Alles Teufelszeug? VI

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#161 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » So 14. Mai 2017, 11:30

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und davon abgesehen, sind Auferstehung und Wunder eben nicht historisch begründbar.
Siehst Du - jetzt haben wir exakt den Fall, dass Du "historisch" sagst und "historisch-kritisch" meinst. - Denn "historisch" im Sinne von "in der Zeit geschehend" kann es selbstverständlich Auferstehung und Wunder geben, die aber - und da hast Du recht - historisch-kritisch nicht begründbar sind, weil sie methodisch nicht vorgesehen sind. - Genau meine Rede seit ewigen Zeiten: Die HKM kann nur solche historischen Fälle untersuchen, die im Korridor der methodischen Möglichkeiten liegen - also KEINE absolute Ergebnisoffenheit.
Wunder und Auferstehung sind nicht nur "methodisch" nicht begründbar, sondern auch nicht im "echten Leben". Wir kennen kein übernatürliches Zerreissen geschichtlicher Wirkungszusammenhänge, weder heute noch damals. Gegenteilige Behauptungen ändern nicht daran.

„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
– Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. 1941, 18


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es gibt kein übernatürliches Zerreißen geschichtlicher Wirkungszusammenhänge, außer in Mythen und Legenden.
Das ist eine hermeneutische Setzung wie "Jesus ist göttlich". - Die Behauptung "HKM arbeitet setzungslos" ist jetzt sogar aus Deinem Mund falsifiziert.
Habe ich nie behauptet. Im Gegenteil habe ich Bultmann immer wieder zitiert.

„Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben. … Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“
(Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht vor allem um die Unterschiede zwischen Paulus und dem Wanderprediger Jesus, den er gar nicht persönlich gekannt hat.
Natürlich gibt es Unterschiede - die Frage ist, ob Paulus authentisch zu Jesus argumentiert.
Nein, in großen und wichtigen Teilen hat er das nicht. Auch das ist weitgehend konsensfähig, weil die Unterschiede derart gravierend sind. Nietzsche verachtete Paulus deshalb. Es ist schon erschütternd, wenn man zu Beginn des 21. Jahrhunderts hinter die Erkenntnisse der Zeit Nietzsches zurückfällt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In der Praxis spielt das keine Rolle.
Doch - Du hast doch gerade konkret den Unterschied zwischen "historisch-wirklich" und "historisch-kritisch" gezeigt. - Dass beides koinzidieren kann und soll, ist natürlich klar.
Das sind unsinnige und laienhafte Schein-Unterscheidungskriterien, die man so in der Forschung nicht antreffen wird.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Methodisch hat Napoleon Russland überfallen, ontologisch nicht. Bemerkst du den Unsinn?
Jesus hatte ontologisch keine Naherwartung, HKM-mäßig aber schon - merkst Du den Unsinn?
Nein, denn die Textquellen sind eindeutig.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Er ist in der historischen Forschung der einzig mögliche.
Nein - denn wenn die HKM sogar nach Deinen Worten nicht alle historischen Optionen abdecken kann, muss es andere Arbeitsweisen geben, die dies tun.
Man kann auch nicht die "historische Möglichkeit" des Spaghettimonsters abdecken. Ändert das was? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Alle Erkenntnisse gelten unter Vorbehalt und das ist nicht erst seit Theißen so. Methodisches Ergebnis ist also ein Qualitätssiegel allerersten Ranges.
Das ist es AUCH, aber nicht nur. - Es heißt AUCH (siehe Vorwort/Theißen), dass methodische Ergebnisse im Zweifelsfall mehr der Methodik als der Wirklichkeit verpflichtet sind.
Dieses closssche Geschwurbel wirst du bei Theißen an keiner einzigen Stelle finden. Er sagt lediglich, wie die Forschung allgemein, dass es bei allen Ergebnissen immer ein gewisses Restrisiko gibt. Wenn die Schreiber so gut im Fälschen waren, dass uns Jesus als historische Person erscheint, dann hätten sie die gesamte Forschung hinters Licht geführt. Aber im allgemeinen begehen auch die geschicktesten Fälscher Fehler, so dass die Forschung vieles aufdecken konnte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Schon Paulus erkannte, dass der "echte" historische Jesus seiner eigenen Theologie nur im Weg ist. (Der Jesus im Fleische geht uns nichts an....).
Du hast diesen Satz überhaupt nicht verstanden - dazu gab es hier im Forum sehr anspruchsvolle Erläuterungen, was mit "im Fleisch" und "im Geist" gemeint ist. - Das hat primär nichts mit Paulus zu tun.
Doch, gerade mit Paulus, denn die Aussage stammt von ihm.

"Jesus selbst aber hatte keine Erlösungslehre und brauchte auch keine. Gottes
Vergebung ist ein Geschenk an alle Israeliten, die zur Umkehr bereit sind. Vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern, lässt er seine Jünger beten,
und es besteht kein Zweifel, dass er der Meinung war, dass diese Vergebung auch gewährt
wird. So gesehen war die Verkündigung Jesu ein wirkliches Evangelium für die
Menschen, während das finstere Gesetz von Schuld und Tod das paulinische Denken
bestimmt. An dieser Stelle leuchtet im Handeln Jesu ein kurzer Moment von
wegweisender Humanität auf, hier wächst er tatsächlich über seine Zeit hinaus. Paulus
dagegen kann sich aus seinen legalistischen Fesseln nicht befreien, so sehr er auch gegen
das Gesetz als solches predigt. Aus dem menschenfreundlichen Gott, dem liebenden
Vater, wird bei Paulus wieder ein Rachegott, der mit Blut besänftigt werden muss.
Die Erlösung durch das Blut Christi beim Apostel Paulus steht so in krassem
Gegensatz zur Verkündigung Jesu."

