Alles Teufelszeug? V

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1451 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Do 13. Apr 2017, 20:58

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum sollte er eine unwissenschaftliche Glaubensperspektive wählen?
Davon ist nicht die Rede - hier geht es um unterschiedliche hermeneutische Ansätze. - Wo steht geschrieben, dass nur die HKM einen hermeneutischen Ansatz haben darf?
In der historischen Forschung ist die HKM alternativlos.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Denn wie du ja hoffentlich inzwischen weißt, bedeutet das "kritisch" bezogen auf "historisch-kritisch", dass ein großer Unterschied zwischen den ursprünglichen Ereignissen und der Textüberlieferung angenommen wird.
Naja - das war vor 40 Jahren auch schon bekannt. :oops: - Aber das klärt nicht die Frage, wie diese Unterschiede zu bewerten sind - es bleibt offen, ob die frühere Textquelle Jesus besser oder schlechter verstanden hat als die spätere. -
Nö, auch hier gilt wie anderswo, dass der älteren Quelle der Vorzug zu geben ist.

closs hat geschrieben: Beispiel: Wenn eine spätere Quelle von "Trinität" spricht, ist es leicht nachweisbar, dass dieser Begriff zur Zeit Jesu noch gar nicht bestand. - Nun könnte eine platt durchgeführte HKM daraus schließen, dass deshalb "Trinität" unbiblisch sei - man kann aber ebenso darauf kommen, dass "Trinität" eine biblische Konstellation theologisch zusammenfasst - dann ist "Trinität" sehr biblisch. - Mit anderen Worten: Mit schein-kritischen "Früher oder spätere Quelle"-Szenarien lässt sich die Bibel nicht substantiell erschließen. - Das hat nichts mit "kritisch" zu tun.
Und dann kommen halt Peinlichkeiten wie Ratzingers "heilig, heilig, heilig" dabei raus. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Schwierige ist nun, die Rezeptionsschichten, die auch aus nachträglichen Veränderungen und Fälschungen bestehen, zu entfernen und zum historischen Kern vorzudringen.
Aber das ist doch dann nur der historische Kern der frühen Quellen und noch lange nicht der historische Kern Jesu. -
Damit kommt man aber näher ran als mit späterer Vergötzung der Rezeptionsschichten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die historisch-kritische Methode ist doch lediglich das Werkzeug, um sich Historie anzunähern.
Dieser Versuch wird doch von jedem anerkannt. - Es ist aber kein exklusiver Versuch - auch andere wissenschaftliche Disziplinen versuchen, sich auf ihre Weise der Historizität Jesu ("Was hat er wirklich gemeint?") anzunähern.
In der historischen Forschung geht das nur historisch-kritisch.

" Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“
R. Bultmann (Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1452 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Do 13. Apr 2017, 21:32

