Alles Teufelszeug?

closs
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#1811 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 08:14

sven23 hat geschrieben:"Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
Oje - da müsst Ihr Atheisten, Agnostiker und Naturalisten ja umringt sein von Zweiflern. :lol:

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sven23
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#1812 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Mär 2016, 08:26

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
Oje - da müsst Ihr Atheisten, Agnostiker und Naturalisten ja umringt sein von Zweiflern. :lol:
Umgekehrt: als Agnostiker/Atheist/nicht Gläubiger ist man in einer religiösen Umgebung umringt von Leuten, die fest daran glauben, die Wahrheit gefunden zu haben. ;)
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#1813 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von NIS » Sa 5. Mär 2016, 08:48

sven23 hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
Oje - da müsst Ihr Atheisten, Agnostiker und Naturalisten ja umringt sein von Zweiflern. :lol:
Umgekehrt: als Agnostiker/Atheist/nicht Gläubiger ist man in einer religiösen Umgebung umringt von Leuten, die fest daran glauben, die Wahrheit gefunden zu haben. ;)
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#1814 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 08:57

sven23 hat geschrieben:Umgekehrt: als Agnostiker/Atheist/nicht Gläubiger ist man in einer religiösen Umgebung umringt von Leuten, die fest daran glauben, die Wahrheit gefunden zu haben.
Unterm Strich stimmt das nicht. - Die para-religiöse Bindung der "Säkularen" ist hierbei wesentlich größer - denn dort glaubt man zu WISSEN, während man auf religiöser Ebene "nur" glaubt, also auch zweifelt.

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#1815 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von NIS » Sa 5. Mär 2016, 09:01

Glaubst Du, zu wissen, Closs, oder weisst Du, dass Du nur glaubst?
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Thaddäus
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#1816 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Sa 5. Mär 2016, 09:38

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Diese antike Geschichte ist ein philosophisch-logisches Lehrstück, und ihre intellektuelle Brillanz liegt darin, dass man als Hörer staunend erkennen muss, dass beide mit ihrer Argumentation recht haben und daraus ein unlösbares Paradox entsteht.
Sehr gut. - Damit hast Du das Wesen der Früh-Romantik beschrieben
Mit dieser antiken Geschichte wird gewiss nicht das Wesen der Frühromantik beschrieben, denn weder die Früh- noch die spätere Romantik basiert auf einem logischen Paradox.

closs hat geschrieben: Dies ist die Geburtsstunde des Lobbyismus, füge ich hinzu. - Nicht mehr die Frage, OB etwas gut ist, sondern WOZU etwas gut ist, steht im Vordergrund.
Nein, es ist die Geburtstunde der Gerichtsrede und der Redekunst.

