Alles Teufelszeug?

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Münek
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#1841 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Sa 5. Mär 2016, 16:36

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Für die Menschen (einschließlich Wissenschaftler) besteht keine Notwendigkeit, die Existenz einer subjektun-abhängigen Welt zu setzen.
Eben - das ist doch der Punkt. - Sie ersetzt Glauben durch Wissen, obwohl sie es gar nicht wissen KANN.

Die Welt ist, wie sie ist. Die "wirkliche" Welt ist mit einer "vorgestellten" Welt identisch.

Wegen dieser Identität ist keine "Setzung" erforderlich. Bloße Gedankenspielerei. Hat mit Glauben/Wissen nichts zu tun.

Pluto
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#1842 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Pluto » Sa 5. Mär 2016, 16:41

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Geht es uns nicht allen gleich, im Kleinen wie im Großen?
Natürlich - geht mir genauso. - Man bemüht sich zwar, aber es geht einem trotzdem so.

Aber es geht dem Idealismus und eben auch dem Christentum in seiner Reinform (also so, wie es idealerweise gemeint ist - die andere Wange hinhalten) NICHT so.
Verstehe ich nicht.
Das ist wieder mal eine Behauptung die jeglicher Grundlage entbehrt, die du mit nichts begründen kannst.
Gerade das Christentum wurde in den letzten ca. 16 Jahrhunderten von machtierigen Kirchenoberhäuptern zum Zweck den Menschen eine Denkweise aufzudzwingen, missbraucht.

closs hat geschrieben:Wenn man ab dem Jahr 2017 mit "Geist "einen Briefträger meint oder eine Pizza meint, habe ich echt nichts dagegen - daran soll es nicht liegen.
Sehr gut! :clap:
Aber warum erst nächstes Jahr :?:

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das entspricht absolut nicht meinen Erfahrungen.
Es hängt davon ab, was man unter "Bildung" versteht.
Handels- und Fachhochschulen springen wie Pilze aus dem Boden -- die meine ich nicht.
An richtigen Universitäten wird den Studenten vor allem eigenständiges Denken beigebracht.

closs hat geschrieben:Ich bin nicht mal sicher, ob es im AT den Begriff "Moral" überhaupt gab - vielleicht gibt es überhaupt keine veralteten biblischen Moralvorstellungen.
Schau dir mal das Dekalog Mose an.

closs hat geschrieben:Pferde sterben nicht dadurch, dass man sie durch Esel ersetzt. ;) - Deinen Satz würde ich umformulieren: Wenn ein Pferd nicht mehr gebraucht wird, reitet man woanders hin oder sattelt ab. - Tot ist es nicht.
Du hast mich falsch verstanden. Ich meinte damit, die alten Moralbegriffe sind tot: deshalb sollte man sie begraben (oder den Geiern überlassen).

closs hat geschrieben:Es war in der Tat ein großer Kampf, bis der Neu-Hellenismus aus dem Christlichen wieder entfernt war. - Ja, Du hast recht - ein großes Problem.
Ich wusste weder das ein solcher Kampf jemals stattgefunden hat, noch dass die Lehren von Aristoteles aus dem Christentum "entfernt" wurden.

closs hat geschrieben:Oja - jede Zeit hat ihre Religionen als Feigenblätter gebraucht. - Um so empörter verteidigt man sie, wenn das Feigenblatt abhanden zu kommen droht.
Umso weniger verstehe ich, wieso man heute darauf besteht, dass das Christentum anders sei als andere Religionen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Savonlinna
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#1843 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Sa 5. Mär 2016, 16:54

Münek hat geschrieben: Die Welt ist, wie sie ist. Die "wirkliche" Welt ist mit einer "vorgestellten" Welt identisch.
Der Satz klingt interessant, aber ich bin nicht ganz sicher, ob ich ihn richtig verstehe.
Könntest Du das noch ein bisschen umschreiben?

Münek hat geschrieben:Wegen dieser Identität ist keine "Setzung" erforderlich. Bloße Gedankenspielerei. Hat mit Glauben/Wissen nichts zu tun.
Wie ist es aber mit der Tatsache, dass die Farben, die wir sehen, Interpretation durch uns sind?
Wenn wir sagen, 'die Wiese ist grün', dann "setzen wir", dass unsere Augen die eigene Farbe der Wiese sehen.

