Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

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Thaddäus
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#31 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Thaddäus » Sa 28. Nov 2015, 12:27

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Dogmatik und die Systematik können tatsächlich nicht wissenschaftlich arbeiten, weil ihre Gegenstände nicht beweisbar sind
Im Grunde haben wir hier eine rein wissenschafts-theoretische Diskussion. - Die einen meinen "Wissenschaft = Popper", die anderen meinen "Wissenschaft = Umgang mit einem Thema nach als wissenschaftlich definierten Regeln". - Nach meiner bescheidenen Kenntnis des heutigen wissenschafts-theoretischen Status haben letztere recht.
Ähem, - :shock:
Aber es sind doch genau diese "nach als wissenschaftlich definierten Regeln", die ausschließen, dass Dogmatik und Systematik wissenschaftlich arbeiten können. Z.B. die Ergebnissoffenheit der Forschung. Das ist bei diesen theologischen Disziplinen aber ausgeschlossen, schon weil sie konfessionell gebunden sind und gewisse Glaubenskernsätze nicht grundsätzlich infrage gestellt werden können, z.B. Trinität und Gottessohnschaft Jesu. Die sind dogmatisch in beiden Konfessionen verbürgt. Es ist auch unmöglich, dass Dogmatik und Systematik bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass das Christentum auf falschen Grundlagen basiert, während Judentum oder Islam oder der Buddhismus auf korrekten Annahmen beruht. In den Neurowisschenhaften und der Philosophie kann dagegen durchaus und jederzeit herausgefunden werden, dass bestimmte Sichtweisen des Physikalismus und der Neurowissenschaften falsch sind und andere philosophische richtig (und umgekehrt).

closs hat geschrieben: Insofern lautet die Frage nicht "Was ist wissenschaftlich?", sondern "Was ist wissenschaftlich im Sinne welchen Wissenschafts-Begriffs".
Es gibt die Natur-, die Geistes-, die Gesellschafts- und die Hilfswissenschaften (wie Mathematik und Logik). Ihnen allen gemeinsam sind bestimmte fachspezifische, aber als wissenschaftlich anerkannte Methoden. Um diese Methoden als wissenschaftlich anzuerkennen, müssen sie gewissen experimentellen und empirischen Standards entsprechen, grundsätzlich jedem Menschen auf rein vernünftiger und logischer Basis nachvollziehbar und einsichtig sein, von einer kausalen Geschlossenheit der Welt ausgehen, die übernatürliche Begründungen ausschließt, selbstverständlich überkonfessionell sein und nicht auf kritikimmunen Glaubenssätzen beruhen usw.usf.
Schon da hapert es in der Theologie.

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sven23
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#32 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 12:32

Savonlinna hat geschrieben: Natürlich. Das habe ich nie bezweifelt. Aber immer sind sie einseitig, niemals komplex.
Das charakterisiert Deine Wahl.
Unter komplex verstehst du, daß sie in dein Weltbild passen, richtig?
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sven23
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#33 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 12:34

R.F. hat geschrieben: Dass die Menschheit ein derartiges Hirngespinst wie Zeit-Dehnung/Raffung nahezu widerspruchslos hinnimmt, sollte uns vor der Zukunft grauen lassen. Solche Menschen sind zu kritischem Denken nicht mehr fähig...

Ersetze mal das blaugefärbte durch "Jungfrauengeburt". Merkste was?
Die Zeitdilatation ist experimentell bestätigt. Wie siehts mit dem Dogma der Jungfrauengeburt aus?
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sven23
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#34 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 12:39

Savonlinna hat geschrieben: So. Jetzt sind die dran, die die Wissenschaftlichkeit theologischen Arbeitens abstreiten.
Was wäre in diesem Text als unwissenschaftlich zu deklarieren?
An diesem unverbindlichen Text nichts, das ist doch klar. Es wurde ja auch schon mehrfach betont, daß die Theologie in Teilbereichen durchaus wissenschaftlich arbeiten kann. Der Theologie als Ganzes muß man aber die Wissenschaftlichkeit absprechen, besonders dann, wenn es um Inhalte geht, die nur durch Dogmen aufrecht erhalten werden können. Das ist des Pudels Kern.
Daß sich die Theologie immer noch an den Unviversitäten halten kann, hat sicher historische Gründe aus einer für die Kirchen extrem priviligierten Zeit heraus. Die Frage ist, ob das für immer so bleiben muß oder ob man nicht besser eine klarere Trennung von Kirche und Staat haben sollte.
Zuletzt geändert von sven23 am Sa 28. Nov 2015, 12:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Thaddäus
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#35 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Thaddäus » Sa 28. Nov 2015, 12:39

