Alles Teufelszeug? X

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sven23
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#311 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von sven23 » Mo 6. Aug 2018, 19:30

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn die türkische Identität gleichbedeutend ist mit einen Despoten hofieren, dann kann etwas mit der Identität nicht stimmen.
Wertungen über Wertungen, die verfassungsmäßig nicht verbindlich sind. - Du darfst das alles MEINEN, aber es darf nicht Leitlinie für unsere freiheitliche Gesellschaft sein.
Ach, du meinst, Erdogan als Despoten zu bezeichnen sei unzulässig? Dann frag mal diejenigen, die in den Gefängnissen sitzen, ob sie das auch so sehen.
Von den Zigtausenden aus dem Staats- und Militärdienst entlassenen nicht linentreuen Beamten und Richtern ganz zu schweigen.
Gerade die Erdogan Anhänger fordern hier Rechte ein (die sie auch bekommen), die sie aber ihren türkischen Landsleuten vorenthalten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eben, genau das sagen die Ergebnisse der historischen Jesusforschung. Der historische Jesus und die kirchliche Lehre haben nicht viel gemeinsam.
:D - Die inquisition war keine spirituelle Lehraussage, sondern ein machtpolitisches Instrument -
Eben, es ging allein um Machterhalt und heiligte der Zweck die Mittel. Wie man heute sagen würde: es war ein Unrechtssystem.

closs hat geschrieben: - Das heißt NICHT, dass auf spirituellem Gebiet Jesu Lehre und die Lehren der großen Theologen getrennt zu betrachten wären. - Du musst nicht versuchen, aus allem irgendein Kapital zu ziehen.
Die Ergebisse der historischen Jesusforschung sind nun mal, wie sie sind. Und danach blieb in der kirchlichen Lehre nicht mehr viel vom Wanderprediger und seiner Lehre übrig.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist aber ein vielsagendes Indiz für die verknöcherte Struktur der RKK, wenn sie fast 400 Jahre für eine Rehabilitation benötigt.
Mit anderen Worten: Ich vermute, dass das Ding bei der RKK einfach jahrhundertelang liegengeblieben ist.
Ja klar, die Leichen im Keller "vergißt" man nur allzu gerne.

closs hat geschrieben: - Allerallerallerspätestens seit 1492 war es eine Gemeingut, dass die Erde rund ist (weil man meinte, Kolumbus habe Indien vom Osten her entdeckt) - und da ist noch gar nicht eingepreist, dass es die RKK bereits vor Galilei wusste.
Die Kugelform der Erde war nicht das Thema, sondern die aus kirchlicher Sicht Ungeheuerlichkeit, dass Gott die Krone der Schöpfung nicht ins Zentrum des Universums platziert hat, sondern auf einem kleinen, unbedeutenden Nebenschauplatz. Das war der Kirche und ihrem Machtanspruch nicht zuzumuten.


closs hat geschrieben: Roland hat ganz richtig zitiert:
"Es gab nur Plausibilitätsargumente, die nicht stark genug waren, um in der damaligen Zeit "das Leben, den Glauben, die Sicherheit des »ungebildeten Pöbels« zu erschüttern" so Feyerabend. - Mit anderen Worten: Es ging hier nicht nur um naturwissenschaftliche, sondern vor allem gesellschaftliche Fragen.
Nee, es ging hier vor allem um glaubensideologische und machtpolitische Fragen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#312 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von sven23 » Mo 6. Aug 2018, 19:42

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Und exakt so war es auch.
So war es eben nicht, sonst hätte man andere Hypothesen nicht mit Folter und Tod bedrohen müssen.
Doch exakt so war es! Einzig das Herausposaunen, er haben den Beweis erbracht, dass sich die Erde um die Sonne dreht, wurde ihm vorgeworfen. Denn das war schlicht falsch. Er blieb im Verfahren den Beweis schuldig.
Trotzdem ist das heliozentrische Modell das richtige.
Die Schleifenbewegung von Jupiter war mit dem geozentrischen nicht erklärbar, also ein starkes Indiz, dass es nicht stimmig war.

