Alles Teufelszeug? V

closs
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#21 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 20:14

Münek hat geschrieben:Es war übrigens der Erzdogmatiker Ratzinger, der in seinem Jesusbuch klarstellte, dass sich biblischer Glaube den Ergebnissen der historisch-kritischen Methode zu stellen habe.
Das hat er auch so gemeint.

Münek hat geschrieben: Und natürlich berühren Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung die Glaubenssubstanz, wenn beispielsweise der Legendencharakter der Geburtsgeschichten oder der nachösterlichen Jesuserscheinungen festgestellt wird.
Das wird nicht "festgestellt", sondern methodisch erschlossen.

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sven23
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#22 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 17. Dez 2016, 20:18

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dagegen gibt es starke Zweifel.
Historisch-kritische Zweifel gibt es dazu - natürlich. Das MUSS auch so sein, weil die säkulare HKM in Anbindung an ein naturalistisches Denken ist, demnach etwas naturwissenschaftlich nicht Erklärbares nicht sein kann.
Begründete Zweifel.
Wie schon gesagt: wenn man es schon bei scheinbaren Nebensächlichkeiten nicht so genau mit der Wahrheit nahm, um wieviel unglaubwürdiger ist etwas, das jenseits aller naturwissenschaftlichen Erklärungen liegt?
Da muss man Bultmann auf jeden Fall zustimmen, wenn er sagt:

„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
Quelle: Wikipedia

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man kannte aber auch damals den Unterschied zwischen dem, das wirklich stattgefunden hat und dem, was man sich ausgedacht hat, um den Eindruck zu erwecken, dass es stattgefunden hat.
Man hat aber zeitgemäß überzeichnet - wenn man sagen wollte, dass dort hinten WIRKLICH ein großer Wald ist, konnte es schon einmal unterstreichend damit verbunden werden, dass man dort 80 Wildschweine erlegt hatte.
Überzeichnung ist eine Sache, Erfindungen eine andere. Wenn weder Wald noch Wildschweine existieren, dann ist alles nur Fiktion. In einer Fabel kein Problem, als historischer Tatsachenbericht eine Fälschung.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Schreiber nicht, dafür um so mehr die spätere Kirche
Das ist korrekt. - Später wurde in der Vogelschau interpretiert.
Ja, aber im völligen Blindflug. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kubitza
Kubitza macht traditionell den Fehler, geistige Wahrheit abhängig zu machen von historisch-kritischem Gepuzzele - im Sinne von: Je mehr Details historisch-kritisch richtig oder falsch sind, desto glaubwürdiger/unglaubwürdiger ist der geistige Gehalt der Bibel. - Dieser Ansatz ist falsch.
Nee, der Ansatz ist genau richtig. Wenn man schon bei Nebensächlichkeiten lügen muss, um wieviel mehr lügt man dann bei Wundern und Auferstehung? Paulus läßt grüßen.

closs hat geschrieben: Im Grunde versucht K., substantiell für ihn Unverständliches auf seine Ebene periphär stattfindender Methoden-Treue zu reduzieren - eine Ersatzhandlung für fehlenden Zugang. Das ist übrigens einer der Gründen, warum so viele Theologie-Studenten enttäuscht ihr Studium abbrechen.
Der Grund könnte auch sein, dass viele noch rechtzeitig erkennen, auf welch schwammigen Grund das Glaubenskonstrukt aufgebaut ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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closs
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#23 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 20:54

sven23 hat geschrieben:„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben".
Da hat Bultmann unrecht - beides ist gut vereinbar. - Auch hier wird wieder die Vermengung von Naturwissenschaft und Materialismus deutlich.

sven23 hat geschrieben:Wenn weder Wald noch Wildschweine existieren, dann ist alles nur Fiktion.
WENN es so ist, ja. - Es kann aber auch sein, dass der Wald da ist, aber weniger Wildschweine, als man vorgibt zu erlegen.

sven23 hat geschrieben:Ja, aber im völligen Blindflug.
Das ist aus materialistischer Sicht nicht beurteilbar.

sven23 hat geschrieben:Der Grund könnte auch sein, dass viele noch rechtzeitig erkennen, auf welch schwammigen Grund das Glaubenskonstrukt aufgebaut ist.
Aus einer ungeeigneten Sicht MUSS der Grund schwammig erscheinen.