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also gibt es doch den Widerspruch zwischen Wissenschaft und religiöser Mythologie.
Es gibt einen Unterschied zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft - "Science" and "Arts".
Sage ich doch, es gibt den Unterschied in der Beurteilung der ET.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn es aber Millionen Jahre vor des Existenz des Menschen das gleiche Leid gab, greift diese Erklärung nicht.
Dieses Argument verstehe ich nach wie vor nicht - wenn doch etwas grundlegend erklärt ist, gilt es doch für immer. ---???---
Die Sünde des Menschen wird als Argument für das Leid in der Tierwelt angeführt. (Die Schöpfung seufzt....)
Das machte allerdings nur Sinn, solange man einen gemeinsamen Schöpfungsbeginn von Natur (Mensch und Tier) angenommen hat. Nun hat aber die ET gezeigt, dass es Tiere schon Millionen von Jahren gab, bevor der Mensch auf der Bildfläche erschien. In der Schöpfunglogik hätte also Gott die Tierwelt schon lange vor dem Sündenfall des Menschen "vorsorglich" bestraft. Macht das Sinn?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und was wäre, wenn sich tausende von Göttern im Himmel tummeln?
Nach wie vor: Man kann selbstverständlich die Bibel wie jedes andere Buch behandeln - aber dann ohne Anspruch, es inhaltlich interpretieren zu können. - Um mehr geht es nicht.
Es geht um Ratzingers Glaubensentscheid, ohne wissenschaftlich-historischen Anspruch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jetzt stelle dir mal vor, Kunsthistoriker würden nun sagen: Die Restauratoren haben zwar einen guten Job gemacht, aber das Ergebnis erkennen wir nicht an.
Dann wären sie bescheuert. - Und weil die christliche Theologie NICHT bescheuert ist, nutzt sie die HKM-Ergebnisse als sachliche Grundlage. - Oder um in Deinem Bild zu bleiben: Ein Restaurator ist nicht geeignet, ein Bild inhaltlich zu interpretieren - das ist nicht sein Job - dafür ist er "methodisch" nicht ausgerüstet.
Du unterschätzt die Anforderungen, die an einen Restaurator gestellt werden. Zudem kann er sehr wohl Aussagen darüber machen, wie ein Maler das Bild ursprünglich angelegt hat.
Um im Bild zu bleiben: Hermeneutiker meinen nun, das Bild besser verstehen als der Maler selbst. Sie bestehen auf der dunklen Malweise, die ja so überliefert worden ist. Sie vergötzen die Rezeption und verachten das Original.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der historische Jesus, ebenso wie obiges Gemälde von allen Rezeptionsschichten befreit, ist nun mal unspektakulärer und menschlicher als der nachträglich vergottete Jesus.
Dass die Zeitzeugen vollkommen perplex waren, was das mit dem normal aussehenden Menschen namens Jesus auf sich hatte, ist seit jeher theologisches Allgemeinwissen. - Bis "Pfingsten" waren die Jünger geistig vollkommen desorientiert, mit wem sie es da zu tun gehabt hatten.
Nicht so desorientiert wie closs. :lol:


closs hat geschrieben: In anderen Worten: Die Göttlichkeits-Entdeckung mit der Zeit muss keine Verfälschung sein, sondern kann umgekehrt die Entdeckung dessen sein, was Jesus wirklich war.
Nach allem, was die Forschung aufgedeckt hat, ist das sehr, sehr unwahrscheinlich.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hermeneutikern gefällt dieser eher spröde Jesus nicht, sie bevorzugen den in sämtliche Rezeptionsschichten eingewickelten Jesus.
Auch historisch-kritische Wissenschaft ist Hermeneutik.
Dogmatiker und Kanoniker vergötzen den Rezeptionsjesus, sie haben wie Paulus kein Interesse am historischen Jesus, der ihnen zu unspektakulär ist.

closs hat geschrieben: ODER: Sie ist weit weniger, als sie vorgibt zu sein: nämlich "Restaurator" ohne Interpretations-Mandat - dann hast DU recht. - Aber gleichzeitig und Restaurator uns Kunsthistoriker geht nicht. - Deshalb frage ich ständig: Wollt Ihr duschen oder nicht naß werden? - Beides geht nicht.
Ein guter Restaurator versteht auch was von Kunstgeschichte. Hermeneutiker bilden sich ein, ein Bild besser zu verstehen, als der Maler selbst.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1453 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Do 13. Apr 2017, 22:26

Pluto hat geschrieben:Genau da besteht der großer Irrtum. Die HKM geht ergebnisoffen an den Text heran. Wenn dabei keine Göttlichkeit herauskommt, darf man dann der HKM dafür die Schuld geben?
Genau das ist logisch falsch. - Denn es KANN methodisch keine Göttlichkeit herauskommen, da dies gegen die Regeln des kritischen Rationalismus verstoßen würde. - Im Klartext: Wäre Jesus göttlich, könnte die auf diesem Weg nicht herauskommen, selbst wenn es historisch so wäre.

Pluto hat geschrieben:Zum gefühlt tausendsten Mal... was setzt die HKM?
Du hast ebenso oft die Antwort bekommen: Sie setzt, dass die historische Realität im Rahmen des kritisch-rationalen Systems sein muss. - UND: Sie setzt, dass Mechanismen der HKM (wie etwa "älterer Text = authentischerer Text" auch für die Bibel gelten - Begriffe wie "heilsgeschichtliche Prozesse" ignorierend.

