Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Benutzeravatar
Zeus
Beiträge: 4745
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:32
Wohnort: Lyon
Kontaktdaten:

#301 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Zeus » Mi 19. Aug 2015, 00:29

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nur ein paar Stichworte... Galileo, Inquisition, Urknall, Evolutionstheorie, etc.
Meines Wissens wird die Evolutionstheorie von der katholischen Kirche akzeptiert.
Mit Einschränkungen.
Papst: Evolution und Schöpfung sind kein Gegensatz
Papst Benedikt XVI. sprach sich bei einer Begegnung mit 500 italienischen Priestern gegen einen künstlichen Gegensatz zwischen Evolutionslehre und Schöpfungsglaube aus. Er meinte, es gebe viele wissenschaftliche Beweise für die Evolution, die man als Realität sehen müsse. Aber die Evolutionslehre beantworte nicht alle Fragen und vor allem nicht die große philosophische Frage: Woher kommt das alles?

Anmerkung: Der Einwand Joseph Ratzingers, "die Evolutionslehre beantworte nicht alle Fragen" ist verfehlt.
1) Keine Theorie beantwortet alle Fragen.
2) Kein Evolutionsbiologe hat je den Anspruch erhoben, die Evolutionslehre beantworte alle Fragen.
3) Der Schöpfungsglaube beantwortet nahezu keine Fragen.

Mehr...
Halman hat geschrieben:Die Urknalltheorie sowieso, stammt sie doch von Georges Lemaître Vielleicht sind sie sogar stolz darauf, dass diese Theorie aus ihrem "Hause" stammt.
Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn. :lol:
Zuletzt geändert von Zeus am Mi 19. Aug 2015, 00:36, insgesamt 1-mal geändert.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#302 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Pluto » Mi 19. Aug 2015, 00:32

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Nur ein paar Stichworte... Galileo, Inquisition, Urknall, Evolutionstheorie, etc.
Meines Wissens wird die Evolutionstheorie von der katholischen Kirche akzeptiert.
Meines Wissen hat sich die Kirche 100 Jahre lang dagegen gewehrt und dann irgendwann kapituliert.
Was hier besonders schlimm war... sie hat ihren eigenen Senf einer gelenkten Evolution hinzugedichtet.

Halman hat geschrieben:Die Urknalltheorie sowieso, stammt sie doch von Georges Lemaître Vielleicht sind sie sogar stolz darauf, dass diese Theorie aus ihrem "Hause" stammt.
Lemaître war auch Physiker, aber muss ich dir hier wohl Recht geben.

Halman hat geschrieben:Die FAZ schreibt:
„Man ist versucht“, schreibt der dänische Wissenschaftshistoriker Helge Kragh, „Lemaîtres Weltmodell von 1927 mit dem kosmologischen Meisterwerk des Kopernikus zu vergleichen.“
Naja... so lange es bei der Versuchung bleibt, gehts noch. :mrgreen:

Ich würde etliche andere wissenschaftliche Erkenntnisse höher einstufen; z. Bsp. hätten bei mir die newtonsche Mechanik oder Einstens ART den Vortritt, selbst vor Kopernikus und Galilei.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Zeus
Beiträge: 4745
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:32
Wohnort: Lyon
Kontaktdaten:

#303 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Zeus » Mi 19. Aug 2015, 00:33

Novalis hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Nach dem Komma fügt man im Deutschen eine Leerstelle ein. "Aha, dann hat..." anstelle von "Aha,dann hat..."

Wow, du hast es wirklich nötig ... :D
Es war als eine kleine Hilfe gedacht, so wie ich Flavius gezeigt hatte, wie man bei Google Chrome die Schrift vergrößert. :D
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#304 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von closs » Mi 19. Aug 2015, 00:42

Halman hat geschrieben: während Küng wohl die Vision einer liberalen Reform der katholischen Kirche vorschwebt. Daher wurde er so bezeichnet (der Begriff stammt ja nicht von mir
Schon klar - aber man muss auch immer gucken, wer welche Bezeichnungen verpasst. - Was mit "Reform" gemeint sein soll und ob es ein Fortschritt wäre, träfe sie ein, steht aus meiner Sicht vollkommen in den Sternen.

