Alles Teufelszeug? V

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Münek
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#251 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 21:01

Andreas hat geschrieben:Und warum reibst du dem Sven nicht ständig unter die Nase, dass die historisch-kritische Methode nicht der Ankläger der Texte ist?
Du irrst Dich. Unser lieber Sven betrachtet die historisch-kritische Exegesemethode keinesfalls als Anklägerin der biblischen Texte.

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sven23
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#252 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Di 27. Dez 2016, 21:08

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Historisch-kritisch heißt lediglich, dass es eine Diskrepanz zwischen Berichten und Historie gibt.
Schon - aber das wusste man vor der HKM auch schon.
Manche klugen Köpfe haben es vielleicht geahnt, aber als die Kirche noch die Deutungshoheit über die Texte hatte, wagte es niemand auszusprechen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Lindemann sagt: es ist mir egal, ob das alles so stattgefunden hat, ich glaube, weil ich glauben will.
Nein - er sagt, dass historisch-kritische Kenntnisstände Momentaufnahmen sind. - Dazu kommt - bitte nie vergessen -, dass die meisten Eckpunkte des Glaubens historisch-kritisch überhaupt nicht verwerfbar sind.
Wir können nochmal durchgehen, ob es Dogmen gibt, deren historische Grundlage widerlegt ist - bisher habe ich nichts Hartes, sondern nur Interpretationen gehört.
Es gibt eine behauptete historische Grundlage, mehr nicht. Und die widerspricht aller Erfahrung und gesundem Menschenverstand. Und wie Lindemann sagt, halten die meisten Exegeten vieles für Erfindung der Schreiber, auf dem die Kirche dann Dogmen aufgebaut hat, deren Historizität nicht hinterfragt werden darf.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn aber alles über Jesus nur Erfindungen der Schreiber sind, dann handelt es sich wohlwollend um einen Mythos,
Wenn wir sauber denken wollen:
Wenn ein Schreiber etwas sagt, was historisch nicht richtig ist, sagt es etwas über den Schreiber aus. - Wenn also von der Geburt Jesu in Bethlehem die Rede ist UND dies nicht nur historisch-kritisch (also methodisch) falsch, sondern auch tatsächlich (ontologisch) unrichtig ist, ist Jesus trotzdem irgendwo geboren - es ändert nichts an der Substanz.
Das ist mal wieder eine Binsenweisheit.
Natürlich, wenn Jesus eine historische Person ist, dann gibt es 2 unzweifelhafte Eckpunkte:
Erstens die Geburt,
Zweitens der Tod.
Dazwischen über 30 Jahre Dunkelheit und viel Legende und Mythologie, die erst posthum erfunden wurde. Übrigens wurde Bethlehem ja nicht aus Jux und Dollerei erfunden, sondern als "Beweis" für die Kritiker, dass Jesus der im AT verkündete Messias ist.
Aber wie Lindemann richtig sagt, hat Jesus nichts von dem getan, was vom kommenden Messias erwartet wurde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Naherwartung ergibt sich aus den Textquellen, deshalb ja auch der breite Konsens innerhalb der Forschung.
Sie ist unter historisch-kritisch-methodischen Gesichtspunkten nachvollziehbar, ist aber unter "wirklichen" Gesichtspunkten so gut wie auszuschließen. Mit anderen Worten: Aus der Logik der HKM und einem naturalistisch-säkularen Denken scheint es naheliegend zu sein - aus gesamt-kanonischer Sicht und dieselben (!) Texte ganz anders interpretierendem geistig-spirituellem Denken ist sie HISTORISCH sehr unwahrscheinlich.
Logisch, aus kanonischer Sicht wurde es ja so umgedreht, dass aus der Naherwartung Jesu eine Fernerwartung der Rezipienten wurde. Wieder ein astreiner Zirkelschluss.
Aber warum regst du dich überhaupt immer so auf über die Naherwartung? Laut Lindemann ist es doch egal, ob Jesus oder Matthäus sich geirrt hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Trotzdem wird an der Jungfrauengeburt dogmatisch festgehalten, auch von Ratzinger, warum eigentlich, wider besserem Wissen
SChnellschuß - der Reihe nach:

