Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

closs
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#21 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von closs » Sa 14. Sep 2013, 10:26

sven23 hat geschrieben:Ersterer läßt sich überprüfen, letztere nicht
Ehrlich - Du machst da einen Denkfehler. - NACHDEM Deine Setzung fixiert ist, hast Du komplett recht. Aber nicht da, wo ich ansetze.

Hier geht es darum, dass man erst mal ausschließen (also setzen) muss, dass das, was Du "Überprüfung" nennst, nicht selbst Kopfkino ist - verstehst Du?

Pluto
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#22 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von Pluto » Sa 14. Sep 2013, 10:29

closs hat geschrieben: Aber nicht da, wo ich ansetze.
... und wo genau setzt du an, um die ontologische Realität des Metaphysischen nachzuweisen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#23 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von sven23 » Sa 14. Sep 2013, 10:34

closs hat geschrieben:
Hier geht es darum, dass man erst mal ausschließen (also setzen) muss, dass das, was Du "Überprüfung" nennst, nicht selbst Kopfkino ist - verstehst Du?

Na ja, jetzt kommt wieder die Matrix ins Spiel. Sei heute einfach mal mutig und nimm dein Leben als real an. :lol:

Bei der Transzendenz bist du doch auch nicht so zimperlich.
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Thaddäus
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#24 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von Thaddäus » Sa 14. Sep 2013, 19:57

Pluto hat geschrieben:Wow! :o
Informatiker ließen einen Computer Gödels berühmten ontologischen Gottesbeweis nachrechnen!
[...]
wie denkt ihr darüber?

Möglich, oder nicht? — Oder gar fehlerhaft programmiert, oder einfach nur Pseudowissenschaft?
Um Pseudowissenschaft handelt es sich bei dieser Bestätigung von Gödels modallogischem Gottesbeweis ganz gewiss nicht, - es sei denn, man zählt Logik, KI-Forschung und Mathematik neuerdings unter die Pseudowissenschaften.
Fehlerhaft programmiert könnte nur der automatische Theorembeweiser sein, der eingesetzt wurde. Aber das ist sehr unwahrscheinlich.

Im Nachlass des österreichischen Logikers und Mathematikers Kurt Gödel fand man einen in formallogischer Sprache formulierten Gottesbeweis, der sich an den ontologischen Gottesbeweis Anselms von Canterburys anlehnt und der in mehreren Ableitungsschritten zu der Conclusio führt, dass mit Notwendigkeit etwas in allen möglichen Welten existieren muss, dass alle positiven Eigenschaften in sich vereint, wobei - zu existieren - eine dieser positiven Eigenschaften ist (nicht zu existieren, wird also als negative Eigenschaft bestimmt).

Gott als etwas zu definieren, dass alle positiven Eigenschaften in sich vereint, entspricht Canterburys Definition Gottes als dasjenige, über das hinaus nichts Vollkommeneres gedacht werden kann.
Gödel hat diesen Beweis geheimgehalten, weil er befürchtete, dass der Beweis missverstanden wird. Erwähnenswert ist noch, dass Kurt Gödel nach einhelliger Fachmeinung, der brillanteste Logiker des 20. Jahrhunderts war.

Kurt Gödel formulierte diesen Beweis in der Sprache eines bestimmten logischen Kalküls, welches man Modallogik nennt und in der Modallogik in dem spezielleren System S5, einem besonders ausdrucksmächtigen System. In der Modallogik ist es möglich Aussagen zu formulieren, die die Operatoren: "Es ist möglich, dass ..." und "Es ist notwendig, dass ..." enthalten.


Die beiden Logiker und Mathematiker Christoph Benzmüller und Bruno Woltzenlogel Paleo haben nun folgendes getan:
Zunächst haben sie Gödels in S5 formulierten Beweis in das etwas schwächere modallogische System KB übersetzt. Allein das ist schon eine erstaunliche Leistung. Dieser Vereinfachungsschritt war nötig, weil automatische Theorembeweiser mit dem modallogischen System S5 überfordert sind. Die Ausrucksmächtigkeit von S5 wird nämlich erkauft durch eine viel schwierigere Überprüfbarkeit. Das System KB ist weniger ausdrucksmächtig, dadurch aber leichter auf logische Inkonsistenzen und Widersprüche zu überprüfen.