SilverBullet
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#1844 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von SilverBullet » Sa 5. Mär 2016, 16:55

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Auch Philosophen entscheiden hierbei nichts, sie beachten bloss Zusammenhänge nicht und denken sich in Positionen hinein, die sie gar nicht einnehmen können.
Ja - aber sie WISSEN nicht, ob das, was sie "sehen", "echt" ist oder Vorstellung. Und das entscheiden sie per Glaubens-Aussage ("Es ist echt alias unabhängig von meiner Vorstellung").
Diese so genannte „Entscheidung“ ist keine Entscheidung, sondern reines Theater.
1.
Eine Wahrnehmung kann nicht Wissen, was „auf der anderen Seite“ ist.
2.
Für einen Menschen ist die Wirklichkeits-Festlegung, die „Setzung“, bereits bautechnisch getroffen.
(Kann man durch einen einfachen Selbstversuch herausfinden)

Diese zwei vorgegebenen Zusammenhänge können nicht verändert werden.

Hierzu eine philosophische Entscheidung zu treffen, ist Zeitverschwendung.

Descartes hat nicht begriffen, dass die Entscheidung bereits für ihn getroffen wurde. Er kann damit natrürlich nicht die unabhängige „Denk-Substanz“ sein, die sich die Welt ansehen und danach entscheiden kann.
Aber automatisch vorhandene Entscheidungsfestlegungen rund um Phantasie und Wirklichkeit hat das christliche Weltverständnis nicht so gerne, weil es dadurch in Widersprüche gerät.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Wurde das Weltbild eigentlich auch vom Schöpfer erschaffen?
Das Potenzial dazu - ja.
Nein, offensichtlich nicht, denn sonst gäbe es den Widerspruch doch nicht.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:ich dachte das christliche Weltbild möchte vermitteln, dass die „Hinwendung zu Gott“ die zentrale Handlung für einen Menschen sein soll.
Es ist das Ziel, auf das man im Dasein sein Handeln ausrichten soll. - Insofern werden die naturalistischen Einrichtungen des Menschen schon gebraucht.
Ja, ja genau, ich denke schon auch, dass die „naturalistischen Einrichtungen des Menschen“ im christlichen Weltbild „gebraucht“ werden.

Sieht nicht gut aus, wenn man diese „Einrichtungen“ braucht und vorsetzt, dass sie von „Gott“ erschaffen wurden, aber sie offensichtlich beim „Zugang zur Religion“ und beim „Erkennen von Gott“ eher hinderlich sind.

=> das stimmt was nicht im Weltbild.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Diese „spätere Setzung“ („geistige Welt“) kam auf, weil „unbekannte Denker“ mit der anfänglichen Setzung von „Gott“ nicht mehr ganz zufrieden waren.
Das "Spätere" ist ausschließlich Folge menschlicher Entwicklung - als der Mensch noch Affe war, hat er sich nur um das Hier und Jetzt gekümmert. - Nachdem heute diese Auffassung wieder an Boden gewinnt, sind die Schlussfolgerungen ähnlich wie in der "vor-geistigen" Zeit.
Erstaunlich, was hast du daran nicht verstanden, dass das „Hier und Jetzt“ ein Basismechanismus ist?
Das phänomenale „Hier und Jetzt“ war über die Entwicklungszeit des Menschen in gleicher Form vorhanden.
Kein Gläubiger, der sich nicht vollständig von der Welt verabschiedet hat, hat dies jemals als Grundlage verloren, überwunden oder aufgegeben.

Diese „geistige Zeit“ wird von dir (meiner Meinung nach) viel zu sehr glorifiziert.

Sieh es doch einfach als eine Optimierung der Wahrnehmung, also als eine Entwicklung, an.

Das christliche Weltbild trifft Festlegungen und verlagert die Begründung durch die Bank ins Unsichtbare/Unerreichbare. Sobald alles ins „Nebulöse“ entsorgt ist, gibt es keine Entwicklung mehr.