Die Jungfrauengeburt ist historisch-kritisch prinzipiell schwer vermittelbar. Das gilt auch für den Fall, wenn überall in der Bibel "Jungfrauengeburt - Jungfrauengeburt - Jungfrauengeburt" stünde. - Es ist also primär KEINE Quellenfrage, sondern auch dann ein Problem für die HKM, wenn sie historisch richtig wäre.
Lindemann gibt doch zu, dass die meisten Exegeten sie für eine Erfindung von Matthäus halten. Warum dann noch das Bekenntnis: geboren aus der Jungfrau Maria? :roll:


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist Jesus dem Glauben im Weg? Für den historischen Jesus trifft das auf jeden Fall zu
Klares nein - bzw.: nicht beantwortbar. - Du meinst wahrscheinlich den ERgebnis-Jesus der säkularen HKM - dafür trifft es zu. - WIrd Dir langsam klar, wie wichtig es ist, zwischen "historisch-kritisch" (= methodisch = Wahrnehmung) und "historisch" (= wirklich = Realität) zu unterscheiden? - Du vermixt beides nach wie vor ungerührt.
Nein, der Unterschied liegt lediglich darin, dass die Ergebnisse mit einer wissenschaftlichen Methode ermittelt wurden. Das ist nichts negatives, sondern in der historischen Jesusforschung alternativlos. Der Heilige Geist wird hier nicht benötigt.
Trotzdem hat der Spiegel recht und Lindemann stimmt zu: der historische Jesus ist dem Glauben im Weg. Darum das Desinteresse von Kanonikern und Glaubensdogmatikern.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt halt wenige Theologen, die so ehrlich und konsequent sind wie ein Gerd Lüdemann.
Du seist darauf hingewiesen, dass es höchst ideologisch und sektenhaft rüberkommt, wenn man Vertretern EINER Exegeseform und innerhalb dieser EINER weltanschaulichen Richtung die Atrribute "ehrlich" und "redlich" zuspricht und anderen damit die Attribute "unehrlich" und "unredlich". - Mir geht es gar nicht um das Beleidigende dabei, sondern um die Selbstentlarvung.
In der historischen Jesusforschung hat eben nur die HKM was zu suchen, aber das ist ja nichts neues.
Lindemann gibt doch zu:
- Jesus wollte keine Missionierung
- Die Bergpredigt ist eine Eigenkomposition von Matthäus
- Jesus sah seinen angeblichen Sühnetod nicht voraus
- Die Worte über die Heilsbedeutung seines Sühnetodes sind ihm nachträglich in den Mund gelegt worden
- Die Abendmahlworte sind ihm in den Mund gelegt worden
- Jesus hat sich stets ausschließlich als Jude verstanden

Alle Positionen finden in der Forschung einen breiten Konsens.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum nicht? Ratzinger postuliert doch die Historizität der Evangelien, und zwar aller Evangelien.
Auch da muss man seriös nachfragen - Halman hat mal einen Vortrag eines Prof Tiedje (???) eingestellt, der sehr gelehrt über dieses Tema gesprochen hat.
Das war der mit den Glaubenspropagandaschriften. Recht hat er. Allerdings ändert das doch nichts an Ratzingers Einstellung, und der RKK.

