Vor allem wollte er keine Loslösung vom Judentum. Wie alle religiösen Eiferer war er sogar um besonders strenge Auslegung der Gesetze bemüht (Thoraverschärfung). Er hielt es deshalb für notwendig, weil die Königsherrschaft unmittelbar bevorstand. Wer da nicht vorbereitet war, war dem Gericht verfallen. Man könnte ihn in gewisser Weise mit heutigen Mahnern und Rufern vergleichen, die das Ende der bestehenden Ordnung als unvermeidlich und kurz bevorstehend verkünden, wie etwa die Zeugen Jehovas.closs hat geschrieben:Richtig - das wollte er nicht. Es ist ihm sogar ganz besonders schmerzhaft, dass genau SEIN Volk nicht mitzieht.sven23 hat geschrieben:die Abspaltung ist posthum passiert, aber ohne seinen Willen.
Du verstehst das Grundproblem nicht. Die Kirche verkaufte den Bruch mit dem Judentum als von Jesus gewollt. Das war er mit Sicherheit nicht. Im Gegenteil verstand sich Jesus bis zu seinem Tod als gläubiger Jude.closs hat geschrieben:sven23 hat geschrieben:Man hat ihn seiner jüdischen Wurzeln beraubt und besitzt dann noch die Frechheit, sich auf ihn zu berufen.![]()
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- Das Judentum ist - wie man ja noch heute sieht - ihm NICHT gefolgt. - Wie hätte aus Deiner Sicht das Judentum aussehen müssen, dass es ihm
a) folgt und
b) er seiner Wurzeln NICHT beraubt ist?
Zur Klarstellung: Wenn das Oberhaupt der Christus-Nachfolge heute nicht Rom, sondern in Jerusalem säße, wäre das eigentlich der Idealfall gewesen. - Übrigens wollte auch Luther nicht den Katholizismus nach Wittenberg versetzen - ihm wäre ein geläutertes Rom lieber gewesen.
Es geht hier nicht ums Christentum, sondern um die Gründe, warum die meisten Juden ihm nicht folgten. Aus Sicht der Juden wäre der verheißene Messias niemals wie ein gewöhnlicher Verbrecher hingerichtet worden. Es war geradezu der Beweis für sie, dass er es nicht war.closs hat geschrieben:Jetzt hast Du das Christentum vollends nicht verstanden.sven23 hat geschrieben: Der schändliche Tod am Kreuz war für die Juden doch gerade der Beweis, dass er nicht der verheißene Messias sein konnte.
Die Forschung hats schon lange entschieden und mit ein bißchen gesundem Menschenverstand kann das auch einem Laien gelingen.closs hat geschrieben:Es kann auch Ausdruck der Erkenntnis sein, was Jesus eigentlich bedeutet hat. - Wer soll das entscheiden?sven23 hat geschrieben:Was du als spätere Quellen bezeichnest wie etwas das Johannesevangelium, war ja nichts anderes als ein legendenhaftes Weiterspinnen der Geschichten.
Bei Vergleichen hast du kein glückliches Händchen. Gerade weil die Forschung die geistigen Inhalte als eigenständige Theologie erkannt hat, zählt man dieses Evangelium nicht zu den synoptischen.closs hat geschrieben:Warum wohl? - Weil die historisch-kritische Forschung aufgrund ihres hermeneutischen Ansatzes keine geistigen Elemente berücksichtigen kann. - Dann ist halt der Benz-Patent-Motorwagen das Original und alle späteren automobilen Entwicklungen sind so gesehen in der Tat "Fälschungen".sven23 hat geschrieben:Deshalb gilt es in der Forschung als weitgehend freie Erfindung eines unbekannten Schreibers.
"Sowohl die literarische Gestalt als auch das theologische Profil des Joh sprechen dagegen, dass ein Augenzeuge und Jünger Jesu sein Verfasser war. Die Verkündigung des "Reiches Gottes", die nach dem Zeugnis der synoptischen Evangelien im Zentrum der Botschaft Jesu stand, fehlt im Joh fast vollkommen (nur 3,3.5). Dagegen verkündigt der joh Jesus sich selbst (vgl. vor allem die "Ich-bin-Worte" [6,35; 8,12; 10,7.11; 11,25; 14,6; 15,1]). Das ist im Grunde genommen auch das einzige Thema der Offenbarungsreden des Joh.