Roland hat geschrieben: Nebenbei schrieb er, dass er den Beweis mit dem von ihm erfundenen Fernrohr geführt habe (das in Wahrheit schon zwei Jahre vor Galilei als holländische Erfindung auf der Frankfurter Messe im Dutzend verkauft worden war).
Ja klar, und ein Jahr zuvor konnte man es bei Amazon bestellen. :lol:
Was ändert es daran, dass er die Fernrohre selbst gebastelt und sogar die Linsen selbst von Hand geschliffen hat?


Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Paul Feyerabend zitiert den Inquisitor Kardinal Bellarmine im Fall Galilei, der schreibt, dass, wenn es einen wirklichen Beweis gäbe, dass sich die Erde um die Sonne drehen würde, man bestimmte Bibelstellen "mit großer Vorsicht" anders interpretieren müsse, bzw. man zugeben müssen, dass man sie nicht richtig verstanden habe. Einem wissenschaftlichen Beweis hätte sich die Kirche nicht widersetzt. Nur: Solche Beweise langen schlicht nicht vor!
Es lagen aber starke Indizien (wie die Schleifenbewegungen des Jupiter) vor, dass das geozentrische Modell falsch sein mußte.
Indizien sind eben keine Beweise.
Aber starke Indizien, dass mit dem bestehenden Modell etwas nicht stimmen konnte.
Warum mischte sich die Kirche überhaupt ein, wenn es ein wissenschaftlicher Streit war? :roll:

Roland hat geschrieben: Feyerabend in "Wider den Methodenzwang" über das Urteil im Prozess von 1616:
"Dieses Urteil wurde ohne Beachtung theologischer Prinzipien allein aufgrund der wissenschaftliche Situation der Zeit gefällt. Es wurde von vielen hervorragenden Wissenschaftlern geteilt – und es war korrekt: gemessen an den damals bekannten Tatsachen und Gesetzen war die Idee von der Bewegung der Erde in der Tat … absurd".
Auch Werner Heisenberg nannte das Inquisitions-Urteil von 1616 eine vertretbare Entscheidung.
Und der Holocaust war aus Sicht der Nazis eine vertretbare Entscheidung. Nur was sagt das aus? :roll:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Von Verfolgung kann nicht die Rede sein.
Nö, die Androhung von Folter kann man nicht als Verfolgung werten.
Die gab es auch im ersten Verfahren nicht.
Dann eben im zweiten, was ändert das? :roll:

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nein, das geozentrische Weltbild war, nach damaligem Kenntnisstand, auch wissenschaftlich gesehen, mit dem heliozentrischen mindestens auf einer Ebene.
Wenn sie auf einer Ebene waren, gab es keinen Grund, die andere Hypothese mit Folter und Tod zu bedrohen.
Wie nun mehrfach gezeigt, war die Hypothese nicht verboten. Urban III war ein Förderer Galileis und hat ihn ausdrücklich "ermutigt über das kopernikanische System zu publizieren, solange er dieses als Hypothese behandele" (Wikipedia).
Warum hält sich die Kirche nicht aus einem wissenschaftlichen Streit heraus?

Roland hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wie gesagt, kann man bestimmte Biblstellen geozentrisch interpretieren. Aber genauso kann man diese Stellen auch anders interpretieren, das wusste bereits der Inquisitor Bellarmine, siehe oben. Es gibt keine einzige Aussage in der Bibel, die unmissverständlich den Geozentrismus als Wahrheit verkündet.
Dann wäre die Dummheit und Borniertheit der Kirche um so unverständlicher.
Unsinn. Dann müsste man fast die gesamte Wissenschaft der damaligen Zeit ebenfalls als dumm und borniert bezeichnen. Denn sie vertrat ebenfalls den Geozentrismus.
Ja und? Haben die geozentrischen Wissenschaftler die Verfolgung Andersdenkender gefordert oder die Kirche?
Zumal sie ja auch noch im Unrecht war.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#313 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von sven23 » Mo 6. Aug 2018, 19:59

