Gott ist die Liebe

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Demian
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#171 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von Demian » So 10. Nov 2013, 04:58

Zeus hat geschrieben:Richtig. Weil kein barmherziger Himmelsvater sich der Sache annimmt.

Die Theodizee ist eigentlich nur dann ein Problem, wenn man Gott vom Leiden frei sprechen möchte. Aber das ist gar nicht nötig. Leben ist Leiden. Leben ist sinnvoll und unsinnig zugleich. Doch das Leben erschöpft sich nicht im Leiden; eine mögliche Antwort der Religion ist die Liebe. Novalis sagte es schön: "die Liebe ist das Amen des Universums" - was ist die Nacht des Todes gegen die Auferstehung? Für den, der daran glaubt, eine Tür in den Morgen.

Aber die Annahme, dass der Tod der Anfang von etwas Neuem ist, entspricht, wie schon erwähnt, reinem Wunschdenken und diese Idee wird von den christlichen Kirchen zum Terrorisieren der Gläubigen seit 2000 Jahren missbraucht.

Das ist eine Frage des Glaubens und damit eine innere Erfahrung des Menschen. Christen nennen das Gnade. Deine Behauptung, dass dieser Glaube pauschal der Unterwerfung der Gläubigen dient, ist und bleibt lediglich eine Behauptung. Glaube, wie ich ihn verstehe, ist gerade die Antwort auf die Not des Menschen. Die Antwort auf die Erfahrung, dass Macht, Geld, Ruhm und Tod nicht alles sein können. Sie ist, in den Worten Immanuel Kants, ein Postulat der praktischen Vernunft.

Salome23
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#172 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von Salome23 » So 10. Nov 2013, 06:49

Zeus hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Gott mißbraucht nicht, aber er lässt das Böse ausreifen und (ver)wendet es letztendlich zum Guten.
Woher willst du das wissen?
Kann man sehr gut anhand des Leiden Hiob´s erkennen ;)
Liebe bedeutet für Gott scheinbar, dass er seine geliebten Geschöpfe(Kinder) erst durch die Hölle des Leidens schickt(gehen lässt durchs finstere Tal), um dass sie ihn dann erkennen können, wie sie von IHM erkannt wurden.

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sven23
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#173 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von sven23 » So 10. Nov 2013, 07:50

lovetrail hat geschrieben:
Der Weg zum Leben führt durch den Tod. Davon ist keine Kreatur ausgenommen.

lg lovetrail

Da würde ich mal ein sehr großes Fragezeichen setzen. Zunächst mal führt das Leben zum Tod.
Wer braucht ewiges Leben? Das wäre mir ehrlich gesagt auch zu lange. Ich würde mir eine Ausstiegsklausel vorbehalten, man weiß ja nie. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Demian
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#174 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von Demian » So 10. Nov 2013, 08:50

sven23 hat geschrieben:Da würde ich mal ein sehr großes Fragezeichen setzen. Zunächst mal führt das Leben zum Tod.

Mehr noch: der Mensch muss gewissermaßen in jeden Moment sterben, um den nächsten Moment mit offenen Händen empfangen zu können. Die Auferstehung beginnt nicht erst in einem fernen Jenseits, sondern Hier und Jetzt. Die christliche Spiritualität hat das "Memento Mori" immer betont. Weltflucht ist also eine sehr unchristliche Angelegenheit. Die Frage für einen Christen ist eher: was bedeutet es wirklich in der Welt zu sein, wie lebt man tief, umfassend, in Berührung mit dem, was man den Heiligen Geist nennen könnte.

Wer braucht ewiges Leben? Das wäre mir ehrlich gesagt auch zu lange. Ich würde mir eine Ausstiegsklausel vorbehalten, man weiß ja nie. :lol:

Da würde ich Dir zustimmen, lieber Sven. Aber um eine lineare Verlängerung der Erdenzeit ins Unendliche geht es auch nicht. Das wäre in der Tat eine unendliche Langeweile. Unter einem Paradies stelle ich mir viel mehr die Erfüllung der Sehnsucht vor. Das Aufgehen in Gott - der Alleinheit. Das wäre also ein anderer Bewusstseinszustand. Im Hinduismus gibt es das Bild der Seelenraupe, die auf dem Weg der Vervollkommnung ist, an deren Ende die Werdung zum Schmetterling steht. Dieser Schmetterling ist sozusagen das göttliche Leben mit dem man eins wird.

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sven23
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#175 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von sven23 » So 10. Nov 2013, 09:08

Demian hat geschrieben: Aber um eine lineare Verlängerung der Erdenzeit ins Unendliche geht es auch nicht. Das wäre in der Tat eine unendliche Langeweile. Unter einem Paradies stelle ich mir viel mehr die Erfüllung der Sehnsucht vor.