Pluto hat geschrieben:Die HKM lässt die Ergebnisse auf sich zukommen.
Nein - sie lässt nur Ergebnisse innerhalb ihres methodisch vorgegebenen Ergebnis-Korridors zu.

Pluto hat geschrieben:Dann hätte er den Fehler nicht begangen.
Das IST kein Fehler, weil sein Gedanke völlig unabhängig ist von neurobiologischen Erkenntnissen.

Pluto hat geschrieben:Ich habe dich mehrfach aufgefordert, eine bessere Methode vorzuschlagen, als Popper. Die Antwort bist du schuldig geblieben.
Auch hier gab es mehrfach die Antwort: In geisteswissenschaftlichen Fragen ist die Hermeneutik das Mittel der Wahl, wenn es um geistige Inhalte geht - so weit reicht der Arm des KR nicht.

Richtig ist, dass es in der Naturwissenschaft keine bessere Methodik als den KR gibt - aber wir sind hier in den Geisteswissenschaften.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1454 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Do 13. Apr 2017, 22:55

sven23 hat geschrieben:Danach könnte man keine mythologischen Texte untersuchen, ohne den Realitätsgehalt vorsauszusetzen.
Wie mehrfach erläutert, ist Deine Aussage falsch. - Natürlich kann man mythologische Texte so untersuchen, als seien sie NICHT historisch (das meinst Du wahrscheinlich mit "real") - man wird nach hermeneutischen Erwägungen in diesem Fall sogar mit größter Wahrscheinlichkeit so vorgehen.

sven23 hat geschrieben:Absoluter und zirkelreferenter Unsinn.
Und selbst das ist falsch: Wenn eine Ausgangslage sagt ...
1) "Ich gehe von Realitäts-Gehalt aus"
2) "Ich gehe NICHT von Realitäts-Gehalt aus"
... dann ist es keine "Zirkelreferenz", wenn man unter 1) oder 2) untersucht. - Zirkelreferent wäre man dann, wollte man mit der Untersuchung nachweisen, dass 1) oder 2) "real" ist - aber genau das tut man NICHT, weil man es doch bereits gesetzt hat.

sven23 hat geschrieben:Duschen, ohne die Dreckschichten (Rezeptionsschichten) zu entfernen, macht keinen Sinn. Genau das tut die Forchung.
Analytisch macht das Sinn - aber um zu bewerten/interpretieren, was jede einzelne Schicht zu bedeuten hat, bedarf man bei der Bibel geistiger Kompetenz - das geht nicht mit säkularen Denkmustern.

sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung ist die HKM alternativlos.
In Sachen Analyse würde ich Dir zustimmen. - Aber wer hat die Kompetenz, dieses Rohmaterial geistig zu verarbeiten? - Eine Disziplin, die aus methodischen Gründen Jesus nur so untersuchen kann, als sei er nur menschlich?

sven23 hat geschrieben:Nö, auch hier gilt wie anderswo, dass der älteren Quelle der Vorzug zu geben ist.
Nein - diesen Automatismus gibt es eben bei der Bibel NICHT, weil hier das heilsgeschichtliche Moment eine Rolle spielt ("Wann hat wer was kapiert?") UND das Original nicht der Text, sondern Jesus ist.

sven23 hat geschrieben:Damit kommt man aber näher ran als mit späterer Vergötzung der Rezeptionsschichten.
Möglich - aber willst Du wirklich den Teufel mit dem Beelzebub austreiben?

sven23 hat geschrieben:In der historischen Forschung geht das nur historisch-kritisch.
Nein - was Jesus WIRKLICH gemeint hat, ist über den kritischen Rationalismus nur sehr bedingt ermittelbar.