closs hat geschrieben: Und genau dieser Ansatz ist das, was in der Romantik die Überwindung der Aufklärung bedeutet (die Kant selber 1797 an Gräve(?) angedeutet hat: Die Vernunft hat ein Ende, hinter bzw. über dem noch etwas ist). - Und dies ist eigentlich auch der Ansatz, warum Geist (im christlichen Sinne) über Intellekt steht. - Siehe auch con variazione Ödipus, der scheitert, WEIL er erkennen will - siehe auch Schillers letztes Werk "Demetrius", in dem Schiller geistig wider Willen zum Romantiker wird - dort passiert dasselbe.
Die Romantik ist keine Überwindung der Aufklärung, sondern eine Gegenbewegung zur Aufklärung. "Geist" im christlichen Sinne gibt es nicht, was soll das sein? Wenn du damit meinst, Gott Vater, Sohn und hl. Geist, dann sind die nicht "Geist", sondern transzendenete Annahmen. Der Geist der Aufklärung oder Romantik haben nichts mit deinem "Geist" zu tun. Du okkupierst lediglich diesen Begriff. Insofern kann dein "Geist", der kein Geist ist, auch nicht über dem Intellekt stehen, denn der Geist ist gerade das Zeichen für Intellekt und Intellektualität einer Epoche oder bestimmter Menschen.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Und genau diese christlich-moralisierende Sicht auf dieses philosophische Lehrstück wird seinem intellektuellen Abspruch in keiner Weise gerecht.
Korrekt - aber was ist der Maßstab? - Der Intellekt oder der (höhere) Geist?
Da gibt es keinen Maßstab und keine Frage. Deine christlich-moralisierende Sicht auf dieses philosophische Lehrstück wird seinem intellektuellen Anspruch schlicht in keiner Weise gerecht. Genau so gut könntest du Ödipus in schlichter christlich-moralisierender Weise als Sünder missverstehen, weil er ja seinen Vater tötet und seine Mutter beschläft. Dann begreigst du auch nicht, worum es in diesem Drama geht.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Diese Geschichte will nicht die moralische Frage stellen, ob Euathylos seinen Lehrer Protagoras nun bezahlen muss, sondern sie stößt den Leser oder Hörer mit der Nase auf ein logisch-argumentatives Paradox.
Schon klar - aber erneut: Was ist das höhere Gut? Die intellektuelle Ausgeklügeltheit (die Engländer benutzen dazu das viel bessere Wort "Sophistification") oder das Gewissen? - Genau darin unterscheiden sich Agora und Paulus.
Als ob Intellektualität und Gewissen miteinander konkurrieren würden. Was für ein merkwürdiger Gedanke. Und ansonsten wie oben: Deine christlich-moralisierende Sicht auf dieses philosophische Lehrstück wird seinem intellektuellen Anspruch schlicht in keiner Weise gerecht. Genau so gut könntest du Ödipus in schlichter christlich-moralisierender Weise als Sünder missverstehen, weil er ja seinen Vater tötet und seine Mutter beschläft. Dann begreifst du auch nicht, worum es in diesem Drama geht.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Der Verfasser der Apg. lässt Paulus hier einen klugen sophistischen Schachzug ausführen, der den athenischen Richtern sicherlich gut gefallen hätte, wenn Paulus diese Rede wirklich gehalten hätte, was historisch-kritisch zu bezweifeln ist.
War vielleicht ein Fehler - erinnert mich an die Bemühungen von Esra, israelitische und griechische Denkweisen strikt zu trennen. - Es kann sein, dass sich Paulus hier prostituiert - oder der Verfasser der Paulus-Schriften.
Paulus diese Rede halten zu lassen war kein Fehler des Verfassers der Apg., sondern sein eher hilfloser Versuch, ihn nicht als den Deppen dastehen zu lassen, als der er von den gebildeteten Griechen angesehen wurde.

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Der Verfasser der Apostelgeschichte lässt Paulus vor dem Areopag in Athen (dem athenischen obersten Gericht) eine rhetorisch anspruchsvolle Rede halten, die jedem Sophisten zur Ehre gereicht hätte!
Man darf nicht vergessen, dass man auch dann anspruchsvolle Reden halten kann, die nicht nur intellektuell, sondern auch geistig anspruchsvoll sind - man sollte also Rhetorik und Geist nicht ausschließen. - Siehe Römer-Brief und Buch Hiob.
Du verwendest wiederum den Ausdruck "geistig" falsch, weil du "christlich-geistlich" meinst und nicht "geistig". Pauli Rede vor dem Areopag entspricht geistig nämlich dem Geiste sophistischer Redekunst.

closs hat geschrieben: Aber wir sind nah dran:
Hier scheiden sich griechisches und hebräisches Denken - wie ich eh glaube, dass es ein Nachteil ist, dass Paulus in griechisch geschrieben hat, weil damit die konnotative Vielschichtigkeit und das phänomenale statt wertende Verständnis des Hebräischen flöten gehen.
Du bist eher ziemlich weit weg, denn Griechisch und Latein waren die Amtssprachen und nicht das Hebräische - und noch weniger sein aramäischer Dialekt. Um es salopp zu sagen, war Jesus ein jüdischer Hillbilly, der im hintersten Winkel des römischen Reiches wirkte, der so unbedeutend war, dass er selbst in den römischen Chroniken kaum erwähnt wird. Palästina zur Zeit Jesus war ein Land voller jüdisch-religiöser Fanatiker, die außer ihrem jüdischen Monotheismus nichts kulturell Höherstehendes vorzuweisen hatten. Während die Griechen (Natur-)Wissenschaft, Mathematik, Astronomie, Technik, Philosophie, Theater, Literatur und die Idee der Demokratie hervorgebracht haben und längst wussten, dass die Erde rund ist, welchen Umfang sie hat und wie man Sonnen- und Mondfinsternisse mit einer Maschine rein mechanisch berechnet, sind in Galiläa Menschen einem Mann hinterhergelaufen, der Heuschrecken aß und das nahe Ende der Welt prophezeihte, - einer seiner Schüler war Jesus. Es gab dort keine Kultur und die, die man dort finden konnte, hatten die Römer dorthin gebracht. Daran ändern auch die altestamentlichen Schriften nichts und auch nicht das Buch Hiob. Von der Ilias, über die großen griechischen Dramen, bis zu den "Elementen" des Euklid, haben das Buch Hiob und alle alttestamentlichen Schriften nichts Vergleichbares zu bieten, außer einem rachsüchtigen und tyrannischen Wetter- und Kriegsgott YHWH, der von den Stammvätern, von Hiob und von seinem ganzen Volk Israel immer nur die völlige Unterwerfung fordert. Wird die nicht geleistet, erfolgen grausame Strafaktionen des Gottes gegen seine Gläubigen. In Athen dagegen gabe es Wahlautomaten und demokratische Abstimmungen.
Geprägt durch 1500 christlicher Geschichte vor allem im Abendland, haben wir uns lediglich daran gewöhnt, alles Christliche positiv zu bewerten. Kulturell und moralisch bedeutete die Ausbreitung des Christenums aber eine geistige Katastrophe gemessen an dem, was andere Völker und im Besonderen die Griechen an Kultur längst erreicht hatten.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Sa 5. Mär 2016, 10:43, insgesamt 1-mal geändert.