Danach haben sie Gödels Beweis mit einem automatischen Theorembeweiser überprüft. Theorembeweiser sind Computerprogramme, die z.B. mathematische Theoreme daraufhin überprüfen, ob sie korrekt und widerspruchsfrei sind. Solche Theorembeweiser sind keine dummen Computerprogramme: es sind intelligente Programme, denn sie müssen Widersprüche in sehr komplexen Theoremen aufspüren können, was eine Art Intuition erfordert, genau in die Richtung zu suchen, wo sich Widersprüche ergeben können.


Die Überprüfung von Gödels Beweis ergab, dass sowohl die Axiome und Definitionen des Beweises, als auch seine logischen Ableitungen alle korrekt sind. Die Schlussfolgerung von Gödels logischen Gottesbeweis ist also korrekt: Es existiert mit Notwendigkeit etwas in allen möglichen Welten, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint. Gödel nennt das "Gott".

Ob man diesem Beweis etwas abgewinnen kann, hängt davon ab, ob man die Axiome und Definitionen Gödels teilt und darüber hinaus auch noch, ob man die axiomatischen Voraussetzungen des modallogischen Systems K akzeptiert. Sowohl die Axiome und Definitionen Gödels, als auch die Voraussetzungen des logischen Kalküls haben übrigens durchaus hohe Plausibilität.

http://page.mi.fu-berlin.de/cbenzmueller/papers/R54.pdf

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sven23
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#25 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von sven23 » Sa 14. Sep 2013, 20:14

Hier mal die Definitionen und Theoreme Gödels kurz aufgelistet


"Annahme 1: Entweder eine Eigenschaft oder ihre Negation ist positiv.

Annahme 2: Eine Eigenschaft, die notwendigerweise durch eine positive Eigenschaft impliziert wird, ist positiv

Theorem 1: Positive Eigenschaften sind möglicherweise beispielhaft

Definition 1: Eine gottesähnliche Existenz enthält alle positiven Eigenschaften

Annahme 3: Die Eigenschaft, gottähnlich zu sein, ist positiv

Schlussfolgerung: Möglicherweise existiert Gott

Annahme 4: Positive Eigenschaften sind notwendigerweise positiv

Definition 2: Die Essenz eines Individuums ist die Eigenschaft, die von diesem umgesetzt wird und impliziert notwendigerweise irgendeine seiner Eigenschaften

Theorem 2: Götterähnlich zu sein ist eine Essenz von jeder götterähnlichen Existenz

Definition 3: Notwendige Existenz eines Individuums ist die notwendige Beispielhaftigkeit von all seinen Essenzen

Annahme 5: Die notwendige Existenz ist eine positive Eigenschaft

Notwendigerweise, Gott existiert"

Quelle: Wikipedia

Überzeugend ist das nicht wirklich.
"Positive Eigenschaften sind notwendigerweise positiv" ist ja eine geniale Erkenntnis. :lol:
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Thaddäus
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#26 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von Thaddäus » Sa 14. Sep 2013, 20:34

sven23 hat geschrieben: Überzeugend ist das nicht wirklich.
"Positive Eigenschaften sind notwendigerweise positiv" ist ja eine geniale Erkenntnis. :lol:
Die Ableitung in Gödels Beweis, dass positive Eigenschaften auch notwendig positive Eigenschaften sind, ist keine triviale Ableitung. Denn in der Modallogik gilt, dass etwas, das ist, zunächst nur möglich sein muss, also: wenn p (ein Fakt ist), dann muss p auch möglich sein. Damit muss aber noch nicht mit Notwendigkeit p sein.