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Die Dogmatik und die Systematik können tatsächlich nicht wissenschaftlich arbeiten, weil ihre Gegenstände nicht beweisbar sind
Sie müssen nicht beweisbar sein. Der Umgang mit ihnen ist methodisch beschreibbar.
Märchenforschung ist ebenfalls wissenschaftlich. Dennoch sind Feen, Zwerge etc. fiktive Gestalten.
Ja, aber die Märchenforschung weiß, dass Feen und Zwerge fiktionale Figuren sind und stellt nicht auch noch die Behauptung auf, es seien reale Wesen. In diesem Sinne ist die Religionswissenschaft tatsächlich eine Wissenschaft, aber eben nicht die Theologie in Form von Dogmatik und Systematik.

Savonlinna hat geschrieben: Ich kann als nicht-gläubiger Mensch, und schon gar nicht katholischer Mensch, selbstverständlich katholische Dogmen in ihrer Funktionalität und in ihrem Wesen wissenschaftlich untersuchen.
Ich muss deswegen nicht an sie glauben, und ich muss deswegen nicht an Gott glauben.
Das ist korrekt, insofern du z.B. die historische Genese bestimmter Dogmen untersuchst oder ihre Inhalte theologisch und philosophisch analysierst. Und Theologie kann man auch als Atheist studieren.
Nur geht es in der Dogmatik und Systematik nicht darum, die entsprechenden Themen und Inhalte wertneutral darzustellen und zu analysieren, denn dann ist sie Religionswissenschaft. In der Theologie geht es darum, zentrale christliche Glaubensaussagen und als unzweifelhaft gesetzte Dogmen und Lehrsätze als relevant und wahr zu begründen. Die Glaubensaussagen und Lehrsätze bzw. Dogmen stehen also nicht etwa am Ende einer Untersuchung als Ergebnis, sondern sie sind als ohnehin unzweifelhaft gesetzt und man kann sie nur noch mehr oder weniger klug bestätigen.
Genau das ist aber unwissenschaftlich.

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#36 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von sven23 » Sa 28. Nov 2015, 12:53

Savonlinna hat geschrieben:Zum Threadtitel:
Es gibt ja nicht nur die katholische, sondern auch die evangelische Theologie.
Das ist richtig, aber es kann keine katholische oder evangelische Wissenschaft geben. :lol:
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#37 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Savonlinna » Sa 28. Nov 2015, 13:07

Thaddäus hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Die Dogmatik und die Systematik können tatsächlich nicht wissenschaftlich arbeiten, weil ihre Gegenstände nicht beweisbar sind
Im Grunde haben wir hier eine rein wissenschafts-theoretische Diskussion. - Die einen meinen "Wissenschaft = Popper", die anderen meinen "Wissenschaft = Umgang mit einem Thema nach als wissenschaftlich definierten Regeln". - Nach meiner bescheidenen Kenntnis des heutigen wissenschafts-theoretischen Status haben letztere recht.
Ähem, - :shock:
Aber es sind doch genau diese "nach als wissenschaftlich definierten Regeln", die ausschließen, dass Dogmatik und Systematik wissenschaftlich arbeiten können. Z.B. die Ergebnissoffenheit der Forschung. Das ist bei diesen theologischen Disziplinen aber ausgeschlossen, schon weil sie konfessionell gebunden sind und gewisse Glaubenskernsätze nicht grundsätzlich infrage gestellt werden können, z.B. Trinität und Gottessohnschaft Jesu.
Das spielt bei wirklicher wissenschaftlicher Arbeit keine Rolle.

Märchenforschung - die wissenschaftlich betrieben werden kann - kümmert sich auch in ihrer wissenschaftlichen Variante nicht darum, ob der Forscher an Feen glaubt oder nicht.
Der wissenschaftliche Forscher untersucht, welchen Stellenwert, welche Funtkion und welche "Bestandteile" diese Feen in den Märchen und in der Bevölkerung haben.

Lässt ein an Feen glaubender wissenschaftlicher Märchenforscher in seiner wissenschaftlichen Arbeit allerdings erkennen, dass er parteiisch ist und dieses Parteiische nicht klar auf den Tisch legt, ist er allerdings wissenschaftlich disqualifiziert.

Insofern muss man Wissenschaftlern immer auf die Finger gucken, im übrigen auch dann, wenn sie historisch-kritisch arbeiten.
Und auch dann, wenn Neurologen ihre Ergebnisse präsentieren. Auch da kommt es vor, dass die Basis der Wissenschaft verlassen wird.

