Pluto hat geschrieben:michaelit hat geschrieben:Lukas und Matthäus waren doch keine Apostel sondern nur einfache Jünger bzw Gläubige. Ich weiß nicht was genau dagegen sprechen sollte daß sie Jesus noch persönlich kannten. Es ist nicht genau herauszubekommen, aber deswegen gleich mit der HKM Schere zu kommen und zu sagen daß diese Evangelien nicht stimmen können erscheint mir voreilig. Jedenfalls könnt ihr eure These der Pseudoepigrafie auch nicht beweisen. Ihr zweifelt nur herum. Ist ja auch erlaubt und nicht schlimm, nur so wahnsinnig überzeugend und erhellend sind eure Thesen auch nicht.
Naja...
Dass die Evangelien von Unbekannten geschrieben wurde, ist nachweisbar, denn sie wurden erst sehr viel später, im 2 od. 3. Jahrhundert den Aposteln/Jüngern zugeordnet. Es gibt keinerlei Belege, dass die von dir genannten Personen die ihnen zugeordneten Evangelien auch wirklich geschrieben haben.
Mit Belegen bei historischen Überlieferungen ist es so eine Sache. Wir könnten auch mit pyrrhonischen Skeptizismus an die Historie herangehen. Die Zeitspanne, die zwischen der im NT behandelten Zeit und der Niederschrift der ältesten antiken Hanschriften liegt, ist vergleichsweise gering, die Anzahl der Hanschriften relativ hoch.
Woher wissen wir eigentlich, ob sich die Dinge mit Caesar wirklich so zutrugen? Liegt zwischen dem mittelalterlichen Textzeugen und Caesars Zeit nicht ein Jahrtausend? (Für Informationen bin ich dankbar, da bin ich leidenschaftslos und offen für Korrekturen).
Oder nehmen wir die Ilias von Homer: Soweit ich informiert bin, liegen zwischen Homer und dem ältesten antiken Textzeugen auch ein halbes Jahrtausend. Dr. Alexander Fink (Biophysiker und Christ) gibt die Textreinheit mit 95% an. Zum Vergleich: Die Textreinheit des NT liegt bei 99,5% (die Perikope in Johannes 7:53–8:11 und der kanonische Markusschluss m. W. eingeschlossen). Bei AristotélÄ“s liegen meiner Kenntnis sogar 1400 Jahre zwischen dem Philosphen und den ältesten Textzeugen (für Korrekturen bin ich offen). Wie bei Homer gibt es meiner Kenntins nach jeweils zehn Kopien. Bei Homer sind es 643 und beim NT 5600 (davon ca. 50 antike Handschriften).
Bei mir entsteht der Eindruck, als wenn man bei der Historie eine gesunde Skepzis an den Tag legt und bei der Bibel plötzlich strengere Maßstäbe gelten sollen, also grundsätzlich eine moderat-kritische Historie und bei der Bibel selektiv einen historischen Pyrrhonismus an den Tag legt.
Natürlich kann ich nicht beweisen, dass das Zeugnis vom Apostelvater Papias, der um 120 n. Chr. Johannes
Markus (als Dometscher des Petrus) und
Matthäus Levi als Schreiber der nach ihnen benannten Evangelien bezeugt, wahr ist; ebensowenig kann ich beweisen, dass der Kirchenvater Irenäus von Lyon den Arzt
Lukas am Ende des 2 Jhds. zurecht als Schreiber des Lukasevangeliums benennt, aber zumindest kann ich belegen, dass die Zuordnung der synoptischen Evangelien bereits im 2. Jhd. relativ zeitnah erfolgte und nicht erst im 3. Jhd.
Wir bewegen uns hier nicht auf empirischen Boden. Es gibt Pro- und Kontra-Argumente, sowohl für die Früh- wie auch für die Spätdatierung. Warum bricht die Apostelgeschichte im Jahre 61 n. Chr ab, wenn sie erst um 80-90 n. Chr. geschrieben wurde? Warum erwähnt "Lukas" den Tod von Jakobus dem Gerechten (62 n. Chr.) nicht, von dem Josephus berichtet? Warum berichtet der Evangelist nichts von der römischen Christenverfolgung und dem Tod des Paulus unter Nero (64. n. Chr.)? Angesichts des Umfangs, mit dem der Prozess des Paulus berichtet wird, wäre zu erwarten, dass "Lukas" auch auf diese bedeutsamen Ereignisse einginge, hätte er die Apostelgeschichte nach 61-62 n. Chr. verfasst. Ferner wird nichts vom Jüdischen Krieg (66 - 70 n. Chr.) gegen die Römer berichtet, auch über die Zerstörung Jerusalems und des Tempels schweigt die Apostelgeschichte.
Das Lukasevangelium wurde logischerweise vorher geschrieben, da der Prolog der Apostelgeschichte dies voraussetzt (vermutlich nur kurz zuvor). Vermutlich sind die anderen synotpischen Evangelien etwas älter und konnten somit der Zeit nach von den Evangelisten Mattäus und Markus geschrieben worden sein - möglicherweise.
Die Spätdatierung wird aufgrund der jesuanischen Entzeitreden unterstellt (mehr dazu in meinem Beitrag
zur Abfassungszeit des Lukasevangeliums. Hier begegnen sich historische Dimension und religiöse Dimension und ringen in einem metaphorisch gesprochen in einem "Dialog" um die Wahrheit.
Bemerkenswert erscheint mir, dass die Evangelisten von historischen Personen berichten:
Pontius Pilatus ist durch eine steinerne Inschrift bezeugt, der Hohepriester
Joseph Kaiphas durch einen verzierten Knochensarg. Sogar
Simon von Kyrene, der nur als Nebenfigur auftaucht, ist durch ein Familiengrab nachgewiesen.