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sven23
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#1817 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Mär 2016, 10:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Umgekehrt: als Agnostiker/Atheist/nicht Gläubiger ist man in einer religiösen Umgebung umringt von Leuten, die fest daran glauben, die Wahrheit gefunden zu haben.
Unterm Strich stimmt das nicht. - Die para-religiöse Bindung der "Säkularen" ist hierbei wesentlich größer - denn dort glaubt man zu WISSEN, während man auf religiöser Ebene "nur" glaubt, also auch zweifelt.
Das gilt aber sicher nicht für die offizielle RKK Doktrin, deren Glaubenskonstrukt auf einem "wahrheitsbasierten" Dogmengerüst steht oder für fundamentalistische Gruppierungen. Ebensowenig für den fundamentalistischen Islam.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1818 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von SilverBullet » Sa 5. Mär 2016, 10:25

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Es ist aber nicht korrekt, dass die menschliche Wahrnehmung eine freie Entscheidungswahl hat, ob und was sie „als Wirklichkeit“ anerkennt.
Korrekt - was hat das mit dem Thema hier zu tun?
Ganz einfach: es geht um den Unterschied zwischen „Idee“ und „Umsetzung“

Die generellen Zusammenhänge, die wir über Wahrnehmung aufstellen, sind (soweit ich es überschaue) richtig. Sie gelten für alle Wahrnehmungen, die ich mir aktuell vorstellen kann.
Das Generelle bezeichne ich als die „Idee“.
Descartes hat dies durch eine philosophische Abstraktion nachvollzogen.

Eine „Umsetzung“ ist immer eine konkrete Realisierung einer „Idee“.
Die Erfahrung zeigt, dass hierbei die „Idee“ zwar immer noch gültig ist, aber die Generalität nicht mehr gegeben ist.
Genauso ist es hier:
Die menschliche Wahrnehmung kann zwar nicht wissen, „ob es tatsächlich Wirklichkeit ist“, aber sie muss einen automatisierten Entscheidungsmechanismus umfassen, um funktionieren zu können. Das Kennenlernen der Welt, wäre für Neugeborene nicht möglich, wenn sie zuerst herausfinden müssten, dass sie Wahrnehmungsinhalte bezüglich „Wirklichkeit und Phantasie“ bewerten müssen, um Zusammenhänge zu erkennen.
Wie man am Beispiel der „Kätzchen im Karussell“ sieht, wirkt der Mechanismus, wenn eigene Handlungen in Bezug zu Wahrnehmungsinhalten gesetzt werden können.

Dieser Mechanismus und das „automatische Vorhanden sein“ ist eine Einschränkung für das Aufstellen und Anwenden von Weltbildern.

Es ist falsch, sich in die „Idee“ hineinzuversetzen und für diesen „gedachten/gespielten Zustand“ ein Weltbild zu entwerfen. (Du nennst dies, Zitat-closs „Ich beschreibe einen Schritt VORHER“)

Richtig ist es, wenn man durch die aktuelle „Umsetzung“ hindurch auf die „Idee“ schaut und dabei alle realisierungsbedingten Einschränkungen beachtet (Du sagst hier zu mir, Titat-closs: „Du steigst einen Schritt später ein“).

Genau dies macht Descartes nicht.
Er entwirft ein „Idee“-Szenario, in dem er sich für „eine Wirklichkeit“ entscheidet und darauf setzt, dass ein wohlwollender „Gott“ ihn nicht täuschen will.