Sein theologisches Profil weist den Verfasser des Joh als einen Autor aus, der die Wirksamkeit Jesu mit erheblichem Zeitabstand und auf einem hohen Reflexionsniveau betrachtet. Damit dürfte er kaum zur Generation der ersten Zeugen gehören. Da der Verfasser intensiv Traditionen nutzt, deren Ursprung im hellenistischen Judentum zu suchen ist, war er selbst möglicherweise Judenchrist. Dafür könnte auch die Geschichte der Adressaten sprechen."
Quelle: Bibelwissenschaft.de
Man wird darin sozialisiert und empfindet es dann als selbstverständlich und hinterfragt es meist nicht. Das gilt aber für alle Religionen.closs hat geschrieben:Richtig - so wie die Juden zur Zeit Jesu Vorstellungen der AT-Ahnen hatten. - Und das entwickelt man halt oder nicht.sven23 hat geschrieben:Ein religiös unbelecktes Kind hat überhaupt keine Vorstellung von Gott. Der alte Mann mit Bart ist eine Vorstellung von Erwachsenen, die dem Kind dann vermittelt wurden.
Der Antichristvorwurf ist einfach nur albernes Kindertheater. Von der theologischen Fachwelt ist er zu Recht kritisiert worden. In der historischen Forschung kann er als Glaubensdogmatiker halt nicht mitreden.closs hat geschrieben:Das ändert doch nichts an meiner Aussage. Das ist Bierzelt-Niveau, auf das Du Dich da begibst. - Erwartest Du einen Abwatsch-Wettbewerb, bei dem am Ende sogar noch Ratzinger gewinnt, weil er die HKM in ihrer geistigen Einflussnahme als "Antichrist" bezeichnet?sven23 hat geschrieben:ganz konkret ist Ratzinger abgewatscht worden (und alle, die ihm in diesem Punkt das Wort reden)
Das ändert nichts daran, dass Gaubensdogmatiker und Kanoniker in der historischen Forschung nicht verloren haben.closs hat geschrieben:Genau da ist sie aber tief verankert - merke: "Glaube" ist nicht nur Gottesglaube, sondern sind auch methodische Festlegungen wie "Wir können Jesus nicht so interpretieren, als sei er göttlich". - Aus dieser Nummer kommt die HKM nicht raus - da sollte sie sich ihres Glashaus-Status bewusst sein (und ist es auch in Vertretern wie Theißen).sven23 hat geschrieben:Genau deshalb hat Glauenshermeutik nichts in der historischen Forschung zu suchen.
Nein, es ist genau der richtige Hebel zum Ansetzen. Ein schönes Beispiel ist die Hitlerbiografie von Joachim Fest. Wie man heute weiß, hat Fest die kritische Distanz zu dem interviewten Albert Speer vermissen lassen und seine Version ungeprüft übernommen. Das war ein großer Fehler.closs hat geschrieben:Auf reiner Sachebene kann man das unterschreiben - aber diese Ebene ist eh nicht das Problem - insofern setzt Du am falschen Punkt an.sven23 hat geschrieben:Deshalb wäre es sogar besser, wenn die historische Jesusforschung auch von unabhängigen Nichtgläubigen betrieben würde, weil sie mehr kritische Distanz bewahren können.
closs hat geschrieben:Da steckt sie aber tief drin. - Habe extra für Dich etwas von der Uni Konstanz gefunden, was dem in etwa entspricht, was wir früher gelernt haben (Methodikkurs, Uni Konstanz):sven23 hat geschrieben:Wir lernen daraus, dass man mit Glaubenshermeutik in historischen Wissenschaften nichts anfangen kann.
Historische Hermeneutik: Das Problem des "Verstehens" und "Erklärens"
Genau deshalb interessiert sich die Forschung für die urprüngliche Bedeutung eines Textes, um ihn besser verstehen zu können.
Mit späteren Umdeutungen und Verfälschungen funktioniert das nicht.