closs hat geschrieben: Nach meinem insgesamten Verständnis von Ratzinger meint er den Rahmen und die Hauptsachen der Evangelien, die historisch sind - und nicht Episoden. Aber das könnten echte Profis nachprüfen. - So, wie Du es hier darstellst, würde ich Dir zustimmen - aber ich weiß eben nicht, was Ratzinger wirklich meint.
Münek hat die Zitate aus seinen Jesusbüchern oft genug eingestellt. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:So kann man sich wunderbar gegen alles immunisieren.
Das kann man jederzeit nachweisen - man muss nur HKM-Felder und Glaubens-Sätze gegenüberstellen. - Gerne hört die HKM dies nicht, soweit sie nach "höheren Weihen" über reine Sachinfos hinaus strebt.
Das ist Quark. Die Sachergebnisse reichen doch allemal, das wackelige Glaubenskonstrukt zum Einsturz zu bringen. Manche wollen halt nicht wahrhaben, dass sie einen Trümmerhaufen für ein schönes Gebäude halten. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Weder das eine noch das andere war Paulus bekannt oder für ihn relevant. Es war ganz einfach eine pragmatische Entscheidung, gegen den Widerstand von Petrus, dem Begleiter des Jesus. Und der war in erster Linie Jude und hat sich nie gegen die Beschneidung ausgesprochen. Er hat die Gesetzesvorschriften teilweise anders ausgelegt, aber seine Religion, das Judentum selbst nie in Frage gestellt. Auch das ist Konsens in der Forschung.
Das klingt alles richtig - allein: Wo ist hier ein Hinweis gegen den geistigen Paradigmen-Wechsel des NT, demnach es äußerer Zeichen nicht mehr bedarf?
Das ist doch schon die Theologie der Rezipienten. Im übrigen hat Jesus die jüdischen Gesetzesvorschriften nicht prinzipiell in Frage gestellt, sondern in einigen Punkten anders interpretiert, manche schärfer, andere lockerer. An den Sabbat- und Reinheitsgeboten hat er selbstverständlich festgehalten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#253 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 21:12

Münek hat geschrieben:Auf die Frage des SPIEGEL "Hielt sich Jesus für Gottes Sohn?" antwortete Lindemann mit einem knappen "NEIN".
Das KANN historisch-kritisch vertretbar sein. - Ob es historisch wahr ist, weiß ich nicht - das weiß auch die HKM nicht. - Davon abgesehen: Aus meiner Sicht ist "Gottes Sohn" eine Chiffre für theologisch Relevantes - wörtlich kann ich damit genauso wenig wie Linnemann anfangen.

Münek hat geschrieben:Allein entscheidend ist, DASS die Wissenschaft methodisch sauber arbeitet.
Das ist für das, was der Fall ist, überhaupt nicht entscheidend. - Auch die kanonische Theologie arbeitet methodisch sauber - das sind reine inner-betriebliche Aspekte.

Münek hat geschrieben:Die Frage, ob Jesus eine Naherwartung hatte und sich geirrt hat, ist eine historische Frage.
Auch Auferstehung und Jungfrauengeburt sind historische Fragen - entweder sie fanden statt oder nicht. - Damit kommen wir nicht weiter.

Was Du wahrscheinlich meinst, ist, dass Naherwartung eine historisch-kritische Frage sei. - Da wäre die Antwort: Irgendwie stimmt es, weil es für alles gilt, was wirklich gewesen ist oder gewesen sein könnte. - Aber auch diese Frage kann die HKM nur aus historisch-kritischer Sicht ("Wenn wir Quelle A in Zusammenhang B ..... , so deuten, DANN hatte Jesus eine Naherwartung") beantworten - die Wirklichkeit kann ganz anders sein, zumal es massiv andere Antworten dazu gibt.

Münek hat geschrieben:Ob Jesus von den Toten auferstanden ist, ist dagegen überhaupt nicht Gegenstand bibelwissenschaftlicher Forschung.
Warum nicht? - Wenn es doch stattgefunden hat, hat es historisch stattgefunden - wie könnte etwas, was eventuell historisch stattgefunden hat, nicht Gegenstand der historisch-kritischen Wissenschaft sein?

Münek hat geschrieben:Wenn die Setzung sich als bröckeliges Fundament entpuppt, nützt die beste Hermeneutik nichts.
Umgekehrt: Die Hermeneutik findet mit der Zeit raus, ob ein Fundament bröckelt oder nicht.

