Alles Teufelszeug?

Novas
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#251 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Mi 10. Feb 2016, 20:47

Thaddäus hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Stimmt. Du würdest aber vermutlich auch kein Buch mit solch einem hohlen Titel in Umlauf verbringen.
Ehrlich gesagt, wenn ich es so leicht könnte, - schon. ;)
Es wäre nur der Anspruch an mich selbst, ein möglichst gutes Buch zu schreiben mit einem plakativen Titel. Ich weiß jedenfalls, dass manche Verlage sich das Recht herausnehmen, vom Verfasser vorgeschlagene Buchtitel abzulehnen und in ihren Augen bessere Alternativen vorschlagen zu dürfen. Das ist ja auch verständlich. Ein falscher Buchtitel - z.B. weil er viel zu abstrakt ist - also so wie manche Titel von Doktorarbeiten - kann absolut tödlich für ein Buch sein, obwohl sein Inhalt eigentlich super ist.

Weil man den Leuten nur blödsinnige Titel zumuten kann?

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Thaddäus
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#252 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Mi 10. Feb 2016, 20:50

Novalis hat geschrieben: Weil man den Leuten nur blödsinnige Titel zumuten kann?
Nicht unbedingt blödsinnige Titel. Gotteswahn, Jesuswahn und Dogmenwahn sind ja keine blödsinnigen Titel. Es sind sehr provokante Titel, das ist klar. Aber damit kann man doch leben ... oder nicht?

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#253 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Mi 10. Feb 2016, 20:52

"Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig so lange zu verwenden, bis auch bestimmt der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag. Sowie man diesen Grundsatz opfert und vielseitig werden will, wird man die Wirkung zum Zerflattern bringen, da die Menge den gebotenen Stoff weder zu verdauen noch zu behalten vermag." - „Mein Kampf“ 1943, 851.-855. Aufl., S. 198

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#254 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Mi 10. Feb 2016, 20:55

Novalis hat geschrieben:"Die Aufnahmefähigkeit der großen Masse ist nur sehr beschränkt, das Verständnis klein, dafür jedoch die Vergesslichkeit groß. Aus diesen Tatsachen heraus hat sich jede wirkungsvolle Propaganda auf nur sehr wenige Punkte zu beschränken und diese schlagwortartig so lange zu verwenden, bis auch bestimmt der Letzte unter einem solchen Worte das Gewollte sich vorzustellen vermag. Sowie man diesen Grundsatz opfert und vielseitig werden will, wird man die Wirkung zum Zerflattern bringen, da die Menge den gebotenen Stoff weder zu verdauen noch zu behalten vermag." - „Mein Kampf“ 1943, 851.-855. Aufl., S. 198
Ach Novalis, das ist doch eine Keule, mit der man noch jeden erschlagen kann ... Aus genau diesem Grunde diskutiere ich mit Israelis nicht mehr über ihre Politik.

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#255 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Mi 10. Feb 2016, 21:13

Thaddäus hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Weil man den Leuten nur blödsinnige Titel zumuten kann?
Nicht unbedingt blödsinnige Titel. Gotteswahn, Jesuswahn und Dogmenwahn sind ja keine blödsinnigen Titel. Es sind sehr provokante Titel, das ist klar. Aber damit kann man doch leben ... oder nicht?

Damit kann ich sehr gut leben. Das ist eigentlich nur eine Anfrage an die intellektuelle Redlichkeit, die wichtiger sein sollte, als irgendein Marketing.

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#256 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Novas » Mi 10. Feb 2016, 21:30

Ich stimme Karl Kraus zu:


Wichtigster Indikator für die Missstände in der Welt war für ihn die Sprache. In dem nachlässigen Umgang seiner Zeitgenossen mit der Sprache sah er ein Zeichen für den nachlässigen Umgang mit der Welt im Allgemeinen. So konnte Ernst KÅ™enek über Karl Kraus die folgende für ihn typische Äußerung berichten: „Als man sich gerade über die Beschießung von Shanghai durch die Japaner erregte und ich Karl Kraus bei einem der berühmten Beistrich-Probleme antraf, sagte er ungefähr: Ich weiß, daß das alles sinnlos ist, wenn das Haus in Brand steht. Aber solange das irgend möglich ist, muß ich das machen, denn hätten die Leute, die dazu verpflichtet sind, immer darauf geachtet, daß die Beistriche am richtigen Platz stehen, so würde Shanghai nicht brennen.“[11]

Er warf den Menschen seiner Zeit – und unter ihnen nicht zuletzt den Journalisten und Schriftstellern – vor, die Sprache als Mittel zu gebrauchen, das man zu „beherrschen“ glaubt, anstatt sie als Zweck zu sehen und ihr zu „dienen“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Kraus

Der Faschismus - bzw. jedes Unrecht gegen Menschen - beginnt wohl auf der sprachlichen Ebene.

"Der Signalcharakter der instrumentellen Sprache verstärkt sich durch die Raschheit, mit welcher Sprachmodelle von oben her in Umlauf gesetzt werden [...] Das blinde und rapid sich ausbreitende Wiederholen designierter Worte verbindet die Reklame mit der totalitären Parole. Die Schicht der Erfahrung, welche die Worte zu denen der Menschen machte, die sie sprachen, ist abgegraben, und in der prompten Aneignung nimmt die Sprache jene Kälte an, die ihr bislang nur an Litfaßsäulen und im Annoncenteil der Zeitung eigen war." Adorno, Dialektik der Aufklärung
Quelle

demnach beginnt ebenso die Aufklärung und Menschlichkeit bei der Verteidigung und Wertschätzung der Sprache, die wir miteinander teilen...