Halman hat geschrieben: So schwierig ist das doch nicht - es sei denn, man ist Papst.
Wenn ich mich nicht irre, wurde zu all den genannten Dingen entschuldigende Worte gesagt. - Letztlich läuft es immer raus auf ein: "Soweit die Kirche beim Thema x gefehlt hat, entschuldigen wir uns". - Was könnte man aus Deiner Sicht besser machen?

Benutzeravatar
Naqual
Beiträge: 1932
Registriert: Mi 12. Jun 2013, 19:44

#305 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Naqual » Mi 19. Aug 2015, 04:53

Catholic hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:... Entschuldigt wurde nicht für die Fehler der Kirche, sondern für die Fehler die Christen in der Kirche gemacht haben.
...
Das ist keine schwammige Formulierung,wie man meinen könnte,sondern richtig.
Davon mal abgesehen,dass es nicht um eine Entschuldigung seitens der Kirche geht,denn das hiesse richtig verstanden,dass es darum gehen würde die Kirche zu ent-schuldigen,sondern umgekehrt um den Punkt,dass die Kirche ihre Schuld er- und bekennt,ist da noch ein anderer Aspekt:
Es sind nun mal die Menschen in der Kirche und nicht die Kirche,die Schuld auf sich geladen hat.
Ich kann auch nicht sagen:
"Die Länder Europas sollen sich endlich für die Verbrechen der letzten 60 Jahre entschuldigen!"
Nun,sagen kann ich es schon,aber es wäre schlechter Stil!
Korrekter und deutlicher wäre:
"Die Bürger/Staatschefs der europäischen Länder sollten die Menschen,denen gegenüber in den letzten 60 Jahren seitens der Staatsbürger Verbrechen verübt wurden,um Entschuldigung/Vergebung bitten."

Die Kirche wird gebildet von den Menschen in ihr. Jedenfalls von denen, die zumindest meinen, einen besonderen Draht zu Gott zu haben.
Soweit sicherlich ihr eigener Anspruch. Indem die kirchenbildende Gruppe von Menschen Fehler macht, belegen sie damit, dass der Kontakt zu Gott nicht ununterbrochen besteht. Und zwar gerade von denen, die herausragende Entscheidungspositionen in der Kirche haben.

Nehmen wir an, Du bestellst im Internet bei einer Firma XY Waren und wirst dabei durch leichtfertige Vorauskasse betrogen. Dann sagst Du nicht, die Firma XY ist unschuldig, oder etwa die Firma XY ist ja ganz okay und ehrlich - nur die Sachbearbeiter sind ein wenig verbrecherisch. Das macht kein Mensch.
In dem Moment, wo die Kirche in ihrer Gesamtheit Erklärungen abgibt oder ein Handeln legitimiert, wird dieses auch der Kirche zugeschrieben.
Wie siehst Du das bei Galileo? Das war nicht die Kirche die ihn drangsalierte, sondern eine Handvoll wild gewordener Kirchenfunktionäre in Amt und Würden? Wie wäre das dann möglich, dass die Kirche in Entscheidungsfunktionen ein paar Wilde hat, während sie gleichzeitig Gott vertritt?

Also für mich geht das nicht wirklich auf und ich würde die Kirche nicht mit Konstruktionen von Ausdrucksweisen entschuldigen wollen - das wirkt ein wenig gekünstelt.

Benutzeravatar
Flavius
Beiträge: 1478
Registriert: Mi 10. Sep 2014, 16:34
Wohnort: zur Zeit: Erde

#306 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Flavius » Mi 19. Aug 2015, 07:20

