Alles Teufelszeug? IV

closs
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#261 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 17. Sep 2016, 14:13

sven23 hat geschrieben:Jesus kündigte das nahe Gottesreich an und gekommen ist die Kirche, und mit ihr das Unheil.
Kein Widerspruch. - Die Nähe ist gerade im Unheil - das hat die "Weltzeit" so an sich.

sven23 hat geschrieben:Beispiel: für die Amerikaner war der Abwurf der A-Bombe über Hiroshima ein Akt der Notwehr, um den Krieg zu beenden. Für die Japaner war es ein Kriegsverbrechen.
Gutes Beispiel. - Und für den säkular-methodischen HKM-ler bedeutet "nahes Gottesreich" etwas ganz anderes als für den theologisch-methodischen Kanoniker. - Das einzige ist das Faktum/Phänomen an sich: Die Bombe fiel/der Ausdruck "nahes Gottesreich" steht.

sven23 hat geschrieben:Ach so, wenn er ein Bright ist, dann kann er ja niemals recht haben.
In geistigen Fragen kaum.

Münek hat geschrieben:Bei so einer eindeutigen Aussage Jesu an seine Jünger ("Wenn IHR das alles geschehen seht...") kann man doch nicht argumentativ herumeiern und sagen, daraus KÖNNE man eine "Naherwartung herauslesen".
Doch - und es wird genug Theologen geben, die begründen, warum. - Wir kommen da nicht weiter - es wurde alles gesagt - die jeweiligen Setzungen sind nicht verrückbar (was nichts macht) und werden weitgehend nicht erkannt (was sehr wohl was macht).

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NIS
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#262 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von NIS » Sa 17. Sep 2016, 14:17

GUT und Böse waren das Gift der Schlange, Feuer, welches den Geist verbrennt!

Die Schlange hat das Weltall nach sich selbst benannt, Universum, seine Frau ist Galaxie und sein Sohn der Kosmos!

Universum war ein Ägypter.
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R.F.
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#263 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von R.F. » Sa 17. Sep 2016, 14:47

Halman hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:@ Sven23
Wenn Hitler schon vor seiner "Machtergreifung" solche Vernichtungsabsichten an den Juden hatte - weshalb machte man ihn dann zum Machthaber? Einen Mörder macht man nicht zum Präsidenten!
Aber zum Führer. Bereits vor der MachtÜBERTRAGUNG war Hitlers Antisemitismus bekannt.
Von Vernichtungsabsichten ist in "Mein Kampf" jedoch nicht die Rede...

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#264 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von JackSparrow » Sa 17. Sep 2016, 15:42

sven23 hat geschrieben:Wenn Hitler schon vor seiner "Machtergreifung" solche Vernichtungsabsichten an den Juden hatte - weshalb machte man ihn dann zum Machthaber?
Weil Hindenburg keine Lust hatte, sich für den Rest seines Lebens auf irgendwelche Notverordnungen zu verlassen und alle paar Wochen einen neuen Kanzler zu ernennen?


R.F hat geschrieben:Von Vernichtungsabsichten ist in "Mein Kampf" jedoch nicht die Rede...
Die waren damals auch nicht der Rede wert, weil die Juden ja schon seit der römischen Antike allgemein gehasst wurden und selbst Martin Luther schon ihre Vernichtung vorschlug.

Jesus geht ja auch nicht gerade zimperlich mit ihnen um: "Ihr seid vom Vater, dem Teufel"...

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sven23
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#265 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 17. Sep 2016, 15:57

R.F. hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:@ Sven23
Wenn Hitler schon vor seiner "Machtergreifung" solche Vernichtungsabsichten an den Juden hatte - weshalb machte man ihn dann zum Machthaber? Einen Mörder macht man nicht zum Präsidenten!
Aber zum Führer. Bereits vor der MachtÜBERTRAGUNG war Hitlers Antisemitismus bekannt.
Von Vernichtungsabsichten ist in "Mein Kampf" jedoch nicht die Rede...
Kann man so auch nicht sagen. Ich zitiere mal (hoffentlich richtig) aus dem Gedächtnis.
Man hätte gleich zu Beginn des Krieges mehrere Tausend dieser hebräischen Volksverderber unter Giftgas halten sollen, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen.
Mit dieser Dolchstoßlegende wird schon klar, wes Geistes Kind Hitler war.

