closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die dialektische Methode kann dein Vorhaben, closs, Gott damit irgendwie plausibel machen zu wollen, also gar nicht leisten
Das geht schon - eben weil es eine neutrale Technik ist, die man auf diese Frage ansetzen kann.
Du berufst dich explizit nur auf die dialektische Methode, die deinen Ansatz angeblich bestätigen würde. Wenn man mit der dialektischen Methode aber A und non-A aufweisen kann, dann kommt es offenbar nicht auf die Methode an, sondern auf die Argumente. Du benennst aber keine Argumente für deine Haltung, sondern nennst lediglich die Dialektik als angeblichen Beweis, - und das reicht nicht.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Die dialektische Methode kann aber auch darum keinen Gott erweisen oder auch nur plausibel machen, weil sie einen steten Fortgang zum Besseren impliziert, nämlich zur Selbsterkenntnis des Geistes.
Plausibel machen schon, weil sie im Sinne des Hermeneutischen Zirkels das Potential nach oben zieht - ob dieses Potential genutzt wird, ist eine andere Sache.
Du widersprichst dir wiederum selbst:
"Potenzial nach oben ziehen" soll offenbar einen steten geistigen Fortschritt bedeuten. Wenn es aber nachweisbare Erkenntnisrückschritte gibt (wie z.B. durch die christliche Lehre zwischen 100 und 500 n.u.Z. in der Spätantike verursacht, hinsichtlich des bereits vorhanden gewesenen antiken Wissens, das verloren ging), dann wird
im hermeneutischen Zirkel eben nichts
automatisch nach oben gezogen. Im Übrigen ist das auch schon wieder eine ganz und gar unpräzise Verwendung und unzulässige Vermischung philosophischer Fachtermini. Was soll
Potenzial hier bedeuten? Warum sollte hier der hermeneutische Zirkel eine Rolle spielen, der lediglich besagt, dass jedes Verstehen eines Textes auf einem bereits vorhandenen Vorwissen aufbaut.
closs hat geschrieben:Wir haben eine unterschiedliche Auffassung von Philosophie: Du scheinst Philosophie historisch zu sehen im Sinne von: "Wie ist der biografistische und historische Kontext einer Lehre" - insofern stimme ich Dir ausdrücklich zu, dass bspw. Heidegger in seinen existentialistischen Jahren mit "vertikalen" Konstrukten nichts im Schilde führte.
In deinem Sinne hat er das auch nicht nach seiner
"Kehre" verstanden.
closs hat geschrieben:
Ich sehe Philosophie unter universalen Gesichtspunkten: "Was bleibt, wenn man biografistische und historische Aspekte weglässt und sich auf die Substanz einer philosophischen Lehre konzentriert?". - Das ist etwas ganz anderes. - Man könnte hier den Gedanken C.G.Jungs einfließen lassen, dass ein Künstler immer gleichzeitig in seiner Zeit und über seiner Zeit wirkt. - Verstehst Du?
Ja, ich verstehe sehr gut. Nur verwendest du Philosopheme von Hegel und Heidegger schlicht und einfach falsch und versuchst sie sogar in ihr Gegenteil zu verkehren.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Das bedeutet: die Annahme, das Ich sei kein absoluter Maßstab wird erhoben von einem Ich, welches stets nur von sich selbst ausgehen kann und sich selbst damit absoluter Maßstab sein muss, denn von etwas anderem kann es nicht ausgehen.
Der Kreter sagt: "Alle Kreter lügen". - Und jetzt? Was willst Du daraus schließen?
Daraus schließe ich, dass du Paradoxa produzierst, was du an dieser Stelle auch eingestehst. Es scheint dir aber gänzlich egal zu sein, ob das, was du hier teilweise schreibst, paradox ist.
closs hat geschrieben:
Mein Weg wäre hier wieder der ontologische (nicht im Sinne einer Schule, sondern wörtlich als "Lehre vom Sein"):
Ontologie ist nicht die Lehre vom Sein, sondern
vom Seienden in Bezug auf das Sein (ta onta =
das Seiende ist Partizip Präsens von einai =
sein). Das ist etwas anderes und sollte dir mit Heideggers ontologischer Differenz auch klar sein, denn DU sprichst von ihr.
closs hat geschrieben:
* Entweder die Aussage des Menschen, dass der Mensch das Maß der Dinge ist, ist authentisch zu dem, was "ist".
* Oder die Aussage des Menschen, dass der Mensch das Maß der Dinge ist, ist NICHT authentisch zu dem, was "ist".
Ob der Mensch das Maß aller Dinge ist, ist keine ontologische Frage, sondern eine erkenntnistheoretische. Die Erkenntnistheorie befasst sich mit der Frage, was der Mensch überhaupt erkennen kann, weshalb jede Ontologie auch unmittelbar davon abhängig ist, was der Mensch erkennen kann und was nicht. Jede Ontologie (oder Metaphysik), die Seiendes beinhaltet, welches der Mensch grundsätzlich nicht erkennen kann, ist diesbezüglich sinnlos, da ja keine Aussagen über dieses Nicht-Erkennbare gemacht werden können.