sven23 hat geschrieben:" Unabdingliche Voraussetzung aber ist die historische Methode in der Befragung der Texte. Exegese ist ja als Interpretation historischer Texte ein Stück Geschichtswissenschaft.“R. Bultmann (Ist voraussetzungslose Exegese möglich?, 1957, S. 410)
Lies genau:

1) "Voraussetzung" - richtig - das ist die HKM
2) "Exegese als Interpretation historischer Texte" - richtig - im Sinne von: "Was schreibt hier ein Verfasser aus Sicht der HKM?". - Absolut legitim. ---- Aber merkst Du was: Vom "Original Jesus" ist hier noch lange nicht die Rede.

sven23 hat geschrieben:Das machte allerdings nur Sinn, solange man einen gemeinsamen Schöpfungsbeginn von Natur (Mensch und Tier) angenommen hat.
O jemine - das ist doch nicht physikalistisch gemeint. - Nach dieser These müssten ja alle Viecher miteinander geknutscht haben, bevor der Mensch kam. - Müssen wir wirklich von ganz vorne anfangen?

sven23 hat geschrieben:Es geht um Ratzingers Glaubensentscheid, ohne wissenschaftlich-historischen Anspruch.
Ratzingers "Glaubensentscheid" bezieht sich nicht auf die analysierenden Techniken der HKM, sondern auf die Hermeneutik, die daraus qualitative/substantielle Auslegung macht. - Ratzinger bezieht sich auf etwas NACH der HKM.

sven23 hat geschrieben: Zudem kann er sehr wohl Aussagen darüber machen, wie ein Maler das Bild ursprünglich angelegt hat.
Natürlich - übertragen auf die Bibel: Wenn ich etwas über Textverfasser und die Umstände der Texterstellung wissen wollte, würde ich den HKM-ler fragen. - Dafür ist er da. - Aber nicht, wenn es darum geht, was geistig in einem Text drinsteckt.

sven23 hat geschrieben:Um im Bild zu bleiben: Hermeneutiker meinen nun, das Bild besser verstehen als der Maler selbst. Sie bestehen auf der dunklen Malweise, die ja so überliefert worden ist.
Hermeneutiker versuchen in erster Linie herauszufinden, was das Original ist (also nicht die Textverfasser, sondern Jesus - insofern hinkt hier der Vergleich mit Malerei, weil Rubens keinen "Jesus" hinter sich hat, sondern aus sich selbst heraus-malt).

sven23 hat geschrieben: Sie vergötzen die Rezeption und verachten das Original.
Genau umgekehrt: Sie versuchen durch die Rezeptionen hindurch das Original zu verstehen. - Richtig - das tut die HKM auch. - Der große Unterschied: HKM meint mit "Original" die ersten Textquellen, christliche Hermeneutik damit Jesus.

HKM versucht also Bwertungs-Abstufungen INNERHALB der Rezeptionen zu machen - sicherlich sehr sinnvoll. - Christliche Hermeneutik jedoch macht etwas anderes: Sie versucht Bewertungs-Abstufungen in Bezug auf Jesus selbst zu machen - und dann kann es durchaus vorkommen, dass eine spätere Quelle "näher dran" ist als eine frühere.

HKM und christliche Hermeneutik machen ganz Unterschiedliches - und wenn jeder weiß, wofür er da ist, kommen sie sich auch nicht ins Gehege.

sven23 hat geschrieben:Nach allem, was die Forschung aufgedeckt hat, ist das sehr, sehr unwahrscheinlich.
Das, was Du selektiv als "Forschung" gezeichnest, kann das methodisch gar nicht leisten - und wieder: "Duschen und nicht naßwerden geht nicht".

sven23 hat geschrieben:Dogmatiker und Kanoniker vergötzen den Rezeptionsjesus, sie haben wie Paulus kein Interesse am historischen Jesus, der ihnen zu unspektakulär ist.
Das sind niveaulose Gassenhauer, die mal unters Volk gebracht wurden - mehr nicht. - Es ist viel differenzierter (s.o.)