Die Schritte, die du nach wiki zitierst, sind nicht der ganze gödelsche Beweis. Der ist wesentlich ausführlicher. Siehe z.B. hier:
http://sammelpunkt.philo.at:8080/1924/1 ... Beweis.pdf
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 14. Sep 2013, 21:19, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#27 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von closs » Sa 14. Sep 2013, 20:59

Pluto hat geschrieben:... und wo genau setzt du an, um die ontologische Realität des Metaphysischen nachzuweisen?
Das sind zwei Aussagen:
* Wo ist der Ansatz? - Der Ansatz ist, dass Sein unabhängig davon "ist", ob man es wahrnehmen kann oder nicht (von "nachweisen" ganz zu schweigen).
* Um nachzuweisen: - Will ich vielleicht gar nicht - es ist unter ontologischen Gesichtspunkten nicht wichtig. - Es geht allein um die Autonomie von Realität und Wahrnehmung.

sven23 hat geschrieben:Sei heute einfach mal mutig und nimm dein Leben als real an. Bei der Transzendenz bist du doch auch nicht so zimperlich.
Bei beidem muss man nicht zimperlich sein - Begründung: Würde man eigene Wahrnehmung (ob naturwissenschaftlich oder transzendent) von vorneherein als Täuschung setzen, bräuchte man erst gar nicht weiter zu machen. - Deshalb sollten sowohl naturwissenschaftlich als auch geistig vorgehende Menschen die notwendigen Voraus-Setzung, dass man überhaupt vorgehen kann, akzeptieren.

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#28 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von Pluto » Sa 14. Sep 2013, 22:34

Thaddäus hat geschrieben:Gott als etwas zu definieren, dass alle positiven Eigenschaften in sich vereint, entspricht Canterburys Definition Gottes als dasjenige, über das hinaus nichts Vollkommeneres gedacht werden kann.
Gödel hat diesen Beweis geheimgehalten, weil er befürchtete, dass der Beweis missverstanden wird. Erwähnenswert ist noch, dass Kurt Gödel nach einhelliger Fachmeinung, der brillanteste Logiker des 20. Jahrhunderts war.
Mir ist schon klar, warum Gödel den Beweis nie veröffentlichte.
Als brillianter Logiker wusste er ganz genau das die Logik die es zu Beweisen galt einen peinlichen "Haken" hatte.

Lass mich das mal erklären.

Als Anselm seinen ontologischen Beweis veröffentliche, gab es einen Mönch Namens Gaudilo der den Beweis anzweifelte. Gaudilo sagte nämlich, dass der Beweis Anselms sich nur auf den Begriff Gottes bezog, nicht aber auf die Existenz Gottes selbst. Dasselbe gilt übrigens für Gödels Beweis ebenfalls, selbst unter Anwendung einer S5er Modallogik (das System spielt hier nämlich keine Rolle).

Was sowohl Anselm als auch Gödel bewiesen, war also die Existenz des Begriffs der Vollkomenheit und daraus den Begriff der Vollkommenheit Gottes. Das ist natürlich kein Problem, weil man ja Begriffe nach eigenem Gutdünken definieren kann und dann sind sie per definitionem existent. Eine solche Beweisführung gilt daher in der Logik als Kinderspiel. Wenn man die Definition selbst festlegen kann verkümmert er zu einer zirkelreferneten Beweisführung, die wie wir genau wissen, völlig bedeutungslos ist.

Es ist nun mal ein himmelweiter Unterschied, ob man nur einen Begriff beweist, oder den darunterliegenden Sachverhalt.
Anselm sah den Unterschied nicht ein, und stritt lange darüber mit Gaudilo. Da Anselm Erzbischof von Canterbury war, und somit damals ziemlich viel Macht besass, traute sich vermutlich Gaudilo irgendwann nicht mehr zu widersprechen. Gödel, als brillianter Logiker den er war, wusste natürlich von diesem Unterschied zwischen Begriffsdefinition und Sachverhalt, hat den "Haken" sofort erkannt und den Beweis vermutlich nur aus Spaß aufgeschrieben, ihn aber hinterher nie veröffentlicht.

Die beiden KI-Fachleute haben entweder diesen Haken nicht gesehen (was eher unwahrscheinlich ist), oder aber, genau wie Gödel vor ihnen, ihn einfach ignoriert. Man darf nicht vergessen, Publikumswirksam ist natürlich so ein Gottesbeweis allemal. :mrgreen:

Wenn die Existenz Gottes tatsächlich auf so einfache Art zu beweisen wäre, wie sich Anselm das vorstellte dann wäre Gott in der Tat eine recht einfältige Figur. Das möchte ICH aber nicht unterstellen.