Kubitza, Der Jesuswahn

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nicht umsonst titelte der Spiegel einmal: Ist Jesus dem Glauben im Weg? Zumindest für den historischen Jesus muss man dies bejahen.
Das sind dann die richtigen Experten - davon abgesehen ist dieser Satz folgerichtig im Sinne der atheistischen Hermeneutik, die dahinter steht - inhaltlich ist er falsch.
Nein, Lindemann und die schizophrene Situation in der Theologie bestätigt doch gerade diesen Vorwurf. Hier wäre etwas mehr Selbstkritik angebracht.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:SPIEGEL: Wenn sich nahezu alles, was über Jesus in der Bibel steht, als unhistorisch erwiese, könnte es Ihren Glauben erschüttern?
Lindemann: Nicht im geringsten.
Das hätte Lindemann erläutern müssen. - Wenn er damit meinen würde, dass bis auf die Historizität Jesu an sich und dessen leibliche Auferstehung alle anderen historischen Zuordnungen fakultativ sind, könnte man ihm zustimmen - aber wie gesagt: Das müsste er in diesem Interview erläutern.
Die Frage war eigentlich klar und deutlich gestellt. Die Antwort ist erschütternd, aber gar nicht so selten, wie man meint. Wurde auch hier im Forum schon so geäußert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sorry, aber es ist genau das geistige Niveau, auf dem Kanonik operiert.[/quote]DU sprichst über das geistige Niveau der Kanonik - wie witzig. - Halman hat mal einige Abschnitte kanonischer Schriften eingestellt, die extrem intensiv und komplex waren (ich hatte allergrößte Mühe, ihnen mehr als der Spur nach zu folgen) - und Du erlaubst Dir ein Urteil über das geistige Niveau der Kanonik.
Habe ich nie verstanden, warum dir Zenger "zu hoch" gewesen sein soll. Aber egal: Kanonische Exegese ist nun mal als Gegenmodell zur historisch-kritischen Methode erdacht worden, um noch irgendwie zu retten, was nicht mehr zu retten ist. An der Befundlage der Forschung ändert das nichts.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#162 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » So 14. Mai 2017, 11:31

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Später befand die Kirche, dass auch das Markusevangelium seine Auferstehungslegende haben sollte und bei der nächsten Abschrift hatte sie eine. So einfach ging das damals.
Das, was man im heutigen Verständnis "Fälschungen" nennt, war im Mittelalter gang und gäbe - so wie heute in China. - In beiden Fällen verstand man es oft als Kompliment an das, was man "fälschte" - im Sinne von: "Das ist gut, das übernehme ich".
Trotzdem ist die Fälschungsabsicht offensichtlich. Es sollte der Eindruck vermittelt werden, dass auch Markus als das älteste Evangelium schon von der Auferstehung berichtete. Man muss sie wie die Geburtslegenden verstehen, die nur dem Zweck dienten, Begründungen und Rechtfertigungen für den angeblich göttlichen Charakter des Wanderpredigers liefern zu können.



closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:wenn es keine Aussagen in den Texten zur Naherwartung gäbe, würde die Forschung auch keine Aussagen darüber machen. So einfach ist das. Es liegt nicht an der Methodik, sondern an den Texten.
NAtürlich gibt es Gründe dafür, zum HKM-Ergebnis zu kommen (damaliger Volks-Glaube, Verwirrung der Jünger, etc.) - aber das sind keine Tatsachen-Ergebnisse, sondern hypothetische Ergebnisse auf Basis der HKM-Hermeneutik - siehe Eta Linnemann/Karl Barth/Rainer Mayer.

Eta Linnemann wird besonders deutlich, wenn sie - wie eine geläuterte Ex-Homöopathin - die Entwicklung der HKM mit folgenden Bibel-Zitaten in Verbindung bringt:
"»... es wird eine Zeit sein, da sie gesunde Lehre nicht ertragen können, sondern nach ihren eigenen Lüsten selbst Lehrer aufhäufen, weil es ihnen in den Ohren kitzelt« (2Tim 4,3). Er hat auch verheißen, dass er »eine wirksame Kraft des Irrwahns« sendet, »dass sie derLüge glauben« (2Thes 2,11)" (E.Linnemann,Original oder Fälschung, S.6).
Das ist natürlich ziemlich heftig - wie man es oft bei Konvertiten hat -, aber es zeigt, dass die HKM mit ihren Ergebnissen innerhalb der theologischen Forschung nicht überall als Heilsbringer gesehen wird.
Bei Esoterikern mit Sicherheit nicht. :lol:
Die gute Frau hat auch behauptet, Bultmann habe auf dem Sterbebett seine Lehren widerrufen. So bringt mal alternative Fakten unters Volk. :thumbdown:
Davon abgesehen weiss ich nicht, was obige Pauluszitate (die aber gar nicht von ihm stammen) mit der historisch-kritischen Methode zu tun haben sollen. Paulus und Co. nahmen es mit der historischen Wahrheit auch nicht so genau. Im Gegenteil, erfanden sie sich ihre eigene Wahrheit.
Das Schlimme ist nur, dass die Kirche diese später zu absoluten, göttlichen Wahrheiten verdogmatisiert hat. Daraus ergaben sich ähnliche Probleme wie im Koran. Es war der eigentliche Sündenfall der Kirche.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Meine Aussage war: mit einer für die historische Forschung entwickelten und bewährten Methode hat man eine größere Wahrscheinlichkeit, sich historischem Geschehen zu nähern, als mit Fiktion und Fantasy.
Diese Aussage ist richtig und würde auch von Ratzinger und Berger unterschrieben werden - das Problem liegt woanders.
Ja, das Problem liegt darin, dass man kein Interesse an dem wenig spektakulären historischen Jesus hat. Man bevorzugt den verklärten, zum Gottessohn "erhöhten" Jesus der Kirche, der aber eine rein mythologische, fiktive Gestalt ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#163 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » So 14. Mai 2017, 11:50

