Alles Teufelszeug? VI

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sven23
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#1691 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » Fr 25. Aug 2017, 20:10

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man könnte genau so gut verlangen, die Forschung müsse an die Wunder glauben, die sie anhand der Texte beschreibt.
"Die Forschung" macht das, was ihr an Perspektive vorgegeben wird - und da gibt es halt unterschiedliche Perspektiven.
Natürlich, eine wissenschaftliche Perspektive, und eine glaubensogmatisch verklärte Perspektive. Letzere ist in der Forschung nicht zu gebrauchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wissenschaft ist keine Glaubensveranstaltung. Da bist du wie immer in der falschen Abteilung.
Mach Dir keine Sorge um mich - denn es liegt an Dir: So, wie Du "historisch-kritisch" und "historisch" verwechselst, verwechselst Du "Perspektive, unter der wissenschaftlich gearbeitet wird" mit "wissenschaftliche Vorgehensweise, um diese Arbeit umzusetzen". - Das führt dazu, dass Du einen richtigen Satz sagst ("Wissenschaft ist keine Glaubensveranstaltung"), diesen aber komplett verkehrt verstehst.
Nein, sobald Glaubensentscheide ins Spiel kommen, kannst du dich von Wissenschaft verabschieden. Ob du das als Perspektivwechsel tarnst, ist dabei völlig egal.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aus Sicht der historischen Forschung. Was ist daran auszusetzen, wenn es um den historischen Jesus geht?
Es beklagt sich doch keiner darüber, dass das Objekt der historisch-kritischen Forschung die Historie ist. - Hier geht es darum, dass auch der kerygmatische Jesus der Wirklichkeit Jesu verpflichtet ist, diese Wirklichkeit jedoch aus geistiger Perpsektive untersucht - ergo den geistigen Jesus in der Zeit (also diesen historischen Aspekt Jesu) besser verstehen und interpretieren KANN (nicht muss) als die HKM.
Die sog. "geistige Perspektive" ist doch das Ergebnis des posthumen Vergottungsprozesses, die in den Texten ausgebreitet wird.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ratzinger fordert umgekehrt, die Forschung solle alles, was sie als unhistorische Legendenbildung entlarvt hat, doch gefälligst als historische Tatsachen anerkennen.
Wenn es so WÄRE, würde Ratzinger einen Fehler machen - allein: Ich bin nicht überzeugt, dass er es tatsächlich tut, sondern aus weltanschaulicher und evt. historisch-kritischer Sicht so beurteilt wird - was dann entweder zu Recht oder zu Unrecht der Fall ist.
Ich schließe NICHT aus, dass Ratzinger hierin überdreht - dann schießt er halt einen Bock. - Aber zu glauben, dass die HKM dies letztlinstanzlich beurteilen könne, geht zu weit. - Vergiss nicht: Die HKM ist eine ehrenhafte REZEPTIONS-Forschung - das ist nicht alles.
Das ist nur die halbe Wahrheit. Die Forschung beschränkt sich nicht auf die Rezeption, sondern versucht authentisches von nicht authentischem zu unterscheiden. Diesen Ehrgeiz hat die Kanonik nicht. Sie übernimmt die Rezeption völlig unkritisch 1:1.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:q.e.d. bezieht doch auf die Diskrepanz zwischen dem historischen Jesus und dem unhistorischen Christus der Kirche, der auf Legendenbildung aufgebaut ist.
Aber diese Diskrepanz wird doch aus einseitigem HKM-Denken konstruiert - zu Recht oder zu Unrecht. - Meinst Du ernsthaft, die Theologie kann die HKM als letzte Instanz in solchen Fragen anerkennen, wenn diese nicht einmal versteht, dass Jesu Wirklichkeit AUCH über die heilsgeschichtliche/hermeneutische SChiene erschlossen werden kann?
Wenn "Jesu Wirklichkeit" der posthum legendenhaft verklärt Jesus sein soll, dann kann man sich diesen über die Texte erschließen. Das ist aber eine reine Zirkelschlussveranstaltung bzw. geistiger Inzest, womit wir wieder beim paulinischen Zirkelschluss wären:

Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.



closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit großer Wahrscheinlichkeit bilden sie die historische Wahrheit ab, wenn die Texte uns keinen Streich spielen.
Falscher Ansatz:
1) "Wahrscheinlichkeit" heißt immer "wahrscheinlich zu einer Sichtweise" (insofern sind Naherwartung und Nicht-Naherwartung jeweils "wahrscheinlich" - einmal aus HKM-Sicht, einmal aus theologischer Sicht)
In der historischen Forschung geht es nun mal um Historie und nicht um fiktionales Wunschdenken. Das vergißt du nur allzu gern.

closs hat geschrieben: 2) Mit den Texten hat das überhaupt nichts zu tun - sie liegen beiden Seiten gleichermaßen vor. - Es ist eine reine Interpretationssache.
Aus wissenschaftlich-historischer Sicht ist es eben nicht reine Interpretationssache.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Für gegenteilige Interpretationen wird wieder eine große Portion Glaubensentschied benötigt, also in der Wissenschaft unbrauchbar.
Ebenfalls falsch: Auch der Glaube, dass die HKM exklusives Mittel der Wahl zum Verständnis dessen sei, "was wirklich der Fall war", ist ein "Glaubensentscheid".
Nein, es ist kein Glaubensentscheid, der mit einem Glaubensentscheid an übernatürliche Wunder vergleichbar wäre. Du willst alles auf diese Ebene herunterziehen, was man dir nicht durchgehen lassen kann.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dagegen hat die Forschung gezeigt, dass die Schreiber selbst sich gar nicht für inspiriert hielten.
1) Das hat sie aus ihrer Perpsektive gezeigt.
2) Das ist eh egal - man muss nicht wissen, dass man inspiriert ist, wenn man inspiriert ist.
Es reicht, wenn die Kirche das hundert Jahre später behauptet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Erhöhung der NT-Texte zu Heiligen Schriften war der spätere Sündenfall der Kirche
Willkürliches, bestenfalls methodisches Ergebnis.
Unsinn, das hat nichts mit Methodik zu tun. Es ist eine (Be-) Wertung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber nur, weil du immer noch nicht begreifst, dass historisch Forschung ergebnisoffen sein muss. Dieses Kriterium erfüllt nur die historisch-kritische Forschung.
Das ist Pro-Domo-Geplapper. - Innerhalb ihres Rahmens ist auch die kanonische Exegese ergebnisoffen - oder um es salopp zu sagen: Auch kanonische Exegeten wissen bei Forschungsbeginn nicht, was am Ende rauskommt.
Nenne mir eine kritische kanonische Arbeit, die zu anderen Ergebnissen kommt, als es die kirchliche Überlieferung glauben machen will.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:es ist wohl eher der Wunsch, der auch bei dir immer wieder durchkommt, die Wissenschaft möge doch die große Absolution für das Glaubenkonstrukt erteilen.
Glaube mir: Diesen Wunsch gibt es weder bei mir noch bei der Theologie - es ist vielmehr eine Projektion der Vertreter Deines Wissenschafts-Verständnisses, die sonst keinen interessiert.
Dafür läßt du verdächtig wenig Gelegenheiten aus, auf der angeblichen Wissenschaftlichkeit von Kanonik und Glaubensdogmatik zu bestehen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#1692 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Fr 25. Aug 2017, 21:39

2Lena hat geschrieben:Vergiss den "Philosophiekram". Es ist ihm nicht gelungen, Klarheit in die Kopfe zu bringen
Vieles spricht dafür - dazu kommt, dass Philosophie nie demokratie-fähig war. - Selbst wenn also Klarheit per Philosophie möglich wäre, würde dies mehrheitlich nicht verstanden werden.

Ganz nebenbei: Ich habe trotzdem nicht die Hoffnung aufgegeben, dass man Klarheit per Philosophie bringen kann - irgendjemand hat mal gesagt, dass der von Kirche so gescholtene Hegel dem Christentum den (Bären?-) Dienst erwiesen habe, es philosophisch zu Ende gedacht verstehbar gemacht zu machen. - Meine Beschäftigung mit Hegel hat mir das eigentlich bestätigt - aber man muss es halt auch so deuten können.

2Lena hat geschrieben:Was sich wohl dahinter versteckte, dass es so "heilig" war - nicht einmal auszusprechen war?
Auf jeden Fall steckt dahinter, dass die Menschen instinktiv "wussten", was "heilig" ist. - Wenn man das spürt, muss man nicht philosophieren. - Zu diesem Gedanken lohnt sich Schillers Schrift "„Über naive und sentimentalische Dichtung“.