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sven23
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#254 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Di 27. Dez 2016, 21:23

Andreas hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Historisch-kritisch heißt lediglich, dass es eine Diskrepanz zwischen Berichten und Historie gibt.
Das ist dein grottenfalsches, ideologisch verzerrtes Bild der historisch-kritischen Methode, dass du hier gerne verbreitest.

Es ist das genaue Gegenteil, weil die historisch-kritische Methode darum bemüht ist, aufzuzeigen, dass die historischen (!) Texte (!!) als Teil der historischen (!) Zeit (!!) in denen sie entstanden, zu verstehen sind. Es geht nicht um die Diskrepanz zur Historie sondern um die Verwurzelung der Texte in der Historie. Das soll mit dieser Methode herausgearbeitet werden, damit die Texte zu ihrem Recht kommen. Dazu werden die historischen Texte und andere historische Quellen "kritisch" (vergleichend, objektiv) betrachtet. Die historisch-kritische Methode versteht sich aus Sicht der Wissenschaft als Anwalt der Texte.

Du missbrauchst die Wissenschaft mit solchen Aussagen für deine Ideologie und stellst die historisch-kritische Methode als Ankläger der Texte dar, deren Aufgabe es sei, die Diskrepanz zwischen den falschen Texten und der wahren Historie "kritisierend" ( > Bibelkritik), wie du das "kritisch" verstanden wissen willst, zu beweisen.

Du hättest dich längst bei [d]Kubitza[/d] Fachleuten danach erkundigen können, wofür das "historisch" und das "kritisch" im Fachbegriff "historisch-kritische Methode" tatsächlich steht.
Das hatten wir zwar alles schon x-mal aber trotzdem nochmal:

"In der Bibelwissenschaft verweist das Doppeladjektiv historisch-kritisch auf die Kombination zweier Grundannahmen dieser hermeneutischen Methoden:

Historisch ist diese Methode insofern, als sie davon ausgeht, dass die zu untersuchende Textgestalt eine lange, teils mündliche, teils schriftliche Vorgeschichte hat. Außerdem soll speziell das historische und theologische Umfeld des Autors zur Zeit des Schreibens erhellt werden, also etwa die im betreffenden biblischen Buch zum Ausdruck kommende Theologie.
Kritisch, also unterscheidend, ist die Methode, weil ein großer Unterschied zwischen den ursprünglichen Ereignissen und den biblischen Berichten vermutet wird, und weil der Betrachter beim Ermitteln der Vorstufen des biblischen Textes enorme Fähigkeiten des Unterscheidens (was ist ursprünglich, und was wurde - aufgrund welcher Theologie - verändert?) benötigt."

Quelle: Wikipedia


Oder hier:

"Es ist die selbstverständliche Grundlage kritischer Wissenschaft, dass sie sich nicht über ihre Ergebnisse definiert, sondern allein darüber, ob diese methodisch an den dafür in Frage kommenden Fakten geprüft wurden. Jede wissenschaftliche Disziplin, also auch die Theologie hat sich deshalb über ihre Methoden Rechenschaft zu geben. Erhebt die Methode der Interpretation den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, so muss sie den Standards wissenschaftlichen Vorgehens genügen. Im Bereich der biblischen Exegese geht es dabei um die Interpretation von schriftlichen Texten. Methodisches Vorgehen beinhaltet in diesem Fall die intersubjektive Nachprüfbarkeit der am Textmaterial gemachten Beobachtungen (möglichst objektive, exakte Beschreibung der Texte), deren Auswertung nach einsehbaren Regeln, das Operieren mit dem Gegenstand angemessenen Begriffsapparaten und den Diskurs mit anderen Wissenschaften, die vergleichbare Aufgaben wahrnehmen (Literaturwissenschaft, Altorientalistik, ...). Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Quelle: Aaron Schart, Einführung in die historisch-kritische Methode der Textinterpretation
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#255 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 21:38

sven23 hat geschrieben:Manche klugen Köpfe haben es vielleicht geahnt, aber als die Kirche noch die Deutungshoheit über die Texte hatte, wagte es niemand auszusprechen.
Da ist schon was dran. - Deshalb ist doch die HKM gut und wird innerhalb der Theologie auch geschätzt. - Das Problem ist erst dann entstanden, als sich die HKM selber zur Theologie oder zum Theologie-Ersatz gemacht hat.