Halman hat geschrieben:Meines Wissens wird die Evolutionstheorie von der katholischen Kirche akzeptiert. Die Urknalltheorie sowieso, stammt sie doch von Georges Lemaître Vielleicht sind sie sogar stolz darauf, dass diese Theorie aus ihrem "Hause" stammt.
Die FAZ schreibt: Über den Vater des "Urknalls" Georges Lemaître . Vielleicht sind manche in der Kath.- Kirche sogar stolz darauf, dass diese Theorie aus ihrem "Hause" stammt.
Die FAZ schreibt weiters:
„Man ist versucht“, schreibt der dänische Wissenschaftshistoriker Helge Kragh, „Lemaîtres Weltmodell von 1927 mit dem kosmologischen Meisterwerk des Kopernikus zu vergleichen.“
Ja , die Kath-Kirche ist als NICHT generell "wissenschafts-feindlich" anzusehen. (Hat eine eigene wissenschaftl. Abteilung, eine große wissenschaftl. Bibliothek, ein eigenes Observatorium, hatte oder hat keinen pauschal-ablehnenden Standpunkt gegen Wissenschaft . (Auch historisch, hat aber auch Dinge manchmal etwas zurecht-"gebogen"). Jesuiten waren teils gute Forscher und viele sehr intellektuell.-- Sie hat keine generellen Einwände gegen den Großteil der Aussagen der Evo-Theorie. (Ist jetzt etwas allgemeinen gehalten.- Bei einigen Punkten sperrt sie sich doch.) Die Aussagen der ET (= Evolutions-Lehre)wurden jahrelang untersucht, diskutiert - man machte es sich nicht leicht. Dann als weitgehend "richtig" angesehen).
Ich selbst bin übrigens vor langem von der kath. Kirche ausgetreten - in die evag. Landeskirche u. aus anderen Gründen - gewechselt). Da aber mit der Anerkennung der ET oft und wirklich irrigerweise einhergeht, dass es ja dann ja keinen Gott mehr brauche, kommen viele Gläubige dadurch (durch diese falsche Folgerung) "in Bedrängnis oder Verwirrung". Auch die evang. Kirche betont, dass man die ET bis zu einem gewissem Teil stehen lassen kann, doch in Grundfragen (woher kommt das Leben letztlich ?) Kann die Wissenschaft eigentlich mit ihrem ganz anderem (fast nur materialistischem- als eingeschränktem) Ansatz keine Aussage über die geistige Welt, deren Gesetze u. "Gepflogenheiten" machen.
Mit ihrem rein materialistisch, teils nihilistischem Denkansatz ist sie da irgendwie "ein wenig fehl am Platz".
(Kann (darf) sie Beweise für oder gegen Gott oder den Ursprung des Lebens über "Übernatürliches" erbringen - ich spreche ihr die Mittel/Fähigkeiten auf diesem Feld ab). Den meisten, nicht allen! Wissenschaftlern fehlt einfach das Werkzeug und Verständnis um in diese Dimensionen überhaupt und dann noch frei und unbelastet /vorurteilsfrei denkend einzudringen.. Der Konsens der Wissenschaftler ist das ist "nicht vorhanden". Sie schütten das Kind mit dem Badewasser aus.
-- Sie mögen zwar gut in ihren Bereichen sein: sie sind aber oft/ manchmal - bedingt durch gewisse Vorgaben u. Vorurteile - "etwas eingeschränkt" in ihrer Sicht u. Herangehensweise. Wenn ich von vornherein gewisse Kräfte und eine (bestimmte) Dimension kategorisch und oft noch feindlich dazu ausschliesse, ist das sicher nicht mehr "frei und unbelastet". -- (- Lasse ich einen Schreiner (der sonst super auf seinen Feld sein mag) an meine Auto-Elektronik ran ? )
Dogmen - aller couleur- sind oft sehr hinderlich. (nach Feuerbach).

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#307 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Pluto » Mi 19. Aug 2015, 09:19

Flavius hat geschrieben:Da aber mit der Anerkennung der ET oft und wirklich irrigerweise einhergeht, dass es ja dann ja keinen Gott mehr brauche, kommen viele Gläubige dadurch (durch diese falsche Folgerung) "in Bedrängnis oder Verwirrung". Auch die evang. Kirche betont, dass man die ET bis zu einem gewissem Teil stehen lassen kann, doch in Grundfragen (woher kommt das Leben letztlich ?)
Du triffst damit den Nagel auf den Kopf.
"Wissenschaftlichkeit" ist das falsche Wort für das was in den Köpfen vieler Gläubiger vorgeht, wenn sie die Erfolgsgeschichte der Wissenschaft seit Galilei sehen, und erkennen müssen, dass die Welt auch ohne Gott sehr gut funktioniert. Diese Erkenntnis macht ihnen Angst, was wiederum dazu führt, dass sie die Erkenntnisse der Wissenschaft als falsch empfinden (Was nicht sein darf, kann auch nicht sein).