Aber nochmals: Es wäre doch schön, wenn man beschädigte, aber trotzdem vorhandene geistige Instinkte per Philosophie anfeuern könnte - und ich meine immer noch, dass es bei jedem richtig guten Denker funktionieren könnte (aber ich bestehe inzwischen nicht mehr darauf :D ).

sven23 hat geschrieben:Aus wissenschaftlich-historischer Sicht ist es eben nicht reine Interpretationssache.
Du hast jetzt eine Salve an weltanschaulichen Behauptungen losgelassen, die Dir schon so oft widerlegt wurden, dass ich dieses Mal drauf verzichte.

Und jetzt bist Du gerade dran, Dein Werk dahingehend zu vollenden, dass letztlich herauskommen wird, Jesus habe deshalb eine Naherwartung gehabt, weil es die HKM so sagt. - Dann fehlt nur noch die Krönung, dies sei die "Wahrheit" - und dann wäre der anthropozentristische Kreislauf erfolgreich geschlossen.

sven23 hat geschrieben:Dafür läßt du verdächtig wenig Gelegenheiten aus, auf der angeblichen Wissenschaftlichkeit von Kanonik und Glaubensdogmatik zu bestehen.
Auf Wissenschaftlichkeit von Glaubens-Dogmatik habe ich nie bestanden - ich weiß nicht einmal genau, was Du damit meinst.

Dass auch christliche Exegese-Formen wissenschaftlich arbeiten, denke ich sehr wohl - es wäre nichts leichter, als sich damit auseinanderzusetzen, um darüber Klarheit zu erhalten.

Pluto
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#1693 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Pluto » Fr 25. Aug 2017, 22:24

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Empirie hat a priori mit Anthropozentrismus nichts zu tun.
Nein - siehe Anton.
Irrelevant. Anton nennt es "anthropogen". Aber alles was Menschen tun ist anthropogen (siehe unten).

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Anthropozentrisch deshalb, weil das was über die Welt wie wir sie erkennen hinaus geht, möglicherweise nichts weiter ist als eine Behauptung des "anderen".
Möglicherweise ist das so - aber für den Fall, dass es Über-das-Naturalistische-Hinausgehendes gibt, ist es anders.
Für uns Menschen nicht relevant, weil nicht erkennbar.

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es gibt keinen Unterschied zwischen gedachten Maßstäben, sondern es gibt notgedrungen NUR ein richtiger Maßstab.
Im Sinne von "Wahrheit" hast Du recht - aber weder Dein noch mein Weltbild können das entscheiden.
Dito...
Irrelevant weil nicht erkennbar.

closs hat geschrieben:Einverstanden:
1) Anthropogen = Klassifizierung durch den Menschen
Nein. Anthropogen = Menschgemacht. Guck mal hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Anthropogen

Hat mit Klassifizierung nichts zu tun.

closs hat geschrieben:2) Anthropozentrisch = Wertung im Sinne von "diese Klassifizierung ist Maßstab für das, was ist".
Nach dieser Definition wäre alles was der Mensch sagt und tut, anthropozentrisch.
Das ist natürlich Unsinn. Deshalb reservieren wir den Begriff für Situationen, wo sich der Mensch zum Zentrum des Geschehens macht.

Wo kommen wir hin, wenn jeder seine eigene Definition durchsetzen will? Es wäre sinnvoll, bei den gängigen Definitionen zu bleiben, so wie sie in den Enzyklopädien aufgeführt sind. Ich erinnere nur an die heftigen Diskussionen zu " Spekulation".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#1694 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Fr 25. Aug 2017, 22:39

Pluto hat geschrieben:Anton nennt es "anthropogen". Aber alles was Menschen tun ist anthropogen (siehe unten).
Eben - und als solches nicht universal maßstabs-fähig - genau darum geht es doch.

Pluto hat geschrieben:Für uns Menschen nicht relevant, weil nicht erkennbar.
Diese Begründung ist genauso typisch wie falsch - überleg Dir mal: "WEIL (!) etwas vom Menschen nicht erkennbar ist, ist etwas für den Menschen nicht relevant". - Merkst Du was?

Pluto hat geschrieben:Irrelevant weil nicht erkennbar.
Dito

Pluto hat geschrieben:Nein. Anthropogen = Menschgemacht. Guck mal hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Anthropogen
So ist das in unserem Kontext nicht gemeint - hier geht es darum, dass eine Maßstäblichkeit für geistige Urteile vom Menschen kommt (ánthropos „Mensch“, mit dem Verbalstamm gen- „entstehen“), also immer nur ein "Für-Wahr-Halten" sein kann, das NICHT universalen Charakter haben kann. - "Das, was ist" IST aber universal.