sven23 hat geschrieben:Es gibt eine behauptete historische Grundlage, mehr nicht.
Und diese Grundlage wurde ja erst mal von der HKM bestätigt (es gab Jesus, etc.).

sven23 hat geschrieben:Und die widerspricht aller Erfahrung und gesundem Menschenverstand.
Das ist ein weltanschauliche Argument, das nicht zählt. - Was ist "Erfahrung"? - Was ist "Menschenverstand"? - Zum christlichen Verständnis gehört es bspw., dass man seinen Menschenverstand verloren hat, wenn man NICHT an Gott glaubt. - So meinst Du es sicherlich nicht. - Also damit kommen wir nicht weiter.

sven23 hat geschrieben:Übrigens wurde Bethlehem ja nicht aus Jux und Dollerei erfunden, sondern als "Beweis" für die Kritiker, dass Jesus der im AT verkündete Messias ist.
Dasselbe gilt für die Stammbäume - da stimme ich Dir also zu. - Aus meiner Sicht sind solche Manipulationen Ausdruck von Kleingläubigkeit - man meint(e), das Christentum an säkularen Strukturen (weltliche Königsherrschaft seit David) festmachen zu müssen - aus meiner Sicht verirrt.

Es gibt also schon was an den kirchlichen Theologen zu kritisieren - aber zur Stärkung der Substanz und nicht zur Eliminierung derselben.

sven23 hat geschrieben:aus kanonischer Sicht wurde es ja so umgedreht, dass aus der Naherwartung Jesu eine Fernerwartung der Rezipienten wurde. Wieder ein astreiner Zirkelschluss.
Aus säkularer HKM-Sicht wurde es so umgedreht, dass aus einer spirituellen Nähe des Göttlichen eine zeitliche materielle Nähe des Göttlichen gemacht wurde. Wieder ein astreiner Zirkelschluss.

sven23 hat geschrieben:Lindemann gibt doch zu
Wieso "zugeben"?

sven23 hat geschrieben:dass die meisten Exegeten sie für eine Erfindung von Matthäus halten.
Vielleicht haben diese Exegeten ja sogar WIRKLICH und nicht nur historisch-kritisch recht - absolut nicht ausgeschlossen. - Aber sie wissen es genauso wenig wie Du und ich - entweder es war historisch (a) oder (b). - Weder Matthäus noch Kubitza waren dabei.

sven23 hat geschrieben:Aber warum regst du dich überhaupt immer so auf über die Naherwartung?
Weil es ein klasse Beispiel ist, was zwischen Theologie und HKM falsch läuft.

sven23 hat geschrieben:Trotzdem hat der Spiegel recht und Lindemann stimmt zu: der historische Jesus ist dem Glauben im Weg.
Diesen Satz halte ich nach wie vor für falsch oder mindestens falsch formuliert: Der WIRKLICHE Jesus ist dem Glauben natürlich NICHT im Weg.

sven23 hat geschrieben:In der historischen Jesusforschung hat eben nur die HKM was zu suchen,
Einverstanden, WENN sich die HKM dabei Interpretationen über ganz enge Sach-Interpretationen hinaus enthält.

sven23 hat geschrieben:Alle Positionen finden in der Forschung einen breiten Konsens.
Es ist möglich, dass solche ERgebnisse in der Technik und den Bewertungs-Schwerpunkten der HKM korrekt sind. - Aber jetzt muss irgend jemand die Frage stellen: Wie ist all dies im Gesamt-Konzept der Bibel einzubauen.