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Kanonik ist in den 80-er Jahren in USA als Gegenmodell zur historisch-kritischen Methode entwickelt worden.
"Kanonik" ist die Wiederaufnahme exegetischer Modelle, die es seit Jahrhunderten gibt - wir nennen es hier der Einfachheit halber "Kanonik", weil es unkompliziert von den Lippen geht - mit den USA hat es primär nichts zu tun.

"Gegenmodell zur HKM" ist korrekt - es ging darum, nicht die Wirklichkeit der Textverfasser, sondern die Wirklichkeit Jesu in den Mittelpunkt zu stellen - ein anderer Ansatz.
Es geht nicht um die "Wirklichkeit der Textverfasser", sondern um deren Intention, denn wie wir inzwischen alle wissen sollten, wird kein Text ohne Absicht geschrieben. Diese Absicht gilt es zu ermitteln.
Kanonik hat kein Interesse daran, sondern nur an dem christlich konatminierten Endprodukt, an dessen Gestaltung die Kirche selbst über Jahrhunderte kräftig mitgewirkt hat. Die verschiedenen Rezeptionsschichten interessieren sie nicht, die aber notwendiger Weise entfernt werden müssen, um zum historischen Jesus vordringen zu können.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Kanonische Exegese fragt nicht nach dem ursprünglichen Sinn der Bibeltexte, sondern nach deren Rezeption (Empfang) in der GlaubensgemeinschaftQuelle: Wikipedia
Das ist ein irreführender Satz - gemeint ist damit, dass nicht der Kenntnisstand der frühen Rezeptionen im Mittelpunkt steht, sondern das Wissen über Jesus selbst.
Nein, er ist nicht irreführend, sondern genau so gemeint und zutreffend. Das "Wissen" über Jesus kann niemals über spätere Rezeption/Verfälschung zustande kommen, sondern nur durch Freilegung der christlichen Übermalungen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich behaupte nicht, dass es innerhalb der Theologie nicht verstanden wird. Es ist kein Verständnisproblem, sondern ein Problem er intellektuellen Redlichkeit und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. (siehe Lindemann und Co.)
Ja - da redest Du Dich wieder mal in Deine Verschwörungstheorie hinein. -
Was haben die schizophrenen Aussagen eines Lindemann mit Verschwörungstheorien zu tun? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Konsens sollte wenigstens darin bestehen, dass Theologie als Ganzes keine Wissenschaft sein kann.
Völlig irrelevantes Thema, da diese Frage erst dann beantwortet werden kann, nachdem man "Wissenschaft" definiert hat - je nach dem ist Theologie entweder nie oder immer Wissenschaft.
Wie kann das Thema irrelevant sein, wenn ich es zu einem relevanten erklärt habe? :lol:
In Teilbereichen arbeitet die Theologie ja wissenschaftlich, das ist doch unbestritten. Dass sie als Ganzes eben keine Wissenschaft sein kann, hatte sogar die pedantische Savonlinna verstanden. Das ist aber im Grunde auch nichts Neues.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau so formulierte es Theißen: so könnte es gewesen sein
Genau - das kommt im Vorwort rüber im Sinne von: "Wenn unser hermeneutischer Ansatz richtig ist, haben wir gute Gründe, warum es so gewesen sein könnte".
Genauer gesagt: wenn die Quellenlage so ist, wie sie sich uns darstellt und uns die Überlieferung keinen Streich spielt, dann kommen wir zu folgenden Ergebnissen. Bei der Naherwartung hat sich seit 250 Jahren nichts geändert. Parallelen zur ET sind unverkennbar.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eine 100%ige Sicherheit kann es nie geben, aber die gibt es erst Recht nicht mit Fiction und Fantasy.
Es geht aber auch nicht, historisch gut begründbare Optionen als "Fiction" zu bezeichnen, wenn sie nicht in die eigene Methodik passen.
Es hat sich nun mal gezeigt, dass man mit Mythen, Legenden und Märchen in den historischen Wissenschaften nicht allzu weit kommt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#164 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » So 14. Mai 2017, 12:54

sven23 hat geschrieben:Wunder und Auferstehung sind nicht nur "methodisch" nicht begründbar, sondern auch nicht im "echten Leben". Wir kennen kein übernatürliches Zerreissen geschichtlicher Wirkungszusammenhänge, weder heute noch damals.
Das ist bspw. eine der HKM-Setzungen - egal ob es in der Wirklichkeit stimmt oder nicht - ein bultmannsches Dogma, mehr nicht. - Ich habe zwar auch noch keine "Wunder" erlebt, würde aber nie auf die Idee kommen, meine Erfahrung diesbezüglich als maßstäblich anzunehmen.

