Alles Teufelszeug? III

closs
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#361 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 4. Jul 2016, 11:59

Münek hat geschrieben:"EISEGESE" bezeichnet eine Textauslegung, bei der etwas in den Text hineininterpretiert wird, das nicht darin steht oder gemeint war.
Da sind wir uns einig. - Aber woran erkennt man, ob etwas hinein interpretiert wird, was nicht darin steht oder gemeint war?

Darauf lautet die Antwort: Die Perspektive des Untersuchenden - konkret:

Ein HKM-ler liest aus seiner Perspektive heraus (nicht immer, aber gelegentlich) etwas anderes heraus als ein systematischer Theologe. Beide haben, wenn sie keine Fehler machen, aus ihrer Perspektive recht. - Mit anderen Worten: Was für den einen Exegese ist, ist für den anderen Eisegese - jeweils wohl begründet. - Mit anderen Worten: Es gibt keinen absoluten Maßstab, was Eisegese "ist".

Münek hat geschrieben:Was hätte Gott - gäbe es ihn - mit den Irrtümern eines Wanderpredigers zu tun? Nichts!
Aus Deiner Sichtweise richtig. - Wenn dieser Wanderprediger aber "Gottes Sohn" oder "inkarnierter Gott" wäre, dann hätte es alles mit Gott zu tun.

Deshalb sage ich doch:
Es ist ein Unterschied, man die Bibel unter der Setzung
a) Jesus ist nichts als ein Wanderprediger
b) Jesus ist "Gottes Sohn", Gott
interpretiert. - Es kommt jeweils ganz Unterschiedliches heraus.

Münek hat geschrieben:Wie kann man bei der eindeutigen Warnung Jesu gegenüber seinen Jüngern ...
Historisch-kritisch sagt Jesus erstmal NICHTS - was wir wissen, ist das, was Textverfasser Jesus in den Mund legen, weil sie es aus ihren Quellen und aus ihrer Sicht "so" verstehen. - Wir haben über Jesus ausschließlich Sekundär-Quellen.

Pluto
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#362 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mo 4. Jul 2016, 12:17

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"EISEGESE" bezeichnet eine Textauslegung, bei der etwas in den Text hineininterpretiert wird, das nicht darin steht oder gemeint war.
Da sind wir uns einig. - Aber woran erkennt man, ob etwas hinein interpretiert wird, was nicht darin steht oder gemeint war?

Darauf lautet die Antwort: Die Perspektive des Untersuchenden - konkret:

Ein HKM-ler liest aus seiner Perspektive heraus (nicht immer, aber gelegentlich) etwas anderes heraus als ein systematischer Theologe.
Das mag ja stimmen.
Der HKM-ler kann seine Interpretation aus dem Text sachlich begründen, der systematische Theologe kann das nicht, bzw. verwendet dazu seine auswendig gelernten Dogmen.
Merkst du den Unterschied?
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sven23
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#363 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 4. Jul 2016, 12:20

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Exakt das tut die Forschung und kommt zu dem Ergebnis, dass zur Glaubenswelt des Wanderpredigers die Naherwartung gehörte.
Würde sie das auch dann tun, wenn sie anders setzen würde und dementsprechend Jesus als Gott verstehen würde?
Habe ich doch beschrieben, das z. b Strauss dies gemacht hat. Er war übrigens gläubiger Theologe, d. h. er glaubte an einen Gott. Das bedeutet nicht automatisch, dass er den Wanderprediger als unehelichen Sohn Gottes akzeptieren muss, wie sie Kirche es von Anfang an weismachen wollte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: du kannst dabei nicht auf Augenhöhe mit der Forschung reden
Die Augenhöhe der Fundamental-Theologie ist auf einem höheren Level als die Augenhöhe der HKM. Ich sage das nicht, weil Fundamental-Theologie und HKM gegenseitig ausgespielt werden sollen, sondern weil die Fundamental-Theologie die Deuterin historisch-kritischer Vorarbeit ist - zumindest in der Theologie.
Ja, sie schwebt in höheren "Spähren", weil sie abgehoben und nichts mehr mit der Realität, dem was "der Fall" ist, zu tun hat.

closs hat geschrieben: Außerhalb der Theologie kann das ganz anders sein, weil der Historiker lediglich säkular beobachten kann und soll. Geht es aber um geistig-spirituelle Fragestellungen, kann eine rein historische Disziplin kein Taktgeber sein. - Es ist immer wieder dasselbe: Man muss Perspektiven unterscheiden.
Sag ich doch immer. Die glaubensdogmatische Perspektive kann der wissenschaftlichen nicht das Wasser reichen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wem es genügt, meinetwegen.
Das ist genau der umgekehrte Aufruf: Genügt es Euch, die Welt nur aus der EINEN Perspektive des säkular beobachtenden Historikers zu sehen, oder lasst Ihr Euch auf geistige Dimensionen ein? -
Kann es sein, dass du anspruchsvolle "geistige Dimensionen" mit "religious fiction" verwechselst?
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#364 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 4. Jul 2016, 14:56

Pluto hat geschrieben:Der HKM-ler kann seine Interpretation aus dem Text sachlich begründen, der systematische Theologe kann das nicht
Natürlich kann und tut sie es - nur begründet sie nicht vorrangig historisch-kritisch, sondern spirituell-geistig.

