Thaddäus hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Ich ziele nicht auf „phänomenale Inhalte“ ab.
Das mag, sein, dass du nicht darauf "abzielst", dennoch musst du dich auf sie nachweislich beziehen, damit deine falsche Überzeugung überhaupt irgendeinen Sinn ergibt und falsch sein kann.
Ich kann mich gar nicht auf die „phänomenalen Inhalte“ beziehen, weil ich „sie“ nicht beschreiben kann (-> Qualia).
Ich kann mich nur auf die Situation beziehen, in der die „Überzeugung vom Vorhandensein von Etwas“ eine Rolle spielt.
Diese Situation spielst du in deinem Verstehen nach und bist dann der Überzeugung, zu wissen, worüber wir reden.
Tatsächlich aber kann ich dir meine „Rot-Vorhandenseinsüberzeugung“ nicht vermitteln und du mir deine genauso wenig.
Thaddäus hat geschrieben:Dabei ist es ganz und gar gleichgültig, ob diese Diskussion über deine Überzeugungen gerade real und wirklich stattfindet oder ob ich sie mir nur einbilde oder träume. In beiden Fällen sind die von mir rot gesetzten Überzeugungen von dir und meine Antwort auf sie phänomenale Inhalte meines Bewusstseins.
Du machst einen elementaren Fehler, wenn du dein Verstehen als Beweis für Vorhandensein, für Existenz ansiehst.
Das Verstehen in Form der „Überzeugung von Etwas“ sehe ich als den Basismechanismus an, um das „Umgehen mit phänomenalen Inhalten“ (insbesondere das „Vorfinden“) zu realisieren.
Wie ich schon geschrieben habe, geht es bei dieser Überzeugung nicht um eine Art „politischer Meinungsbildung“ sondern um einen Mechanismus, bei dem das Verstehen nur in eine ganz bestimmte Richtung ablaufen kann.
Dass in deinen Texten „rote Stellen“ sind, dass eine Röte vorhanden ist, sehe ich als reinen Verstehzwang an, um mit den Daten der Netzhaut optimal umzugehen. Selbstverständlich sind die Daten (elektrische Impulse) derart unterschiedlich, dass der „Verstehzwang einer Röte“ vollkommen sinnvoll ist, aber dennoch muss die „Röte“ selbst dabei nicht existent sein.
Lies mal über „Synästhesie“ nach. Dort werden teilweise einzelne Buchstaben in unterschiedlichen Farben „gesehen“, obwohl ein schwarzer Text vorliegt. Es ist nicht sinnvoll diese Situationen mit „Farbexistenzen“ zu erklären.
Insgesamt ist die „Überzeugung von Etwas“, also der Verstehzwang,
kein phänomenaler Inhalt, sondern ein spezieller Mechanismus im Umgang mit Bedeutungszusammenhängen.
Ich teile dir somit
keinen phänomenalen Inhalt mit, sondern die
Idee eines Ablaufmechanismuses.
Dass du der Überzeugung bist, aus meinem Text, phänomenale Inhalte aufzubauen, ist nicht weiter verwunderlich, denn dies folgt exakt dem Basismechanismus.
Wie dir sicherlich klar ist, wirst du Schwierigkeiten haben …
1…diese „phänomenalen Inhalte“ aufzufinden
2…zu beschreiben, nach was du eigentlich suchst
Das nennt man Qualia.
Das „Rätsel der Qualia“ sehe ich als ein Indiz für meine Vermutung, denn die „Überzeugung von Etwas“ (also der Verstehzwang) muss natürlich nur in dem Masse stattfinden, wie es für das Wahrnehmungssystem praktisch und ausreichend ist.
Der Verstehzwang, dass die „Röte“ irgendwie zu „sein scheint“ und dass sie sich glasklar von der „Irgendwie-Bläue“ unterscheidet, ist wohl vollständig ausreichend, ohne dass wir analysieren können müssen, wodurch sich „Röte“ auszeichnet und von „Bläue“ unterscheidet.
Wir haben keine Möglichkeit diese „Farb-Analysebarriere“ zu durchbrechen, weil es gar keine Details dazu gibt.
