sven23 hat geschrieben:Es muss aber auch klar sein, dass derjenige, der keine historische Forschung betreiben will und kann, nicht beanspruchen kann, die "Wirklichkeit" Jesu besser ergründen zu können.
Das stimmt so nicht: Wenn ein Wissenschaftler die Sachergebnisse der HKM abgreift und mit dessen Hilfe im nächsten Schritt versucht, das Denken Jesu im spirituellen Kontext, also auf interpretativer Ebene, zu ergründen, kann er zu Ergebnissen kommen, die näher an Jesu historischer Wirklichkeit sind als das, was die HKM dazu sagt (FALLS sie überhaupt auf dieser Ebene etwas dazu zu sagen hat).
sven23 hat geschrieben:Ja, 42000 bei Glaubenshermeneutikern, eine bei der historischen Jesusforschung.
Nicht ganz: Auf interpretativer Ebene ist die HKM ebenfalls eine Glaubenshermeneutikerin.
sven23 hat geschrieben:Nein, ich sage damit nur, dass deine nicht-Falsifizierbarkeit soviel wert ist wie das Spaghettimonster.
Hier ist wichtig, dass die Aussagen von Ratzinger nicht falsifizierbar sind ("Jesus wurde in Castrop-Rauxel geboren und starb am 4. Mai 33 an Milzriss").
sven23 hat geschrieben:Trotzdem hat die Forschung sehr belastbare Ergebnisse hervorgebracht, die von den Glaubensdogmatikern nur durch einen Glaubensentscheid unterlaufen werden können, nicht auf wissenschaftlich-sachlicher Ebene.
Geneell falsch, in einigen Fällen möglich.
sven23 hat geschrieben:Also sprichst du Theobald doch ab, dass er als Neutestamentler die Texte versteht. Oder was soll der Verweis?
Der Verweis bedeutet, dass Apg. 8,30 eine spirituelle Größe ist und nichts in einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung zwischen Theobald und Ratzinger zu suchen hat.
sven23 hat geschrieben:Sein Thema war der historische Jesus und der kerygmatische Christus. Warum sollte er das Thema verlassen nur weil closs immer vom Thema abscheift?
Weil er möglicherweise nicht erkennt, dass sein Ansatz zu "historisch" und "kerygmatisch" problematisch ist, wenn er "Kerygmatik" als rein virtuelle Größe im Verhältnis zur Historie ansetzt.
Warum macht ein Bultmann-Fan (das ist er doch wohl, oder?) "Kerygmatik"? - Doch bestimmt nicht zur Profilierung.
sven23 hat geschrieben:Es ändert aber prinzipiell nichts an der enormen Disrepanz zwischen historischem Jesus und kerygmatischen Christus. Nicht umsonst sagt Lindemann, dass der historische Jesus dem Glauben im Weg steht.
Möglicherweise hast Du Lindemanns Satz falsch verstanden. - Zunächst wäre zu klären, ob Lindemann mit "historisch" "wirklich" oder "methodisch" meint - falls er letzteres meint, sehe ich überhaupt kein Problem bei diesem Satz.
Ja - es gibt eine Diskrepanz zwischen - was eigentlich? "historisch-wirklich" oder "historisch-kritisch"? - Hier dasselbe Problem: Bei letzterem sehe ich kein Problem.
sven23 hat geschrieben:Mit Theißens Buch unterm Kopfkissen könntest du der Forschung keine Defizite für den Gesamtzusammenhang vorwerfen, weil wirklich alle Facetten beleuchtet werden.
Ich werfe der HKM als solcher keine Defizite im Sinne von "Da habt Ihr was falsch gemacht" vor - es geht allein um die Frage, was die HKM kann und was nicht.
sven23 hat geschrieben:Ähm, wer sonst? Glaubensdogmatiker?
Weder, noch. - Das hat die Wissenschafts-Theorie zu entscheiden.
sven23 hat geschrieben:Trotzdem noch mal die Frage: warum ist dir die Wissenschaftlichkeit so wichtig, warum genügt dir nicht dein Glaube?
Mir geht es nicht um "Glaube", sondern um Grundlagen.
Es ist aus meiner Sicht überhaupt kein Problem, die sogenannten Geisteswissenschaften ab 2018 in den "Arts"-Bereich zu schieben und nur noch Naturwissenschaften und sonstige unmittelbar messbare Disziplinen im "Science"-Bereich zu belassen. - Das hieße bspw. für die Theologie, dass sie sich bei Bedarf bei den Science-Kollegen (bspw. ARchäologen) Know How abgreift und mit nach Hause nimmt - no problem.
Was mich jedoch sehr stört, ist, wenn zwei geisteswissenschaftliche Disziplinen, die beide wissenschaftlich-methodisch arbeiten, deshalb in "wissenschaftliche" und "nicht-wissenschaftlich" getrennt werden sollen, weil man dem Ruf weltanschaulicher Ideologie folgt.
sven23 hat geschrieben:Aber halt nicht in der historischen Forschung. Und darum geht es nun mal in der historischen Jesusforschung.
Doch - da Geschichte es verdient, unter allen gut begründbaren Gesichtspunkten untersucht zu werden.