Thaddäus hat geschrieben:Es ist auch unmöglich, dass Dogmatik und Systematik bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass das Christentum auf falschen Grundlagen basiert, während Judentum oder Islam oder der Buddhismus auf korrekten Annahmen beruht.
Richtig. Denn das wäre ja ohnehin keine wissenschaftliche Fragestellung.
Wissenschaft untersucht nicht, ob etwas richtig oder falsch ist - in der Mathematik vieleicht zwar doch, aber ich beziehe mich hier auf Geisteswissenschaften -, sondern wie etwas ist.

Fazit:
Ich bin fern davon, allen Theologen - und auch nicht denen, die auf historisch-kritischer Methode zu arbeiten behaupten - Wissenschaftlichkeit zu bescheinigen. Ich würde das immer sehr streng untersuchen.
Dennoch halte ich die wissenschaftliche Behandlung von Dogmen für möglich und auch für wichtig.
Behauptet man, dass Dogmen wissenschaftlich nicht behandelt werden können, dann muss man soziologisch-wissenschaftliche Untersuchungen ebenfalls als nicht-möglich erklären.

Ich vermute sogar, dass wissenschaflich einwandfreie Untersuchungen von Dogmen falsifizierbar sind - denn die Herleitung, was das Wesen eines bestimmten Dogmas ist - muss ja so beschaffen sein, dass sie jeder, der das Fach beherrscht, für nachvollziehbar gehalten werden kann.

Nicht umsonst arbeiten Theologen und Religionswissenschaftler nicht selten an den gleichen Projekten zusammen.
So, wie der Naturwissenschaftler seine Weltanschauung beiseite legen kann, wenn er kosmologische Zusammenhänge erforscht, genauso kann der Theologe seine Weltanschauung beiseite legen, wenn er ein Dogma in seine Bestandteile zerlegt (= analysiert) und diese Einzelteile in gesellschaftlichen und glaubensgesellschaftlichen Zusamenhängen beschreibt.

Da kein Mensch durch und durch neutral sein kann, fordert die Geisteswissenschaft, dass die Prämissen des Forschenden vom Forschenden selber benannt werden.
Leider wird das mitunter unterlassen, dann muss der folgende Forscher das für ihn tun.
Behauptet ersterer, er sei neutral, ist er wissenschaftlich disqualifiziert.

Ich wiederhole noch einmal:
Wissenschaftliche Dogmatik ist auf jeden Fall als eine entscheidende Korrektur der Kirchen unerlässlich.
Will man sie abschaffen, dann wäre das so, als würde man die Lebensmittelüberprüfung abschaffen, weil es einige Korruptionen dabei gegeben hat, und die Verbraucher damit dem unseriösen freien Markt ausliefern.

Wenn wissenschaftliche Dogmatik korrupt ist, dann muss diese Korruption gnadenlos aufgedeckt werden.
Wer sie aber per se für unmöglich hält, liefert die Kirchenmitglieder gnadenlos den Kirchen aus.
Zuletzt geändert von Savonlinna am Sa 28. Nov 2015, 13:27, insgesamt 1-mal geändert.

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Savonlinna
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#38 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Savonlinna » Sa 28. Nov 2015, 13:25

sven23 hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Zum Threadtitel:
Es gibt ja nicht nur die katholische, sondern auch die evangelische Theologie.
Das ist richtig, aber es kann keine katholische oder evangelische Wissenschaft geben. :lol:
Doch. Selbst in den Naturwissenschaften wird Chemie, Physik, Mathematik etc. unterschieden.
"Naturwissenschaft" wird ja auch oft im Plural benutzt: "Naturwissenschaften".

Wie kann das sein, wird sven fragen, wo es doch nicht mehr als eine Wissenschaft geben kann?
Ich denke, der Sprachusus beruht darauf, dass die Gegenstände der wissenschaftlichen Forschung unterschiedlich sind.
Man muss sich als Wissenschafler thematisch beschränken.

Es gibt auch an den Unis schon die Tenzenz, einfach nur "Theologie" als Disziplin anzuführen, und erst, wenn man auf "Theologie" klickt, öffnet sich das Feld: Evangelisch bzw. Katholisch.

In meiner Studentenzeit besuchten katholische Theologiestudenten auch evangelische Vorlesungen und umgekehrt.
Es waren halt klasse Professoren am Pult, und da spielte die Konfession nicht so die Rolle.