Da würden etwa unter theologischer Sicht Fragen kommen, wie
* Inwieweit beschränkt die Selbsterniedrigung Gottes in Jesus dessen Wissen?
* Was bedeutet es, wenn sich Jesus als Jude versteht? (Was übrigens auch in der Theologie Konsens ist)
* Was meint Jesus mit "nahes Gottesreich" im spirituellen Sinn der Bibel?
* Wie kann die HKM wissen, was Jesus NICHT voraussah?
* Was ist die heilsgeschichtliche Bedeutung von "Sühne" seit der Genesis?
* etc.

Mit anderen Worten: Die von Dir ausgeführten HKM-Ergebnisse sind eine methodische Zu-Wort-Meldung, aber keine Lösung zur Frage, was im Gesamt-Zusammenhang der Heilsgeschichte seit dem "Sündenfall" "wirklich" ist.

sven23 hat geschrieben:Münek hat die Zitate aus seinen Jesusbüchern oft genug eingestellt.
Einmal hätte gereicht - meine Fragen gehen einen Schritt weiter.

sven23 hat geschrieben:Das war der mit den Glaubenspropagandaschriften.
Wieder eine Irreführung. - Du solltest wissen, dass "Propaganda" nach Goebbels etwas anderes bedeutet als vor 2000 Jahren.

sven23 hat geschrieben:Die Sachergebnisse reichen doch allemal, das wackelige Glaubenskonstrukt zum Einsturz zu bringen.
Vollkommen daneben. - Aber das bestätigt, wo Du die HKM ansiedelst. - Nochmals: Es gibt bis heute kein hartes Argument, dass ein Dogma wegen HKM-Erkenntnissen revidiert werden müsste.

sven23 hat geschrieben:Das ist doch schon die Theologie der Rezipienten.
Das ist Theologie IMMER - das gilt auch für die HKM.

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#256 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 21:40

sven23 hat geschrieben:Das hatten wir zwar alles schon x-mal
Der Schart-Text ist voll ok - nur kann man ihn anscheinend komplett unterschiedlich interpretieren - so scheint es wenigstens.

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Münek
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#257 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 22:15

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Auf die Frage des SPIEGEL "Hielt sich Jesus für Gottes Sohn?" antwortete Lindemann mit einem knappen "NEIN".
Das KANN historisch-kritisch vertretbar sein. - Ob es historisch wahr ist, weiß ich nicht - das weiß auch die HKM nicht.
Die historisch-kritische Forschung operiert immer nur mit mehr oder weniger hohen Wahrscheinlichkeiten - nie mit Gewissheiten. Höchstwahrscheinlich hat sich Jesus nicht für den Sohn Gottes gehalten.

closs hat geschrieben:Davon abgesehen: Aus meiner Sicht ist "Gottes Sohn" eine Chiffre für theologisch Relevantes - wörtlich kann ich damit genauso wenig wie Linnemann anfangen.
Du kannst davon ausgehen, dass Theologieprofessor Lindemann mit Sicherheit eine Menge mit dem Begriff "Sohn Gottes" anzufangen weiß.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Allein entscheidend ist, DASS die Wissenschaft methodisch sauber arbeitet.
Das ist für das, was der Fall ist, überhaupt nicht entscheidend. - Auch die kanonische Theologie arbeitet methodisch sauber.
Die kanonische Exegese, sollte es sie jemals geben, wäre keine Wissenschaft, sondern eine Glaubenschaft. Kannste knicken.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Frage, ob Jesus eine Naherwartung hatte und sich geirrt hat, ist eine historische Frage.
Auch Auferstehung und Jungfrauengeburt sind historische Fragen - entweder sie fanden statt oder nicht.
Mit überlieferten Mirakeln wie Jungfrauengeburt und Totenauferstehung befasst sich seriöse Wissenschaft nicht.

