closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben: damit das Subjekt sich als Objekt der Wirklichkeit erkennt, müsste eine Wahrnehmung für sich selbst, eine Wahrnehmungsunabhängigkeit feststellen.
Das Cogito bezieht sich dementsprechend NICHT auf Deine Arme oder Beine, die bereits Teil der Res extensa sind (sie könnten "externe" Vorstellung des Cogito sein).
Wenn du sagst, dass es sich NICHT auf Arme und Beine beziehen soll, dann ist dies eine philosophische Interpretation, die vermutlich durch Descartes gestartet wurde.
Es gibt keinen Gesichtspunkt unter dem man diese Behauptung rechtfertigen könnte:
Hat man diesen unsichtbaren Teil gefunden?
=> Nein
Gibt es einen Automatismus, so dass jeder Mensch einen unsichtbaren Teil vermutet?
=> Nein, den Automatismus gibt es in Bezug zum Gesamtlebewesen: „der Person“
Kann sich innerhalb der Evolution ein Mechanismus entwickelt haben, der auf einen unsichtbaren Teil abzielt?
=> Nein, da die Philosophen (bevor sie es teilweise wieder aufgegeben haben) lange Zeit darüber gerätselt haben, was es sein soll, kann kein Grund festgestellt werden wieso so etwas entstanden sein soll.
=> Auch in Bezug zur Evolution ist es viel besser erklärbar, wenn mit „Ich“ auf das Gesamtlebewesen abgezielt wird.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Ich ziehe daraus nicht das Fazit, dass ein Subjekt nicht auch ein Objekt sein kann, sondern, dass es nicht die Wahrnehmung sein kann, die dies für sich selbst entscheidet.
Irgendwas stimmt da nicht. - Sowohl Augustinus als auch Descartes haben über das Sein gegrübelt und festgestellt, dass es nichts gibt, was nicht zweifelhaft ist. - Aus dieser Verzeiflung heraus haben sie dann gemerkt, dass es wenigstens EINES gibt, was zweiflellos real ist - nämlich der Zweifel des Ichs. - Dies kann die Cogitans-Wahrnehmung sehr wohl entscheiden.
Beide (Augustinus und Descartes) sind zum falschen Ergebnis gekommen.
Die haben keine Versuche und Test gemacht, sondern das hineingesteckt, was ihnen durch ihren christlichen Ausgangspunkt gegeben war. Die wollten den christlichen Standpunkt philosophisch interpretieren.
Wenn man die Aussagen von Descartes betrachtet, sagt er (glaube ich) gleich zu Beginn seiner „Forschung“, dass er ein, von Gott geschaffener Geist ist.
Das ist einfach nur der Wirklichkeitsumgang, den das Christentum insgesamt zeigt:
religiöse Festlegung ohne Interaktion.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:ich habe ausdrücklich und mehrfach klar dargestellt, dass eine Wahrnehmung (aus meiner Sicht) niemals sagen kann, was Wirklichkeit ist, sondern entscheiden muss, was für sie Wirklichkeit sein soll.
Also wäre auch aus Deiner Sicht die naturalistisch nachgewiesene Wirklichkeit "Es gibt den Mond" keine absolute Aussage, sondern eine Entscheidung - nicht wahr?
Nicht „wäre eine Entscheidung“ sondern „es ist eine Entscheidung“, die über den bautechnisch verankerten Mechanismus der Wahrnehmungsunabhängigkeitsfeststellung durchgeführt wird.
Luistigerweise gibt es exakt den Fall, dass Neugeborene erst lernen müssen, wie „dieses komisch runde Ding“ (Mond) zu ihnen steht.
Irgendwann fangen sie an nach allen Inhalten ihres Sehverständnisses zu greifen – so auch nach dem Mond (natürlich nur, wenn sie gerade wach sind).