sven23 hat geschrieben:Ein guter Restaurator versteht auch was von Kunstgeschichte. Hermeneutiker bilden sich ein, ein Bild besser zu verstehen, als der Maler selbst.
Nein - Hermeneutiker bilden sich NICHT ein, Jesus besser zu verstehen als Jesus sich selbst. - Du verwechselst ständig Original mit Rezeption.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1455 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Do 13. Apr 2017, 23:56

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Genau da besteht der großer Irrtum. Die HKM geht ergebnisoffen an den Text heran. Wenn dabei keine Göttlichkeit herauskommt, darf man dann der HKM dafür die Schuld geben?
Genau das ist logisch falsch. - Denn es KANN methodisch keine Göttlichkeit herauskommen, da dies gegen die Regeln des kritischen Rationalismus verstoßen würde. - Im Klartext: Wäre Jesus göttlich, könnte die auf diesem Weg nicht herauskommen, selbst wenn es historisch so wäre.
Das ist nicht richtig. Jesus als göttliches Wesen oder Gott selber könnten durchaus Zeichen setzen bzw. gesetzt haben, an denen auch Wissenschaftler 2000 Jahre später nicht vorbeikämen, gäbe es sie. NUR: Diese Zeichen gibt es nicht.

Der Allmächtige schweigt seltsamerweise seit 2000 Jahren - und göttliche Wunder geschehen auch nicht mehr... :)

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1456 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Fr 14. Apr 2017, 00:21

Münek hat geschrieben: Jesus als göttliches Wesen oder Gott selber könnten durchaus Zeichen setzen bzw. gesetzt haben, an denen auch Wissenschaftler 2000 Jahre später nicht vorbeikämen, gäbe es sie.
Wenn man Wissenschaft kritisch-rational definiert, müsste sich Wissenschaft selber auflösen, um "daran nicht vorbeizukommen" - das ist nicht zu erwarten.

Nehmen wir an, dass Jesus damals den Palast des Pilatus zu reinem Gold gemacht hätte und dieser Palast stünde heute noch da: Man würde es historisch-kritisch bis zum Abwinken auf natürliche Gründe schieben - und im schlimmsten Fall eingestehen, dass man die Lösung nicht weiß. - Würden andere dies wörtlich nehmen ("Jesus hat ein Wunder vollbracht"), gälten sie als "unredliche Esoteriker".

Das ist das eine - das andere: Selbst wenn man Gott als Wunder-Zauberer anerkennen würde, würde dies nicht einhergehen mit innerem Verstehen, das man sich auch dann erst persönlich erwerben müsste. - Mit anderen Worten: Was nützt es, wenn selbst Metzinger und Kubitza "wissen", dass es Gott gibt, wenn die innere geistige Substanz dieser Aussage nicht internalisiert ist. -Man würde es als Phänomen zur Kenntnis nehmen und gewohnt anthropozentrisch weiter-traben.

Und das ist genau das Problem (nicht von, sondern) mit Wissenschaft: Man übernimmt etwas als "wahr", ohne es selber in sich aufzunehmen - es ist ein Ablesen, genauso wie man die Bibel ab-glauben kann - ohne jeglichen inneren Bezug.

Hier hilft nur innere Beschäftigung - ständig mit Haut und Haaren dranbleiben. - Mal ganz nebenbei: Eine Erfahrung, die überall gilt -ein völlig beliebiges und geistig unverdächtiges Beispiel: Ich erinnere mich noch an mykologische Fachvorträge über die Pilze der Welt, die ganz sicher wissenschaftich und im übrigen auch verständlich waren - danach wusste ich im Grunde "alles" (im Sinne von: Es war im großen Überblick nichts ausgelassen worden). - Aber um dann SELBER so weit zu sein, dass man durch den Wald geht und aufgrund von komplex vernetzten Wissen aus dem Augenwinkel heraus sagen zu können "Das ist ein Hypholoma lateritium (Roter SChwefelkopf)", ohne sich dieser Komplexität in diesem Moment bewusst zu sein, ist etwas ganz anderes. - Denn dann ist man "drin" - man liest nicht nur und versteht theoretisch, sondern man ist Teil davon.

