Karlheinz Deschner ist für mich gleichzeitig eine geniale wie tragische Figur.
Gelesen hatte ich, damals 16 Jahre alt, sein Buch "Abermals krähte der Hahn". Ein Buch, das ich heute noch für herausragend halte. Sauber recherchiert in den historischen Fakten, genaue Analysen neutestamentlicher Denkarten, wie z.B. des Paulus.
Wenn man dann die teils kindlich-trotzigen öffentlichen Einlassungen des späteren KHD liest, wird man den Eindruck nicht los, dass seine Lebensaufgabe, die Demaskierung der tatsächlichen Geschehnisse in der Kirchengeschichte (und nicht nur die rosarote Brille der Kirchenfunktionäre und ihrer Schulbücher) ihn zu einem verbitterten Menschen gemacht haben. Also dass er einen hohen Preis gezahlt hat. Anfeindungen und ähnliches über lange Zeiträume können dies auch bewirken. Und die hat er zur Genüge gehabt.
Zeus hat geschrieben:Solange der Verbrecher nicht seine Schuld eingesteh und sogar seine Taten zu verharmlosen sucht, muss man der Gerechtigkeit und der Wahrheit wegen ihn mit seinen Taten konfrontieren.
Ich denke, dass es den Mördern weniger weh tut als den Opfern. Und das ist echt ungerecht.
Gewisse Fortschritte sieht man hier durchaus bei den Kirchen. Teils werden schon mit zusammenpressten Lippen "Entschuldigungen" gemacht. Teils, wo man sich wirklich nach dem Sinn fragt. Wenn man z.B. 700 Jahre nach den Verbrechen an den Templern, die über Jahrhunderte militärisch ihren Kopf für die Kirche hingehalten hatten, diese "rehabilitiert" und Fehlentwicklungen einräumt. Da müsste man sich schon fragen, warum man 700 Jahre braucht um sich zu entschuldigen. Aber immerhin. Besser spät als nie.
Aber die eigentliche Frage ist für mich eine andere: warum soll ich Kirchendogmatikern vertrauen, den sog. Kirchenvätern, wenn diese zeitgleich verantwortlich waren für brutalste Vergehen gegen heute ganz selbstverständlich wirkende Menschenrechte. Wenn die sich in ihrem Handeln so daneben bewegen konnten, warum sollten dann ihre Dogmen richtig sein?
Ich traue doch auch keinem Bankräuber, so schön er vielleicht auch auf romantischte Art vom friedlichen Zusammenleben der Menschen wortreich zu schwärmen vermag.
Und aktuelle Beispiele findet man durchaus auch, wo man gar nicht ins Mittelalter und in die Spätantike wanderen muss in der Betrachtung.
Ein Beispiel, das noch nicht genannt wurde: man soll sich mal die Geschehnisse im Jugoslavienkrieg anschauen, was da Menschen anderen Glaubens und Ethnie angetan wurde. Und dann mal schauen, wo sich z.B. die serbische Kirche dagegen eingesetzt hat. Ich habe da bislang noch nichts gefunden. Kurz: die Sonntags in die Kirche gingen, haben wochentags systematische Massenvergewaltigungen ganzer Landstriche organisiert und Massenmorde zu verantworten. Tausende von Frauen wurden im heutigen Europa (!) in KZs gehalten, solange bis die betroffenen Musliminen von einem Serben geschwängert waren und dann ab dem 3 und 4 Monat in das soziale Nichts entlassen.
Und wenn man dann noch in der geglaubten Ideologie den Betroffenen "Falschgläubigen" vorwirft, sie werden in der Hölle ewig schmoren, weil sie das Geschenk des Kreuzes Jesus nicht angenommen haben, bekomme ich einen dicken Hals. Aber ganz dick.
Ich glaube an Gott, aber mit den (selbst)proklamierten Vertretern habe ich so meine Schwierigkeiten. Bei allen organisierten Religionen.