Pluto hat geschrieben:Nach dieser Definition wäre alles was der Mensch sagt und tut, anthropozentrisch.
In obiger Differenzierung eben NICHT. - Dort steht "anthropogen" für (salopp) "Ich habe nichts als meine menschlichen Möglichkeiten, um etwas zu erkennen". - Anthropozentrisch wäre: "Da ich nichts anderes habe, mache ich es zum Maßstab für 'das, was ist'".

Konkret:
Ein Christ würde sagen:
a) "Ich kann nur über mich erkennen" ("anthropogen")
b) "Daraus schließe ich aber NICHT, dass ICH deshalb das Maß der Dinge bin ("anti-anthropozentrisch")

Pluto hat geschrieben:Wo kommen wir hin, wenn jeder seine eigene Definition durchsetzen will?
Naja - obige Differenzierung ist schon ziemlich objektiv.

Pluto hat geschrieben: Es wäre sinnvoll, bei den gängigen Definitionen zu bleiben, so wie sie in den Enzyklopädien aufgeführt sind. Ich erinnere nur an die heftigen Diskussionen zu " Spekulation".
Wobei wir wieder beim orwellschen Neusprech wären. - Es muss auch in heutigen Zeiten möglich sein, geeignete Worte für wichtige Differenzierungen zur Verfügung zu haben.

Was ganz anderes:
Ab morgen für bin ich für drei Wochen weg - damit sich keiner Sorgen macht. :D

Pluto
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#1695 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Pluto » Fr 25. Aug 2017, 23:30

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Anton nennt es "anthropogen". Aber alles was Menschen tun ist anthropogen (siehe unten).
Eben - und als solches nicht universal maßstabs-fähig - genau darum geht es doch.
Allerdings nanntest du es Klassifizierung. Warum?

closs hat geschrieben: "Das, was ist" IST aber universal.
Wie erkennnt man so was?

closs hat geschrieben:Anthropozentrisch wäre: "Da ich nichts anderes habe, mache ich es zum Maßstab für 'das, was ist'".
Aha!
Also ist die Vorstellung, dass mehr ist, als wir erkennen können, anthropozentrisch?

closs hat geschrieben:Ein Christ würde sagen:
a) "Ich kann nur über mich erkennen" ("anthropogen")
b) "Daraus schließe ich aber NICHT, dass ICH deshalb das Maß der Dinge bin ("anti-anthropozentrisch")
(a) ist aber bereits anthropozentrisch, und NICHT anthropogen..

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wo kommen wir hin, wenn jeder seine eigene Definition durchsetzen will?
Naja - obige Differenzierung ist schon ziemlich objektiv.
Nein. Finde ich jetzt nicht.

closs hat geschrieben:Es muss auch in heutigen Zeiten möglich sein, geeignete Worte für wichtige Differenzierungen zur Verfügung zu haben.
Klar. Aber dann solltest du diese Definitionen VORHER offen zur Sprache bringen.

closs hat geschrieben:Was ganz anderes:
Ab morgen für bin ich für drei Wochen weg - damit sich keiner Sorgen macht. :D
Viel Spaß und Gute Erholung!
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#1696 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Fr 25. Aug 2017, 23:54

Pluto hat geschrieben:Allerdings nanntest du es Klassifizierung. Warum?
Damit ist gemeint, dass der (notwendig) anthropogene Zugang zu allem dazu führt, dass alles nach den Mölgichkeiten des Anthropogenen geordnet ("klassifiziert") wird. - Ich hänge nicht am Wort "klassifizieren" - wir können gerne ein anderes Wort dafür finden, wenn es dem Sachverhlat gerecht wird.

Pluto hat geschrieben:Wie erkennnt man so was?
Zwar hoch-interessante Frage, aber nicht relevant, wenn man "das, was ist" als unabhängig davon bezeichnet. - Oder meinst Du, dass sich ein Sachverhalt daurch verändert, dass man ihn erkennt oder nicht erkennt?

