Hiob-Opfer einer Intrige?

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#31 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 13:15

sven23 hat geschrieben:Wir wissen doch alle, daß die Geschichten der Bibel historisch so nie stattgefunden haben.
Mal so, mal so. - Irrelevant.

sven23 hat geschrieben:Was wir hier machen, wenn wir die Bibel besprechen, ist in der Hauptsache Literaturkiritik.
Es geht um die De-Chiffrierung von geistigen Aussagen.

sven23 hat geschrieben:Wobei der Allmächtige die Macht hätte dies zu ändern.
Aus seiner Sicht will er offensichtlich, dass der Mensch in einem dialektischen Raum ist (gut/böse), um Eigen-Erkenntnis zu erlangen, WAS gut und was böse ist. - Gott möchte BEWUSST erkannt werden. Das geht nicht im PAradies.

sven23 hat geschrieben: wieso schickte er seinen Sohn vor, wieso kam er nicht selbst?
Er selbst kam in der Chiffre "Sohn". - Jesus ist kein "Opfer" in dem Sinne, dass damit der Vater besänftigt wird, sondern Jesus steht dafür, dass sich Gott selbst in das Leid des dialektischen Raums begibt.

sven23 hat geschrieben:Daß es nicht koinzidiert, habe ich glaube mehr als deutlich gemacht.
Ich habe hier 1.Kor. 13 separat gemeint.

sven23 hat geschrieben:Ich muß mich doch sehr wundern, daß du das immer wieder zu relativieren versuchst.
Genau das Gegenteil ist der Fall. - Wer Leid quantifizert über die Anzahl der Menschen, die leiden, relativiert die Qualität des Leids.

sven23 hat geschrieben:Die Hiob Geschichte ist ja nur der Versuch, Zweifel an Gott ob des Leids in der Welt zu unterbinden.
Das stimmt - diese Absicht steht dahinter - aber auf Verständnisebene, nicht auf Verordnungsebene.

sven23 hat geschrieben:Es gibt in der Literatur bessere Parabeln, etwa die Ringparabel von Lessing.
Das ist die Vision des guten Falls - bei Hiob geht es um die Frage, was im schlechten Fall übrigbelibt.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#32 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 14:25

closs hat geschrieben:Aus seiner Sicht will er offensichtlich, dass der Mensch in einem dialektischen Raum ist (gut/böse), um Eigen-Erkenntnis zu erlangen, WAS gut und was böse ist. - Gott möchte BEWUSST erkannt werden. Das geht nicht im PAradies..

Das behauptet closs immer. Aber wieso sollte ein allmächtiger Gott das nicht bewerkstelligen können?
Nebenbei: das Paradies ist nur eine Chiffre, dieses hat es nicht wirklich gegeben.

closs hat geschrieben: Er selbst kam in der Chiffre "Sohn". - Jesus ist kein "Opfer" in dem Sinne, dass damit der Vater besänftigt wird, sondern Jesus steht dafür, dass sich Gott selbst in das Leid des dialektischen Raums begibt.
Wer so einen Vater hat, braucht keine Feinde mehr.


closs hat geschrieben: Genau das Gegenteil ist der Fall. - Wer Leid quantifizert über die Anzahl der Menschen, die leiden, relativiert die Qualität des Leids.

Oh Mann, wie schlimm wirds denn noch? Gibt es jetzt auch noch ein Qualitätssiegel für Leid?


closs hat geschrieben: Das ist die Vision des guten Falls - bei Hiob geht es um die Frage, was im schlechten Fall übrigbelibt.
Übrig bleiben die Leidenden, die durch in Aussicht gestellte Belohnung bei der Stange bleiben sollen. Mehr will die Hiob Geschichte doch gar nicht, geistig gesehen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#33 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 14:48

sven23 hat geschrieben:Aber wieso sollte ein allmächtiger Gott das nicht bewerkstelligen können?
Das ist sophistisch gefragt - demnach kann ein Schnellläufer auch nicht eine Schildkröte überholen. - Und - was bedeutet es, wenn ein Kreter sagt: "Alle Kreter lügen". --???---

Gott hat es deshalb nicht bewerkstelligt, weil bewerkstelligtes Bewusstsein kein EIGENES Bewusstsein wäre - man soll also selber durch. - Der Mensch entwickelt sich also frei in einem Umfeld, das er sich nicht aussuchen kann - ohne dass ihm Erkenntnis verordnet wird.