Sie haben kein Abstandverständnis und können nicht einschätzen, dass der Mond weit weg ist, also greifen sie danach und erreichen ihn nicht. Über diese Beschäftigung stellen sie fest, dass das etwas sein muss, dass sie nicht erreichen, beeinflussen können. Das ist der Mechanismus, aus dem sich das „Verhältnis zur Wirklichkeit“ ergibt
Der Mechanismus ist also bautechnisch vorhanden und er wird angewandt.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Da hier eindeutig von „Ich setze voraus“ gesprochen wird, kann man ohne Probleme davon ausgehen, dass es sich nicht um einen Feststellungsablauf sondern um eine anfängliche Festlegung handelt.
Natürlich - das ist IMMER so.
Nein, siehe Neugeborene.
Dort ist es zentral wichtig, dass sie mit allen Sinnen mit der Welt interagieren, um ihre eigene Stellung in Relation zu setzen. Nur dadurch bauen sie das Verständnis für Wirklichkeit auf.
Ich habe dir das Beispiel mit den Kätzchen genannt.
Das bewegliche Kätzchen hat Sehen gelernt, weil es die Veränderung, die Wechselwirkung, in Bezug zu sich selbst, feststellen konnte.
Das andere Kätzchen war genau den gleichen Sehinhalten ausgesetzt, es hatte aber nicht die Informationen, wie sich die Umwelt bezüglich der eigenen Aktionen verändert. Das Kätzchen hat somit diese Seh-Konfrontation nie als Wirklichkeit verstanden und natürlich reagiert es dann auf diese Inhalte nicht im Sinne einer Wirklichkeit.
Man braucht hiefür keine Philosophen, keinen „Popper“ oder sonstige Definitionen.
Man muss es nicht „erfinden“, sondern wir sind so.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Das hat mit dem Mechanismus in der menschlichen Wahrnehmung zur Feststellung einer Wahrnehmungsunabhängigkeit nichts zu tun.
Doch - gerade damit hat es zu tun. - Denn die Feststellung einer Wahrnehmungsunabhängigkeit ist nur dann möglich, wenn man VORHER ein Wahrnehmungs-System setzt, das zwischen Abhängigkeit und Unabhängigkeit unterscheidet.
Ich überlege gerade, wie du diese Vereinbarungen bei Neugeborenen und bei den Kätzchen treffen möchtest.
Ich möchte damit nicht sagen, dass es hier keine Prämissen gibt, aber sie sind definitiv in einer Art verankert, so dass sie nicht erst ausgedacht werden müssen.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Wenn also das christliche Weltbild die Wirklichkeit samt Schöpfung und Erlösungs-Eigen-Erkennungs-Strategie einfach festlegen möchte, dann widerspricht dies vollständig unserer Funktionsweise.
Nein, es entspricht unserer Funktionsweise
Das ist nicht korrekt.
Im christlichen Weltbild wird ein Mensch genauso behandelt, wie man das festgebundene Kätzchen behandelt hat (nebenbei: ich wiederhole, dass ich solche Tier-Experimente abstossend finde – dummerweise, benutze ich es jetzt auch noch).
Ein Mensch wird damit keinen sinnvollen Wirklichkeitsbezug aufbauen können.
Ohne die Vorbereitung durch den Basismechanismus, könnte er mangels Interaktion, im "christichen Weltbild" rein gar nichts aufbauen (siehe Kätzchen)
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Die explizite Nichtbeachtung der „Unterscheidbarkeit zur Wahrnehmung“, schafft aus Sicht der Wahrnehmung sozusagen die Wirklichkeit ab => „Zweifel im Glauben“ (kennt vermutlich jeder Gläubige).
Die "Unterscheidbarkeit" ist entgegen Deinem Weltbild eine Erfindung des Menschen - pragmatisch sicherlich sinnvoll, aber philosophisch willkürlich.
Nein, nachweislich keine Erfindung des Menschen (siehe „übles Experiment“).
(Zusatz: ein philosophische Status stellt kein Korrektheitskriterium dar)