An der Tatsache der „Neugierde“ kann man jedoch ablesen, dass es eine Art „Auftrag der Wahrnehmung“ zu sein scheint, sich zu entwickeln. Das erkennt man auch am Gehirn, das sich ständig optimiert und organisiert.

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#1845 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 17:31

Münek hat geschrieben:Wegen dieser Identität ist keine "Setzung" erforderlich.
Interessant. - Also sind Vorstellungen wirklich? - Dass DU das sagst, überrascht mich.

Pluto hat geschrieben:Gerade das Christentum wurde in den letzten ca. 16 Jahrhunderten von machtgierigen Kirchenoberhäuptern zum Zweck den Menschen eine Denkweise aufzudzwingen, missbraucht.
Richtig: "missbraucht". - Deshalb meine Fromulierung:
Closs hat geschrieben:Christentum in seiner Reinform

Pluto hat geschrieben:Aber warum erst nächstes Jahr
Vorlauf. :!: :geek:

Pluto hat geschrieben:An richtigen Universitäten wird den Studenten vor allem eigenständiges Denken beigebracht.
Political-Correctness-Denken, meinst Du wohl. - Habe gerade vor einer halben Stunde einen ZEIT-Artikel gelesen mit dem ernüchternden Spruch: "Wir haben keine Jugend mehr". - Eben weil alles so angepasst ist.

Pluto hat geschrieben:Schau dir mal das Dekalog Mose an.
Das sind Gesetze. - Ich meine damit, dass es unseren Wohlstands-Moralbegriff damals nicht gab.

Pluto hat geschrieben:Ich wusste weder das ein solcher Kampf jemals stattgefunden hat, noch dass die Lehren von Aristoteles aus dem Christentum "entfernt" wurden.
Doch - im Frühmittelalter war das ein großes Thema, das allerdings - insofern korrigiere ich mich - nie richtig gelöst wurde (habe gerade rum-gegoogelt). - Fest steht, dass die Hellenisierung christlicherseits als Kontaminierung verstanden wird. - Insofern hast Du mit Deiner Aristoteles-Aussage recht.

Pluto hat geschrieben:Umso weniger verstehe ich, wieso man heute darauf besteht, dass das Christentum anders sei als andere Religionen.
Es gibt meines Wissens keine Religion mit dem Satz "Gott ist die Liebe" (= in Gott fließt alles versöhnt zusammen) - allerdings: Das hat das Christentum obbenbar auch noch nicht verstanden.

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Münek
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#1846 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Sa 5. Mär 2016, 17:40

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: für die Wissenschaft kommt ein solch anmaßender Unsinn nicht in Betracht.
Ja - sie macht noch kürzeren Prozess und sagt "Ich weiss es". :lol: - Man schafft Glauben ab, indem man Glauben Wissen nennt.

Blödsinn - kirchliche Dogmen, deren Wahrheitsanspruch als unumstößlich gilt, sind NICHT
hinterfragbar, wissenschaftliche Theorien sind STETS hinterfragbar und widerlegbar.


Ein kleiner, aber feiner Unterschied.

Amen. :thumbup:

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#1847 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 17:43

SilverBullet hat geschrieben:Für einen Menschen ist die Wirklichkeits-Festlegung, die „Setzung“, bereits bautechnisch getroffen.
Weil Du "bautechnisch" naturalistisch interpretierst. - Wenn man "bautechnisch" spirituell übersetzt, kommt was ganz anderes raus.

SilverBullet hat geschrieben:Descartes hat nicht begriffen, dass die Entscheidung bereits für ihn getroffen wurde.
Und Du hast nicht begriffen, dass ihm auch klar war, dass er Augen und Ohren hat - seine Frage ist, ob Augen und Ohren ("Res extensa") SEINE Vorstellung ("Einbildung") sind oder "echt" - und diese Frage bleibt "nicht-falsifizierbar".

Da Descartes aber glaubt (!), dass sie "echt" sind, hat er so gelebt wie Du und ich. - Immer wieder: Es geht hier ausschließlich darum, dass die moderne Behauptung, Naturalismus arbeite ohne Setzung, nicht falsifizierbar ist (außer innerhalb des naturalistischen Systems selbst).