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sven23
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#24 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 17. Dez 2016, 21:15

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben".
Da hat Bultmann unrecht - beides ist gut vereinbar. - Auch hier wird wieder die Vermengung von Naturwissenschaft und Materialismus deutlich.
Warum Vermengung? Naturwissenschaft und Materialismus sind vom Prinzip her kein Widerspruch. Materialismus könnte man als konsequentes Weiterdenken der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ansehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn weder Wald noch Wildschweine existieren, dann ist alles nur Fiktion.
WENN es so ist, ja. - Es kann aber auch sein, dass der Wald da ist, aber weniger Wildschweine, als man vorgibt zu erlegen.
Surreal wird es doch, wenn die Wildschweine nach 3 Tagen wieder auferstehen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ja, aber im völligen Blindflug.
Das ist aus materialistischer Sicht nicht beurteilbar.
Aber aus historisch-kritischer Sicht zeigt die Forschung, dass sich die Kirche sehr weit von der ursprünglichen Lehre Jesu entfernt hat.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Grund könnte auch sein, dass viele noch rechtzeitig erkennen, auf welch schwammigen Grund das Glaubenskonstrukt aufgebaut ist.
Aus einer ungeeigneten Sicht MUSS der Grund schwammig erscheinen.
Das kennt jeder Häuslebauer. Wer meint, auf Bodengutachten verzichten zu können, wird sein blaues Wunder erleben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#25 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 22:15

sven23 hat geschrieben:Materialismus könnte man als konsequentes Weiterdenken der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ansehen.
Stimmt - aber man darf zum Schutz der Wissenschaft beides nicht vermischen.

sven23 hat geschrieben:Aber aus historisch-kritischer Sicht zeigt die Forschung, dass sich die Kirche sehr weit von der ursprünglichen Lehre Jesu entfernt hat.
Das stimmt zum Teil wirklich, zum anderen Teil ist dem Umstand geschuldet, dass die ursprüngliche Lehre Jesu nicht verstanden wird. - Wenn man beides addiert, bekommt man eine hübsche Differenz. :lol:

sven23 hat geschrieben:nnt jeder Häuslebauer. Wer meint, auf Bodengutachten verzichten zu können, wird sein blaues Wunder erleben.
Das ist doch exakt das Problem der säkularen HKM.

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Münek
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#26 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Sa 17. Dez 2016, 22:17

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Es war übrigens der Erzdogmatiker Ratzinger, der in seinem Jesusbuch klarstellte, dass sich biblischer Glaube den Ergebnissen der historisch-kritischen Methode zu stellen habe.
Das hat er auch so gemeint.
Das will ich meinen. Nicht ohne Grund bezeichnete mal eine Theologe die historisch-kritische Exegese als "Anwältin der Schrift". Im Gegensatz zu Ratzinger und anderen ist es Dir ein Bedürfnis, ihre immense Bedeutung kleinzureden.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Und natürlich berühren Ergebnisse der historisch-kritischen Forschung die Glaubenssubstanz, wenn beispielsweise der Legendencharakter der Geburtsgeschichten oder der nachösterlichen Jesuserscheinungen festgestellt wird.
Das wird nicht "festgestellt", sondern methodisch erschlossen.
Meinetwegen. Natürlich kollidieren diese historisch-wissenschaftlichen Forschungsergebnisse mit lieb gewordenen, festen Glaubensüberzeugungen frommer Christen. Entgegen Deiner Ansicht geht es da schon an die Substanz des Glaubens, weil
dieser nun mal auf historische Wirklichkeit beruhen muss.
Zuletzt geändert von Münek am Sa 17. Dez 2016, 22:22, insgesamt 1-mal geändert.

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#27 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 22:21

Münek hat geschrieben: Nicht ohne Grund bezeichnete mal eine Theologe die historisch-kritische Exegese als "Anwältin der Schrift".
Ja - aber er meint damit nicht die säkual-weltanschauliche HKM, sondern die christlich fundierte HKM. - Konkret: Er meint DIE HKM, deren Wissenschaftler überhaupt wissen, worum es geht.

Münek hat geschrieben:Entgegen Deiner Ansicht geht es da schon an die Substanz des Glaubens, weil dieser nun mal auf Historie basiert.
Das ist auch gut so, da damit nur Fehl-Glaube aufgelöst wird. - Oder um es direkt zu sagen: Wer wegen den Ergebnissen der HKM im Glauben wankt, hat seinen Glauben falsch eingestielt. - Insofern ist es eine Bereinigung.