Hitlers Antisemitismus kann sich auf eine lange christliche Tradition berufen.
Schon im 4. Jahrhunder schrieb der Bischof von Konstantinopel:

"Der Jude ist ein fleischlicher Jude, ein geiler, ein schlüpfriger Jude, ein dämonischer Jude. Der Jude ist ein Mörder der Propheten, ein Mörder Christi, ein Gottesmörder. Der Jude verehrt den Teufel, die Juden sind Trunkenbolde, Hurer, Verbrecher. Sie sind das gottesmörderische Volk."
(Kirchenlehrer Chrysostomus, 397-407 Bischof von Konstantinopel
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#266 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von R.F. » Sa 17. Sep 2016, 16:29

sven23 hat geschrieben:
R.F. hat geschrieben:Von Vernichtungsabsichten ist in "Mein Kampf" jedoch nicht die Rede...
Kann man so auch nicht sagen. Ich zitiere mal (hoffentlich richtig) aus dem Gedächtnis.
Man hätte gleich zu Beginn des Krieges mehrere Tausend dieser hebräischen Volksverderber unter Giftgas halten sollen, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen.
Mit dieser Dolchstoßlegende wird schon klar, wes Geistes Kind Hitler war.
- - -
Ich habe "Mein Kampf" eben zur Hälfte durchgeschaut, habe zwar einige Attacken gegen die "Juden" gelesen, nicht aber Dein Zitat. Auch bei früherer Lektüre ist mir eine solche Textstelle nicht aufgefallen. Nun suche ich halt mal weiter...

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NIS
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#267 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von NIS » Sa 17. Sep 2016, 16:52

Die Frage war, "Gewinnt das Kreuz oder der Haken?"

Und der Schwuchtel zeichnete ein Hakenkreuz!

(Bayern, München, Hofbräuhaus 1933, Zeitzeuge)

Das Hakenkreuz war die Hochzeit von Haken und Kreuz, von Gott und Teufel.
Der Heilige Geist (Hauke)

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Anton B.
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#268 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Anton B. » Sa 17. Sep 2016, 19:28

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Wer ist "man"?
Die Weltanschauler, die sich um die Wissenschaft rum gebildet haben und mit Verweis auf Wissenschaft dominierenden Einfluss auf die Gesellschafts-Bildung haben.
Ok, dem "Weltanschauler" kann ich mich anschließen. Schwierig hält es sich mit dem "[die] mit Verweis auf Wissenschaft dominierenden Einfluss auf die Gesellschafts-Bildung haben." Journalisten? Präsidenten von wissenschaftlichen Vereinigungen, Politiker?

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Es reicht, wenn die Aussagen im wissenschaftlichen Kontext stehen, und ausgehend davon ("Wissensbegriff") die Methoden und Ergebnisse begründet werden.
Meinetwegen - aber wie soll dies sprachlich aussehen? Wie würdest Du die Glaubensaussage "Jesus hatte eine Naherwartung", die gleichzeitig bei entsprechender Methodik gut begründbar ist, so formulieren, dass sie einerseits nicht als Faktum und andererseits wissenschaftlich klingt?
Verstehe Dein Problem nicht: Wenn die Aussage entsprechend wissenschaftlich begründet ist, ist es "Wissen". Und Wissen -- ich wiederhole mich da wohl -- ist nach Definition nicht das, "was der Fall ist". Also ein "Wissensfaktum", aber kein was-der-Fall-ist-Faktum. Ich sehe nicht, wo da ein Grundlagenbezug offen ist.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Vieles von dem, was Du monierst, findet ja außerhalb der wissenschaftlichen Praxis statt.
Das wäre die beste aller möglichen ERklärungen - allerdings entstehen die zu monierenden Dinge aufgrund von wissenschaftlichen Zitaten. - Der Durchschnittsleser hat NICHT Deine Möglichkeiten, Wissenschaften so differenziert und relativierend zu sehen.
Natürlich nicht. Und deshalb hat er ganz klar Probleme in der Einordnung, was wissenschaftliches Wissen denn so ist. Wissenschaftliches Wissen adrdessiert sich eben zuerst an die Wissenschaft und an Ingenieure (im weiten Sinne), die damit "Anwendungen" erstellen. Wer als "kleiner Mann" diesen Bezug nicht hat und dem die entsprechende Bildung fehlt, der wird Einordnungsprobleme bekommen. Das ist hier so wie überall, wo man sich nicht richtig auskennt.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:kannst sie aber vermutlich nicht so vernünftig begründen, dass sie in einer überragenden Breite unter dem "vernünftigen" Gesichtspunkt zum intersubjektiven Allgemeingut wird.
Nein - ganz einfach deshalb, weil es Irrtum ist, vernünftige Begründungen seien intersubjektiv allgemeingut-fähig.
Tja, schade. Dann kracht alles zusammen. Aber welche Begründung hast Du für diese Behauptung?