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Und warum schreibst du dann? :roll:
Der noch aufgeklärtere Mensch weiß,
a) dass sich Sonne und Erde gegenseitig umkreisen,
Weil die Rotationsachse nicht durch den Mittelpunkt der Sonne durchgeht. :lol:

Das Baryzentrum ändert nichts daran, dass die Sonne die Erde nicht umkreist, denn closs schrieb:

Der noch aufgeklärtere Mensch weiß,
a) dass sich Sonne und Erde gegenseitig umkreisen,


als closs merkte, dass er mal wieder Unsinn verzapft hat, wollte er korrigieren:

1) Das hat niemand behauptet - "gegenseitig" ist etwas anderes.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:closs schießt irgendwas auf der Hüfte, was sich dann als falsch herausstellt
Es ist RICHTIG. :lol:
Siehe oben. Genau das ist das closssche Herumgeeiere. Was denn nun? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ja, was sonst?
Du KENNST anscheinend nur das astrophsikalische Modell, weil Du NUR astrophsikalisch denkst - dabei stehst auch Du morgens auf und siehst NICHT, dass sich die Erde um die Sonne dreht, sondern dass die Sonne im Osten aufgeht, also sich halbkreis-ähnlich um Dich, also die Erde, dreht. - Was Du da siehst, ist NICHT eine Täuschung.
Dass man diese geozentrische Wahrnehmung heliozentrisch mit einem astrophysikalischen Modell übersetzen kann, wissen wir alle - aber trotzdem gibt es diese beiden Modelle, von denen keines "falsch" ist. - Der Unterschied beider Modelle: Je nach Fragestellung ist das eine oder das andere sinnvoller.
Ähm, das heliozentrische Modell ist immer noch falsch, egal wann du morgens aufstehst. :roll:
Womöglich haben dich die Russen mit ihrem Modell kontaminiert. :lol:

https://www.n-tv.de/wissen/Sonne-dreht- ... 68426.html


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genauer gesagt: wer es unter "ontischen Wirklichkeitsgesichtspunkten" geozentrisch versteht, der hat erheblichen Nachholbedarf.
Falsch. - "Ontisch" umschreibt "Wirklichkeit" - und Modelle sind Beschreibungen der Wirklichkeit und nicht selbst Wirklichkeit. - Es ändert sich NICHTS an der Wirklichkeit, ob man sie heliozentrisch oder geozentrisch beobachtet.
Richtig, es bleibt in jedem Fall heliozentrisch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Gerade aus ontischen Gründen ist es relevant.
NEIN. - "Ontisch" ist, DASS jemand tot ist. - WARUM er tot ist, ist keine ontische Größe, sondern eine Wahrnehmungs-, also Reflexions-Größe. - "Wirklichkeit" beobachtet und beurteilt sich nicht selber.
Da hast du wahrscheinlich mal wieder eine selbst zusammengebastelte Definition von Ontologie.

Die naturwissenschaftliche Ontologie geht davon aus, dass das Seiende von den empirischen Wissenschaften behandelt wird, von der Physik bis zu den Sozialwissenschaften und der Ökonomie. Eine moderne Ontologie sollte sich daher an den Erkenntnissen dieser Wissenschaften orientieren. Diese Ontologie ist sehr allgemein und behandelt diejenigen naturwissenschaftlichen Fragestellungen, die über die Einzelwissenschaften hinausreichen, also die gesamte Realität des Seins und Werdens betreffen. Sie kann anhand ihrer Übereinstimmung mit den Einzelwissenschaften geprüft werden.
Quelle: Wikpedia