Tatsächlich entscheidet er sich zu keiner Zeit, was er für „Wirklichkeit“ halten möchte, er muss es bauartbedingt akzeptieren.
Wenn er also „Gott“, als seinen Hersteller, ins Spiel bringen möchte, dann muss dieser bauartbedingten Festlegung eine zentrale Bedeutung zukommen.
Motto: „dieser Gott wollte, dass die Wahrnehmung festgelegt ist“

Für das christliche Weltbild hat dies aber Konsequenzen, denn es behauptet einen Schöpfer, der eine elementare Wahrnehmungsfestlegung trifft, und es behauptet gleichzeitig die Absicht des Schöpfers, dass diese elementare Wahrnehmungsfestlegung, exakt beim „erlösenden Vorgang“, dem „Glaube“, also der „benötigten Beschäftigung mit Gott“, nicht zum Einsatz kommen kann.

Die Vorstellung, dass es auf das Überwinden einer zentralen Wahrnehmungsfestlegung ankommen soll, wobei man die Situation ,beim Überwinden. nicht von irgendeiner anderen (mannigfaltig vorhandenen) Phantasieerfindung unterscheiden können soll, ist maximal ungünstig, denn es wäre ja gerade der von „Gott“ gegebene zentrale Mechanismus, der die höchste Unterscheidungsqualität liefert.

Auf der einen Seite bekommen wir also eine Qualitätsfunktion, auf der anderen Seite sollen wir sie für die „wichtigste Handlung“ nicht verwenden können.

Aus meiner Sicht ist dies ein Maximalwiderspruch.

Diesen Widerspruch beachtet man nicht, wenn man nur von der philosophischen Abstraktion ausgeht. Genau das macht aber Descartes bei seiner gespielten Glaubensentscheidung. Hätte er einfache Versuche zu seiner Wahlmöglichkeit gemacht, wäre er ohne Probleme auf die Wirklichkeitsfestlegung gestossen.

An anderen Stellen werden von Gläubigen ganz fleissig, irgendwelche „Gottes-Absichten“ in Zusammenhängen „erkannt“ – an der zentral wichtigen Stelle, der menschlichen Bauart, entsteht jedoch so eine eigenartige „Kurzsichtigkeit“.

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#1819 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 10:32

Thaddäus hat geschrieben:Mit dieser antiken Geschichte wird gewiss nicht das Wesen der Frühromantik beschrieben, denn weder die Früh- noch die spätere Romantik basiert auf einem logischen Paradox.
Formal nicht - ich habe es inhaltlich gemeint. :|

Ich behaupte auch nicht, dass die Früh-Romantiker sich auf DIESE Geschichte bezogen haben. - Es geht um das Paradoxon, dass Vernunft/intellektuelle Brillanz in die Irre führen kann - das hätte sich der "Erzieher" Schiller vorher nicht träumen lassen.

Thaddäus hat geschrieben:Nein, es ist die Geburtstunde der Gerichtsrede und der Redekunst.
Wieso "nein"? - Ist Deine Begründung kein "ja"?

Thaddäus hat geschrieben: "Geist" im christlichen Sinne gibt es nicht, was soll das sein?
Das war keine romantische Aussage, sondern eine Spezifizierung meinerseits, damit Du nicht wieder mit naturalistischem Geist kommst.

Thaddäus hat geschrieben:Die Romantik ist keine Überwindung der Aufklärung, sondern eine Gegenbewegung zur Aufklärung.
Das widersprichst sich nicht.

Thaddäus hat geschrieben:Der Geist der Aufklärung oder Romantik haben nichts mit deinem "Geist" zu tun.
Mit der Romantik hat das schon viel zu tun - schau Dir Novalis und Brentano an. - Mit Aufklärung hat es letztlich auch zu tun - aber nicht programmatisch, da hast Du recht.

Thaddäus hat geschrieben:denn der Geist ist gerade das Zeichen für Intellekt und Intellektualität einer Epoche oder bestimmter Menschen.
Klares Nein. - "Spiritus" ist NICHT IQ-gekoppelt - wenn ja, um so besser, aber substantiell irrelevant. - Aber wie Du siehst: "Geist" ist sehr unterschiedlich besetzt - aus christlicher Sicht wäre Deine Annahme ein irreführendes Missverständnis.

Thaddäus hat geschrieben:. Deine christlich-moralisierende Sicht auf dieses philosophische Lehrstück wird seinem intellektuellen Anspruch schlicht in keiner Weise gerecht.
DAS ist korrekt. - Das ist auch nicht das Ziel.

Thaddäus hat geschrieben:Dann begreigst du auch nicht, worum es in diesem Drama geht.
DANN nicht. - Diese Geschichte zeigt aber (in unserem Zusammenhang), dass Suche/WIssen-Wollen in die Katastrophe führen kann. - Auf dieses Motiv kommt es mir an, weil dieses Motiv klassisch und aufgeklärt ist. - Und das ist, was die Romantik checkt.