Und so ähnlich ist es auch in geistigen Dingen - man ist drin oder nicht. - Methodische Kenntnisse und gelerntes Wissen reichen da nicht hin. - Allerdings AUCH: Dieses "Drin-Sein" ist intersubjektiv nicht nachweisbar - hinwiederum: Diejenigen, die "drin" sind, erkennen sich auf Anhieb gegenseitig. - Ich weiß nicht, wie ich es Dir anders erklären kann.

Und um den Kreis zu schließen: So wie man da "drin" sein kann, können es Anhänger säkularer Hermeneutik auch sein: Man misst alles am kritischen Rationalismus und versteht sich gegenseitig blind aus seiner Logik heraus. - Es gibt verschiedene "Drin-Seins" - ist eine besondere Art des "Drin-Seins" in einer Epoche besonders stark, nennt man es "Formatierung einer Zeit". - Bis die nächste Formatierungs-Größe kommt und die alte ablöst.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1457 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 14. Apr 2017, 00:55

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: In der historischen Forschung geht das nur historisch-kritisch.
Nein - was Jesus WIRKLICH gemeint hat, ist über den kritischen Rationalismus nur sehr bedingt ermittelbar.
Nein - was Jesus WIRKLICH gemeint hat, ist nur den synoptischen Evangelien in historisch-kritischer Analyse und Interpretation seiner als autentisch festgestellten eschatologischen Aussagen zu entnehmen.

Davon abweichende Glaubensansichten führen nur in die Selbsttäuschung. Du bist das beste Beispiel.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1458 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 14. Apr 2017, 01:51

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Jesus als göttliches Wesen oder Gott selber könnten durchaus Zeichen setzen bzw. gesetzt haben, an denen auch Wissenschaftler 2000 Jahre später nicht vorbeikämen, gäbe es sie.
Wenn man Wissenschaft kritisch-rational definiert, müsste sich Wissenschaft selber auflösen, um "daran nicht vorbeizukommen" - das ist nicht zu erwarten.
Wissenschaft würde und müsste sich nicht auflösen, sondern würde redlicherweise einen Irrtum einräumen. Das unterscheidet Wissen-
schaft wohltuend von Dogmatik.


Nun sei doch mal ehrlich. Eine Institution, die den Anspruch erhebt, im Besitz absoluter Wahrheiten zu sein, hat doch nicht mehr alle Tassen
im Schrank.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1459 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 14. Apr 2017, 03:25

:engel:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Hier hilft nur innere Beschäftigung - ständig mit Haut und Haaren dranbleiben.
Nö - der ruhige schlichte Glaube der Oma auf der zweiten Kirchenbank reicht aus:

"Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzig geborenen Sohn hingab,
auf das alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige
Leben haben."

Das genügt.

Benutzeravatar
Münek
Beiträge: 13072
Registriert: Di 7. Mai 2013, 21:36
Wohnort: Duisburg

#1460 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Fr 14. Apr 2017, 04:31

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Genau da besteht der großer Irrtum. Die HKM geht ergebnisoffen an den Text heran. Wenn dabei keine Göttlichkeit herauskommt, darf man dann der HKM dafür die Schuld geben?
Genau das ist logisch falsch. - Denn es KANN methodisch keine Göttlichkeit herauskommen, da dies gegen die Regeln des kritischen Rationalismus verstoßen würde.
"Göttlichkeit", d.h. die Existenz übermächtiger Geistwesen verstößt nicht gegen die Regeln des Kritischen Rationalismus. Diese mag es geben hinter dem Mond oder im Zentrum der Andromeda-Galaxie oder im Irgendwo/Nirgendwo.

Nur - es sollte schon ein bisschen mehr geliefert werden als nur den bloßen Köhlerglauben an den Gott der Bibel und seinem angeblichen Heilsplan. Die Vernunft sollte man eigentlich nicht in die Reha schicken...(siehe Kant und Descartes, deren Vernunft sie nicht dazu brach-
te, an einen persönlichen, seinen Sohn blutig opfernden Gott zu glauben).

Gesperrt