Du scheinst Dich sehr an katholischen Kirchen zu orientieren, vielleicht hast Du auch Pech gehabt und hast sehr engstirnige Priester kennengelenrt.
Ich habe anderes erlebt, vor allem im Studium.
Insofern kann ich nie zu Deinem Urteil oder Deiner Verurteilung kommen.
Auch wenn ich mindesens wie Du allergisch gegen Kirchen bin, auch heute noch.
Ich lasse mich von dieser Allergie in meiner Beurteilung aber nicht leiten.
Höchstens insofern, als sie mich feinfühlig macht für jeglichen unwissenschaftlichen Missbrauch wissenschaftlicher Aussagen.

2Lena
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#39 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von 2Lena » Sa 28. Nov 2015, 13:43

sven23 hat geschrieben:Hast du mich jemals etwa sagen hören: warum hängen erwachsene Menschen einem kindischen Aberglauben an, der vor tausenden von Jahren von einem nomadisierenden Ziegenhirtenvolk erfunden wurde?
Wenn du wenigstens solche "sachlichen" Fragen stellen würdest ... Dann könnte man dir von der Hochkultur in Ägypten erzählen, den Grundgesestzen, auf der unsere Kultur beruht, etc.
Man käme auf die sachliche Ebene und der Wahrheit etwas näher als mit Gekeife Oberschlauer, die doch nichts in der Richtung an Fachlichem bieten können.

Du verwechselst Kubitza's Geschrei mit "sachlich". Das finde ich witzig.
Zeus hat geschrieben:Sachliche Antworten auf diese Fragen wären wirklich interessant.
Damit nicht einer allein beim Nachforschen bleibt, könnten manche die Werke der Patristik lesen. Mit der Lektüre tun sich die Leute schwer, die nicht das AT "querlesen", aus zu den früheren Inhalten eine Idee haben. Der Rückschluss der Staatsgesetze des alten Perserreiches, Griechenlands und Ägyptens wäre möglich. Sie alle basieren zum Teil auf den Aussagen der Bibel, sowie der Grundstock unseres Rechtssystems. Ich weiß nicht, ob bei solchen Kenntnissen ein ganz anderes Licht aufgeht - als das von Kubitza? Dazu käme, dass man auf diesem Weg langsam an die eigentlichen Gesetze herankommt. Die wurden nicht mal in der Antike richtig verstanden, geschweige umgesetzt ...
... und wir sitzen in der Tonne ...

Thaddäus hat geschrieben:Die Dogmatik und die Systematik können tatsächlich nicht wissenschaftlich arbeiten, weil ihre Gegenstände nicht beweisbar sind.
Kein Gesetz ist "beweisbar". Auf diesem Gebiet wird mit "Wohlergehen" gerechnet.

Thaddäus hat geschrieben:In der Philosophie ging man Jahrhunderte von der Existenz einer völlig körperunabhängigen Seele auf. Heute weiß man, dass eine solche völlig körperunabhängige Seele mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Fehlannahme ist.
Weiß man - und Wahrscheinlichkeit - :-) passt wunderbar ...
Wo ist der Beweis?

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#40 Re: Theologie - Wissenschaft oder überholtes Relikt?

Beitrag von Pluto » Sa 28. Nov 2015, 14:10

Savonlinna hat geschrieben:Märchenforschung - die wissenschaftlich betrieben werden kann - kümmert sich auch in ihrer wissenschaftlichen Variante nicht darum, ob der Forscher an Feen glaubt oder nicht.
Der wissenschaftliche Forscher untersucht, welchen Stellenwert, welche Funtkion und welche "Bestandteile" diese Feen in den Märchen und in der Bevölkerung haben.
Ein sehr hypothetischer Fall — oder vielleicht doch nicht — wenn man die Arbeit der Dogmatiker unter den Theologen betrachtet.

Das muss ein wirklich seltsamer Feengläubiger sein, der nicht im irgendwann im Laufe seiner Arbeit die zentrale Frage stellt, ob es denn (rational überlegt) Feen überhaupt gibt.

Savonlinna hat geschrieben:Lässt ein an Feen glaubender wissenschaftlicher Märchenforscher in seiner wissenschaftlichen Arbeit allerdings erkennen, dass er parteiisch ist und dieses Parteiische nicht klar auf den Tisch legt, ist er allerdings wissenschaftlich disqualifiziert.
Du denkst vielleicht so, aber ich würde ihn allein schon wegen seines Glaubens an Feen disqualifizieren.