Im übrigen: Es fällt auf, dass Du - nunja - sehr selbstsicher bist, wenn es um das Verständnis großer Werke der Geistesgeschichte geht. ;)

Thaddäus hat geschrieben:Als ob Intellektualität und Gewissen miteinander konkurrieren würden.
Wenn die Intellektualität sophistisch ist, ja.

Thaddäus hat geschrieben:Paulus diese Rede halten zu lassen war kein Fehler des Verfassers der Apg., sondern sein eher hilfloser Versuch, ihn nicht als den Deppen dastehen zu lassen
Vielleicht hat er auch versucht, seine aus seiner Sicht überlegene Weltsicht in deren Sprache zu übersetzen (man muss die Leute da abholen, wo sie sind).

Thaddäus hat geschrieben:Du verwendest wiederum den Ausdruck "geistig" falsch, weil du "christlich-geistlich" meinst und nicht "geistig".
Ich meine es im Sinne von "Spiritus". - Aber hier haben wir ein Problem, das ich schon oft beklagt habe: Die sog. "Aufklärung" hat rundum ihre semantischen Shifts durchgeführt, so dass Begriffe wie "Geist" (auch "Bewusstsein") mit der traditionellen, erheblich anderen Definition nicht mehr viel zu tun haben. - Warum hat man nicht NEUE Worte gesucht, wenn man anderes ausdrücken will?

Thaddäus hat geschrieben:Du bist eher ziemlich weit weg, denn Griechisch und Latein waren die Amtssprachen und nicht das Hebräische
Ja - ja und? - Was bedeutet das in meinem Zusammenhang?

Thaddäus hat geschrieben: Es gab dort keine Kultur und die, die man dort finden konnte, hatten die Römer dorthin gebracht.
O.o. - Der nächste semantische Shift: Du verstehst wohl unter "Kultur" säkulare Geist-Leistungen.

Thaddäus hat geschrieben:Von der Ilias, über die großen griechischen Dramen, bis zu den "Elementen" des Euklid, haben das Buch Hiob und alle alttestamentlichen Schriften nichts Vergleichbares zu bieten
Die großen Motive gibt es in beiden Kulturen - aber Du hast recht: Beides ist nicht vergleichbar. - Wärest Du überrascht, wenn man "Hiob" als eines der größten Werke der Weltliteratur nennen würde? Google mal "Hiob - Weltliteratur".

Thaddäus hat geschrieben:Geprägt durch 1500 christlicher Geschichte vor allem im Abendland, haben wir uns lediglich daran gewöhnt, alles Christliche positiv zu bewerten.
Das kritisiere ich genauso wie Du - weil die Zustimmer meistens nicht wissen, welcher Kultur sie da zustimmen.

Thaddäus hat geschrieben: Kulturell und moralisch bedeutete die Ausbreitung des Christenums aber eine geistige Katastrophe gemessen an dem, was andere Völker und im Besonderen die Griechen an Kultur längst erreicht hatten.
Inhaltlich bist Du hier komplett daneben - aber: Es zeigt, was Du unter Kultur verstehst.

Ich würde das, was Du "Kultur" nennst, als "Zivilisation" bezeichnen. - Das un-spirituelle Sich-Einrichten im streng säkularen Sinn. - Nach Deinem Maßstab wäre Zivilisation aus meiner Warte gleichbedeutend mit "Ent-Geistung" (im Sinne von "Spiritus"). - Aber Du siehst: Hier werden dieselben Begriff komplett unterschiedlich verwendet - und: Es hat im 20./21. Jh. einen kompletten Paradigmen-Wechsel in der europäischen Geistesgeschichte gegeben.

Mit Deinen Auffassungen KANNST Du die Bibel nicht ansatzweise verstehen - das ist, als würde man mit einem Schuhlöffel Kuchen backen wollen.

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#1820 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Sa 5. Mär 2016, 10:36

sven23 hat geschrieben:Das gilt aber sicher nicht für die offizielle RKK Doktrin, deren Glaubenskonstrukt auf einem "wahrheitsbasierten" Dogmengerüst steht oder für fundamentalistische Gruppierungen.
Das ist die Setzung. - Aber auch die RKK weiss, dass sie glaubt. - Sonst würde es heißen: "Ich weiss Gott".

NIS hat geschrieben:Glaubst Du, zu wissen, Closs, oder weisst Du, dass Du nur glaubst?
Ich weiss, dass ich glaube. - Der Mensch "weiss" nichts. Auch ein Naturwissenschaftler "weiss" nichts - er findet lediglich Dinge, die schlüssig sind im Sinne seiner Methodik.

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