sven23 hat geschrieben:"Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
Da hat Bultmann recht: In einer Zeit, die anthropozentrisch das nicht anerkennt, was sie weltanschaulich "nicht kennt", ist Jesus schwer vermittelbar.

sven23 hat geschrieben:„Voraussetzungslose Exegese kann es nicht geben. … Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte".
Naja - finde mal einen Theologen, der die Texte NICHT befragt. - Das ist nicht mit "Setzung" gemeint.

sven23 hat geschrieben:Es ist schon erschütternd, wenn man zu Beginn des 21. Jahrhunderts hinter die Erkenntnisse der Zeit Nietzsches zurückfällt.
Du scheinst nicht im Traum daran zu denken, dass zeitlicher Fortschritt inhaltlicher Rückschritt sein könnte - nicht wahr? - Wenn Du die theologische Tiefe einiger mysthischen SChriften des Mittelalters kennen würdest, sähest Du ein, dass unsere Zeit im Vergleich ein geistiger Rückschritt ist. - Die Zeitschiene ist kein Argument.

sven23 hat geschrieben:Das sind unsinnige und laienhafte Schein-Unterscheidungskriterien, die man so in der Forschung nicht antreffen wird.
Mache die Forschung nicht schlecht - wenn sie solche Grundlagen NICHT unterscheiden könnte, wäre es zappenduster. - Nebenbei: Theißen kennt diesen Unterschied.

sven23 hat geschrieben:Nein, denn die Textquellen sind eindeutig.
Das wiederum ist Ideologie - Du bist nicht in der Lage, die Texte aus einer geistig-spirituellen Hermeneutik zu lesen, weshalb sie "eindeutig" sind - Dunning-Kruger.

sven23 hat geschrieben:Man kann auch nicht die "historische Möglichkeit" des Spaghettimonsters abdecken.
Finde ich auch - eine diesbezügliche Hermeneutik würde in kürzester Zeit einnbrechen.

sven23 hat geschrieben:Dieses closssche Geschwurbel wirst du bei Theißen an keiner einzigen Stelle finden.
Du bist wieder mal überfordert - und schon geht's ab ins Geshwurbel - wie interpretierst Du folgendes Theißen-Zitat in seiner Vorwort-Methodik-Diskussion:
"Der Weg, auf dem sie zu ihrem Ziel gelangt, ist ihr genauso wichtig wie das Ziel - oft sogar noc h wichtiger". --- :?: ---

sven23 hat geschrieben:Doch, gerade mit Paulus, denn die Aussage stammt von ihm.
Ich sagte "primär nichts mit ihm zu tun" - dieses Motiv ist universal.

sven23 hat geschrieben:Lindemann und die schizophrene Situation in der Theologie bestätigt doch gerade diesen Vorwurf.
Nein - ein oberflächliches Verständnis führt zu oberflächlichen Schlussfolgerungen.

sven23 hat geschrieben:Die Antwort ist erschütternd, aber gar nicht so selten, wie man meint.
Aber Du hast schon verstanden, dass auf die Historizität der Grundpfeiler bestanden wird - genau das hätte Lindemann ausführen müssen (vielleicht hat er es ja sogar).

sven23 hat geschrieben: Kanonische Exegese ist nun mal als Gegenmodell zur historisch-kritischen Methode erdacht worden
Sie ist viel älter und wurde unter neuem Namen reaktiviert.

sven23 hat geschrieben:um noch irgendwie zu retten, was nicht mehr zu retten ist
Nee - sondern um wieder eine geistig anspruchsvolle Exegese zu haben. - Es reicht nicht, die BIbel unter der Setzung zu interpretieren, dass es keine Auferstehung gibt. - Demnächst darf man bei Dortmund nur ins Stadion, wenn man Bayern-Mitglied ist. :lol:

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#165 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » So 14. Mai 2017, 13:20

sven23 hat geschrieben: Es sollte der Eindruck vermittelt werden, dass auch Markus als das älteste Evangelium schon von der Auferstehung berichtete.
Möglich - das beantwortet aber nicht die Frage, ob Jesus göttlich war oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Die gute Frau hat auch behauptet, Bultmann habe auf dem Sterbebett seine Lehren widerrufen.
Da müsste man prüfen, wer dort anwesend war und wie diese Information zu Linnemann gekommen sein soll.

sven23 hat geschrieben:Paulus und Co. nahmen es mit der historischen Wahrheit auch nicht so genau. Im Gegenteil, erfanden sie sich ihre eigene Wahrheit.
Wieder eine weltanschaulich-willkürliche Schlussfolgerung. - Denn Paulus ging es um "Jesus im Geist" - das ist keine alternative Wahrheit zu Jesus, sondern die eigentliche Wahrheit zu Jesus. - Den Theologen interessiert nicht, ob Jesus in Bethlehem in Bethlehem oder Lüdenscheid geboren ist, sondern was seine geistige Wirklichkeit ist.

sven23 hat geschrieben:das Problem liegt darin, dass man kein Interesse an dem wenig spektakulären historischen Jesus hat.
S.o.