Man kann sich auch fragen, wieso wir „Röte“ so eindeutig als Farbeigenschaft identifizieren können, also der Bedeutungszusammenhang eindeutig klar ist, obwohl wir keine Ahnung haben, was „Röte“ ist, obwohl wir den Umgang mit „Röte“ nie lernen mussten, obwohl wir „Röte“ nie mit anderen „Phänomenen“, wie z.B. einem Geruch, verwechseln.
Meine Antwort lautet: „weil es ein Verstehzwang ist – so funktionieren wir“
Thaddäus hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben: Man muss sich klar machen, dadurch, dass es im Bewusstsein, also im Verstehen keinen Zusammenhang gibt, „was Farbe ist“ und nicht analysiert werden kann „wie Farbe ist“, muss „Farbe“ letztlich gar nicht hergestellt werden – wozu auch, das Bewusstsein braucht diese Details doch gar nicht.
Mir ist nicht ganz klar, was diese Aussage von dir bedeuten soll. Aber wenn du mit ihr das Vorhandensein von Farbeindrücken leugnen willst, dann wird es mir an dieser Stelle eindeutig zu bunt ...
Ich begründe hier das „Stattfinden von Qualia“, also das „Verstehen“ auf der einen Seite und das „Nicht-Analysieren-Können“ und „Keine-Ahnung-Haben“ auf der anderen Seite.
In unserem Bewusstsein müssen die „Phänomene“ nur über spezielle Verstehzusammenhänge vorliegen…
1…sie unterscheiden sich
2…sie sind vorhanden/real/existent
3…sie bedeuten etwas Konkretes
4…sie sind dinglich
5…sie liegen hier und jetzt vor
6…sie „wirken“ ein, werden also „aus einer Perspektive erfahren“
7…sie gehören zur Aussenwelt oder zur Körperwelt
(usw. usw.)
All das sind Einzelbedeutungszusammenhänge, die das Verstehen ausmachen und auch gleichzeitig einschränken, denn keine dieser Bedeutungen kann angezweifelt, sozusagen „abgeschwächt“ werden.
Was dazu nötig wäre, um so ein „Phänomen“ in der physikalischen Wirklichkeit tatsächlich aufzubauen, spielt nirgendwo im Bewusstsein eine Rolle – deshalb wissen wir es ja nicht.
Somit wäre es reine Energie- und Geschwindigkeitsverschwendung, eine Existenz herzustellen, wenn doch allein der Umgang mit den obigen Bedeutungszusammenhängen, in Form eines Verstehzwanges, ausreicht.
Ich denke, dieser Ansatz erklärt auch das Stattfinden von Träumen, von Halluzinationen, von Sinnestäuschungen, von Synästhesien, von Agnosien, von verletzungsbedingtem Verlust von Verstehfunktionen (einschliesslich Split-Brain-Effekten)
Ich vermute:
Das Gehirn lässt lediglich die relevanten Bedeutungszusammenhänge in einem Umfang stattfinden, wie sie, innerhalb des Gesamtsystems, eine Auswirkung auf nachfolgende Aktivitäten haben. Dadurch bilden sich die Verstehfähigkeiten.
Nach 640 Mio Jahren Gehirnentwicklung sind diese Fähigkeiten enorm und es scheint, als seien sie umfassend und ein verlässliches „Beweismittel“ für eine Mental-Existenz – aber das täuscht: letztlich handelt es sich immer noch „nur“ um Datenverarbeitung.
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Mir scheint, dein Problem im Nachvollziehen meiner Vermutung ist, dass du den Anspruch erhebst, dass alles, was sich in deinem Verstehen abspielt, auch genauso vorhanden sein muss.
Dieser Anspruch, diese Denkgültigkeit, ist in keiner Weise bewiesen.
Es gibt sogar Gegebenheiten, auf denen dieser Anspruch nicht aufbauen kann…
1…das aktive Gehirn, als einzig vorfindbare Existenz
2…der elektrische Impuls, also eine Codierung/Abstrahierung der eigentlich vorhandenen Sachverhalte
3…die evolutionäre Entwicklung der Wahrnehmung, die selbstorganisierend abgelaufen sein müsste und damit
niemals Zugang/Überblick zu den eigentlichen Existenzen haben konnte.