Pluto hat geschrieben:verwendet dazu seine auswendig gelernten Dogmen
Dogmen sind FOLGEN langer spirituell-geistiger Prozesse und nicht deren Voraussetzung.

sven23 hat geschrieben:Habe ich doch beschrieben, das z. b Strauss dies gemacht hat.
Ich habe ihn nicht gelesen. - Deinen sekundär-literarischen Anmerkungen entnehme ich jedoch, dass Strauss die HKM schulbuchmäßig durchgezogen hat und die Frage gemieden hat, wie es gehen kann, dass Jesus Gott wäre und gleichzeitig sich irren könnte. - Oder hat er eine Antwort darauf gegeben?

sven23 hat geschrieben:sie schwebt in höheren "Sphären", weil sie abgehoben und nichts mehr mit der Realität, dem was "der Fall" ist, zu tun hat.
Nein - weil sie nach "wirklicher" Realität sucht und nicht nur nach methodischer System-Realität.

sven23 hat geschrieben:Sag ich doch immer. Die glaubensdogmatische Perspektive kann der wissenschaftlichen nicht das Wasser reichen.
Umgekehrt gilt dasselbe - eine reine Glaubensfrage. Die eine glauben an diese Setzungen, die anderen an jene.

Damit kann ich übrigens gut leben - ärgerlich, da in höchstem Maße irreführend und selbst-immunisierend, ist lediglich, dass manche HKM-ler meinen, sie hätten KEINE Setzungen und hätten KEIN Glaubenssystem, wenn sie die HKM als höchste Instanz zum Verständnis der Bibel verstehen. - Da sind die Dogmatiker besser: Sie wissen, dass sie letztlich nichts wissen, sondern nur glauben können, was ihnen ihre systematische Theologie bringt.

sven23 hat geschrieben:Kann es sein, dass du anspruchsvolle "geistige Dimensionen" mit "religious fiction" verwechselst?
"Religious fiction" gibt es leider auch - man nennt das im Vulgär-Gebrauch heute "Esoterik". - Aber es gibt eben auch die authentische geistige Dimension - per HKM nicht unterscheidbar.

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#365 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 4. Jul 2016, 15:55

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Habe ich doch beschrieben, das z. b Strauss dies gemacht hat.
Ich habe ihn nicht gelesen. - Deinen sekundär-literarischen Anmerkungen entnehme ich jedoch, dass Strauss die HKM schulbuchmäßig durchgezogen hat und die Frage gemieden hat, wie es gehen kann, dass Jesus Gott wäre und gleichzeitig sich irren könnte. - Oder hat er eine Antwort darauf gegeben?.
Er hat genau das gemacht, was du immer gefordert hast: Version a: Jesus ist nur Wanderprediger, Version b: Jesus ist der Sohn Gottes.

closs hat geschrieben: Da sind die Dogmatiker besser: Sie wissen, dass sie letztlich nichts wissen, sondern nur glauben können, was ihnen ihre systematische Theologie bringt..
Genau das stimmt so nicht, wenn seitens der Kirche alles, was als unhistorisch entlarvt wurde, immer noch als historisch postuliert wird, nur um das konstruierte Glaubensgebäude am Einsturz zu hindern.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kann es sein, dass du anspruchsvolle "geistige Dimensionen" mit "religious fiction" verwechselst?
"Religious fiction" gibt es leider auch - man nennt das im Vulgär-Gebrauch heute "Esoterik". - Aber es gibt eben auch die authentische geistige Dimension - per HKM nicht unterscheidbar.
Na, die gibt's in der Bibel auch reichlich.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#366 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 4. Jul 2016, 16:04

sven23 hat geschrieben:Er hat genau das gemacht, was du immer gefordert hast: Version a: Jesus ist nur Wanderprediger, Version b: Jesus ist der Sohn Gottes.
Hat er dabei zweimal die HKM (o.ä.) angewendet? - Wenn ja: Wie soll dann Unterschiedliches rauskommen?

Wie soll die HKM (o.ä.) zu anderen Ergebnissen kommen, wenn sie zwar theologisch Jesus als Gott für möglich hält, aber methodisch gleich vorgeht? - Anders gesagt: WENN man "Jesus ist Gott" als EINE Möglichkeit zulässt, kann die HKM keine deutende, sondern nur eine deutungs-vorbereitende Rolle spielen.

