik und ihrer naturalistischen Setzung her gar nicht Aufschluß über das Gottesbild Jesu geben. Der letzte Fehler: Man
interpretiert den Sühnegedanken und die Reich-Gottes Botschaft (diese im längst widerlegten eschatologischen Sinn) innerhalb der HKM und übernimmt diese Setzung, um dann eine Unvereinbarkeit beider Interpretationen zu erkennen. Ein hanebüchener Vorgang, der gerade von Neutestamentlern (Theologen, aber was wissen die schon) heftig kritisiert wird.
2. Der Antijudaismus Bultmanns
In der Nachschau konnte man aus dem schriftlichen Nachlass einige bedenkenswerte Texte sichern, die den Antijudaismus Bultmanns aufgrund seiner evangelischen Vorprägung aufzeigen. Dies darf nicht sein bedeutendes Werk schmälern, neue Impulse in die Bibel- und Leben Jesu-Forschung gebracht zu haben, sollte aber klarstellen, dass man auch in seinen Ausführungen so manche "Setzung" erwarten muss.
Der
"Illusion einer Identifizierung des Gottesvolkes mit einem empirisch-geschichtlichen Volk" stellt er gegenüber, dass
"das Volk Gottes, das wahre Israel, gegenwärtig ist in der christlichen Gemeinde".
(Glauben und Verstehen, Zweiter Band, J.C.B. Mohr, Tübingen 1952 S. 175, 182, 183).
Bultmann "forscht" mit dieser Einstellung, was man an einigen seiner Ergebnisse erkennt. Er will unbedingt eine Trennung zwischen dem jüdischen Volk und der biblischen Botschaft im NT. Er steht damit in einer langen Tradition, die das wahre Israel („verus Israel“) dem Christentum zuschlägt. Dies ist heute immer noch Meinung vieler Freikirchen und Sekten, aber nicht der Kirche. Das AT wird somit eine Art Provisorium, das sich nach seiner Aufhebung durch das NT sehnte.
Und dann kommen Kubitza-Jünger und postulieren dessen redliche, setzungsfreie "Forschung", obwohl es zur Eruierung seiner Vorprägung gar keiner Nachschau bedarf.
Gleichzeitig wird dann die Exegese jener, die ihre Setzungen darlegen (etwa Jesus ist göttlich), als "unredlich" tituliert, weil sie ja Setzungen verwenden. Wie lächerlich ist doch dieser Kindergeburtstag.
Servus