Ontologie ist also viel konkreter und nicht so nebulös, wie closs es gern hätte.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Man will also wissen, was der Fall ist. (Ontische Wirklichkeit)
NEIN. - "WAS der Fall" ist hat nichts mit "WARUM der Fall" zu tun. - Du sagst "was der Fall ist" und meinst "Warum der Fall ist".
Nein, siehe oben.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Zu dem, was der Fall ist, gehört die Kausalität dazu
NEIN - eben NICHT. - "WAS der Fall ist" ist "nur" das Phänomen: "Auto - Baum - bumm". - Das Warum dazu ist kein Phänomen, sondern eine logische Beziehung, die man reflektierend ermittelt - reine Subjekt-Sache.
Doch, siehe oben.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es ist der Mensch, der wissen will, was der Fall ist. Und dazu gehört die Kausalität wie die Luft zum Atmen.
Ja - Erkennen von Kausalität ist ein hoher wissenschaftlicher Anspruch, von dem aber "das,was der Fall ist," nicht abhängig ist. - Für UNS mag es dazu gehören wie die Luft zum Atmen - aber nicht für die Wirkllichkeit.
Ohne Kausalität weißt du gar nicht was der Fall ist, du hast also nur einen kleinen und womöglich falschen Ausschnitt der Wirklichkeit.
Siehe oben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#314 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Mo 6. Aug 2018, 20:06

sven23 hat geschrieben:Ach, du meinst, Erdogan als Despoten zu bezeichnen sei unzulässig?
Natürlich ist es zulässig, aber es spielt keine Rolle bei den Integrations-Fragen.

sven23 hat geschrieben:Dann frag mal diejenigen, die in den Gefängnissen sitzen, ob sie das auch so sehen.
Ist nicht nötig - sie sehen ERdogan als Despoten und haben guten Grund dafür.

sven23 hat geschrieben: es ging allein um Machterhalt und heiligte der Zweck die Mittel.
Das spielte ganz sicher eine große Rolle - aber das war nicht alles. - Roland hat dazu einige guten und differenzierten Dinge gesagt.

sven23 hat geschrieben:Wie man heute sagen würde: es war ein Unrechtssystem.
So gesehen gab es nichts, was KEIN Unrechtssystem war - mit heutiger Hermeneutik kommt man hier nicht sehr weit.

sven23 hat geschrieben:Die Ergebisse der historischen Jesusforschung sind nun mal, wie sie sind. Und danach blieb in der kirchlichen Lehre nicht mehr viel vom Wanderprediger und seiner Lehre übrig.
Auch hier: Das ist EIN spezifisches Modell mit EINER spezifischen Hermeneutik, die zu gut recherchierten Sachergebnissen kommt. - Wie all das in Bezug auf die Wirklichkeit zu interpretieren ist, ist eine ganz andere Sache.

sven23 hat geschrieben:Ja klar, die Leichen im Keller "vergißt" man nur allzu gerne.
Natürlich hätte man dieses Thema auch schon vor 300 Jahren abschließen können, hat man aber nicht. - Aber daraus ein Argument für oder gegen etwas zu machen, ist etwas flachbrüstig.

sven23 hat geschrieben:Die Kugelform der Erde war nicht das Thema, sondern die aus kirchlicher Sicht Ungeheuerlichkeit, dass Gott die Krone der Schöpfung nicht ins Zentrum des Universums platziert hat
EBEN. - Und somit sind wir beim eigentlichen Thema, zu dem es vieles zu sagen gäbe: Welches Modell gibt das Verhältnis Gott - Mensch besser wieder?

sven23 hat geschrieben:es ging hier vor allem um glaubensideologische und machtpolitische Fragen.
Das ist zu wenig - Roland ist da schon auf der richtigen Spur.