Flavius hat geschrieben:Kann die Wissenschaft eigentlich mit ihrem ganz anderem (fast nur materialistischem- als eingeschränktem) Ansatz keine Aussage über die geistige Welt, deren Gesetze u. "Gepflogenheiten" machen.
Hier zeigt sich die ganze Angst vor der Wissenschaft bei vielen Menschen wieder. Die meisten Wissenschaftler lehnen Gott nicht ab, sie hassen ihn auch nicht oder so, sondern sie interessieren sich nicht für Religion weil sie erkennen, dass sie Gott in ihren Überlegungen einfach gar nicht brauchen. Wie sagte einst Simon Laplace zu Napoleon, als Letzterer ihn fragte warum er Gott nicht in seine Überlegungen zur Astronomie nicht verwendet hat? "Ich habe diese Annahme nicht gebraucht, Sire."

Flavius hat geschrieben:Mit ihrem rein materialistisch, teils nihilistischem Denkansatz ist sie da irgendwie "ein wenig fehl am Platz".
Was hat denn der Unglaube mit Nihilismus zu tun?

Wenn du glaubst, Atheisten wären nicht in der Lage, geistige Erfahrungen zu erleben, dann zeigt sich hier ein falsches Denken. Ein Atheist kann sich wie jeder andere Mensch auch, in eine einsame Hütte begeben, um über sich und sein Leben zu meditieren?
Nenne mir einen triftigen Grund, warum die Meditation ein Monopol der Gläubigen ist.

Flavius hat geschrieben:(Kann (darf) sie Beweise für oder gegen Gott oder den Ursprung des Lebens über "Übernatürliches" erbringen
Warum sollte sie das nicht tun können, wenn die Notwendigkeit gegeben wäre?

Flavius hat geschrieben:ich spreche ihr die Mittel/Fähigkeiten auf diesem Feld ab). Den meisten, nicht allen! Wissenschaftlern fehlt einfach das Werkzeug und Verständnis um in diese Dimensionen überhaupt und dann noch frei und unbelastet /vorurteilsfrei denkend einzudringen.. Der Konsens der Wissenschaftler ist das ist "nicht vorhanden".
Hier zeigt sich wie verblendet du durch deine Vorurteil bist, denn die Methodik der Wissenschaft sagt niemals Abschließendes darüber, was in der Welt existiert und was nicht. Die Wissenschaft untersucht die Welt und errichtet Modelle um sie besser verstehen zu können.
Das bedeutet im Klartext, dass man der Welt ergebnisoffen entgegen tritt, und die Scheuklappen eine rückwärts gewandten Denkens ablegt.

Flavius hat geschrieben:(- Lasse ich einen Schreiner (der sonst super auf seinen Feld sein mag) an meine Auto-Elektronik ran ? )
Viel mehr auf den Punkt: Gehe ich zum Pfarrer wenn mein Auto kaputt ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
Savonlinna
Beiträge: 4300
Registriert: So 2. Nov 2014, 23:19

#308 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Savonlinna » Mi 19. Aug 2015, 10:37

Pluto hat geschrieben:
Flavius hat geschrieben:Mit ihrem rein materialistisch, teils nihilistischem Denkansatz ist sie da irgendwie "ein wenig fehl am Platz".
Was hat denn der Unglaube mit Nihilismus zu tun?

Wenn du glaubst, Atheisten wären nicht in der Lage, geistige Erfahrungen zu erleben, dann zeigt sich hier ein falsches Denken. Ein Atheist kann sich wie jeder andere Mensch auch, in eine einsame Hütte begeben, um über sich und sein Leben zu meditieren?
Nenne mir einen triftigen Grund, warum die Meditation ein Monopol der Gläubigen ist.
Das ist ja mein Reden seit anno dazumal. Mensch ist Mensch. Egal, welches Etikett er sich auf den Bauch klebt.
Die Erlebnisse sind gleich - nur der erklärende Überbau ist unterschiedlich.
Darum besteht genauso wenig ein Grund, Gläubige in dieser Hinsicht zu bekämpfen. Es ist in den wesentlichen Fragen nur ein Streit um Kaisers Bart, um den Überbau. Was der eine Gott nennt, nennt der andere XY.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#309 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von ThomasM » Mi 19. Aug 2015, 10:48