Dialektik der Aufklärung: Philosophische Fragmente
http://philosophie.hfg-karlsruhe.de/sit ... aerung.pdf

In der Periode der politischen Spaltung in übergroße Blöcke, die objektiv dazu gedrängt werden, aufeinander zu prallen, hat das Grauen sich fortgesetzt. Die Konflikte in der Dritten Welt, das erneute Anwachsen des Totalitarismus sind so wenig nur historische Zwischenfälle, wie, der >Dialektik< zufolge, der damalige Faschismus es war. Kritisches
Denken, das auch vor dem Fortschritt nicht innehält, verlangt heute Parteinahme für die Residuen von Freiheit, für Tendenzen zur realen Humanität
, selbst wenn sie angesichts des großen historischen Zuges ohnmächtig scheinen.

Ich bin für ein kritisches Denken, welches „Residuen von Freiheit und Tendenzen realer Humanität“ bestärkt und verteidigt. Das unterstütze ich als Christ sehr gerne. Dafür können wir sogar gemeinsam kämpfen. ;)

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#257 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 11. Feb 2016, 01:19

Novalis hat geschrieben:

Die Partei, die Partei, die hat immer Recht!
Und, Genossen, es bleibe dabei;
Denn wer kämpft für das Recht,
Der hat immer recht.
Gegen Lüge und Ausbeuterei.
Wer das Leben beleidigt,
Ist dumm oder schlecht.
Wer die Menschheit verteidigt,
Hat immer recht.
So, aus Leninschem Geist,
Wächst, von Stalin geschweißt,
Die Partei - die Partei - die Partei.

:lol: Die Partei war auch niemals feindselig eingestellt. Da sie immer für das Recht kämpfte, hatte sie auch immer recht. Das ist doch logisch oder?

Das ist sehr logisch.

Das Beispiel haut haarscharf hin.

Bücher wie "Jesuswahn" kommen bei Kubitzas Jüngern deutlich so an, dass Glaube ein "Wahn" ist.

Das Marketing wirkt ja schließlich auch auf die Jüngerschaft ein - sie sehen darin gar kein Marketing, sondern fassen es wörtlich auf.
Der Chefideologe gibt die Richtung vor: "Der Glaube an Jesus ist ein Wahn, aus, bums", und die Jüngerschaft geht hinaus in alle Welt und verkündet, dass ein Gläubiger ein Wahnbesessener sei.
Man kann das haufenweise hier im Forum finden.

Thomas Metzinger erklärt alle Gläubige für intellektuell unredlich, und die Jüngerschaft greift das auf und erklärt in Foren, dass Gläubige, wenn sie ihren Glauben nicht ablegen, intellektuell unredlich sind.

Mit Schlagworten kann man Jünger bilden - die hinterfragen nicht groß, sie fühlen sich als Missionare und verkünden das Gute: ohne Religion und ohne Gläubige kann die Welt erst besser werden.

Wir sind die Redlichen und die Wahnfreien - erklärt die Jüngerschaft -, und wir sorgen dafür, dass die Welt besser wird, indem wir die Gläubigen darüber aufklären, dass sie Menschen zweiter Klasse sind, wenn sie nicht so werden wie die Neo-Athis.

DAS Denksystem ist uns aus der Historie bekannt.

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#258 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Do 11. Feb 2016, 01:25

Novalis hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ach woher, Münek ist ein ganz entspannter und umgänglicher Zeitgenosse. :thumbup:

Solange man das glaubt und denkt, was er für richtig hält? :lol:
Genau!
Wenn man ihm widerspricht, tobt er wie Rumpelstilzchen und brüllt wie am Spieß, wo hier die intellektuelle Redlichkeit bleibe!!!!

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#259 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Do 11. Feb 2016, 07:11

Thaddäus hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Genau. Es geht um Marketing und Politik im Sinne einer Durchsetzung von Deutungshoheit mit allen Mitteln - nicht um Wahrheit. Einer der ersten, der die Möglichkeiten des modernen Marketing erkannte und auch sehr geschickt nutzte war Adolf Hitler. Der schrieb auch einen bekannten Bestseller, der sehr ernst genommen wurde.
Du übertreibst ein wenig. Kluges Marketing ist nicht schon Nazi-Propaganda. Man muss sich halt anschauen, wie Kubitza im Detail argumentiert. Wenn er dumm argumentiert, dann fällt es ja wohl auch leicht, ihn zu widerlegen. Wenn er klug argumentiert, dann fällt es eben schwer, ihn zu widerlegen. Letzteres macht mir zumindest mehr Spaß als Ersteres.
Genau so ist es.
Ich vermisse sowieso hier oft die argumentative Auseinandersetzung. Da kommen dann ersatzweise die üblichen ad hominems oder die Nazikeule, um alles zu erschlagen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#260 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Do 11. Feb 2016, 07:18

Novalis hat geschrieben:
Die Partei, die Partei, die hat IMMER Recht.




und weil die Partei immer Recht hat, müssen alle Kritiker der Partei automatisch im Unrecht sein - und müssen als Feinde der Wahrheit bekämpft werden. :wave:
Ja Novalis, da lieferst du eine schöne Analogie zum Dogmenwahn der Kirche.
Totalitäre Systeme haben mit der historischen Kirche eines gemeinsam. Die Wahnvorstellung, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein.
Im radikalen Islam heute noch zu beobachten.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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