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#315 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Mo 6. Aug 2018, 20:19

sven23 hat geschrieben:wollte er korrigieren
Closs hat korrigiert, dass "A umkreist B" etwas anderes ist als "A und B umkreisen sich gegenseitig".

sven23 hat geschrieben:Richtig, es bleibt in jedem Fall heliozentrisch.
Immer wieder: Du hängst an der Unfähigkeit der Unterscheidung zwischen "Wirklichkeit" und "Modell".

sven23 hat geschrieben:Da hast du wahrscheinlich mal wieder eine selbst zusammengebastelte Definition von Ontologie.
Nee - ich verstehe es fundamental. - Was DU zitierst, ist eine Umkehrung davon und damit eine der größten philosophischen Unverschämtheiten:

Während "Sein" fundamental das ist, was unabhängig von unseren Erkennntismöglichkeiten der Fall ist, wird hier das Sein als Büttel der Wissenschaft versklavt. - In anderem Kontext würde man von schwerem Missbrauch sprechen. - Aber es erklärt, warum Leute wie Du (und Du bist wahrlich nicht die Ausnahme) "Sein" und "wissenschaftlich-methodische Ergebnisse" nicht mehr unterscheiden können. - Mir ist selten eine derart philosophisch gestützte Verdummung untergekommen.

Mit anderen Worten: Wenn DAS "ontisch" ist, was Du zitierst, ist dieses Wort schlicht und ergreifend nicht nötig und sinnlos.

closs hat geschrieben:Ohne Kausalität weißt du gar nicht was der Fall ist
Total falsch. - Du verwechselst WAS (das Phänomen) und die begründende Wahrnehmung davon (das WARUM).

HÄTTEST Du recht, wäre nur das existent, was der Mensch kausal erkennt --- möglicherweise erst ab dann. :lol: --- Totale Unterwerfung unter eine Ideologie. ---- Anthropozentrismus at its best.

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#316 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Roland » Mo 6. Aug 2018, 21:12

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Doch exakt so war es! Einzig das Herausposaunen, er haben den Beweis erbracht, dass sich die Erde um die Sonne dreht, wurde ihm vorgeworfen. Denn das war schlicht falsch. Er blieb im Verfahren den Beweis schuldig.
Trotzdem ist das heliozentrische Modell das richtige.
Die Schleifenbewegung von Jupiter war mit dem geozentrischen nicht erklärbar, also ein starkes Indiz, dass es nicht stimmig war.
Wegen einzelner falsifizierender Daten bricht ein Paradigma nicht so schnell zusammen.
Zum damaligen Zeitpunkt und nach damaliger Datenlage, war das heliozentrische Weltbild nicht beweisbar und es war sogar im Ganzen unplausibler, als das geozentrische.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Nebenbei schrieb er, dass er den Beweis mit dem von ihm erfundenen Fernrohr geführt habe (das in Wahrheit schon zwei Jahre vor Galilei als holländische Erfindung auf der Frankfurter Messe im Dutzend verkauft worden war).
Ja klar, und ein Jahr zuvor konnte man es bei Amazon bestellen.
Er wusste genau, dass er das Fernrohr nicht erfunden hatte und ebenso, dass er damit das kopernikanische Weltbild nicht beweisen konnte. Trotzdem setzte er diesen Schwindel gleich aufs Titelblatt seiner Sensations-Schrift "sidereus nuncius" und versprach "magna, longeque admirabilia spectacula", also große Sensationen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:Indizien sind eben keine Beweise.
Aber starke Indizien, dass mit dem bestehenden Modell etwas nicht stimmen konnte.
Warum mischte sich die Kirche überhaupt ein, wenn es ein wissenschaftlicher Streit war?
Das waren andere Zeiten. Die Kirche war damals in weltanschaulichen Fragen eine gewichtige Stimme in der gesamten Bevölkerung, quer durch alle Schichten und sowohl Kopernikus, Galilei, Kepler und Newton, waren gläubige Christen.
Heute ist die Kirche oft nur noch Kopfnicker und passt sich wissenschaftlichen Vermutungen und Hypothesen mit hängender Zunge an.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Feyerabend in "Wider den Methodenzwang" über das Urteil im Prozess von 1616:
"Dieses Urteil wurde ohne Beachtung theologischer Prinzipien allein aufgrund der wissenschaftliche Situation der Zeit gefällt. Es wurde von vielen hervorragenden Wissenschaftlern geteilt – und es war korrekt: gemessen an den damals bekannten Tatsachen und Gesetzen war die Idee von der Bewegung der Erde in der Tat … absurd".
Auch Werner Heisenberg nannte das Inquisitions-Urteil von 1616 eine vertretbare Entscheidung.
Und der Holocaust war aus Sicht der Nazis eine vertretbare Entscheidung. Nur was sagt das aus?
Nein, der Holocaust ist aus heutiger Sicht keine vertretbare Entscheidung. Das Ergebnis der Inqusistion um Galilei von 1616, ist es auch aus heutiger Sicht noch.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Die gab es auch im ersten Verfahren nicht.
Dann eben im zweiten, was ändert das?
Im ersten Verfahren ging es um die Sache, wurde die kopernikanische Lehre untersucht und kritisiert. Im zweiten ging es um Galileis Versprechen, diese Lehre nicht als Tatsache darzustellen sondern als Hypothese und darum, dass er dieser Auflage nicht nachgekommen war. Hier hatte er sich natürlich seinen ehemaligen Förderer bereits zum Feind gemacht, weil er ihn öffentlich als Tölpel hingestellt hatte. Galilei hat die Machtdemonstration der Kirche quasi unumgänglich selbst herbeigeführt. Die Zeiten waren eben andere…