Aber gerade das erwarten doch viele, wenn sie von "neuer Erde" reden, natürlich in paradiesischer Ausprägung. Erfüllung der Sehnsucht hat auch ihre Tücken. Sobald eine Sehnsucht erfüllt ist, kommt die große Leere, dennd die Vorfreude ist doch die schönste Freude.
Eine in die Unendlichkeit ausgedehnte Erfüllung der Sehnsucht ist nicht vorstellbar.
Und ein Orgasmus, der nie enden will, kann auch zum Alptraum werden. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Demian
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#176 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von Demian » So 10. Nov 2013, 09:12

Salome23 hat geschrieben:Kann man sehr gut anhand des Leiden Hiob´s erkennen ;)
Liebe bedeutet für Gott scheinbar, dass er seine geliebten Geschöpfe(Kinder) erst durch die Hölle des Leidens schickt(gehen lässt durchs finstere Tal), um dass sie ihn dann erkennen können, wie sie von IHM erkannt wurden.

Na, da wäre ich vorsichtig, ich würde in die Sinnlosigkeit keinen Sinn hineininterpretieren. Für mich besteht die Religion in der Frage: "Wenn so vieles vergänglich, hinfällig und sinnlos ist, was ist dann der Sinn, was ist dann das Wesentliche, was könnte dann Gott bedeuten, was ist die Essenz meiner Person" - vieles im Leben ist völlig sinnfrei. Nichts und Fülle, Liebe und Leere liegen nahe beieinander. Beides trennt nur ein Hauch und dieser entscheidende Hauch ist für mich der Santo Spirito. Die Theodizee im Westen hat sich vorallem daraus ergeben, dass man die Sinnlosigkeit und das Leiden schöngeredet hat oder es einfach ganz ausgeblendet. Eine solche Theologie scheitert aber an der Realität.

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#177 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von Demian » So 10. Nov 2013, 09:25

sven23 hat geschrieben:Aber gerade das erwarten doch viele, wenn sie von "neuer Erde" reden, natürlich in paradiesischer Ausprägung. Erfüllung der Sehnsucht hat auch ihre Tücken.

Stimmt - aber das ist immer noch materialistisch gedacht. Das Christentum hüllt sich da - zugegeben - in großes Schweigen, was zum Beispiel mit dem "verherrlichten Leib" gemeint sein könnte. Ich persönlich finde es aber albern sich allzu lange mit dieser Frage aufzuhalten. Da ist der Humor die deutlich bessere Antwort ... und natürlich das Lebendigsein. Frei nach Gandhi: es geht darum, das Leben so auszukosten, als würde man morgen schon sterben; und doch so gelassen zu sein, als sei man unendlich geborgen. Das ist die Melodie des Nazareners. ;)

Sobald eine Sehnsucht erfüllt ist, kommt die große Leere, dennd die Vorfreude ist doch die schönste Freude. Eine in die Unendlichkeit ausgedehnte Erfüllung der Sehnsucht ist nicht vorstellbar.
Und ein Orgasmus, der nie enden will, kann auch zum Alptraum werden. ;)

Richtig. Darum haben die christlichen Mystiker Gott gerne mit der Präsenz, dem "Nun", der völligen Gegenwart gleich gesetzt, in der es keine Vergangenheit und Zukunft mehr gibt. Sondern in der alles in reiner Fülle aufgehoben ist. Reines Licht, von dem man doch nicht geblendet wird, das sich immer wieder neu und reich verströmt, wie frisches Wasser. Das wäre dann ein Bewusstsein das sich unsren Begriffen und Vorstellungen völlig entzieht. Die Rede von der "neuen Erde" ist ein christliches Bild, um wenigstens irgendeinen Ansatz zu haben. Aber das sind Phantasien. Ich denke mir, dass das All-Ich ja bereits alle Pflanzen und Tiere, Menschen und Sterne, werdenden und vergehenden Galaxien und Kosmen in sich umfasst; und in all dem erlebt sich der Mensch als "ein" Wesen, denn der Tod ist in erster Linie das Sterben des egozentrischen, körpergebundenen Bewusstseins.

Da gibt es im Taoismus ein schönes Gleichnis: das Wesen des Topfes besteht nicht in seiner Form, sondern in der Leere darin. Das Bewusstsein des Menschen ist wie diese Leere. Der Körper aber ist die Form, das Tongefäß, welches im Tod zerbricht. Aber auch wenn das Tongefäß zerbricht, sein Wesen - die Leere - bleibt. Es gibt demnach nur ein Bewusstsein, ohne Anfang und Ende, und der Eindruck das es ein Ich getrennt vom Ganzen gibt, das wird und vergeht, ist dieser Sichtweise nach eine optische Täuschung. Darum ist für mich die Frage ob es eine Fortexistenz der "Person" gibt und was das dann genau bedeutet zweitrangig ... zentral ist für mich der Glaube, dass die Seele aufgeht in Gott. Beziehungsweise erkennt, wie sie erkannt wird, wie es im Hohelied heißt.