sven23 hat geschrieben:Man bevorzugt den verklärten, zum Gottessohn "erhöhten" Jesus der Kirche, der aber eine rein mythologische, fiktive Gestalt ist.
Das wiederum ist falsch - man interessiert sich für den wirklichen Jesus im Geist. - Aber wie soll das eine Methodik verstehen, die selber "Geist" ausschließt? - Wie soll ein Eunuch eine Frau verstehen, wenn er nur einzelne Körperteile biologisch untersuchen kann?

sven23 hat geschrieben:Es geht nicht um die "Wirklichkeit der Textverfasser", sondern um deren Intention, denn wie wir inzwischen alle wissen sollten, wird kein Text ohne Absicht geschrieben. Diese Absicht gilt es zu ermitteln.
Diese Absicht ist die Wirklichkeit des Verfassers - was denn sonst?

sven23 hat geschrieben:Das "Wissen" über Jesus kann niemals über spätere Rezeption/Verfälschung zustande kommen
Doch - das ist ein normaler hermeneutischer Prozess: Der Großvater sagt dem Enkel etwas, der sich das merkt, aber nicht versteht - irgendwann kommt es wieder hoch und er versteht es. - Ich kenne das mannigfach bei mir selbst - so habe ich erst mit knapp 30 verstanden, was eigentlich Integral-/Differential-Rechnung ist, als ich mich mit Dialektik beschäftigt habe. - Das ist ganz normal.

sven23 hat geschrieben:Was haben die schizophrenen Aussagen eines Lindemann mit Verschwörungstheorien zu tun?
Die oberflächliche Dunning-Kruger-Herangehensweise, DASS es schizophren sei, ist die Verschwörungstheorie.

sven23 hat geschrieben:In Teilbereichen arbeitet die Theologie ja wissenschaftlich, das ist doch unbestritten. Dass sie als Ganzes eben keine Wissenschaft sein kann, hatte sogar die pedantische Savonlinna verstanden.
Das sind Reflektionen auf wissenschafts-theoretische Überlegungen - je nach dem, wie man wissenschafts-theoretisch "Wissenschaft" definiert, kommt dieses oder jenes raus - das reicht von "Nichts in der Theologie ist wissenschaftlich" bis "Alles in der Theologie ist wissenschaftlich". - Es ändert für die Theologie nichts und es ist ihr auch wurscht, wie sie von wem beleuchtet wird.

sven23 hat geschrieben:Genauer gesagt: wenn die Quellenlage so ist, wie sie sich uns darstellt und uns die Überlieferung keinen Streich spielt
Genau das NICHT. - Selbst wenn die Quellenvorlage perfekt und vollständig wäre, gäbe es diesen Konflikt - auch dann würde die HKM-Hermeneutik zu anderen Ergebnissen kommen als andere Exegese-Hermeneutiken.

sven23 hat geschrieben:Es hat sich nun mal gezeigt, dass man mit Mythen, Legenden und Märchen in den historischen Wissenschaften nicht allzu weit kommt.
Damit kommt man auch in der Theologie nicht weit - Du hast das Problem nicht verstanden.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#166 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » So 14. Mai 2017, 13:44