closs hat geschrieben:Was Du wahrscheinlich meinst, ist, dass Naherwartung eine historisch-kritische Frage sei.
Nein - ich meine, die Naherwartung Jesu ist keine Frage des Glaubens, sondern eine Frage der Geschichtlichkeit. Übrigens gibt es keine "historisch-kritische" Frage, sondern nur die historisch-kritische Exegese. Diese ist eine Methode zur Auslegung von Texten.

closs hat geschrieben:Da wäre die Antwort: Irgendwie stimmt es, weil es für alles gilt, was wirklich gewesen ist oder gewesen sein könnte. - Aber auch diese Frage kann die HKM nur aus historisch-kritischer Sicht ("Wenn wir Quelle A in Zusammenhang B ..... , so deuten, DANN hatte Jesus eine Naherwartung") beantworten - die Wirklichkeit kann ganz anders sein, zumal es massiv andere Antworten dazu gibt.
Mir ist nur der wissenschaftliche Konsens in dieser Frage bekannt. Mir genügt das.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ob Jesus von den Toten auferstanden ist, ist dagegen überhaupt nicht Gegenstand bibelwissenschaftlicher Forschung.
Warum nicht? - Wenn es doch stattgefunden hat, hat es historisch stattgefunden - wie könnte etwas, was eventuell historisch stattgefunden hat, nicht Gegenstand der historisch-kritischen Wissenschaft sein?
Siehe oben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wenn die Setzung sich als bröckeliges Fundament entpuppt, nützt die beste Hermeneutik nichts.
Umgekehrt: Die Hermeneutik findet mit der Zeit raus, ob ein Fundament bröckelt oder nicht.
Nein - es ist nicht Aufgabe der Hermeneutik, die Stabilität ihres eigenen Fundamentes (Plausibilität ihrer Setzung) zu hinterfragen.

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#258 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Di 27. Dez 2016, 22:32

Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Forschung operiert immer nur mit mehr oder weniger hohen Wahrscheinlichkeiten
Ja - aber diese Wahrscheinlichkeiten bemisst sie an IHREM System. - Das sagt nicht unbedingt etwas darüber aus, ob es WIRKLICH wahrscheinlich ist.

Münek hat geschrieben:Die kanonische Exegese, sollte es sie jemals geben, wäre keine Wissenschaft
Und Neger sind keine Menschen. :devil:

Münek hat geschrieben:Mit überlieferten Mirakeln wie Jungfrauengeburt und Totenauferstehung befasst sich seriöse Wissenschaft nicht.
Du bestätigst in Deiner Weise, was ich sage.

Münek hat geschrieben: ich meine, die Naherwartung Jesu ist keine Frage des Glaubens, sondern eine Frage der Geschichtlichkeit.
Das gilt für Jungfrauengeburt und Auferstehung genauso.

Münek hat geschrieben:die historisch-kritische Exegese. Diese ist eine Methode zur Auslegung von Texten.
So ist es - EINE Möglichkeit, dem näher zu kommen, was wirklich der Fall war.

Münek hat geschrieben:Mir ist nur der wissenschaftliche Konsens in dieser Frage bekannt. Mir genügt das.
Es wird Dir nicht mehr genügen, wenn Du interessiert an dem bist, was WIRLICH der Fall ist.

Münek hat geschrieben:es ist nicht Aufgabe der Hermeneutik, die Stabilität ihres eigenen Fundamentes (Plausibilität ihrer Setzung) zu hinterfragen.
Doch - das kann die HKM genauso. - Man setzt etwas und guckt, ob es nach einiger Zeit immer noch trägt. - Wenn dies der Fall ist, darf man es als Hinweis werten, dass man nicht ganz falsch gesetzt haben wird. - Nur als Wahrheit NACHWEISEN kann man Setzungen nicht - daran muss man glauben.