Was kam bei Strauss für den Fall raus, dass Jesus Gott wäre? - Gibtst Du mir eine Antwort, kann ich Dir sagen, wie er methodisch vorgegangen ist.

sven23 hat geschrieben:Genau das stimmt so nicht, wenn seitens der Kirche alles, was als unhistorisch entlarvt wurde, immer noch als historisch postuliert wird
Nenne mir ein Dogma, in dem etwas historisch Falsifiziertes Gegenstand ist.

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#367 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von sven23 » Mo 4. Jul 2016, 17:05

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er hat genau das gemacht, was du immer gefordert hast: Version a: Jesus ist nur Wanderprediger, Version b: Jesus ist der Sohn Gottes.
Hat er dabei zweimal die HKM (o.ä.) angewendet? - Wenn ja: Wie soll dann Unterschiedliches rauskommen?

Wie soll die HKM (o.ä.) zu anderen Ergebnissen kommen, wenn sie zwar theologisch Jesus als Gott für möglich hält, aber methodisch gleich vorgeht? - Anders gesagt: WENN man "Jesus ist Gott" als EINE Möglichkeit zulässt, kann die HKM keine deutende, sondern nur eine deutungs-vorbereitende Rolle spielen.

Was kam bei Strauss für den Fall raus, dass Jesus Gott wäre? - Gibtst Du mir eine Antwort, kann ich Dir sagen, wie er methodisch vorgegangen ist..
Darauf werde ich noch näher eingehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das stimmt so nicht, wenn seitens der Kirche alles, was als unhistorisch entlarvt wurde, immer noch als historisch postuliert wird
Nenne mir ein Dogma, in dem etwas historisch Falsifiziertes Gegenstand ist.
NImm nur die Jungfrauengeburt, die auf einem Übersetzungsfehler beruht.
NImm das Johannesevangelium, das als weitgehend unhistorisch gilt, die Liste ist schier endlos.
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#368 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mo 4. Jul 2016, 17:12

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der HKM-ler kann seine Interpretation aus dem Text sachlich begründen, der systematische Theologe kann das nicht
Natürlich kann und tut sie es - nur begründet sie nicht vorrangig historisch-kritisch, sondern spirituell-geistig.
Was heißt in diesem Kontext geistig-spirituell, außer "Ich kann es zwa rnicht erklären, aber es ist so!" — Genau das ist dogmatische Anthropozentrik in Reinkultur.

closs hat geschrieben:Dogmen sind FOLGEN langer spirituell-geistiger Prozesse und nicht deren Voraussetzung.
Nein. Dogmen sind religiöse Lehrsätze die solange verkündet wurden bis die Verfasser selbst dran glaubten.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#369 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von closs » Mo 4. Jul 2016, 17:55

sven23 hat geschrieben:NImm nur die Jungfrauengeburt, die auf einem Übersetzungsfehler beruht.
Es ist eine einseitige, aber nicht falsche Übersetzung - meines WIssens bedeutet das betreffende Frau sowohl "Jungfrau" als auch "junge Frau".

sven23 hat geschrieben:NImm das Johannesevangelium, das als weitgehend unhistorisch gilt
Was heisst "unhistorisch"? - Wurde es nicht geschrieben? - Weiterhin: Meinst Du, dass Dogmen sich danach orientieren, ob geistige Inhalte historisch oder gleichnishaft vermittelt werden? - Außerdem gibt es keine "Dogma Johannes-Evangelium". - Ich bin bei Dir keinen Schritt weiter.

Pluto hat geschrieben:Was heißt in diesem Kontext geistig-spirituell, außer "Ich kann es zwa rnicht erklären, aber es ist so!"
Nee - es heisst: "Ich kann es sehr gut erklären, kann aber nicht wissen, sondern nur glauben, dass es so ist".

Pluto hat geschrieben: Dogmen sind religiöse Lehrsätze die solange verkündet wurden bis die Verfasser selbst dran glaubten.
Heidenei - das ist jetzt aber ein arg populistischer Spruch.

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#370 Re: Alles Teufelszeug? III

Beitrag von Pluto » Mo 4. Jul 2016, 19:07

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was heißt in diesem Kontext geistig-spirituell, außer "Ich kann es zwar nicht erklären, aber es ist so!"
Nee - es heisst: "Ich kann es sehr gut erklären, kann aber nicht wissen, sondern nur glauben, dass es so ist".
Dann versuch es doch.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Dogmen sind religiöse Lehrsätze die solange verkündet wurden bis die Verfasser selbst dran glaubten.
Heidenei - das ist jetzt aber ein arg populistischer Spruch.
Das mag ja aus deiner Sicht so sein.
Aber kannst du ihn widerlegen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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