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Es sollte der Eindruck vermittelt werden, dass auch Markus als das älteste Evangelium schon von der Auferstehung berichtete.
Möglich - das beantwortet aber nicht die Frage, ob Jesus göttlich war oder nicht.
Ähm, wenn er göttlich gewesen wäre, warum sollten dann die angeblich inspirierten Schreiber auf Schummeleien und Fälschungen angewiesen sein?
Kommt hier wieder Paulus durch, der fromme Schummeleien nicht als Sünde betrachtet, wenn sie der Verherrlichung Gottes dienen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die gute Frau hat auch behauptet, Bultmann habe auf dem Sterbebett seine Lehren widerrufen.
Da müsste man prüfen, wer dort anwesend war und wie diese Information zu Linnemann gekommen sein soll.
Den Nachweis ist sie bis zu ihrem eigenen Tod schuldig geblieben. Wen wunderts? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Paulus und Co. nahmen es mit der historischen Wahrheit auch nicht so genau. Im Gegenteil, erfanden sie sich ihre eigene Wahrheit.
Wieder eine weltanschaulich-willkürliche Schlussfolgerung. - Denn Paulus ging es um "Jesus im Geist" - das ist keine alternative Wahrheit zu Jesus, sondern die eigentliche Wahrheit zu Jesus. - Den Theologen interessiert nicht, ob Jesus in Bethlehem in Bethlehem oder Lüdenscheid geboren ist, sondern was seine geistige Wirklichkeit ist.
Wie auch immer: jedenfalls hat er die Lehr Jesus nach Kräften verändert/verfälscht. Wir werden später noch darauf zu sprechen kommen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:das Problem liegt darin, dass man kein Interesse an dem wenig spektakulären historischen Jesus hat.
S.o.
Wird immer wieder bestätigt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man bevorzugt den verklärten, zum Gottessohn "erhöhten" Jesus der Kirche, der aber eine rein mythologische, fiktive Gestalt ist.
Das wiederum ist falsch - man interessiert sich für den wirklichen Jesus im Geist. -
Das ist Unfug. Der Jesus im Geist hatte eine geistige Naherwartung. Weil er sich geirrt hat, entwickelt man die unterschiedlichsten Ausreden und Ausweichstrategien.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es geht nicht um die "Wirklichkeit der Textverfasser", sondern um deren Intention, denn wie wir inzwischen alle wissen sollten, wird kein Text ohne Absicht geschrieben. Diese Absicht gilt es zu ermitteln.
Diese Absicht ist die Wirklichkeit des Verfassers - was denn sonst?
Und für diese ursprüngliche Absicht des Textverfassers interessiert sich Kanonik nicht, weil sie ihr zu spröde und unspektakulär ist. Sie bevorzugt die kontaminierten späten Rezeptionen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das "Wissen" über Jesus kann niemals über spätere Rezeption/Verfälschung zustande kommen
Doch - das ist ein normaler hermeneutischer Prozess: Der Großvater sagt dem Enkel etwas, der sich das merkt, aber nicht versteht - irgendwann kommt es wieder hoch und er versteht es. - Ich kenne das mannigfach bei mir selbst - so habe ich erst mit knapp 30 verstanden, was eigentlich Integral-/Differential-Rechnung ist, als ich mich mit Dialektik beschäftigt habe. - Das ist ganz normal.
Wenn das normal ist, dann musst du konsequenterweise Mormone werden, denn der Prophet Joseph Smith hatte in einer späten Rezeption eine göttliche Offenbarung. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was haben die schizophrenen Aussagen eines Lindemann mit Verschwörungstheorien zu tun?
Die oberflächliche Dunning-Kruger-Herangehensweise, DASS es schizophren sei, ist die Verschwörungstheorie.
Den Zusammenhang hast du selbst hergestellt, Mr. Kruger. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:In Teilbereichen arbeitet die Theologie ja wissenschaftlich, das ist doch unbestritten. Dass sie als Ganzes eben keine Wissenschaft sein kann, hatte sogar die pedantische Savonlinna verstanden.
Das sind Reflektionen auf wissenschafts-theoretische Überlegungen - je nach dem, wie man wissenschafts-theoretisch "Wissenschaft" definiert, kommt dieses oder jenes raus - das reicht von "Nichts in der Theologie ist wissenschaftlich" bis "Alles in der Theologie ist wissenschaftlich". - Es ändert für die Theologie nichts und es ist ihr auch wurscht, wie sie von wem beleuchtet wird.
Richtig, es ändert nichts daran, dass Theologie als Ganzes keine Wissenschaft sein kann. Glaubensbekenntniss, Heilige Geister und Wunderglaube haben in der Wissenschaft nichts verloren. :thumbup:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genauer gesagt: wenn die Quellenlage so ist, wie sie sich uns darstellt und uns die Überlieferung keinen Streich spielt
Genau das NICHT. - Selbst wenn die Quellenvorlage perfekt und vollständig wäre, gäbe es diesen Konflikt - auch dann würde die HKM-Hermeneutik zu anderen Ergebnissen kommen als andere Exegese-Hermeneutiken.
Doch, genau so. Lies noch mal Theißen nach.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es hat sich nun mal gezeigt, dass man mit Mythen, Legenden und Märchen in den historischen Wissenschaften nicht allzu weit kommt.
Damit kommt man auch in der Theologie nicht weit - Du hast das Problem nicht verstanden.
Ähm, das sind sogar die Kernelemente der Theologie. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#167 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » So 14. Mai 2017, 16:34

sven23 hat geschrieben:Ähm, wenn er göttlich gewesen wäre, warum sollten dann die angeblich inspirierten Schreiber auf Schummeleien und Fälschungen angewiesen sein?
Das ist kein Argument - Du kannst doch Jesus nicht mit seinen Rezipienten verwechseln.

sven23 hat geschrieben:ommt hier wieder Paulus durch, der fromme Schummeleien nicht als Sünde betrachtet, wenn sie der Verherrlichung Gottes dienen?
Wie Du inzwischen weißt, sagt Paulus nachweislich exakt das Gegenteil.

sven23 hat geschrieben:Wie auch immer: jedenfalls hat er die Lehr Jesus nach Kräften verändert/verfälscht.
Warum? - Doch nur dann, wenn man Jesus so interpretiert, dass er in Gegensatz zu Paulus kommt.

sven23 hat geschrieben: Der Jesus im Geist hatte eine geistige Naherwartung.
Nein - das hatte er gut begründbar NICHT - wiewohl anzuerkennen ist, dass man bei säkular-historisch-kritischer Hermeneutik auf dieses methodische Ergebnis kommen kann.

sven23 hat geschrieben:Und für diese ursprüngliche Absicht des Textverfassers interessiert sich Kanonik nicht
Sich dafür interessieren tut sie schon, aber es ist nicht ausschlaggebend. - Wenn man feststellt, dass Paulus zeitweise eine Naherwartung hatte, ist das interessant, aber nicht entscheidend.

sven23 hat geschrieben:Wenn das normal ist, dann musst du konsequenterweise Mormone werden
Daneben - Wir sprechen hier davon, dass der Mensch etwas hört und erst später kapiert, was er da eigentlich gehört hat.

sven23 hat geschrieben:Richtig, es ändert nichts daran, dass Theologie als Ganzes keine Wissenschaft sein kann.
Nein - es ändert nichts daran, dass je nach wissenschafts-theoretischer Auffassung Theologie entweder Wissenschaft ist oder nicht.

sven23 hat geschrieben:Doch, genau so. Lies noch mal Theißen nach.
Er sagt zweierlei:
1) Methodische Ergebnisse ändern sich mit der Änderung der Quellenlage - recht hat er.
2) Egal, auf welcher Basis als Ergebniss rauskommt: Es sind und bleiben methodische Ergebnisse.