Es geht immer wieder um das goethesche "Erwerbe, um es zu besitzen". - Ganz einfaches, säkulares Beispiel: Ich habe ein Jahr lang in England gelebt und deshalb er-lebt, wie dort die Landschaft, die Menschen, das Essen, etc. sind. - Wenn ich heute im Internet "Südengland" googele, kann ich die Ergebnisse EINORDNEN. - Hätte ich nie in England gelebt, könnte ich sie nur zur Kenntnis nehmen oder "bestenfalls" auswendig lernen - aber nicht mir Er-Leben verbinden.

Etwas platt formuliert: Diese Zeit in einem fremden Land ist das, was das Dasein ist. - Etwas kennenlernen und erleben, was einen geistige Dinge verstehen lässt - mit EIGEN-Bewusstein - nicht nur zur Kenntnis genommen oder auswendig gelernt.

sven23 hat geschrieben:das Paradies ist nur eine Chiffre
Nicht "nur" - es IST eine Chiffre - Zustimmung.

sven23 hat geschrieben:Wer so einen Vater hat, braucht keine Feinde mehr.
So ist es - deshalb habe ich meine Version dargestellt: "Gottvater" und "Jesus" sind Wahrnehmungs-Größen des EINEN Gottes - es gibt "Gottvater" und "Jesus" nur in Daseins-Vorstellung, nur als Chiffre. - Das "was unabhänigig von unserer Wahrnehmung der Fall ist", ist Gott. - Es gibt im Sein keine drei Throne (Vater, Sohn,HG), sondern nur Gott als das, in dem "Alles in Einem" ist.

sven23 hat geschrieben: Gibt es jetzt auch noch ein Qualitätssiegel für Leid?
Nein - wir müssen ganz einfach weg von der Haltung: "Einer ist im Auto verbrannt - das ist nicht so schlimm für den Betroffenen, als wären dort 100 verbrannt". - Das funktioniert geistig nicht. - Im Geistigen gibt es ausschließlich das Verhältnis zwischen Betroffenen - also Gott und Mensch. - Der Komparativ (wen sonst betrifft es noch?) ist irrelevant.

sven23 hat geschrieben:Mehr will die Hiob Geschichte doch gar nicht, geistig gesehen.
"Hiob" will in erster Linie, dass der Mensch nicht über Selbst-Maß erkennen kann. - Allerdings gebe ich Dir insofern recht, als dass der "Dramenschluss" ein bißchen nach Happy End klingt - das nicht nötig wäre. - Aber so weit war die Zeit damals nicht.

Mal ganz persönlich: Über "Belohnung" habe ich mein Leben lang nicht nachgedacht - es geht um Erkenntnis dessen, "was der Fall ist". - Allerdings muss man dabei "setzen", dass das, was der Fall ist, gut ist.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#34 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 15:58

closs hat geschrieben:Nein - wir müssen ganz einfach weg von der Haltung: "Einer ist im Auto verbrannt - das ist nicht so schlimm für den Betroffenen, als wären dort 100 verbrannt". - Das funktioniert geistig nicht. - Im Geistigen gibt es ausschließlich das Verhältnis zwischen Betroffenen - also Gott und Mensch. - Der Komparativ (wen sonst betrifft es noch?) ist irrelevant.

Das habe ich nie behauptet. Du bist es doch, der sagt, daß man Leid nicht quantifizieren kann, also daß es egal ist, ob einer leidet oder Tausende.
Ich bin dagegen der Meinung, daß man einen Autounfall nicht mit den beiden Weltkriegen vergleichen kann, die ungleich größeres Leid für Millionen bedeuteten. Das gewaltige Ausmaß des Leids, also auch die Quantifizierung, wird im Rahmen des Theodizee Problems auch unter Theologen diskutiert und ich meine, zu recht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#35 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 16:28

sven23 hat geschrieben:Du bist es doch, der sagt, daß man Leid nicht quantifizieren kann, also daß es egal ist, ob einer leidet oder Tausende.
Im qualitativen Sinne ist es egal.