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#28 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Sa 17. Dez 2016, 22:42

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Nicht ohne Grund bezeichnete mal eine Theologe die historisch-kritische Exegese als "Anwältin der Schrift".
Ja - aber er meint damit nicht die säkual-weltanschauliche HKM, sondern die christlich fundierte HKM.
Ach was - es gibt keine christlich fundierte HKM.

closs hat geschrieben:Konkret: Er meint DIE HKM, deren Wissenschaftler überhaupt wissen, worum es geht.
Du kannst davon ausgehen, dass die Herren Exegeten an den theologischen Fakultäten genau wissen, worum es geht. Diese Wissenschaftler sind Profis.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Entgegen Deiner Ansicht geht es da schon an die Substanz des Glaubens, weil dieser nun mal auf Historie basiert.
Das ist auch gut so, da damit nur Fehl-Glaube aufgelöst wird. - Oder um es direkt zu sagen: Wer wegen den Ergebnissen der HKM im Glauben wankt, hat seinen Glauben falsch eingestielt.
Jetzt machst Du es Dir zu einfach. Wenn sich heilsgeschichtliche Überlieferungen als unhistorische Legenden erweisen, sind diese nun mal keinen Pfifferling wert. Ratzinger hat das genau erkannt. Du offensichtlich nicht.

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#29 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 17. Dez 2016, 22:55

Münek hat geschrieben:Du kannst davon ausgehen, dass die Herren Exegeten an den theologischen Fakultäten genau wissen, worum es geht. Diese Wissenschaftler sind Profis.
Meine Zweifel gelten nicht der wissenschaftlichen Befähigung.

Münek hat geschrieben: Wenn sich heilsgeschichtliche Überlieferungen als unhistorische Legenden erweisen, sind diese nun mal keinen Pfifferling wert. Ratzinger hat das genau erkannt.
Du schaffst es, in einem Satz drei Bolzen zu verstecken:
1) Es ist nicht "erwiesen", sondern es ist ein ehrhaftes methodisches Ergebnis.
2) Heilsgeschichte bemisst sich nicht am Stand unseres Erkenntnis-Status.
3) Ratzinger hat bestimmt nicht "erkannt", was Du ihm unterstellst.

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#30 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 18. Dez 2016, 00:41

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Du kannst davon ausgehen, dass die Herren Exegeten an den theologischen Fakultäten genau wissen, worum es geht. Diese Wissenschaftler sind Profis.
Meine Zweifel gelten nicht der wissenschaftlichen Befähigung.
Aber allein diese Befähigung ist entscheidend, um professionell historisch-kritische Textauslegung betreiben zu können. Eine "christlich fundierte Exegese", wie sie Dir vorschwebt, wäre unwissenschaftlich. Deshalb gibt es diese nicht an den theologischen Fakultäten.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Wenn sich heilsgeschichtliche Überlieferungen als unhistorische Legenden erweisen, sind diese nun mal keinen Pfifferling wert. Ratzinger hat das genau erkannt.
Du schaffst es, in einem Satz drei Bolzen zu verstecken:
Ach was - das suggeriert Dir bloß die vorurteilsbeladene Kurzsichtigkeit Deines christlichen Glaubens.

closs hat geschrieben:1) Es ist nicht "erwiesen", sondern es ist ein ehrhaftes methodisches Ergebnis.
Die angesprochenen wissenschaftlichen Forschungsergebnisse sind mit "sehr hoher Wahrscheinlichkeit erwiesen". Das genügt mir.

closs hat geschrieben:2) Heilsgeschichte bemisst sich nicht am Stand unseres Erkenntnis-Status.
Die angebliche "Heilsgeschichte" ist lediglich ein theologisch-theoretisches Glaubenskonstrukt. Mehr nicht.

closs hat geschrieben:3) Ratzinger hat bestimmt nicht "erkannt", was Du ihm unterstellst.
Doch - Ratzinger schrieb in seinem Jesusbuch, dass es für den biblischen Glauben WESENTLICH sei, dass er sich auf wirkliches historisches Geschehen bezieht. Damit schließt er unhistorische Glaubenslegenden als nicht wesentlich aus.

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