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lovetrail
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#178 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von lovetrail » So 10. Nov 2013, 09:59

Zeus hat geschrieben:
lovetrail hat geschrieben:Gott mißbraucht nicht, aber er lässt das Böse ausreifen und (ver)wendet es letztendlich zum Guten.
Woher willst du das wissen?
Guten Morgen!

Ich meine, das lässt sich auch beobachten. Manches an Bösem reift im Schatten des Guten heran.
Je strahlender etwas auf der einen Seite wird, desto mehr wächst auch der Neid und Missgunst auf der anderen Seite. Gott verwendet nun diese Missgunst um das Gute zu prüfen und zu reinigen, das Böse selbst wird aber, wenn ausgereift, "zu Grunde" gehen. Und erst in seinem Grund angekommen, kann das Licht von neuem darin Halt finden.

Wie Demian gesagt hat, die Perspektive auf den Tod und das "danach" bestimmt den Blick auf das "hier und jetzt". Wir ent-werfen uns immer auf einen zukünftigen Sinn hin. Wenn dieser Sinn als Nichtigkeit erscheint, erscheinen letztendlich auch alle unsere Bestrebungen als null und nichtig...

lg lovetrail
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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#179 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von dagegen » So 10. Nov 2013, 10:45

Erstmal ein schönen Sonntag euch allen!

demian hat geschrieben:Mehr noch: der Mensch muss gewissermaßen in jeden Moment sterben, um den nächsten Moment mit offenen Händen empfangen zu können. Die Auferstehung beginnt nicht erst in einem fernen Jenseits, sondern Hier und Jetzt. Die christliche Spiritualität hat das "Memento Mori" immer betont. Weltflucht ist also eine sehr unchristliche Angelegenheit. Die Frage für einen Christen ist eher: was bedeutet es wirklich in der Welt zu sein, wie lebt man tief, umfassend, in Berührung mit dem, was man den Heiligen Geist nennen könnte.

Sehr schön gesagt, es ist schön zu erleben, dass man nicht allein ist.

@Salome23

Hiob wird nicht gerettet, weil Gott an ihm etwas zeigen möchte. Das zeigt Hiob nämlich schon selbst: dass er Gott nicht misstraut, dass er Gott zutraut, ein guter Gott zu sein und dass der Gott, von dem seine drei Freunde immer reden und gegen den er angeblich gesündigt haben soll, nicht der "richtige" Gott ist. Hiob sagt: "Ich habe nicht gesündigt, nichts getan und traue mir zu mit Gott ins Gericht zu gehen. Ich vertraue auf Gott, der mich retten wird."

Aus diesem Gottvertrauen heraus wird Hiob gerettet. Dass Gott mit dem Teufel eine Wette laufen hat, ist ein literarischer Kunstgriff: nur wir als Leser wissen das. Die Personen in der Geschichte wissen es nicht. Soll sagen: die drei Freunde Hiobs reden Luft, da sie einfach den wahren Grund für Hiobs Leid nicht kennen.

@sven23

sven23 hat geschrieben:Du meinst also, Gott habe die Kreuzigung oder den Opfertod gar nicht geplant und er sei ein Zufallsprodukt, das Paulus dann im Nachhinein zur einer Heilsgeschichte umgeformt hat, um es mal vorsichtig auszudrücken.

du unterstellst ein wenig zu durchsichtig, dass es einmal meine Meinung und dann die Meinung von Paulus gibt? Da irrst du glaub ich. Aber es ist nicht verboten, einen Text anders zu deuten. Es ist wie gesagt ein Spiegel, in dem wir etwas von uns sehen, dass uns zum Nachdenken anregen kann. Man kann ohne Probleme Gott, die Auferstehung usw. leugnen. Es sind nur Geschichten. Man muss schon ein wenig Affinität zum Glauben haben, um gewinnbringend in die Schrift einzutauchen. Wie es einmal in einer Predigt zu Johannes 20,11-18 hiess: "Nur die Liebe kann die Auferstehung glauben" (Ludwig Wittgenstein)

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sven23
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#180 Re: Gott ist die Liebe

Beitrag von sven23 » So 10. Nov 2013, 13:51

dagegen hat geschrieben:. Man muss schon ein wenig Affinität zum Glauben haben, um gewinnbringend in die Schrift einzutauchen. Wie es einmal in einer Predigt zu Johannes 20,11-18 hiess: "Nur die Liebe kann die Auferstehung glauben" (Ludwig Wittgenstein)

Dem halte ich entgegen: Nur die Liebe hätte einen sinnlosen Opfertod verhindern können, bzw. würde ihn erst gar nicht fordern.
Man muß sich doch schon sehr wundern, daß einem allmächtigen Gott kein besserer Plan einfällt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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