closs hat geschrieben:Die philosophischen und theologischen Begründungen sind extrem vernüftig, aber auch halt ein bißchen umfassend (ich habe selber Jahrzehnte - allerdings nicht im Fulltime-Job ;) - dafür gebraucht). - Die Philosophie selber hat sich über Generationen hermeneutisch zu einem solchen ERgebnis aufgebaut - mit großartigstens Ausführungen dazu. Bis der Materialismus Tabula Rasa gemacht hat und den Menschen zum Maßstab des Seins gemacht hat.
Wieder eine reine Behauptung. Ich stelle die Aussage dagegen, die Philosophie hat sich aufbauend auf eigenem Wissen immer weiter fortentwickelt. Nur der closs hat sich irgendwo abgenabelt und in sein Schneckenhaus verkrochen. Wenn er jetzt heraus schaut, versteht er nichts mehr. Seine Diagnose: Alles Geisterfahrer.

closs hat geschrieben:Mit anderen Worten: Der Deutsche Michel zwischen Bierkrug und Mobilephone sagt/denkt/meint:
"Wenn etwas wissenschaftlich nachgewiesen ist, dann heisst das, dass es wahr/real/wirklich ist und alles andere * ist".
Als angenähert und vereinfacht ist dieses Verständnis ja auch nachvollziehbar: Wenn die Wissenschaft sagt, soundsoviel Volt bei dieser Stromstärke und jener Wechselfrequenz bekommen Dir nicht, dann nehmen das viele Menschen ernst.

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Du kritisierst auf jedem Fall den Wissenschaftsbetrieb an sich.
Nee - eigentlich wirklich nicht. "Wissenschaftsbetrieb an sich" würde ich definieren als "hier ist eine Fragestellung - hier ist unsere Methodik - schaun wir mal, was wir damit rauskriegen - legen wir los".
Fast ist es ja auch so. Nur sagen die Wissenschaftler: Das ist unsere der Definition von Wissen entsprechende Methode und mit der legen wir los.

closs hat geschrieben:Das kritisiere ich nicht - das ist ganz normale und anspruchsvolle Arbeit - vollkommen frei von Weltanschauung. - Wobei hier wieder hinzuzufügen ist: Bei Naturwissenschaft ist die Gemengelage hier immer ganz anders als in philologischen Wissenschaften (zu denen auch die historischen Wissenschaften gehören).
Erzähle!

closs hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:Aber nein, das kann auch nicht sein, denn eben hattest Du noch die zeitgenössische Philosophie als "Magd des Materialismus" kritisiert.
Stimmt - das ist genau das Pferd, auf das das Gros heutiger Philosophie aufspringt. - Aber warum ist das ein "Aber nein", wenn es doch gerade gut dazu passt?
Weil es erstmal nicht mehr als Deine Behauptung ist.

closs hat geschrieben:Durch die Transponierung einer methodischen Aussage des KR in eine philosophische Aussage, wird die Methodik zur ontologischen Größe - genau das, was in DEINER Definition von Wissenschaft (zu Recht) vehement abgelehnt wird. - Und schon haben wir den Salat.
Da beziehst Du Dich auf Postmodernisten wie Baudrillard, Derrida usw. Die Philosophen durchleuchten eben gerne logisch verschiedenen Konzepte, und die zeitgenössische Philosophie untersucht und diskutiert auch solche Ideen und Konstrukte. In einem zeitgenössischen Kompendium zur Wissenschafts- und Erkenntnisphilosophie wirst Du aber keine Aussage finden, diese Art der Betrachtung von Erkenntnis, Wissen und Wissenschaft repräsentiere den derzeitigen Wissensstand dazu.