Dieser ganze Gottesbeeis ist IMO ein Spaß, würdig eines Aprilscherzes, aber mit einem echten Beweis hat er nichts zu tun. :lol:
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#29 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von Pluto » Sa 14. Sep 2013, 22:52

closs hat geschrieben:Der Ansatz ist, dass Sein unabhängig davon "ist", ob man es wahrnehmen kann oder nicht (von "nachweisen" ganz zu schweigen).
Darf ich dir den "Haken" in deiner Logik erklären?
Wenn man Sein nicht wahrnehmen kann, wie kann man dann wissen ob es überhaupt existiert?

* Um nachzuweisen: - Will ich vielleicht gar nicht - es ist unter ontologischen Gesichtspunkten nicht wichtig.
Musst du auch nicht. Sag Bescheid wenn du das Sein wahrnehmen kannst. Dann reden wir wieder drüber. ;)

- Es geht allein um die Autonomie von Realität und Wahrnehmung.
Hä? Es gibt gewisse Kategorien von Wahrnehmung, die mit Realität eine 1:1 Beziehung eingehen. Das sind alle Gegenstände um uns herum, die wir intersubjektiv feststellen können. Dann gibt es Dinge wie Gefühle die wir zwar als Wahrnehmung beschreiben können, aber nicht real sind. Beschränken wir uns einfach auf erstere, okay?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Thaddäus
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#30 Re: Computerprogramm bestätigt Gödels Gottesbeweis

Beitrag von Thaddäus » Sa 14. Sep 2013, 22:58

Pluto hat geschrieben: Wenn die Existenz Gottes tatsächlich auf so einfache Art zu beweisen wäre, wie sich Anselm das vorstellte dann wäre Gott in der Tat eine recht einfältige Figur. Das möchte ICH aber nicht annehmen.

Dieser ganze Gottesbeeis ist IMO ein Spaß, würdig eines den man am Aprilscherzes, aber mit einem echten Beweis hat er nichts zu tun. :lol:
Es gibt keinen Zweifel darüber, was in der Mathematik und Logik ein korrekter Beweis ist und was nicht. Und nach den Kriterien von Logik und Mathematik, ist Gödels Beweis ein korrekter Beweis. Insofern ist er ganz sicher kein Aprilscherz, so wenig, wie Grisha Perelmanns Beweis der Poincare-Vermutung kein Scherz ist, dessen Korrektheit zu überprüfen die besten Mathematiker der Welt zwei Jahre harte Arbeit gekostet hat.

Die Frage ist aber in der Tat, was Gödels korrekter Beweis bedeutet.
Existenz ist nach Kant keine normale Eigenschaft eines Dinges. Ein Ding hat nicht die Eigenschaft blau zu sein und dann auch noch die Eigenschaft, zu existieren. Ein Ding, das blau sein kann, muss vielmehr bereits existieren, seine Existenz muss bereits vorausgesetzt werden, denn es ist sinnlos einem Ding Blauhheit als Eigenschaft zuzusprechen, das nicht existiert.

Gödels Beweis sagt genau genommen nicht aus, dass Gott real existieren muss.
Der Beweis sagt vielmehr aus, dass, wenn man diese und jene Axiome und Defintionen akzeptiert, dann ist die Aussage logisch korrekt, dass ein Wesen notwendig ist, dass alle positiven Eigenschaften in sich vereint, denn diese Aussage ist beweisbar korrekt für alle möglichen Welten, die logisch denkbar sind.

In der Modallogik ist mit Notwendigkeit wahr, was in allen möglichen Welten wahr ist. (Nur möglich ist dagegen, was in wenigstens einer Welt logisch möglich ist.) Bewiesen wird also keine direkte ontische Existenz, sondern bewiesen wird die logische Korrektheit der Aussage, dass es mit Notwendigkeit ein Wesen geben muss, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint. Nicht mehr und nicht weniger.

Was man damit nun anfangen will, dass muss jeder selbst entscheiden.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 14. Sep 2013, 23:08, insgesamt 1-mal geändert.

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