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#259 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 22:47

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Manche klugen Köpfe haben es vielleicht geahnt, aber als die Kirche noch die Deutungshoheit über die Texte hatte, wagte es niemand auszusprechen.
Da ist schon was dran. - Deshalb ist doch die HKM gut und wird innerhalb der Theologie auch geschätzt.
Liest man Ratzinger und Berger, scheint das Gegenteil der Fall zu sein. Ratzi rückt die Exegeten in die Nähe des Antichristen und für Berger sind seine Kollegen Bibelfälscher und Zertrümmerer des Glaubens.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Sachergebnisse reichen doch allemal, das wackelige Glaubenskonstrukt zum Einsturz zu bringen.
Vollkommen daneben. - Aber das bestätigt, wo Du die HKM ansiedelst. - Nochmals: Es gibt bis heute kein hartes Argument, dass ein Dogma wegen HKM-Erkenntnissen revidiert werden müsste.
Für die kirchlichen Glaubensdogmen interessiert sich die wissenschaftliche Bibelforschung nicht die Bohne. Dem Dogma der Jungfrauengeburt wurde allerdings - sozusagen ganz nebenbei - das biblische Fundament entzogen, als man zu dem Schluss
gelangte, dass die Geburtsgeschichten von Lukas und Matthäus unhistorisch und bloße Legenden sind.

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#260 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Di 27. Dez 2016, 23:23

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die historisch-kritische Forschung operiert immer nur mit mehr oder weniger hohen Wahrscheinlichkeiten
Ja - aber diese Wahrscheinlichkeiten bemisst sie an IHREM System.
Richtig. Nach welchem System sonst?

closs hat geschrieben: Das sagt nicht unbedingt etwas darüber aus, ob es WIRKLICH wahrscheinlich ist.
Das kann und darf jeder anhand der aufgezeigten Begründungen selbst überprüfen. Die Bibelwissenschaft hat nichts zu verbergen.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die kanonische Exegese, sollte es sie jemals geben, wäre keine Wissenschaft
Und Neger sind keine Menschen.
Du und Deine abwegigen Vergleiche...

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit überlieferten Mirakeln wie Jungfrauengeburt und Totenauferstehung befasst sich seriöse Wissenschaft nicht.
Du bestätigst in Deiner Weise, was ich sage.
Hast Du das wirklich gesagt? Umso besser.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: ich meine, die Naherwartung Jesu ist keine Frage des Glaubens, sondern eine Frage der Geschichtlichkeit.
Das gilt für Jungfrauengeburt und Auferstehung genauso.
Es sind Glaubenszeugnisse der Evangelisten ... Über die "jungfräuliche" Geburt Jesu im Stall von Bethlehem und über Jesu "Auferweckung" in der Grabkammer existieren im Übrigen keine Berichte.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:die historisch-kritische Exegese. Diese ist eine Methode zur Auslegung von Texten.
So ist es - EINE Möglichkeit, dem näher zu kommen, was wirklich der Fall war.
Was Jesu Naherwartung und seinen Irrtum betrifft, gibt es keine andere Möglichkeit. Wunschdenken zählt nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mir ist nur der wissenschaftliche Konsens in dieser Frage bekannt. Mir genügt das.
Es wird Dir nicht mehr genügen, wenn Du interessiert an dem bist, was WIRLICH der Fall ist.
Liest man die Evangelien vorurteilslos, kann man Jesu Irrtum sogar als Laie feststellen. Man muss dafür nicht Theologie studiert haben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:es ist nicht Aufgabe der Hermeneutik, die Stabilität ihres eigenen Fundamentes (Plausibilität ihrer Setzung) zu hinterfragen.
Doch - das kann die HKM genauso.
Die historisch-kritische Bibelforschung hat es als Wissenschaft NICHT nötig, etwas zu setzen, um zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen. Sie arbeitet eben NICHT ergebnisorientiert. Sie hätte auch zu dem Ergebnis kommen können, dass sich Jesus NICHT geirrt hat. Ist sie aber aus überzeugenden Gründen nicht.

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