closs hat geschrieben:* Wer ist nun Magd von wem? - Wahrscheinlich habe ich mich falsch ausgedrückt und es müsste heißen: Materialistische Philosophie macht die unschuldige Wissenschaft zu ihrer Prostituierten. - Und da die materialistische Philosophie heute derart dominant ist, dass auch Menschen, die wissenschaftlich arbeiten, davon erfasst sind, verschwimmen die Grenzen zwischen Jungfrau und Prostituierte vollkommen - zumal der Markt des Zeitgeistes eine hohe Nachfrage nach dieser Art der Liaison hat.
Der "Markt des Zeitgeistes" hat aber auch ein Verlangen nach Esoterik und Verschwörungstheorien.


closs hat geschrieben:* DIE Wissenschaft ist wirklich unschuldig - aber alles danach (incl dessen, was im Namen der Wissenschaft gesagt wird) ist von dieser anthropozentristischen Liaison geprägt. - Folge davon ist unter anderem, dass man in der (schein-!!) intellektuellen öffentlichen Wahrnehmung nur noch objektivierbare WAHRNEHMUNG zum Maßstab macht für "das, was der Fall ist".
Da lese ich eine tiefe gesellschaftliche Enttäuschung heraus. Da ist soviel an Vorwürfen reingepackt, da kann ich in diesem Rahmen mich nicht angemessen äußern.

closs hat geschrieben:Wenn Du etwas persönlich wahrnimmst: Willst Du diese Wahrnehmung primär objektivieren oder hoffst Du, damit etwas, was der Fall ist, entdeckt zu haben?
Lieber closs. Wenn Du bisher noch nicht meine Einstellung dazu verstanden hast, dann wird es auch eine weitere Darstellung nicht begreifbar machen. Du solltest wissen, dass weder ich, noch die Wissenschaften an sich bei Phrasen wie "primär objektivieren" oder "was der Fall ist" in einen Begeisterungstaumel verfallen. Wir wollen und können heute gut ohne solches Brimborium auskommen. Die Bedeutung und das den Naturwissenschaften entgegengebrachte Vertrauen hat damit überhaupt nichts zu tuen. Und mit Verlaub, heutzutage bauen m.E. nur einfältige Geister solche Phrasen in Erklärungstheorien ein.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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sven23
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#269 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 17. Sep 2016, 21:21

R.F. hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:
R.F. hat geschrieben:Von Vernichtungsabsichten ist in "Mein Kampf" jedoch nicht die Rede...
Kann man so auch nicht sagen. Ich zitiere mal (hoffentlich richtig) aus dem Gedächtnis.
Man hätte gleich zu Beginn des Krieges mehrere Tausend dieser hebräischen Volksverderber unter Giftgas halten sollen, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen.
Mit dieser Dolchstoßlegende wird schon klar, wes Geistes Kind Hitler war.
- - -
Ich habe "Mein Kampf" eben zur Hälfte durchgeschaut, habe zwar einige Attacken gegen die "Juden" gelesen, nicht aber Dein Zitat. Auch bei früherer Lektüre ist mir eine solche Textstelle nicht aufgefallen. Nun suche ich halt mal weiter...
Mein Zitat war wohl aus einer Rede Hitlers.
Das korrekte Zitat aus "Mein Kampf" geht so:

"Hätte man zu Kriegsbeginn und während des Krieges
einmal zwölf- oder fünfzehntausend dieser
hebräischen Volksverderber so unter Giftgas gehalte
n, wie hunderttausende unserer allerbesten
deutschen Arbeiter aus allen Schichten und Berufen
es im Felde erdulden mußten, dann wäre das
Millionenopfer der Front nicht vergeblich gewesen.
Im Gegenteil: Zwölftausend Schurken zur rechten
Zeit beseitigt, hätte vielleicht einer Million orde
ntlicher, für die Zukunft wertvoller Deutschen das
Leben gerettet."