Was Ontologie (Metaphysik) also leisten können hängt davon ab, was der Mensch erkennen kann als wirklich oder nur möglich.
closs hat geschrieben:
Damit entlarvt man jegliche sophistische Struktur-Antinomien oder Paradoxien - allein dadurch, dass es "dem, was ist" scheißegal ist, wie und ob sich der Mensch in selbstgemachten Fallstricken verfängt oder nicht.
Das, was ist, kann unabhängig vom menschlichen Erkenntnisvermögen gar nicht bestimmt werden. Insofern ist es dem, was ist, auch nicht scheißegal, wie sich das menschliche Erkenntnisvermögen zu ihm verhält. Nicht umsonst ist das "Ding an sich" bei Kant nicht weiter bestimmbar, denn es entzieht sich grundsätzlich unserem Erkenntnisapparat und -vermögen. Das
Ding an sich muss aus logischen Gründen erkenntnistheoretisch postuliert werden, weil es etwas geben muss, was unsere Sinne affiziert (also reizt), wie Kant sagt. Darüber hinaus ist es nicht bestimmbar, nicht einmal ob es viele
Dinge an sich geben kann oder es nur eines ist.
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:, dann ist es offensichtlich überhaupt nicht begründbar, dass "sein geistiges Denken" von etwas Höherem kommt, weil dieser Gedanke wiederum nur das Urteil eines Ich ist, welches nur von sich selbst ausgehen kann, niemals aber eine andere Sicht als diese seines Ichs einnehmen kann.
Das Ich kann
von einem Höheren "inspiriert" sein (so würde man es theologisch sagen), also als anthropozentrisches Ich etwas sagen, was den eigenen Erlebnis-Raum übersteigt.
Das bedeutet, du postulierst
Erleuchtungswissen. In der Philosophie spielt Erleuchtungswissen keinerlei Rolle und darf auch keinerlei Rolle spielen. Jede Erkenntnis in der Philosophie muss prinzipiell für jedes vernünftige Wesen plausibel nachvollziehbar sein (auch, wenn man mit der Schlussfolgerung eines bestimmten vernünftigen Gedankengangs nicht übereinstimmt). Erleuchtung ist dagegen nicht intersubjektiv verbindlich, sondern allenfalls subjektiv überzeugend. Es ist in der Philosophie nicht möglich, als Beleg für eine bestimmte Einsicht, auf höhere Mächte und von ihnen verursachte Erleuchtungen welcher Art auch immer zu verweisen. In der Philosophie leuchtet allenfalls das
Licht der Vernunft. Andere Erleuchtungen gibt es in ihr nicht, - schon gar keine vom hl. Geist.
closs hat geschrieben:
Das ist doch gerade die Idee der sogenannten "Ebenbildlichkeit", dass der Mensch etwas Göttliches in sich trägt und es nach außen geben kann. -
Vor allem ist es ein nicht-begründete Glaubens-Setzung, dass der Mensch gottesebenbildlich sei. Philosophisch gesehen ist Gott eher menschenebenbildlich als umgekehrt.
closs hat geschrieben:
Natürlich kann dies der Mensch nur über sein Ich tun, was in der Regel zu Kontaminierung der Botschaft führt, aber er kann es tun. - Der Anthropozentrismus des Menschen schließt nicht aus, dass in ihm "Exklaven" des Göttlichen sind.
Anthropozentrismus des Menschen ist eine Tautologie. Menschlich zu denken MUSS anthropozentrisch sein, weil der Mensch nun einmal nichts anderes als ein Mensch ist. Auch wenn er wollte, kann er nichts anderes sein.
Du postulierst einen göttlichen Funken im Menschen, weil er nach christlicher Glaubenslehre gottesebenbildlich ist. Dass er aber gottesebendbildlich sein soll, ist eben lediglich eine Glaubensannahme und darüber hinaus nicht begründbar.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben: strotzt nur so von fundamentalen Fehlern und Missverständnissen
Es mag formale Systeme geben, auf die Du Dich diesbezüglich berufen kannst - aber vergiss dabei eines nicht:
Philosophie sollte nicht nur innerbetriebliche Masturbation sein, sondern auch etwas mit Substanz zu tun haben - also auch Philosophie sollte Instrument zu ontologischer Erkenntnis und nicht nur Denksystem-Selbsterfüllungs-Theater sein.
Es ist keine
"innerbetriebliche Masturbation", wenn man jemanden auf Widersprüche in seinen Aussagen, paradoxe Fomulierungen, Fehler und Missverständnisse aufmerksam macht.
Wenn man Philosophie betreiben will, dann sollte man all dies tunlichst ausschließen, sonst produziert man nichts als Unsinn.
closs hat geschrieben:Wir greifen hier doch nicht auf philosophische Schriften zurück, um sie in ihrer Zeit und Intention zu verstehen, sondern ihre mögliche Bedeutung im konkreten Kontext zu verstehen.
Um philosophishe Theoreme auf neue Fragestellungen korrekt übertragen zu können, muss man sie zunächst einmal in ihrer Zeit und in ihrer Intention verstehen. Ansonsten produziert man wiederum nur Unsinn.