Zeus hat geschrieben: Eine Unterscheidung von "Inquisition" und "zeitgenössischer Justiz" ist nicht seriös. Es gab keine "zeitgenössische" Justiz, die ohne Zustimmung der Kirche ihre Urteile fällen konnte. http://www.theologe.de/LInquisition.htm
Nun, ein wenig mehr Differenzierung wäre schon angebracht.
Die alten Kaiser (siehe Wikipedia) hatten die Bestrafung von Ketzern noch als Staatsaufgabe betrachtet, das die Staatsreligion als Staatstragend angesehen wurde. Todesurteile waren da normal.

Ich vermute, dass nach der Jahrtausendwende so langsam ein Prozess der Differenzierung eintrat, die zwischen kirchlichen und weltlichen Verbrechen unterschied. Wie Catholic schon bemerkte, gab es durchaus rein weltliche Verbrechen, wie Diebstahl, Wilderei, Mord usw. Dafür war die weltliche Gerichtsbarkeit zuständig, die durchaus auch durch kirchliche Würdenträger wahrgenommen werden konnte (die hatten ja auch einiges an Landbesitz).

Ketzerei und Häresie waren aber eindeutig kirchliche Verbrechen, die staatstragende Wirkung von Religion hatte sich zu dieser Zeit schon vermindert (auch wenn es bis zur Auflösung noch bis zur Aufklärung dauern sollte). Also hat die Kirche begonnen, diese in eigenen Gerichtsbarkeiten abzuhandeln.

Insofern ist die Unterscheidung von "Inquisition" und "zeitgenössischer Justiz" durchaus seriös, wenn auch wohl an vielen Stellen durch machtpolitische Verquickung sehr verschwommen.
Die Rechtsmittel, wie eben auch die Folter zur Erpressung von Geständnissen, war eine kulturgeschichtliche Entwicklung (man bemerke, dass in Asien Folter auch oft zur Gerichtsbarkeit gehörte), die zwar in die Inquisition eingearbeitet wurde, aber nicht ausschließlich an der Tatsache lag, dass die Kirche eine eigene Gerichtsbarkeit aufbaute

Zeus hat geschrieben: Wie war das noch mal mit der realen Gefahr durch - welch Horror - Umweltschützer? :lol:
Das ist ein eigenes, politisches Thema. Wenn es dich wirklich interessiert, dann mach einen thread auf.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
Zeus
Beiträge: 4745
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:32
Wohnort: Lyon
Kontaktdaten:

#310 Re: Inquisition---Verbrechen oder Fortschritt?

Beitrag von Zeus » Mi 19. Aug 2015, 10:53

[quote=""Catholic"]Ich kann auch nicht sagen:
"Die Länder Europas sollen sich endlich für die Verbrechen der letzten 60 Jahre entschuldigen!"
Nun,sagen kann ich es schon,aber es wäre schlechter Stil!
Korrekter und deutlicher wäre:
"Die Bürger/Staatschefs der europäischen Länder sollten die Menschen,denen gegenüber in den letzten 60 Jahren seitens der Staatsbürger Verbrechen verübt wurden,um Entschuldigung/Vergebung bitten."[/quote]

Dein Vergleich von Ländern und Kirche hinkt gewaltig.
Wenn das NS-Regime heute noch existierte, dann könnte man sehr wohl von dessen Führung verlangen,
um Entschuldigung und Vergebung für die Verbrechen der Vergangenheit zu bitten.

Und nicht sagen: "Das NS-Regime hatte damit nichts zu tun, es waren ja nur Menschen der Gestapo."
Ersetze NS-Regime durch RKK, Führung durch Stellvertreter Christi, und Gestapo durch Inquisition, dann siehst du wie fadenscheinig (und scheinheilig - arme unschuldige RKK) deine Argumentation (und auch die des Papstes in seinem MEA CULPA ) ist.
e^(i*Pi) + 1 = 0
Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

Antworten