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Wie nun mehrfach gezeigt, war die Hypothese nicht verboten. Urban III war ein Förderer Galileis und hat ihn ausdrücklich "ermutigt über das kopernikanische System zu publizieren, solange er dieses als Hypothese behandele" (Wikipedia).
Warum hält sich die Kirche nicht aus einem wissenschaftlichen Streit heraus?
Damals war das alles, wie gesagt, sehr verwoben aber auch heute muss man sagen: Wissenschaft ist die Fortsetzung der Philosophie mit anderen Mitteln und ihre Aussagen haben immer auch weltanschauliche Implikationen. Wenn die Kirche sich aus diesen weltanschaulichen Fragen heraushält, bzw. immer nur nickt, kann sie sich auch gleich auflösen.

sven23 hat geschrieben:
Roland hat geschrieben: Unsinn. Dann müsste man fast die gesamte Wissenschaft der damaligen Zeit ebenfalls als dumm und borniert bezeichnen. Denn sie vertrat ebenfalls den Geozentrismus.
Ja und? Haben die geozentrischen Wissenschaftler die Verfolgung Andersdenkender gefordert oder die Kirche?
Nicht Verfolgung sondern Untersuchung, Diskussion, mit dem Ergebnis, dass Galilei damals keine Beweise hatte. Mit diesem Ergebnis hätte es, bis zum endgültigen Beweis, sein Bewenden haben können. Aber das entsprach nicht dem cholerischen Charakter des Galileo Galilei.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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#317 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Münek » Mo 6. Aug 2018, 22:12

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: die RKK habe schon vor Galilei "implizit das kopernikanische System anerkannt
NAturalistisch hat sie das in der Tat.
Sorry - selten ist mir ein solch dämlicher Versuch einer Geschichtsklitterung vor Augen gekommen. Galilei musste den von Kopernikus vertretenen "naturalistischen" Thesen abschwören, um den Scheiterhaufen zu entgehen. Schon wieder vergessen?

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: der aufgeklärte Mensch weiß natürlich, dass die Erde die Sonne umkreist und nicht umgekehrt
Der noch aufgeklärtere Mensch weiß, dass sich Sonne und Erde gegenseitig umkreisen.
Das glaubst Du doch selbst nicht.

In welchen "aufgeklärten" esoterischen Kreisen verkehrst Du, in denen so etwas allen Ernstes behauptet wird?


closs hat geschrieben: und dass spätestens seit Einstein dem letzten Aufgeklärten klar sein sollte, dass Perspektive eine Sache des Standpunkts ist.
Das war schon vor Einstein ein Allgemeinplatz.