Aus demselben Grund plädiere ich schon lange dafür, dass Theologie NUR durch Agnostiker betrieben werden sollte, denn nur diese bringen die wissenschaftlich richtige Haltung des Zweifels mit.

Savonlinna hat geschrieben:Insofern muss man Wissenschaftlern immer auf die Finger gucken, im übrigen auch dann, wenn sie historisch-kritisch arbeiten.
Und auch dann, wenn Neurologen ihre Ergebnisse präsentieren. Auch da kommt es vor, dass die Basis der Wissenschaft verlassen wird.
Natürlich gibt es immer wieder "schwarze Schafe" in der Forschung. Deshalb wird ja auf Selbstdisziplin in den Fakultäten so großen Wert gelegt. Wissenschaftler, die Ergebnisse fälschen werden ausgeschlossen: sie verlieren ihren Job.
Ein Beispiel (mit "Happy End") ist da Mary Schweitzer, eine Paläontologin die behauptete Weichteile (Sehnen und Blut) an über 60 Millionen Jahre alten Dinosaurier-Fossilien gefunden zu haben. Sie wurde ausgelacht und verlor ihren Job — Der Befund von Mary Schweitzer wurde aber bestätigt, und sie wurde voll rehabilitiert.

In der Theologie scheint es genau andersrum zu funktionieren. Kritiker des dogmatischen "Mainstream" werden nicht geduldet und man entzieht ihnen die Lehrerlaubnis. Beispiele dafür gibt es Viele.... Hans Küng, Uta Ranke-Heinemann, Eugen Drewermann, um nur drei zu nennen.

Savonlinna hat geschrieben:Behauptet man, dass Dogmen wissenschaftlich nicht behandelt werden können, dann muss man soziologisch-wissenschaftliche Untersuchungen ebenfalls als nicht-möglich erklären.
Das verstehe ich nicht.
Wieso willst du von der Behandlung her, die Dogmatik mit der Soziologe auf eine Stufe stellen?

Savonlinna hat geschrieben:Ich vermute sogar, dass wissenschaflich einwandfreie Untersuchungen von Dogmen falsifizierbar sind - denn die Herleitung, was das Wesen eines bestimmten Dogmas ist - muss ja so beschaffen sein, dass sie jeder, der das Fach beherrscht, für nachvollziehbar gehalten werden kann.
Ich vermute das genaue Gegenteil: Dogmen dürfen nicht hinterfragt werden.
Warum? — Weil es sonst zum Zusammenbruch des ohnehin fragilen Glaubenskonstrukts käme.

Savonlinna hat geschrieben:So, wie der Naturwissenschaftler seine Weltanschauung beiseite legen kann, wenn er kosmologische Zusammenhänge erforscht, genauso kann der Theologe seine Weltanschauung beiseite legen, wenn er ein Dogma in seine Bestandteile zerlegt (= analysiert) und diese Einzelteile in gesellschaftlichen und glaubensgesellschaftlichen Zusamenhängen beschreibt.
Genau diese Redlichkeit bezweifle ich bei den Dogmatikern unter den Theologen.

Savonlinna hat geschrieben:Wissenschaftliche Dogmatik ist auf jeden Fall als eine entscheidende Korrektur der Kirchen unerlässlich.
Will man sie abschaffen, dann wäre das so, als würde man die Lebensmittelüberprüfung abschaffen, weil es einige Korruptionen dabei gegeben hat, und die Verbraucher damit dem unseriösen freien Markt ausliefern.
Aber es läuft in der Praxis so. Die Verbraucher werden düpiert, wo es nur geht.
Schau dich mal in der Wurst-Abteilung um: Wenn Geflügelleber im Angebot ist, dann besteht diese oft zu über 80% aus Schweinefleisch (nicht mal Schweineleber). Nicht die Lebensmittelüberprüfung sollte man abschaffen, sondern neue strengere Regeln für die Etikettierung einführen.
In der Theologie verhält es sich mit den Dogmen genauso:
Man düpiert den Gläubigen mit Geschichten von der Dreifaltigkeit oder der jungfräulichen Geburt, und das ohne Rücksicht auf die empirische Faktenlage.

Savonlinna hat geschrieben:Wenn wissenschaftliche Dogmatik korrupt ist, dann muss diese Korruption gnadenlos aufgedeckt werden.
:thumbup:

Savonlinna hat geschrieben:Wer sie aber per se für unmöglich hält, liefert die Kirchenmitglieder gnadenlos den Kirchen aus.
Warum? Wie kommst du bloß darauf?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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