1) und 2) sind zwei völlig verschiedene Aussagen.

sven23 hat geschrieben:das sind sogar die Kernelemente der Theologie.
Märchen, etc. sind NICHT Kernelemente der Theologie, sondern begleitende Phänomene. - Kernelement der (christlichen) Theologie ist die Historizität Jesu - das, was er gemeint hat - Tod am Kreuz und Auferstehung.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#168 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von sven23 » So 14. Mai 2017, 17:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ähm, wenn er göttlich gewesen wäre, warum sollten dann die angeblich inspirierten Schreiber auf Schummeleien und Fälschungen angewiesen sein?
Das ist kein Argument - Du kannst doch Jesus nicht mit seinen Rezipienten verwechseln.
Das tut doch niemand. Z. B. wird "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen...." oder "Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israels gesandt...." ganz klar Jesus zugeordnet.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:ommt hier wieder Paulus durch, der fromme Schummeleien nicht als Sünde betrachtet, wenn sie der Verherrlichung Gottes dienen?
Wie Du inzwischen weißt, sagt Paulus nachweislich exakt das Gegenteil.
Überzeugt bin ich noch nicht davon, aber sei es drum. Gehandelt, bzw. geschrieben hat er jedenfalls in der Tradition frommer Schummeleien. Da besitzen die Schriften des Paulus oder der Evangelien kein Alleinstellungsmerkmal gegebnüber den Apopgryphen oder anderen religiösen Propagandaschriften.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie auch immer: jedenfalls hat er die Lehr Jesus nach Kräften verändert/verfälscht.
Warum? - Doch nur dann, wenn man Jesus so interpretiert, dass er in Gegensatz zu Paulus kommt.
Nee, indem man die Texte sauber untersucht. Die wesentlichen Unterschiede wurden schon von Strauß herausgearbeitet und haben Bestand bis in die heutige Forschung. Sie sind aber auch für einen Laien transparent nachvollziehbar, wenn man die Augen aufmacht und die rosarote Glaubensbrille mal kurz zu Seite legt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Der Jesus im Geist hatte eine geistige Naherwartung.
Nein - das hatte er gut begründbar NICHT - wiewohl anzuerkennen ist, dass man bei säkular-historisch-kritischer Hermeneutik auf dieses methodische Ergebnis kommen kann.
Ich habe noch keine wissenschafltiche Begründung gehört. Glaubensbekenntnisse und "ich bin hier der Exeget..." reichen da bei weitem nicht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und für diese ursprüngliche Absicht des Textverfassers interessiert sich Kanonik nicht
Sich dafür interessieren tut sie schon, aber es ist nicht ausschlaggebend. - Wenn man feststellt, dass Paulus zeitweise eine Naherwartung hatte, ist das interessant, aber nicht entscheidend.
Pauli Nahherwartung ist doch bereits Umdeutung der Naherwartung auf Jesus selbst. Der Verkünder wurde zum Verkündeten. Der Ursprung der Naherwartung ist der Glaube Johannes des Täufers und seines "Schülers" Jesus, dass die Königsherrschaft Gottes auf Erden unmittelbar bevorstand. Deshalb ihre Mahnung zur Eile und Umkehr.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn das normal ist, dann musst du konsequenterweise Mormone werden
Daneben - Wir sprechen hier davon, dass der Mensch etwas hört und erst später kapiert, was er da eigentlich gehört hat.
Finde ich nicht gut, wie du die Offenbarung des Propheten Joseph Smith abqualifizierst. Dass der die goldenen Platten wieder an den Engel zurückgeben mußte, kann man ihm doch nicht vorwerfen. :lol:
Davon abgesehen. Die biblischen Texte wurden weder von Augen- noch von Ohrenzeugen geschrieben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Richtig, es ändert nichts daran, dass Theologie als Ganzes keine Wissenschaft sein kann.
Nein - es ändert nichts daran, dass je nach wissenschafts-theoretischer Auffassung Theologie entweder Wissenschaft ist oder nicht.
Für Teilbereiche wie die historisch-kritische Forschung wird das doch gar nicht bestritten. Aber als Ganzes: Never.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Doch, genau so. Lies noch mal Theißen nach.
Er sagt zweierlei:
1) Methodische Ergebnisse ändern sich mit der Änderung der Quellenlage - recht hat er.
2) Egal, auf welcher Basis als Ergebniss rauskommt: Es sind und bleiben methodische Ergebnisse.
1) und 2) sind zwei völlig verschiedene Aussagen.
Ja und? Wenn du in eine Radarkontrolle gerätst, dann ist das Ergebnis (Knöllchen) unmittelbare Folge der (Mess)-Methode.
Ändert das was daran, dass du zu schnell warst? Natürlich nicht. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:das sind sogar die Kernelemente der Theologie.
Märchen, etc. sind NICHT Kernelemente der Theologie, sondern begleitende Phänomene. - Kernelement der (christlichen) Theologie ist die Historizität Jesu - das, was er gemeint hat - Tod am Kreuz und Auferstehung.
Und deshalb hat man so große Probleme mit der historischen Jesusforschung.