Wenn ich vom Eiffelturm herunterblicke, habe ich einen anderen Blickwinkel, eine andere Sicht, als wenn ich von unten zum Eiffelturm hinaufschaue.


closs hat geschrieben:Konkret: Naturwissenschaftlich ist das heliozentrische Modell natürlich das weit sinnvollste - geistig kann das ganz anders aussehen.
Galilei hat weder ein "geistiges" heliozentrisches Sonnensystem postuliert noch hat die Inquisition in ihrer Anklageschrift ein solches gemeint.

Was bei Dir nicht bis drei auf dem Baum kommt, wird von Dir gnadenlos "vergeistigt". Diese leicht zu durchschauende Vorgehensweise wird
unter dem Begriff "Selbstimmunisierungs-Strategie" (= Schutz vor Ideologiekritik) subsumiert.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Bibelautoren wussten das selbstverständlich NICHT.
Ja und?
Was heißt hier "ja und". Das heißt nicht mehr und nicht weniger: Der "Heilige Geist" war ein miserabler Kosmologe. Der hatte - astrophysikalisch gesehen - von Tuten und Blasen keine Ahnung.

closs hat geschrieben:Sie haben das damals bekannte Weltbild als Chiffren-Fundus für ihre geistigen Aussagen verwendet.
Nö - die Verfasser des Schöpfungsmythos´ gingen von der Historizität ihres Berichtes aus - von etwas tatsächlich in Raum und Zeit vor 6000 Jahren Geschehenem. Von "geistigen" Aussagen der Autoren kann überhaupt nicht die Rede sein.

Wer vertritt diese obskure Auffassung außer Dir? Die katholische Kirche und die Zeugen Jehovas jedenfalls nicht. :)

closs hat geschrieben:Würde heute die Bibel heute ganz neu geschrieben werden, würde man das heute bekannte Weltbild als Chiffren-Fundus verwenden - geistig käme dasselbe raus.
Gäbe es das altehrwürdige "Alte Testament" NICHT - KEIN Mensch käme heutzutage auf den verrückten Gedanken, auf die hirnrissige Idee, eine jüdische BIBEL mit Schöpfungsmythen zu schreiben.

SilverBullet
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#318 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von SilverBullet » Mo 6. Aug 2018, 22:12

Roland hat geschrieben:Hier hatte er sich natürlich seinen ehemaligen Förderer bereits zum Feind gemacht, weil er ihn öffentlich als Tölpel hingestellt hatte. Galilei hat die Machtdemonstration der Kirche quasi unumgänglich selbst herbeigeführt. Die Zeiten waren eben andere…
Wie ist es zu verstehen, dass „der Stellvertreter des Schöpfers“ durch das Verhalten eines guten Analytikers (keine Frage, diese Leute sind oftmals schwierig, weil sie sichere Abkürzungen nehmen und nicht nachvollziehen können, wie man „absichtlich“ in der Ahnungslosigkeit bleibt) derart provoziert wird, dass die Wahrheit unterdrückt wird?

War der Papst ein Tölpel?

Wieso wissen wir nicht seit 2000 Jahren, wie das Universum funktioniert?
Wieso wissen wir nicht seit 2000 Jahren, wie ein Mensch funktioniert?

Wieso gibt es Menschen, die analysieren und etwas aufdecken, so dass die Kirche „nur nicken kann“?

Roland hat geschrieben:Wenn die Kirche sich aus diesen weltanschaulichen Fragen heraushält, bzw. immer nur nickt, kann sie sich auch gleich auflösen.
Was hat die Kirche beizutragen?

Reaktionen zu denen man nachträglich sagen muss „naja, sie wussten es halt nicht besser“?

Roland hat geschrieben:Nicht Verfolgung sondern Untersuchung, Diskussion, mit dem Ergebnis, dass Galilei damals keine Beweise hatte. Mit diesem Ergebnis hätte es, bis zum endgültigen Beweis, sein Bewenden haben können. Aber das entsprach nicht dem cholerischen Charakter des Galileo Galilei.
Der „Stellvertreter des Schöpfers“ braucht einen Beweis, wenn es um die Wahrheit rund um „die Schöpfung“ geht – interessant, das kann man nicht gerade als „direkten Draht zum Urheber“ bezeichnen.