Pluto hat geschrieben:Also ist die Vorstellung, dass mehr ist, als wir erkennen können, anthropozentrisch?
Diese Vorstellung wäre erstmal anthropogen. - Das Anthropozentrische hat damit zu tun, ob man den Menschen selbst zum Maßstab für das macht, was man anthrogen zu erkennen glaubt. - Und da sagt das Christentum eben "Nein, nicht der Mensch ist das Maß, sondern das, was darüber ist" - während "Deine Fraktion" sagt "Was wir intersubjektiv erkennen, ist Maßstab, obwohl es anthropogener Natur ist" - und das ist anthropozentrisch: "Sich und seine Erkenntnisse zum Maßstab machen".

Wie 2Lena ausführt, findet im Judentum genau das Gegenteil statt "Jahwe" (Synonym für "Maßstab über alles") ist so "heilig", dass man nicht einmal nach seinen Eigenschaften fragt. - Im Christentum und auch bei mir ist es irgendwo dazwischen: "Jahwe" ist Maßstab für alles - und jetzt versuchen wir rauszufinden, was dieser Maßstab ist" (hier ganz ohne Wertung gemeint, sondern nur um Grundlagen zu beschreiben).

Pluto hat geschrieben: Ein Christ würde sagen:
a) "Ich kann nur über mich erkennen" ("anthropogen")
b) "Daraus schließe ich aber NICHT, dass ICH deshalb das Maß der Dinge bin ("anti-anthropozentrisch")

(a) ist aber bereits anthropozentrisch, und NICHT anthropogen..
Nein - das ist logisch unvermeidbar. - Du wirst niemanden finden können, der NICHT über sich wahrnimmt - auch ein Messgerät und dessen Ergebnisse nimmt man über sich auf.

Pluto hat geschrieben:Aber dann solltest du diese Definitionen VORHER offen zur Sprache bringen.
Woher soll ich wissen, in welchem Irrgarten gerade etwas definiert wird? - Das findet man erst mit der Zeit raus - deshalb formuliere ich doch so oft um: Aus Erkenntnis, dass eine vorherige Formulierung irgendwo semantisch nicht rüberkommt.

Pluto hat geschrieben:Viel Spaß und Gute Erholung!
Danke - ich werde pflichtgemäß berichten. :D

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#1697 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von 2Lena » Fr 25. Aug 2017, 23:57

Hallo fin, mach mir nicht den Mund nach Apfelkuchen wässrig!
Ich habe keine Äpfel und du bringst nichts. :lol:

2Lena hat geschrieben:... und wie passt ein Buddhist zum Hl. Geist, wenn schon 500 vor Chr. eine Linie der Abweichung war, die Leute noch 2.500 Jahre später nicht einmal raffen?
Fin hat geschrieben: Lenchen, welche Abweichung? Bitte tue dir und uns einen Gefallen und bringe deine Gedanken ordentlich und vollständig zu Papier.
Wenn das nicht viiiiel zuu laaaang wäre!
Ich müsste den gesamten anderen Inhalt von Abrahm und Lot liefern. Das sind einige Kapitel. Mit denen bekäme ich vermutlich Konflikt mit der Marktwirtschaftslehre und der heutigen Psychologie, die rein gar nicht auf solche Themen steht. Denk mal wie sich closs schon mit der Philosophie abmühen muss! Mit einigen (den meisten) Philosophen gäbe es die gleichen Sorgen. Etliche würden bemängeln, dass ich von Gautama nicht viel weiß und meine Geschichtskenntnisse über jene Zeit sind wirklich (noch) mangelhaft. Doch lass es mich ganz kurz näher bringen, dass nicht der Garten völlig verwahrlost.

Der Buddhismus beschreibt den achtfachen Tugendpfad. Die Abkehr von Wünschen soll das Leid mildern. Das alles hat sich Gautama nicht aus den Fingern gezogen, mag er erleuchtet gewesen sein ... - es war das Thema in seiner Zeit. Das zeigen die politischen Verhältnisse, aber genauso auch die schriftlichen Zeugnise und Weisheiten. Ein Teil dieser Lehre kommt bei "Abraham" vor. Av - ram (gewaltiger Wunsch) ging los von Haran (dem Glühen). Er machte sich auf mit Lot (zurückhalten oder verbergen). Es zeigt sich der Wechsel von Tugend, Aktivität oder Zurückhaltung in den historisch anmutenden Texten, die aber wiederum ähnlich den Blocksteinen viele Entwicklungsschritte zeigen. Das geht über lange Zeit. Jedes Kapitel hat eine andere "Handschrift". Sari war Abrams Frau, die "Fürstin". Man könnte auch meinen, es gab einige Probleme mit der Bevormundung und bei vielem Dirigieren. Aus Sari wurde aber "sara", das Inspirieren. Die rein nüchterne Form der "Erkenntnisse" hatte einige politische Ursachen. Die Ahnenlehre wurde nicht weiter geführt, die Art zu schreiben aber findet sich auch in Sanskrit.