"Die Kirche lebt faktisch davon, daß die Ergebnisse der wissenschaftlichen Leben-Jesu-Forschung in ihr nicht publik sind"
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#169 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von closs » So 14. Mai 2017, 18:32

sven23 hat geschrieben:Ich habe noch keine wissenschafltiche Begründung gehört.
Aber doch nur deshalb, weil Du "Wissenschaft" so definierst, dass nur "Deines" übrigbleibt - das sind Tricks, die nur intern ankommen.

sven23 hat geschrieben:Das tut doch niemand. Z. B. wird "Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen...." oder "Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israels gesandt...." ganz klar Jesus zugeordnet.
Auch dazu wurde schon vieles gesagt - was aber in Deinem hermeneutischen Ansatz keinen Platz hat. - Das macht solange nichts, solange man die eigene Hermeneutik nicht exklusiv setzt - aber genau das tust Du.

sven23 hat geschrieben:Gehandelt, bzw. geschrieben hat er jedenfalls in der Tradition frommer Schummeleien.
Auch das ist eine ausschließlich eigen-hermeneutische Interpretation.

sven23 hat geschrieben:Die wesentlichen Unterschiede wurden schon von Strauß herausgearbeitet und haben Bestand bis in die heutige Forschung.
NAtürlich gibt es Unterschiede - theologisch ist die Frage eine ganz andere: Ist Paulus authentisch zu Jesus?

sven23 hat geschrieben:Pauli Nahherwartung ist doch bereits Umdeutung der Naherwartung auf Jesus selbst.
Warum so kompliziert? - Paulus hat den Naherwartungs-Volksglauben zeitweise übernommen und erst später gemerkt, dass er damit NICHT auf der Linie von Jesus ist.

sven23 hat geschrieben:Finde ich nicht gut, wie du die Offenbarung des Propheten Joseph Smith abqualifizierst.
:?: - Kenne ich nicht.

sven23 hat geschrieben:Davon abgesehen. Die biblischen Texte wurden weder von Augen- noch von Ohrenzeugen geschrieben.
Ja und? - Irgendwoher haben sie es gehört - da gibt es doch Quellen dazu.

sven23 hat geschrieben:Aber als Ganzes: Never.
Falsch - nach Hoyingen-Hüne wäre Theologie "Wissenschaft". - Ob er sich innerhalb der Wissenschafts-Theorien durchgesetzt hat, weiß ich nicht - es ist immer die Frage, welche Version obenauf ist. - Nochmals: Die Theologie bekümmert sich nicht um diesen Begriffs-Markt.

sven23 hat geschrieben:Wenn du in eine Radarkontrolle gerätst, dann ist das Ergebnis (Knöllchen) unmittelbare Folge der (Mess)-Methode.
Was hat das mit HKM und Theologie zu tun? - Zur Erinnerung: Wir sprechen gerade NICHT von Wissenschaften, die experimentell überprüfen können.

sven23 hat geschrieben:Und deshalb hat man so große Probleme mit der historischen Jesusforschung.
Man hat nicht Probleme mit Sachergebnissen der HKM, sondern mit einer HKM-Hermeneutik, die Sachergebnisse offensiv an der Theologie vorbei interpretiert.

sven23 hat geschrieben:"Die Kirche lebt faktisch davon, daß die Ergebnisse der wissenschaftlichen Leben-Jesu-Forschung in ihr nicht publik sind"
Eine komplette Überschätzung der HKM - in der theologischen PRaxis hat man ganz andere Probleme.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#170 Re: Alles Teufelszeug? VI

Beitrag von Münek » So 14. Mai 2017, 23:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ähm, wenn er göttlich gewesen wäre, warum sollten dann die angeblich inspirierten Schreiber auf Schummeleien und
Der Jesus im Geist hatte eine geistige Naherwartung.
Nein - das hatte er gut begründbar NICHT.
:lol: :lol: :lol: Der ist gut. :thumbup:

Der Laie Kurt rennt blindgläubig gegen die Ergebnisse der neutestamentlichen Forschung an. Aus dem theologischen Lager selbst gibt es bekanntlich keine Gegenstimmen zum neutestamentlichen Konsens des Irrtums Jesu.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn das normal ist, dann musst du konsequenterweise Mormone werden
Daneben - Wir sprechen hier davon, dass der Mensch etwas hört und erst später kapiert, was er da eigentlich gehört hat.
Die Glaubenszeugnisse der neutestamentlichen Autoren - nicht späterer Rezipienten - sind bekanntlich die Grundlage der altkirchlichen Glaubensdogmen.

Bei der Trinität wurde es allerdings dann diskussionsmäßig sehr wackelig - und ganz verrückt wurde es, als in späterer Zeit die Dogmen der "Unfehlbarkeit des Papstes", der "unbefleckten Empfängnis Mariens" und der "leiblichen Aufnahme Marias in den Himmel" als von Gott persönlich geoffenbarte Wahrheiten verkündet wurden. Dass selbst tiefgläubige Christen diesen Unsinn nicht für bare Münze nehmen, sollte eigentlich niemanden verwundern.

Deine Auffassung, Jesus hätte dem Volk seinen Sühnetod und seine Auferstehung als das kommende Reich Gottes verkündigt, stimmt nicht mit den überlieferten Aussagen des historischen Jesus überein. Ein Studium der synoptischen Evangelientexte würde Dir die Augen öffnen. Aber das verweigerst Du ja beharrlich.

Nach dem Motto: Nein, nein, nein - ich will diese Wahrheit nicht wahrhaben. :thumbup: Na dann...
Zuletzt geändert von Münek am Mo 15. Mai 2017, 01:19, insgesamt 1-mal geändert.

Gesperrt