Adolf Hitler, Mein Kampf, Band 2, München 1927
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
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#270 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 17. Sep 2016, 23:11

Anton B. hat geschrieben:Journalisten? Präsidenten von wissenschaftlichen Vereinigungen, Politiker?
Präsidenten von wissenschaftlichen Vereinigungen am wenigsten - wäre mir nichts bekannt. - Medien, ja - Politiker, jein (nur wenn es politisch nützlich ist) - Philosophen, vornehmlich ja. - Unterm Strich ist nach meinem Erleben das öffentliche Leben diesbezüglich durchseucht.

Anton B. hat geschrieben:Wenn die Aussage entsprechend wissenschaftlich begründet ist, ist es "Wissen".
"Wissen" ist "Nach meinem wissenschaftlichen Ansatz ist es der Fall", aber nicht "was der Fall ist" (wenn man damit eine ontologische Aussage meint - und genau so klingt es halt).

Verstehst Du nicht? Die Menschen verstehen unter "Wissensfaktum" doch exakt ein "Was-der-Fall-ist-Faktum". - Deine nachvollziehbare und von mir unterstützte differenzierte Auffassung kommt doch (fast) nirgends an - insofern haben wir de facto eine gigantische Täuschungs-Maschinerie.

Du sagst nach meinem Verständnis "'Jesus hatte eine Naherwartung' ist ein (methodisch begründetes) Wissensfaktum". - Foristen hier und sicherlich auch Leute wie Kubitza verstehen darunter "'Jesus hatte eine Naherwartung' ist ein "Was-der-Fall-ist-Faktum". - Was glaubst Du, warum ich mehrfach Threads rund um das Thema "Wahrnehmung und Sein" (alias "'Wissensfaktum' und 'Was-der-Fall-ist-Faktum' ") eingestellt? Weil es eben NICHT unterschieden wird.

Denn folgte man dieser Erkenntnis, würde es einem leicht fallen, anderslautende "Wissensfakten" zum selben Thema zu aktzeptieren - "Selbes Thema, anderer wissenschaftlicher, vernünftiger Ansatz, andere 'Wissensfakten' zum selben Thema" (das ist übrigens Routine unter ECHTEN Wissenschaftlern - aber es kommt nicht an die Öffentlichkeit, weil einem dann "Schizophrenie" vorgeworfen wird).

Anton B. hat geschrieben: Wissenschaftliches Wissen adrdessiert sich eben zuerst an die Wissenschaft und an Ingenieure (im weiten Sinne), die damit "Anwendungen" erstellen.
Schön wär's - wissenschaftliches Wissen ist heute DIE Keule schlechthin in öffentlicher Auseinandersetzung - OHNE Deine differenzierende Einordnung.

Folge davon ist einerseits, dass viel Schwachsinn als "Was-der-Fall-ist-Faktum" verzapft wird und damit Wissenschaft diskreditiert wird. - Sie wird dadurch weiter diskreditiert, dass sich immer mehr Menschen davon abwenden ("Ach, die Wissenschaftler").

Anton B. hat geschrieben:Dann kracht alles zusammen. Aber welche Begründung hast Du für diese Behauptung?
Ganz einfach. - Dies Aussage "Es gibt Gott" ist hoch-vernünftig - trotzdem ist sie intersubjektiv nicht allgemeingut-fähig, da nicht falsifizierbar. (Es sei denn, man definiert "Vernunft" so, dass Du doch wieder recht hast - aber dann wäre "Vernunft" nicht "vernünftig" definiert - und dann wird's langsam kriminell.)

Anton B. hat geschrieben: Ich stelle die Aussage dagegen, die Philosophie hat sich aufbauend auf eigenem Wissen immer weiter fortentwickelt.
Wenn Trump eine Fortentwichlung Obamas ist, weil er DANACH kommt, hast Du recht. - Meinst Du es so?

Unter qualitativen Gesichtspunkten vermag ich es nicht als Fortentwicklung zu verstehen, wenn eine Philosophie rein materialistisch/kritisch-rationalistisch geprägt ist.

