Tara hat geschrieben:Closs hat geschrieben
In diesem Sinne passt auch das im AT oft dargestellte Motiv, dass "Hunger" (also Leid) den Menschen zu Gott hinbeugt - weil der Mensch logischerweise im Dasein verhaftet bleibt, wenn es ihm gut geht.
also Gott fügt den Menschen
mit Absicht Leid zu um den Menschen zu zwingen sich in diesem leidvolle Zustand an Gott zu wenden, zu erinnern, zu denken
weil ohne Leid der Mensch es angeblich
nicht, oder
zu wenig tut ?

Wie krank muss
dein Gott sein um auf dieser Weise Ehrung zu erhalten, und wie minder-wertig muss dieser Mensch sich fühlen um nur im Leid den Gott zu befriedigen

Wir setzten Leid schnell mit böse gleich. Tatsächlich ist Leid eigentlich neutral. Weder noch. Wenn Leid nützlich ist, dient es dem Guten, wenn Leid keinen Sinn erfüllt, bzw. kontraproduktiv ist, ist es böse. Es ist sogar möglich eigentlich sinnloses Leid nützlich werden zu lassen.
Leid ist z.B körperlicher Schmerz. Als solches hat es Hinweis- bzw. Warnfunktion. Also gut. Es bringt einen dazu, aufmerksamer mit für den Körper gefährlichen Dingen umzugehen.
Seelisches Leid funktioniert ähnlich. Hier geht es nur nicht um den Körper, sondern um unseren Geist. Seelischer Schmerz hat eine Warnfunktion. Es stimmt etwas nicht. Hier ist es nur schwieriger, die Ursache zu finden, weil die Zuordnung nicht so leicht ist, wie bei einem z.B. Mückenstich an einer klar lokalisierbaren Körperstelle.
Oder anders ausgedrückt: das eigentlich neutrale Leid wird gut oder böse damit, was man daraus macht.
Schwieriger wird es, wenn die Ursache des Leides außerhalb des von uns Steuerbaren passiert. Zum Beispiel wenn wir Opfer eines Verbrechens werden ohne uns wehren zu können. Dann wirkt dieses Leid mit unglaublicher Kraft recht böse.
Wir erfahren unsere Ohnmacht und unsere Wut (Vergelten wollen) , die Verweifelung und die Angst vor ähnlichem in der Zukunft für uns oder andere. Die Opfer, die es aber schaffen damit umzugehen werden charakterlich stärker.
Dann bleibt eine Kategorie offen: Leid, das erst einmal nutzlos ist und so groß, dass es den Betroffenen überfordern muss.
Aber auch hier habe ich Leute getroffen, an die ich sehr anerkennend denke. Sie schafften es aus dieser Überforderung herauszukommen und waren sensible, sozial aufmerksame Menschen geworden.
Es mag fatalistisch wirken, aber Leid ist nicht einfach Leid, es gehört zum Leben und es kommt darauf an, was man damit macht.
Die edelsten Dinge, die uns beeindrucken, sind in der Regel auch solche, in denen Leid eine Rolle spielt.
Jemand, der sich für einen anderen opfert - zum Beispiel. Oder die rührendsten Momente bei Liebesromanen.
Ich habe jetzt nicht den Anspruch mit diesem Gedankenansatz alle Fragen erklären zu können. Aber viele schon.