SilverBullet hat geschrieben:denn sonst gäbe es den Widerspruch doch nicht.
Der Widerspruch ist Folge Deines Weltbildes - es ist kein objektiver Widerspruch.

SilverBullet hat geschrieben: aber sie offensichtlich beim „Zugang zur Religion“ und beim „Erkennen von Gott“ eher hinderlich sind.
Weil die natürlichen Sinne Handwerkszeug für die Natur sind und nicht für geistige Fragen zuständig sind. - Für geistige Fragen hat der Mensch geistiges Handwerkszeug - zumindest potentiell.

SilverBullet hat geschrieben:Das phänomenale „Hier und Jetzt“ war über die Entwicklungszeit des Menschen in gleicher Form vorhanden.
Ja - es ist die Grundlage, auf der der Mensch fleischlich lebt.

SilverBullet hat geschrieben:Sieh es doch einfach als eine Optimierung der Wahrnehmung, also als eine Entwicklung, an.
Das ist gewissermaßen korrekt: Der kategoriale Sprung ins Spirituell-Geistige ist erst ab einer gewissen Hirn-Voraussetzung möglich - vorher kann etwas geistig "sein", aber erst ab einer gewissen Ausstattung kann es geistig reflektieren.

SilverBullet hat geschrieben:Das christliche Weltbild trifft Festlegungen und verlagert die Begründung durch die Bank ins Unsichtbare/Unerreichbare.
Das hat damit zu tun, dass das Christentum in der materiellen Welt entstanden ist und sogar dafür da ist. - Es ist in etwa so, als müsse man auf 3-D-Ebene eine 50-D-Ebene vertreten, aus der das 3-D ist. - Dieses 50-D ist selbstverständlich aus 3-D unerreichbar.

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#1848 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 17:45

Münek hat geschrieben:Ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Du übersiehst, dass naturwissenschaftliches Wissen nur deshalb "Wissen" heissten kann, weil eine dafür abgestimmte Methodik definiert, was "Wissen" innerhalb dieser Methodik zu bedeuten hat. - Absolut gesehen sagt das nichts.

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#1849 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Pluto » Sa 5. Mär 2016, 17:46

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:An richtigen Universitäten wird den Studenten vor allem eigenständiges Denken beigebracht.
Political-Correctness-Denken, meinst Du wohl.
Im Gegenteil. Allgemeinbildung UND selbstständiges Denken sind keineswegs abhanden gekommen.

closs hat geschrieben:Habe gerade vor einer halben Stunde einen ZEIT-Artikel gelesen mit dem ernüchternden Spruch: "Wir haben keine Jugend mehr". - Eben weil alles so angepasst ist.
Geht am Thema Universität leider vollkommen vorbei.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Schau dir mal das Dekalog Mose an.
Das sind Gesetze.
Ja- Gesetze der Moral!
closs hat geschrieben: - Ich meine damit, dass es unseren Wohlstands-Moralbegriff damals nicht gab.
Was meinst du mit "Wohlstands-Moral"? Ist das deine neuste persönliche Wort-Kreation?

closs hat geschrieben:Fest steht, dass die Hellenisierung christlicherseits als Kontaminierung verstanden wird.
Von wem wird es so verstanden? Doch sicher nicht von der rkK.
closs hat geschrieben: Insofern hast Du mit Deiner Aristoteles-Aussage recht.
Eben.

closs hat geschrieben:Es gibt meines Wissens keine Religion mit dem Satz "Gott ist die Liebe" (= in Gott fließt alles versöhnt zusammen) - allerdings: Das hat das Christentum obbenbar auch noch nicht verstanden.
Dann frage mal Lena, Kingdom oder Novalis. Die sind da ganz anderer Meinung.
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#1850 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Sa 5. Mär 2016, 17:52

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Wegen dieser Identität ist keine "Setzung" erforderlich.
Interessant. - Also sind Vorstellungen wirklich? - Dass DU das sagst, überrascht mich.

Selbstverständlich sind damit nicht Deine oder meine Weltvorstellungen gemeint. ;)

Wir sind schließlich Produkt und Teil dieser Welt.

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