sven23 hat geschrieben:Ich bin dagegen der Meinung, daß man einen Autounfall nicht mit den beiden Weltkriegen vergleichen kann
Quantitativ, politisch, historisch, etc. würde ich das auch nie tun.

sven23 hat geschrieben: Das gewaltige Ausmaß des Leids, also auch die Quantifizierung, wird im Rahmen des Theodizee Problems auch unter Theologen diskutiert
Falscher Weg. - Mit dem Komparativ kommt man bei fundamentalen Fragen nicht weit.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#36 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von Pluto » So 13. Jul 2014, 16:35

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:das himmlische Duell
Das ist kein "Duell" - "Duell" klingt so, als sei der Ausgang offen.
Im ersten Kapitel fordert Gott den Teufel heraus! Das IST ein Duell — auch wenn es ein Duell mit einem "Happy End" ist.

closs hat geschrieben:Da müsste man sich ausführlich damit beschäftigen, was "Liebe" und was "Leid" ist. - Auch hierbei ist zu erwarten, dass das heutige Verständnis anders ist als das biblisch gemeinte.
Das erklärt aber nicht wie 1.Korinhter 13 helfen soll das Buch Hiob zu verstehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Buch Hiob weist auch einen inneren Logikfehler auf. Warum muß ein allwissender Gott überhaupt eine Wette abschließen, da er die Gesinnung und damit den Ausgang der Wette schon kennt?
Das ist eine Chiffre, um dem Menschen etwas zu zeigen - Gott weiss es natürlich schon.
Selbst wenn es eine Chiffre ist, bleibt es ein Widerspruch zur Allwissenheit Gottes.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#37 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 17:06

Pluto hat geschrieben:Das IST ein Duell — auch wenn es ein Duell mit einem "Happy End" ist.
Spricht man auch dann von "Duell", wenn von vorneherein klar ist, wer gewinnt?

Pluto hat geschrieben:Das erklärt aber nicht wie 1.Korinhter 13 helfen soll das Buch Hiob zu verstehen.
Nur insofern, dass man den Massstab "1.Kor.13" bei der Interpretation von "Hiob" anlegt.

Pluto hat geschrieben:Selbst wenn es eine Chiffre ist, bleibt es ein Widerspruch zur Allwissenheit Gottes.
Warum denn das? - Gott weiss doch beim Abschließen der Wette bereits, wie das Ergebnis sein wird. :o

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#38 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 17:15

closs hat geschrieben:Falscher Weg. - Mit dem Komparativ kommt man bei fundamentalen Fragen nicht weit.

Du verstehst das Problem nicht. Es geht nicht um den Komparativ, sondern um das gewaltige Ausmaß des Phänomens Leid als solches in der gesamten Natur. Die Theodizee Frage ist nach wie vor ungelöst, seit sie vor fast 2500 Jahren zum ersten Mal von griechischen Philsophen formuliert wurde. Den Menschen bekannt ist die Frage sicher schon weit länger.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#39 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von sven23 » So 13. Jul 2014, 17:17

closs hat geschrieben:Warum denn das? - Gott weiss doch beim Abschließen der Wette bereits, wie das Ergebnis sein wird. :o

Eben, das macht die Morde und Qualen für Hiob ja noch perverser. Wie man das mit dem Hohelied der Liebe vereinbaren will, bleibt mir ein Rätsel.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#40 Re: Hiob-Opfer einer Intrige?

Beitrag von closs » So 13. Jul 2014, 17:36

sven23 hat geschrieben: Wie man das mit dem Hohelied der Liebe vereinbaren will, bleibt mir ein Rätsel.
Indem man "Liebe" als umfassende Größe versteht, die Dasein und Sein umfasst. - Liebe im Dasein ist Sehnsucht - Leid ist Indikator dazu. - Aber das ist wirklich ein schwerer Gedanke - I admit.

sven23 hat geschrieben:Die Theodizee Frage ist nach wie vor ungelöst
Sie ist intellektuell ungelöst, weil sie nur erlebbar ist. - Hier kommt Dialektik an ihre Grenzen. - Am besten hat es noch Bonhoeffer gesagt:

"Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir sie brauchen. Aber er gibt sie nicht im voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen."

"Gott legt uns nicht mehr auf, als wir tragen können".

Antworten