Müsste das nicht eine gewisse Bewegung innerhalb einer Phalanx an Dominosteinen sein, die dadurch ein „spektakuläres Tänzchen“ aufführen sollten?

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#319 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von closs » Mo 6. Aug 2018, 23:16

Münek hat geschrieben: Galilei musste den von Kopernikus vertretenen "naturalistischen" Thesen abschwören, um den Scheiterhaufen zu entgehen.
Schon richtig. - Ich habe gemeint: Die Kirche hat es für sich selber schon gewusst - Galilei musste nicht abschwören, weil er damit INHALTLICH die Kirche erschreckt hat, sondern damit die geistige Chiffren-Welt durcheinander geriet.

Münek hat geschrieben: closs hat geschrieben:

Münek hat geschrieben:
der aufgeklärte Mensch weiß natürlich, dass die Erde die Sonne umkreist und nicht umgekehrt

Der noch aufgeklärtere Mensch weiß, dass sich Sonne und Erde gegenseitig umkreisen.


Das glaubst Du doch selbst nicht.
Och Mann - manchmal ist es schon echt deprimierend. -Guckst Du, was Rotationsachse ist - weißt Du, was Closs meint.

Münek hat geschrieben:In welchen "aufgeklärten" esoterischen Kreisen verkehrst Du, in denen so etwas allen Ernstes behauptet wird?
Wir sind hier in der Physik. - Warum meint Ihr eigentlich, dass alles, was Ihr nicht kapiert, "esoterisch" wäre?

Münek hat geschrieben:Wenn ich vom Eiffelturm herunterblicke, habe ich einen anderen Blickwinkel, eine andere Sicht, als wenn ich von unten zum Eiffelturm hinaufschaue.
Siehst Du: Genau so ist es. - Und wenn Du aus Sicht der Astrophysik auf die Sonne guckst, hast Du einen ganz anderen Blickwinkel, als wenn Du als Mensch im Alltag nach ob guckst.

Münek hat geschrieben:Galilei hat weder ein "geistiges" heliozentrisches Sonnensystem postuliert noch hat die Inquisition in ihrer Anklageschrift ein solches gemeint.
:lol: Stimmt. - Wie kommst Du auf SOwas?

Münek hat geschrieben:Der "Heilige Geist" war ein miserabler Kosmologe. Der hatte - astrophysikalisch gesehen - von Tuten und Blasen keine Ahnung.
Das kannst Du nur sagen, weil Du derart eindimensional kontaminiert bist, dass Du nur naturwissenschaftlich denken kannst.

Münek hat geschrieben:Von "geistigen" Aussagen der Autoren kann überhaupt nicht die Rede sein.
Dir fehlt es an Grundlagen. - Wenn man geistige Wahrheit historisch chiffriert, war das damals normal. - Wahrscheinlich fällst Du aus den Latschen, wenn man Dir sagt, dass "Historie" ein Anhängsel bzw EINE Chiffrierungs-Ebene der Heilsgeschichte ist.

Wenn Du geistig mitreden willst, musst Du einige Deiner jetzigen Grundlagen um 180° drehen. Dann steht Geist über Geschichte - dann ist Geschichte eine Instrument des Geistes.

Münek hat geschrieben:Gäbe es das altehrwürdige "Alte Testament" NICHT - KEIN Mensch käme heutzutage auf den verrückten Gedanken, auf die hirnrissige Idee, eine jüdische BIBEL mit Schöpfungsmythen zu schreiben.
Wenn es so etwas noch nicht gäbe, sehr wohl. So was gibt es in dem Moment, in dem der Mensch nicht nur ein mechanistisches Wesen, sondern ein transzendentes Wesen ist.

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#320 Re: Alles Teufelszeug? X

Beitrag von Münek » Di 7. Aug 2018, 00:03

doppelt

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