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#1698 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von 2Lena » Fr 25. Aug 2017, 23:58

closs hat geschrieben:Es wäre doch schön, wenn man beschädigte, aber trotzdem vorhandene geistige Instinkte per Philosophie anfeuern könnte
Ein paar Kapitel von Mose wären geeignet. Immerhin hat er es fertig gebracht, dass das Volk über Jahrhunderte Gott ehrte. Aber, es wagt sich ja niemand an diese Texte heran, schließt sie auf und interessiert sich dafür :-(

Hör dir bloß das Gezänk an, das hier und anderswo abläuft. Seit Mose nicht mehr "Mose" ist und auch das NT damit nicht verstanden wird.

closs
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#1699 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » Sa 26. Aug 2017, 00:12

2Lena hat geschrieben:Aber, es wagt sich ja niemand an diese Texte heran, schließt sie auf und interessiert sich dafür
Ohne Deiner Aussage zuzustimmen oder ihr zu widersprechen:
Mir ist nach einigen Monaten AT-Buber-Übersetzungs-Lektüre aufgefallen, dass ich ganz anders denke - ganz ungriechisch und ganz uneuropäisch. - Plötzlich war nur noch das Phänomen als solches da und keine Bewertung mehr - und wenn ich dann zurück in "normale" Übersetzungen gesprungen bin, musste ich mich erst schütteln, weil es plötzlich fremd war.

Will heißen: Möglicherweise gibt es Arten des Denkens, die uns in unserer abendländisches Tradition vollkommen abhanden gekommen sind.

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#1700 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Pluto » Sa 26. Aug 2017, 00:37

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Wie erkennnt man so was?
Zwar hoch-interessante Frage, aber nicht relevant, wenn man "das, was ist" als unabhängig davon bezeichnet. - Oder meinst Du, dass sich ein Sachverhalt daurch verändert, dass man ihn erkennt oder nicht erkennt?
Sagte ich doch irrelevant, doch du hattest mir widersprochen.

closs hat geschrieben:Das Anthropozentrische hat damit zu tun, ob man den Menschen selbst zum Maßstab für das macht,
Meine ch doch auch. Aus diesem Grund sind alle abrahamitischen Religionen anthropozentrisch.

closs hat geschrieben:Und da sagt das Christentum eben "Nein, nicht der Mensch ist das Maß, sondern das, was darüber ist"
Nein. Es geht in der Bibel darum was Gott mit, für oder gegen Menschen macht.

closs hat geschrieben: während "Deine Fraktion" sagt "Was wir intersubjektiv erkennen, ist Maßstab, obwohl es anthropogener Natur ist" - und das ist anthropozentrisch: "Sich und seine Erkenntnisse zum Maßstab machen".
eine sehr konstruierte Behauptung. Anthropogen ja, aber NICHT anthropozentrisch.
Anthropozentrisch ist wenn der Mesch sich selbst zum Mittelpunkt des Geschehens mach, was aber nicht der Fall ist, denn es geht um Erkenntnis über die Welt.


closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Ein Christ würde sagen:
a) "Ich kann nur über mich erkennen" ("anthropogen")
b) "Daraus schließe ich aber NICHT, dass ICH deshalb das Maß der Dinge bin ("anti-anthropozentrisch")
(a) ist aber bereits anthropozentrisch, und NICHT anthropogen..
Nein
Doch.

closs hat geschrieben:das ist logisch unvermeidbar.
Also doch. Schließlich war es deine Formulierung.

closs hat geschrieben:Du wirst niemanden finden können, der NICHT über sich wahrnimmt - auch ein Messgerät und dessen Ergebnisse nimmt man über sich auf.
Eben. Genau darum ist Erkenntnis über die Welt NICHT anthropozentrisch wie du immer wieder behauptest (siehe oben).

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Aber dann solltest du diese Definitionen VORHER offen zur Sprache bringen.
Woher soll ich wissen, in welchem Irrgarten gerade etwas definiert wird?
Wenn es zu schwierig ist das zu entscheiden, dann bleib einfach bei den Definitionen in den Lexika.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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