Anton B. hat geschrieben:Wenn die Wissenschaft sagt, soundsoviel Volt bei dieser Stromstärke und jener Wechselfrequenz bekommen Dir nicht, dann nehmen das viele Menschen ernst.
Dann ja, weil die Folgen einer Aussage unmittelbar nachvollziehbar sind. - Wie gesagt: Naturwissenschaft ist nicht das Problem - es sind die anderen Wissenschaften.

Anton B. hat geschrieben:Nur sagen die Wissenschaftler: Das ist unsere der Definition von Wissen entsprechende Methode und mit der legen wir los.
OK - wenn sie es nicht mit "Was-der-Fall-ist-Faktum" verwechseln, passt es.

Anton B. hat geschrieben:Erzähle!
Es ist ein Unterschied, ob sich eine Wissenschaft mit natürlichen Phänomene beschäftigt oder mit geistigen Phänomenen. - Denn letztere sind aus geistiger Sicht in ihrem Wesen nur transzendent-begründet verstehbar, was natürlich außerhalb des wissenschaftlichen Mandats ist - dieses Problem gibt es bei natürlichen Phänomen NICHT (wollen wir offen lassen, ob dies auch bei der QM ewig so bleiben wird).

Anton B. hat geschrieben:Weil es erstmal nicht mehr als Deine Behauptung ist.
Dann schau Dich um - sicherlich gibt es dazu Begründungen auf wissenschaftlichem Niveau. Manche merken es einfach. - Wir können Wissenschaft nicht als Ersatz für eigenes "Merken" einspannen. - Merkst Du NICHT, dass die heutige Philosophie dominant materialistisch ist?

Anton B. hat geschrieben:Da lese ich eine tiefe gesellschaftliche Enttäuschung heraus.
Das klänge mir zu psychologisch - ich bin selber NICHT von der Gesellschaft enttäuscht, weil Enttäuschung nur Folge von nicht eingetretener Erwartung ist - dies ist bei mir nicht der Fall.

Nein - ich bin von den Menschen NICHT enttäuscht. Gerade viele "normale", "einfache" Menschen sind oft geistig um Längen weiter, als die intellektuelle Oberschicht - ohne dass die "einfachen Menschen" das Wort "geistig" in den Mund nehmen würden.

Enttäuscht bin ich allerdings von unserer sogenannten "geistigen Elite", die in der Regel NICHT unterscheidet zwischen "methodischem Wissensfaktum" und "Was-der-Fall-ist-Faktum" - mit dieser Unterscheidung bist Du bereits weit, weit überdurchschnittlich (nicht innerhalb des Volkes gemeint, sondern innerhalb der sogenannten "geistigen Elite"). - Und genau das ist enttäuschend - denn solche Erkenntnisse müsste "oben" Standard sein, sind es aber bei weitem nicht.

Anton B. hat geschrieben:Da beziehst Du Dich auf Postmodernisten wie Baudrillard, Derrida usw.
Weiß ich nicht - ich spreche aus der Beobachtung.

Anton B. hat geschrieben:Der "Markt des Zeitgeistes" hat aber auch ein Verlangen nach Esoterik und Verschwörungstheorien.
Stimmt - da kommt ein Beelzebub hoch, den man nicht mit dem Teufel eintauschen möchte. - Aber wen wundert's: Wenn mit dem Begriff "Vernunft" und "WIssenschaft" so viel Unfug getrieben wird, kommt irgendwann der Gegentrend - wie bei der AfD.

Anton B. hat geschrieben:Und mit Verlaub, heutzutage bauen m.E. nur einfältige Geister solche Phrasen in Erklärungstheorien ein.
Weil die Theorien hermetisch anthropozentrisch sind - Besuch von außen nicht gewünscht.

Es sind doch gerade einfältige Geister wie Ratzinger, die versuchen, auch wissenschaftlich zu de-anthropozentrieren - aber es wird wohl nicht gelingen. - Das ist aus gutem Grund so - Dein Ansatz der Trennung von "methodischem Wissensfaktum" und "Was-der-Fall-ist-Faktum" würde schon reichen - man müsste es nur kommunizieren.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Gesellschaft und vor allem seine "geistigen Eliten" auf Dauer so dumpf sein können, dass dieses Thema nicht massiv kommen wird.

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